V ^ ^ 1869 THE LIBRARY X Beitrag zur Kenntnis der Vogelwelt Islands Vun Bernhard Hantzsch Mit 26 Abbildungen und 1 Karte Berlin Verlag von R. Friedläader & Sohn 1905 Druck von A. Hopfer in Burg b. M. THZ PAGES IN THIS VOLUXE .^.AV£ • .: SEEN INTERLEAVED WITH AN ACID ;: FF.ZE PAPER 70 PERy. IT 3 IN' DING i A.':3 70 REDüCE FURTHER DETERl- j- ORATIGN. Vorwort. Die ncicbsteheude Arbeit hut den Zweck, das Interesse an der Vogelwelt Islands bei Ornithologen und Reisenden zu fördern. Sie faßt in kritischer Weise die wertvollere Literatur, die brieflichen und mündlichen Angaben zuverlässiger Isländer, sowie die Ergebnisse eigener Untersuchungen zusammen. Auf absolute Vollständigkeit erhebt sie keinen Anspruch. Zur Zeit sind unsere Kenntnisse über die Vögel des behandelten Gebietes noch so lückenhaft, daß es unzweckmäßig wäre, eine abschließende Arbeit liefern zu wollen. Das geringe vorhandene Balgmaterial ist in Privatsammlungen und ötfentlichen Museen zerstreut, die Literatur bei Erwähnung ähnlicher Arten und Formen, sowie der Eier gewisser Vögel, teilweise nur mit Vorsicht verwendbar, die Insel selbst aber ein schwierig zu bereisendes Land von fast 105000 qkm, das noch jahrelanger ornithologischer Untersuchung bedarf, um in dieser Beziehung als einigermaßen erforscht zu gelten. Trotzdem halte ich eine vorläutige übersichtliche Behandlung des Stoffes für nötig, da außer der kurzgefaßten in englischer Sprache veröffentlichten Arbeit H. H. Slaters, die seither nicht unbeträchtlich überholt ist, keine solche aus neuerer Zeit vorliegt. Die nachstehende Schrift zerfällt in einen allgemeinen und einen besonderen Teil. Der erstere hat den Zweck, den zweiten zu entlasten und übersichtlicher zu gestalten. Auch soll er dem Leser, der mit isländischen Verhältnissen unbekannt ist, die Möglichkeit verschaffen, sich anschauliche Vorstellungen biologischen Zusammenlebens der isländischen Vögel zu bilden. Der geschichtliche Überblick wird in ausführlicher Weise gegeben, weil im bes(»ndei-en Teile der Arbeit, mit Ausnalirao vereinzelter Fälle, die ältere Literatur unberücksichtigt bleiben soll. In den angewendeten wissenschaftlichen Namen folge ich den üblichen Regeln für die zoologische Nomenklatur überhaupt (Journal für Ornithologie 1891, S. :')15— 329). Bei zahlreichen Vogelarten machte sich eine Hervor- hebung der für Island festgestellten Subspezies unbedingt nötig, zumal unsere Insel an der Grenze des paläarktischen. nearktischen und arktischen Fauneu- gebietes liegt. In solclien Fällen wählte ich trinäre Namen, mit denen ich im Ansclilusse an Hartert (Die Vögel der paläarktischen Fauna, S. VI, 1903) u. a. die örtlich verschiedenen Rassen ein und derselben Spezies bezeichnen will. Diese trinäre Benennung unterblieb bei x\rten. von denen zunächst feststehende I* jy Vorwort. geographisclic Formen unbekannt oder noch ungenügend charakterisiert sind, in einigen Fällen auch bei seltneren Gästen, wie Cerc/mm tinnnucida (L.) und Asu) otiis (L.), die nur in Island weitentfernten Gebieten geographische Vertreter besitzen. Die angewendete Nomenklatur bezweckt möglichste Deutlichkeit, ist sich aber gewisser Mängel wohl ))ewußt. In der Auf- einanderfolge der Spezies schließe ich mich Schalow in seinen Vögeln der Arktis, 1904, an. Die bei Besprechung der einzelnen Vogelarten angeführten Maße beziehen sich nur auf isländische Exemplare. Gewicht. Gesamtlänge und Flugbreite gebe ich bloß in solchen Fällen an, wo ich selbst Messungen von Vögeln im Fleische vornehmen konnte, ebenso die Färbung der Iris, des Schnabels, der Füße und sonstiger nackter Körperteile. Die Länge der Flügel habe ich bei kleineu Arten mit dem Zirkel, bei größeren mit dem Stabmaße, doch immer geradlinig vom äußersten Rande des Flügelbuges bis zur Spitze der letzten Handschwinge genommen, beim Schwänze die ganze Länge der größten Federn, indem ich ihn im ünterrücken aufwärts bog, was besonders beim Vogel im Fleische eine genaue Messung zuläßt. Als Länge der Tarsen bezeichne ich in üblicher Weise den Abstand zwischen der unteren Fersen- gelenk Vertiefung und dem Rande des obersten Laufschildes, als Schnabelläuge die Entfernung vom Beginne der hornigen Schnabeldecke des Oberkiefers bis zur Spitze desselben, alles mit dem Zirkel gemessen. Den zahlreichen Oruithologeu, die mich bei Abfassung der Arbeit durch Auskünfte freundlichst unterstützten, insonderheit den Herren Kreisarzt p. Jönsson auf Heimaey (Vestmannaeyjar), Faktor P. Nielsen in Eyrarbakki (Island), Professor Dr. A. Newton in Cambridge, Dr. med. 0. Ottoßon in Lenhofda (Scliweden), Vizepräsident der Deutschen Oruithologischen Gesellschaft H. Schalow in Berlin, Vizeinspektor mng. scient. H. Winge in Kopenhagen und anderen, deren Namen im zweiten Teile angeführt werden, spreche ich nochmals meinen verbindlichsten Dank aus, desgleichen auch den Herren Major Baumaun und Maler Alf Bachmann in München für Überlassung einer Anzahl isländischer Photographien, Herrn stud. mag. Jon Ofeigsson aus Island (z. Z. in Kopenhagen) für sprachliche Angaben und Herrn W. Baer. Assistent an der Kgl. Forstakademie Tharandt, für die Untersuchung des Inhaltes einiger von mir mitgebrachter isländischer Vogelmagen. Meinen nochmaligen Dank auch allen Isländern, die mir bei meinem Aufenthalte auf ihrer Insel behilflich waren, besonders den Herren Konsul Thomsen und Kaufmann Björn Kristjänsson in Reykjavik, Kaufmann Möller in Hjalteyri, Bauer Einar Fridreksson in Reykjalid (Myvatn) und Pastor Matthias Eggertsson auf Grimsey! Dresden-Planen, April 1905. Bernhard Hantzsch. Inhalt. I. Allgemeiner Teil. Seite 1. Geschichtlicher Überblick 1 2. Übersicht der wichtigsten Literatur 24 3. Bericht über meiue eigene isländische Reise. — Isländisches Vogel- schutzgesetz 20 4. Die Landschaftsformeu Islands mit Hervorhebung ihrer Charaktervögel 32 5. Wandlungen innerhalb der Vogelwelt Islands in geschichtlich bekannter Zeit 73 6. Zugverhältuisse isländischer Vögel 79 7. Bedeutung- der Vogelwelt Islands für die Bewohner. — Gezähmte Vögel 85 II. Besonderer Teil. Verzeichnis der für Island festgestellten Vogelarteu 92 Besprechung derselben • 95 Anhang: Isländische Aussprachregeln 334 Sachregister 337 Verzeichnis der Abbildungen. Seite Figur 1. Hjalteyri 28 ,, 2. Reykjalid am Mfvatn 29 „ 3. P. Nielsen am Neste von Megalestris skna 31 „ 4. Grashindschaft bei Hjalteyri 33 „ 5. Lavafeld beim M;fvatn 40 „ 6. Schwefelberge beim M^vatn 41 „ 7. Nordwestisländische Steilküste 44 „8. ., ,, 45 .. 9. „ Küste 46 .10. „ 47 „ 11. Hölasandr nördlich vom Myvatn 49 ,, 12. Wasserfall im Skjälfandafljdt '. 51 „ 13. Gullfoss in der Hvitc'i 52 ,, 14. Slutnes im Myvatn 54 ,,15. •• „ „ 55 ,, 16. Strand bei Ebbe (Reykjavik) 61 „ 17. Südwestlicher Strand auf Grimsey 64 „ 18. Blick auf die Nordspitze von Grimsey 65 ,, 19. Oberster Teil eines Vogelberges auf Grimsey 67 ,, 20. Brutplatz von Alle alle auf Grimsey 126 ,. 21. Nest von Megalestris skna 128 ,, 22. Dunenjunge von Megaledris skna im Neste 129 ,, 23. Kolonie von Rissa rissa im Pati-eksfjördr 137 ,. 24. Nest von Lants mai-hius 140 ,. 25. Hafsülastapa und gegenüberliegender Teil von Grimsey . . 162 ,. 26. Kolonie von Somateria niollisshna in Südwestisland .... 200 Übersichtskarte von Island 335 Allgemeiner Teil. 1. Geschichtlicher Überblick. Während die Inselu tropischer Meere vornehmlich durch die Üppigkeit ihrer Vegetation zur Besiedelung locken, ist es in nordischen Gebieten der Reichtum der Tierwelt, der einen Aufenthalt daselbst wünschenswert oder sogar überhaupt erst möglich macht. Besonders die Menge der Fische und Seevögel war es, die auch in Island den ersten Ansiedlern die wichtigste Garantie zur Existenzmöglichkeit bot. Die norwegischen Wikinger, die in der Mitte des 9. Jahrhunderts die Insel zu ihrem Wohnsitze wählten, waren zwar in der Heimat mehr auf die Tiere des Waldes angewiesen, wußten jedoch bei ihren häufigen Seefahrten auch die Geschöpfe des Meeres zu benutzen. Die zahlreicheren und größeren Vogelarten kannten sie selbst dem richtigen Namen nach recht wohl, wenn freilich die Beobachtungen über deren Lebensweise durch heidnischen Aberglauben arg verunstaltet wurden. Bekannt ist, daß man verschiedenen Vögeln nicht nur menschlichen Verstand und menschliche Gefühle beilegte, sondern sogar glaubte, sie befänden sich im Besitze übernatürlicher geistiger Kräfte. Von jenem aben- teuerlustigen Normannen Flöki Vilgerdarson, der Island den Namen gegeben haben soll, erzählt z. B. das altisländische Landnämabök ^), daß er mit Hilfe wegekundiger Raben die freilich schon vor ihm entdeckte Insel auffand. Dieser „große Seeräuber" aus Rogaland veranstaltete vor seiner Abreise ein Opferfest und „heiligte" dabei drei Raben, indem er sie durch zauberische Mittel zu befiihigen suchte, ihm den Weg zu weisen. Flöki fuhr nun — ums Jahr 8G5 — zunächst nach den Färöern und von da aus im Vertrauen auf die heiligen Odinsvögel weiter in das unbekannte Meer. Als er den ersten Raben fliegen ließ, kehrte dieser, so wird erzählt, gleich wieder um; der zweite schwang sich zwar ein Stück in die Luft, kam aber eben- falls bald zurück; der dritte jedoch flog richtig nach der Seite hin ab, wo die Seefahrer endlich das gesuchte Land auffanden. — Manche der norwegischen Edeln konnte freilich auch der Überfluß der fernen Insel an Fischen, See- hunden, Vögeln und Vogeleiern nicht verlocken, die Heimat zu verlassen, 1) J. C. Poestion, Island, S. 283, Wieu 1885. Hantzsch, Vogelwelt Islands. 2 Geschichtliches. selbst wenn sie hier geächtet und verfolgt wurden. „Nach diesem Fischer- platze fahre ich nicht in meinen alten Tagen," sprach Ketill Flatnefr, als seine Söline ihm zuredeten, nach Island auszuwandern, um den Nachstellungen des Königs Haraldr Härfagri zu entgehen.') l'iine Menge interessanter Mitteilungen über das Verständnis, welches diese Germanen den Vögeln entgegenbrachten, geben die ältere oder Lieder- Edda, die fälschlicherweise dem gelehrten Isländer S»mund Sigfusson (f 1133) zugeschrieben wird, und die jüngere oder Prosa-Edda des isländischen Geschichtsschreibers Snorri Sturlason (f 1241)-). Besonders Adler und Raben werden darin oft genannt, ferner noch Geier, Habichte, Krähen, Schwäne, Möven und von Hausvögeln Hühner und Gänse. Einige Beispiele mögen folgen! So heißt es in der Wöltispa (Strophe 59) von dem Zustande nach der (TÖtterdämmerung: „Aufsteigen seh' ich zum andern Male Aus der Flut die Erde in frischem Grün; IJber schäumenden fällen schwebt der Adler, Fische fängt er an felsiger Wand." (Gering.) Im (irimnismöl wird erzählt (Str. 10): ,,Leicht kenntlich ist allen, die zu Odin kommen. Des Herrschers hoher Saal: Ein Wolf hängt westlich vom Tore, Drüber schwebt oben ein Aar." (Gering.) Nach altisländischem Volksglauben muß man, um die Sprache der Vögel ver- stehen zu können, einem lebenden Raben das Herz ausreißen und es unter die Zunge legen. Dieselbe Wirkung hat die Zunge des Steinfalken (Gering, 1. c, S. 207). Die Meinung, daß auch der Genuß eines Drachenherzens zum Verständnis der Vogelsprache verhelfe, kennzeichnet das Lied von Fal'uir (Fäfnismöl). Nachdem Sigurd nämlich, diesen Drachen getötet hatte, briet er dessen Herz am Spieße, und als er nun meinte^ daß es gar wäre und das Blut aus dem Herzen zu schäumen anfing, faßte er mit dem Finger daran. Er verbrannte sich aber und steckte den Finger in den Mund. Als hierdurch Fafnirs Herzblut auf seine Zunge kam, verstand er plötzlich die V^ogelsprache. Er hörte, was die Meisen im Gebüsche zwitscherten. Die Raben sind meist als solche Vögel bezeichnet, die nach dem Kampfe sich von dem Fleische der Gefallenen sättigen. Zur Freude der Raben will mancher Held kämpfen, was eben bedeutet, seine Feinde erschlagen. Auch ist der schwarze Rabe ein Unglücksvogel, dessen Gekrächz Trauer verkündigt: „Gesunken war Sigurd südlich am Rhein, Von hoher Heister schrie heiser ein Rabe." (Simrock, Brynhildarkwida 4). Freilich hatten die alten Germanen auch wohl erkannt, welch' kluge Tiere die Raben sind, ja nicht mit Unrecht hielten sie diese für die klügsten von allen Vögeln und machten sie zu den allwissenden Dienern Odins. Auf den Schultern dieses hohen Gottes sitzen die Raben Hugin und Munin, „die sagen ihm ins Ohr alle Zeitungen, die sie hören und sehen. Er sendet sie morgens aus, alle Welten zu umfliegen, und mittags kehren sie zurück. Die Menschen nennen ihn deshalb Rabengott." Krähen, Geier und Habichte waren als aasfressende Vögel berüchtigt, ihr Fleisch aber diente als Zauberspeise. In der Brynhildarkwida (Str. 4) heißt es von den Meuchelmördern Sigurds: 1) J. C. Poestion, 1. c, S. 288. *) Die Edda, übersetzt und erläutert von Hugo Gering, Leipzig und Wien 1894. Karl Simrock, Stuttgart 1878. Geschichtliches. 3 „Sie brieten Wolfsfloisch, den Wurm zerschnitten sie, Gaben dem Guthorn Geier Heisch Ehe sie mochten, die Mordgierigen, An den hehren Helden die Hände legen." Weiter wird in der jüngeren Edda schon berichtet, daß man die „Falken warf" und mit ihrer Hilfe das Weidwerk übte. Auch der Singschwan war den alten Isländern ein beachtenswerter Vogel, der oft erwähnt wird. „In Urds Brunnen nähren sich zwei Vögel, die Schwäne heißen". — Der Ase Niördr, der Skadi, die Tochter des Eiesen Thiassi, zur Frau hatte, wollte gern am IVIeeresstrande wohnen, sie aber auf- den Felsen in Thrymheim, der Burg ihres Vaters. Da Niördr von den Bergen nach dem Strande Noatun zurückkam, sang er: „Leid sind mir die Berge, nicht lange war ich dort, Nur neun Nächte. Der Wölfe Heulen däuchte mich widrig Gegen der Schwäne Singen." Aber Skadi entgegnete: „Nicht schlafen könnt' ich am Ufer der See Von der Vögel Lärm; Da weckte mich vom Wasser kommend Jeden Morgen die Möve.*' — (Simrock.) Die Gänse werden öfters als Hausvögel genannt, besonders berühmt aber ist der Hahn mit seinem Krähen. „Da saß am Hügel und schlug die Harfe Der Riesin Hüter, der heitre Egdir. Vor ihm sang im Vogelwalde Der hochrote Hahn, geheißen Fialar." ,,Den Göttern gellend sang Gulliukambi, Weckte die Helden beim Heervater, Unter der Erde singt ein andrer, Der schwarzrote Hahn in den Sälen Hels." (Simrock, Wöluspa 34, 35.) Diese Beispiele zeigen zur Genüge, wie der Alt-Isländer, beziehentlich der Nordgermane überhaupt, in seiner Naturkeuutnis jenen kindlichen Stand- punkt einnahm, auf dem sich heutzutage noch unsere Kinder befinden, wenn sie mit größtem Vergnügen die oft ungereimtesten Tierfabeln anhören. Außer den erwähnten Vögeln nennt Benedikt GröndaF) noch eine gToße Menge andere, die in den alt-isländischen Gedichten genannt sind. Da es nicht uninteressant ist, diese Namen, von denen etwa 50 fast unver- ändert noch heute in Island gebraucht werden, mit den im II. Teile dieser Arbeit angeführten zu vergleichen, lasse ich sie folgen, zumal das isländische Schriftchen kaum irn Buchhandel zu haben sein dürfte. Die Vösel heißen: Gammr, gripr, gauk)7J6rr, j Ödinshani, älka, gaukr, sviplekja, grägäs, heim gas, gagl ok helsingr; geirl'ugl, geitüngr, gleda, dodr, kvisa, ari, nagr, arta, älpt, mär ok haukr. önd, hrossagaukr, hramn, hsens, himbrin, iiryggjarstykki; heri, hani, hsena, ok hilduri, üfr, valr, smyrill, ugla, skurfir. Svörr, storkr, süla, svarr, skadi, spai'rhaukr, stelkr, spörr, svala, steindelfr, spiki, sküfr, spöi, s;edingr, skarfr ok svartbakr, skeglingr, skidi, skjöldüngr, päi. ^) Islenzkt fuglatal, Reykjavik 1895. Geschichtliches. Kam, igda, kjalarfugl. kräka, di'ifa, iTÖstr, pidurr, periia. J^eisti, (liinnu: trana, tjaldr, titlinf(r, tyrcliliiii'ili, löiur, Ijevirki ok leitrblaka. Jjängve, liindi, loa, fjölmödi, lyiing, löjra'll, frigfrjarelda, riiidiljnari, liri, rjüpa, fjailrota, jarpi, ertla, ok jadrakarn. Akri, dodka, eedr ok najtingr, kreppint/r, flödskitr, kjarfilki, sptetr, meisingr, j^fiiigr, rayrisnipa, ritr, hajngivakr, rivaiiskintia. Hrökr, g.jödr, liegri, ok haftyrdill, brandgäs, hrotgäs, briraorri, mär, sendiingr, skr^'tingr, siifefugl, skäri, vakr, valr, di'ifa. vallol'r. sturi.') Diese sogenannte „eddisdie Nonjenkhitur" ist eine auf l'evgament im 13. Jalivhundert verfaßte und eddischen Abhandlungen einverleibte Auf- zeichnung vorstehender 119 Namen, von denen allerdings geitüngr (Wespe) und ledrblaka (Fledermaus) wegfallen müssen. Außer nordischen Vogelarten sind noch andere darin aufgezählt; eine Anzahl von Bezeichnungen lassen sich auch heute nicht mehr erklären.'^) In jene alten Zeiten reicht auch die l-hitstehung des geschichtlich interessanten Namens für die Bekassine (Gallinago (jaUlnago): Hrossagaukur d. i. Roßkuckuck. Den Normannen, so wird erzählt, war in ihrer Heimat der Kuckuck ein wichtiger Orakelvogel. Weil sie diesen in Island nun nicht fanden, setzten sie an seine Stelle die Bekassine, deren pferdeartig wiehernde Töne, besonders durch zitternde Bewegungen der äußeren Schwanzfedern während des Fluges hervorgebracht, den Aberglauben zur Genüge reizten. Noch heutigen Tages vertritt die Bekassine in Island den Kuckuck als wahr- sagender Vogel. =') — Auch die Namen Odinshani (P/udaropus lohatm) und ])örshaui ( Cry mophilns fitlicarii(s) erinnern an die heidnische Zeit. Doch ist letzterer wahrscheinlich erst viel später jenem nachgebildet worden. Snorri Sturlason, der Verfasser der Prosa- Edda, hat auch das große nordische Geschichtswerk Heiraskringla geschrieben. Daß hierin Wahrheit und Dichtung verbunden, beziehentlich mehr oder weniger kritiklos alte Yolkssagen aufgenommen sind, ist nach dem damaligen Stande der Geschichts- forschung erklärlich. Snorri erzählt z. B., daß König Haralld Gormsson von Dänemark (ca. 1200) zum Kriegszuge gegen Island rüstete, um sich für die Schmach zu rächen, die isländische Seefahrer ihm angetan hatten. Vorher aber sandte er, wie die Volkssage berichtet, einen zauberkundigen ]\Jaun nach der Insel, der in Walsgestalt um das Land fuhr. Er sah, daß alle Berge und Hügel voll waren von Schutzgeistern, die nebst Drachen. Würmern, Fröschen und Eidechsen ihm die Landung verwehrten und Gift entgcgen- bliesen. Als er endlich in den Eyjafjördr eindringen wollte, flog ihm ein Vogel entgegen, der war so groß, daß seine Schwingen hinausragten auf die Berge zu beiden Seiten, und hinter ihm kamen eine Fülle andere Vögel, *) B. Gröndal, 1. c, S. 55—56. ') B. Gröndal, Isländische Vogelnamen, Ornis 1887, S. 618. 3) B. Gröndal, Ornis 1887, S. 597. Geschichtliches. 5 große und kleine. So wurde auch hier dei- Zauberer zur ürakehr genötigt, und der Kriogszug König Harallds unterblieb.^) Auf Tatsachen gründet sich die Mitteilung des Giraldus Cambrensis,-) der im 12. Jahrhundert in England lebte, wenn er schreibt, man fange in Island schöne große Falken und Habichte (!) und bringe sie von dort nach anderen Ländern. Daß unter allen isländischen Vögeln keiner dem Jagdfalken au altem Ruhme gleichkommt, steht fest, Grund genug, diesen stattlichen Räuber auf das "Wappenschild Islands zu setzen. Im 13. Jahrhundert hatte der Bischof von Droutheim das alleinige Monopol, isländische Falken zu erwerben, bis die dänischen Könige dieses Recht für sich in Anspruch nahmen. Sie benutzten die Vögel teils für eigene Jagdzwecke, teils verschenkten sie diese an andere Vornehme, wovon in verschiedenen Schriften damaliger Zeit berichtet wird. Von weiteren isländischen Vögeln bekommen wir auch aus dem 14. und 15. Jahrhundert nur ganz dürftige Mitteilungen. =^) Zu erwähnen ist die Gudmundarsaga des Abtes Arngrimr zu J)ingeyrar (11361). in der eine kurze Beschreibung Islands gegeben wird, die insofern Bedeutung hat, als sie die einzige aus dieser Zeit darstellt. Arngrimr schreibt darin: Island ist in manchen Gebieten der Nordküste so gestaltet, daß daselbst Berge von mächtiger Höhe stehen, die an einigen Stellen hundert Klafter noch über- steigt. Auf solchen Bergen sammeln sich im Sommer eine unzählige Menge von Seevögeln, die in den Höhlen und Klüften des Gebirges nisten. Der Lebensunterhalt vieler Leute besteht nun darin, die Eier und Vögel wegzu- nehmen. Der Vogelfänger läßt sich an einem Seile von oben an der Berg- wand herab, doch ist diese Fertigkeit mit Gefahr und Verlust an Menschen- leben verbunden, weil das Seil leicht beschädigt wird. (Thoroddsen I, 69.) In den folgenden Jahrhunderten riefen besonders die Mitteilungen Interesse hervor, die berichteten, daß gewisse isländische Tiere mehr oder weniger weiß gefärbt seien. So erzählt der Schwede Olaus Magnus in seinem Buche über die Länder und Völker des Nordens,'^) daß es in Island sehr viele Raben gäbe, unter denen sich häufig weiße Exemplare fänden. Auch Ditmar Blefkeu,'"^) dessen Mitteilungen freilich noch aben- teuerlicher klingen, als die des vorhin genannten, berichtet, es gäbe in Island ausgezeichnete Falken, die zum Teil weiß aussähen, ferner auch weiße Schnee- ') Snorri Sturlasous Heiuiskringla, Deutsche Übersetzung von Wachtor, TT. T. S. 247, Leipzig 1836. '^) Cambriae descriptio, iu: Viriinnius Ponticus, Britannicae historiae libri VI. Londini 1585. ■') Eine ganze Anzahl der Tolgeuden Berichte, die sich auf ungedruckte Hand- schriften oder mir unzugängliche isländische Bücher beziehen, die aber docJi wieder- gegeben zu werden verdienen, entnehme ich der „Geschichte der isländischen Geographie'* von Th. Thoroddsen, auf deren deutsche Übersetzung aus dem Isländischen voit A. Gebhardt, I. T. Leipzig 1897, IL T. ebd. 1898. ich hinweise. *) Rom 1555. ^) Islandia, usw. Lugduui Batavorum 1G07. ß Geschichtliches. liühner und inituiitor weiße Raben. Da Blefken selbst in Island gewesen sein soll, verdient die Mitteilung iirinierhin der Beachtung. Der Isländer Björn Jönsson ') erzählt gleichfalls von weißen Falken, ebenso, daß mit dem Grönlandstreibeise weißgefleckte Raben kämen und vor kurzer Zeit — Anfang des 17. Jahrhunderts — ein ganz weißes Exemplar dieser Art beobachtet worden sei. Kr berichtet auch von Hvid-Ornen (Weiß- Adlern), worunter er jedenfalls Schneeeulen meint. Diese und andere Mitteilungen wurden von den Gelehrten Mittel- europas derart verallgemeinert, daß mau glaubte, die meisten isländischen Tiere wären weiß, zumal man auch von weißen Füchsen und Bären Kunde erhielt. Auf alten Karten der Insel finden sich deshalb fast regelmäßig weiße Tiere, insbesondere Falken und Raben, zur Charakterisierung des Landes dargestellt. Die Isländer selbst verfolgten die Landvögel nur wenig, schon weil ihnen geeignete Schießwatfen fehlten. Kein Kaufmann durfte der bäuerlichen Bevölkerung eine solche verkaufen, und mit Pfeil und Bogen jagen oder mit Schlingen fangen war ebenso müiisam als wenig erfolgreich. Es mochte deshalb für Ausländer eine Leichtigkeit sein, in kurzer Zeit große Mengen von Vögeln zu schießen, nicht nur weil es an geeigneten Orten solche in beträchtlicher Zahl gab, sondern auch weil die Vögel scheinbar geringe Scheu gegen den Menschen zeigten. So berichtete einer von Hudsons (lefährten in einem Briefe nach England, geschrieben am 30. Mai 1610 in Nordisland:'-) „Am Weißen Sonntage waren wir auf dem Nordkap von Island und lebten dort so gut, wie kaum in England. Die Bewohner dieser Gegend sind äußerst arm und führen ein kümmerliches Leben. Aber wir fanden eine große Menge Fische und viele wohlschmeckende Vögel. Au einem einzigen Abende habe ich so viele davon erlegt, daß die ganze Schiffsmannschaft von 23 Köpfen zu Mittag allein von den Schneehühnern eine reichliche Mahlzeit hatte, ohne die Brachvögel, Regenpfeifer, Wildenten, Krickeuten und Gänse zu zählen.'' Wenn derartige gelegentliche Notizen über die Vogelwelt Islands auch liistorisches Interesse haben, kann man ihnen doch wissenschaftlicii keinen besonderen Wert beilegen, zumal man nie weiß, inwieweit der Berichterstatter glaubwürdig ist. Bis in das 17. Jahrhundert hinein begegnet man vorurteils- freier, sachlich richtiger Naturbeobachtung äußerst selten. Die Landbevölkerung, die in regem Verkehre mit der Natur stellt, hat keinen Sinn für die alltäg- liche Umgebung oder verbindet alle Beobachtungen mit den sonderbarsten Vorstellungen. Die sogenannten Naturkundigen aber schreiben in der Haupt- sache nur Gehörtes ab, reproduzieren Gelesenes oder stützen ihre Mitteilungen auf Annahmen. Der wichtigste Grund, weshalb man gerade im 17. Jahr- hundert so selten eigene Untersuchungen in der Natur anstellt, liegt aber in dem beispiellosen Aberglauben, der alle Kreise gefangen hält. Jedes freie naturwissenschaftliche Studium Itringt die Gefahr mit sich, gerichtliche *) S. Thormod Torl'aeus, (jronlandia Antiqua, 1715. '^) In Samuel Purchas: His pilgrimes, London 1625. Geschichtliches. 7 Verfolgung, ja selbst Folterung und Verbrennung nach sich zu ziehen. Dies ist in Island kaum besser als im übrigen Europa. Trotzdem existieren einige Männer, die im Rahmen ihrer Zeit auch für unseru Gegenstand nicht unwichtige Werke verfaßt liaben. Vor allen andern ist Jon Gudmundsson der Gelehrte (f c. 1650) zu nennen, dessen Buch „Von Islands unterschiedlichen Naturen"') zahl- reiche ornithologische Mitteilungen bringt, die deutlich die Auffassung des Jahrhunderts wiederspiegeln. Ein besonderer Abschnitt behandelt „einige Gattungen von Vögeln". Jon teilt diese nach ihrem Aufenthalte ein in Land-, Sumpf-, Heide-, Strand- und Schärenvögel. Er nennt die meisten der noch heute in Island gewöhnlicheren Arten, und manches, was er über sie schreibt, zeugt von guter Beobachtung. Freilich erzählt er auch eine Menge Märchen. So sagt er z. B. vom Zaunkönige: „Er hat das vor andern Vögeln voraus, daß er auf der Erde nicht getötet werden kann und sofort entkommt oder vor dem Streiche in der p]rde verschwindet, außer wenn dieser ihn trifft, solange er in der Luft ist. Er meidet die Fensterki-euze uud lebt in Löchern gleich der Maus." Jon, der viele Edelsteine besessen haben will, erzählt auch, daß er den Lebensstein Bezoar gefunden hätte, mit dem die Eaben ihren Jangen Leben beibringen. Von andern Natursteinen sollen diese Vögel auch ihren großen Verstand und ihre Weisheit besitzen. „Jung war ich noch", sagt Jon, „als ich sah, wie ein alter Geistlicher mit einem Raben redete." Im Kröpfe einer Bachstelze fand er ebenfalls einen merkwürdigen Naturstein, doch ist er nicht gut auf diesen Vogel zu sprechen, nennt ihn giftig und rachsüchtig und sagt, „eine Bachstelze töten, das kann nur ein glückloser Gauner tun". Jon Gudmundsson hat auch ein „Lied von den Vögeln" gedichtet: wenigstens stammen die 13 letzten Strophen desselben von ihm, während die 3 ersten wahrscheinlich von |)orleifur pördarson (der Zauber -Leih, j 1647) herrühren. In diesem Liede sind 52 Arten isländischer Vögel auf- gezählt und außerdem noch 10 ausländische genannt. Von den meisten werden Notizen über ihre Lebensweise gegeben. „Wenig weiß ich Hübsches beizubringen, Will nun Islands Vögel hier besingen, Wie's meine Kunst im Lied mir läßt gelingen." „Rabe, Odinshuhn und Aar Ist dreier Vögel Name fürwahr ..." „Zierlich und klein der Zaunkönig ist Und ziemlich ohne Nutzen." „Taucher, Möven und noch mehr Schwimmen auf dem Meer umher, Die Kragenente kommt daher . . .•'-) 1) Thoroddsen II, 95 f. 2) Viele Namen isländischer Vögel enthält auch das Lied von den Klauen- vögeln („Vor allen andern nenne ich den alten schwarzen Raben") und die Lieder porbjörn Salömonssons von den See- und Landvögeln („Viel Uferläufer einst ich sah"). g Geschichtliches. Die Schriften Jon Gudraimdssons waren lange Zeit die wichtigste Quelle, aus der spätere Schriltsteller schöpften, wenn sie über die zoologischen Verhältnisse Islands berichten wollten. Viele der von ihm erzählten Tier- sagen sollen auch noch heute unter der Bevölkerung der Insel verbreitet sein. Weitere Angaben über isländische Vögel finden sich in Jon Dadasons (f 1676) „Hexensabbat."^) Der Verfasser rechnet freilich alles, was fliegen kann, zu unsrer Tierklasse, so auch „Biene, Drache, Grashüpfer und Fleder- maus". Von den Zugvögeln sagt er: „Einige Vögel fliegen nach andern Ländern; der Eidervogel, der Seepapagei und der Austernflscher nach Barbaria^), die Ringelgans, die Bläßgans und die Weißwangengans nach England und Frankreich, der Brachvogel, die Pfuhlschnepfe und der Goldregenpfeifer nach den Orkneys, der Schwan aufs offene Meer und die Entenvögel nach den Binnenseen." Vom Adler erzählt Jon: „Der Adler heißt der König der Vögel und das Wappen des Kaisers. Man glaubt, er werde hundert Jahre alt und verjünge sich dann wieder, sei vom Blitze unverletzbar, trage den Lösestein in sein Nest, wenn er brüten wolle, fliege am höchsten und sehe am schärfsten von allen Vögeln; er lehre seine Jungen, in die Sonne zu schauen, auch wolle er wissen, wo Aas zu erwarten sei, könne sehr wohl bei Heilungen gebraucht werden" usw. „Das ist gewiß: der Adler wirft sein Gefieder ab, wie andere Vögel, wie der Krebs die Schale, die Schlange die Haut, die Vierfüßler das Haar, doch verjüngt sich kein einziges Wesen oder entsteht von neuem und der Adler am allerwenigsten." Von isländischen Schriften des 17. Jahrhunderts, die für unseren Gegen- stand einige Bedeutung haben, mögen noch folgende genannt sein. Gisli Oddsson schrieb 1638 ein Buch „De mirabilis Islandiae", worin von den zahmen Vögeln, den Zugvögeln, dem Winteraufenthalte der Vögel und den Seevögeln Mitteilungen gegeben werden. (Thoroddsen II, 119.) Der Bischof ]>orläkur Skülason berichtet dem Könige Christian IV. auf dessen Befragen hin (1647), daß die isländischen Falken nicht, wie die Ausländer meist glaubten, alle weiß, sondern im Gegenteile gewöhnlich grau seien. Auch hätte er nur ein einziges Mal einen weißen Raben gesehen. (Thoroddsen II, 122.) Der andere der beiden Bischöfe, B r y n j ö 1 f u r S v e i n s s o n dagegen, berichtete auf dieselbe Anfrage hin, daß ihm niemals weiße Raben zu Gesicht gekommen seien. (Thoroddsen 11, 124.) Ebenfalls im Jahre 1647 sandte der gebildete Isländer Gisli Magnussen, der in Dänemark, Holland und England studiert hatte, an den König eine Abhandlung, in welcher er Vorschläge für eine Hebung Islands gibt. Hierin spricht er es als notwendig aus, daß die Leute in einer vorteilhafteren Art des Vogel- und Fischfanges unterwiesen würden und zählt verschiedene Vögel auf, die mehr beachtet werden sollten. Weiter fügt er hinzu, daß die Bewohner diese und andere flrwerbsquellen kaum auszunützen verstünden. 1) Thoroddsen II, 105. *) Barbaria ist die Berberei, ehemals auch die Barbareskenstaaten genanut, also die nordafrikanischen Küstenländer von Tunis bis Marolvko. Geschichtliches. 9 Er erklärt bestimmt, daß die Armut ab- und der Handel zunehmen würden, wenn man Fiscli- und Vogelfang rationeller betriebe (Thoroddsen 11, 133). Bischof ):)örd j^orläksson (Theodorus Thorhicius) beschrieb 1666 seine Heimatinsel und zählte auch einige Vogelarteu derselben auf. „Der nützlichste aller Vögel," sagt er, „ist der p]idervogel; denn die Fremden kaufen seine Dunen für teures Geld" (Thoroddsen II, 147). Der in Dänemark lebende Holländer Olaus Worraius (Ole Worm) stand mit verschiedenen Isländern, die in Kopenhagen studiert hatten, in dauernder Verbindung und erhielt von diesen Mitteilungen und Naturalien der Insel. Seine naturwissenschaftlichen Sammlungen waren weit berühmt, doch erschien deren Beschreibung erst nach seinem Tode.^) Etwas Neues über Island bringt diese Schrift nicht. p]benso enthalten die drei weiteren, nicht isländischen Arbeiten des 17. Jahrhunderts wohl ziemlich ausführliche Darstellungen der Vogelwelt unserer Insel, sind aber voll von Anekdoten und Irrtümern, weshalb ich unterlasse, ausführlicher über sie zu berichten. 1638 erschien in polnischer Sprache ein Buch über Island, dessen Verfasser Daniel Streyc (Fetterus) wahrscheinlich 1613—14 selbst die Insel bereist hatte. 1654 veröffentlichte der Däne Jens Lauridsen Wolf sein Encomiou regui Daniae, in dem er 61 Arten von Vögeln aufzählte. 1684 — 88 endlich verfaßte der Universitäts- professor und Bürgermeister von Kopenhagen, Peter Resen, eine ausführ- liche Beschreibung Islands in lateinischer Sprache, die aber nie gedruckt wurde (Thoroddsen II, 196). Im 18. Jahrhundert wächst die Literatur über die ornithologischen Verhältnisse Islands beträchtlich. Man hat gelernt, die Natur ungleich besser zu beobachten als früher und beginnt, sie um ihrer selbst willen zu studieren. Man schreibt nicht bloß Gehörtes und Gelesenes nieder, sondern begründet seine Mitteilungen durch eigene Untersuchungen. Deshalb finden sich hier und da Bemerkungen über das Leben der Vögel, die heutzutage nicht anders gegeben werden könnten, wodurch solche Schriften etwas mehr als rein historisches Interesse für uns erhalten. Schwierigkeit bereiten dem Leser dieser Bücher, insbesondere wenn es sich um Übersetzungen handelt, die häufige Unklarheit der angeführten Namen, sowie mannigfache Verwechslungen feststehender Arten untereinander. Aus diesem Grunde darf man Mit- teilungen über das Vorkommen seltener und schwierig zu beobachtender Vögel nicht allzugroßen Wert beilegen. Von isländischen Schriften selbst sind im dänischen Reichsarchive 26 Sysselbeschreibungen verwahrt, die in den Jahren 1744 — 50 entstanden sind. In einigen derselben finden sich nach den Mitteilungen Thoroddsens auch eingehende Bescln-eibungen über die Vogelwelt der betreffenden Gebiete, die freilich nicht allzuviel Neues zu bringen scheinen. In der Besprechung der ]3ingevjarsysla z. B. wird von Jon Benediktsson über den Vogelfang auf Langanes berichtet: „Anfang Juni kommen die Leute auf den Felsen ') Olaus Wormius, Musenm Worniianum usw. Lugduni Batavorum 1655. \Q Geschichtliches. zusamnien und lasaeii einander an einem Tau liinab, das 80 Klafter lang und aus 8 Kiemen von Rindsleder gedreht ist. Der Fänger (sigamadur) hat in der Hand eine Stange von 7 — 9 Ellen Länge mit einer Schlinge aus Fischbein am Ende. Damit fängt er die Vögel, drelit ihnen das (lenick um und bindet sie an das Tau; die Eier aber steckt er in den Busen seines Mantels. So werden täglich einige liundert Vögel erlangt." Diese Schilderung läßt erkennen, wie wenig sich in den letzten zwei Jahrhunderten die Art des Vogelfanges auf Island verändert liat. Bei der Besprechung des Mfvatn werden 10 Entenarten genannt und beschrieben, die daselbst brüten. Freilich erzählt man auch noch abergläubisch von kleinen Vögeln, die auf den heißen Quellen schwömmen oder sogar in diesen untertauchten, ohne zu verbrennen, ebenso, daß es in verschiedenen Gegenden Islands giftige Seen gäbe und die Vögel, die darüber flögen, sterben müßten. Das erste gedruckte Buch des 18. Jahrhunderts, das bedeutsame Mit- teilungen über Island brachte, verfaßte der Bürgermeister Johann Anderson in Hamburg^). Freilich war dieser selbst nie in Island und hat auch seine Angaben über die Vogelwelt der Insel mit allen möglichen Anekdoten ver- knüpft, die das Buch lesenswerter machen sollten, in Wirklichkeit aber nur seiner Glaubwürdigkeit schaden. DerVerfiisser schreibt z. B.: „Die Adler auf Island sind teilweise sehr stark und keck und richten besonders unter dem jungen Vieh großen Schaden an. Menschen beunruhigen sie im allgemeinen nicht, wenn sie aber zufällig an einer angetriebenen Leiche Menscheufleiscb gekostet haben, werden sie so lüstern darnach, daß sie Kinder von 4 bis 5 Jahren wegschnappen und in ihr Nest schleppen". „Die große Seemöve (Larus marimisf) holt Fische aus dem Meere und schleppt sie ans Land. Die Bauern aber haben ihre Kinder gelehrt, sobald sie gewahr werden, daß eine Seemöve mit einem solchen Fische kommt, ihr diesen abzujagen und den Eltern zu bringen". „Die meisten isländischen Entenarten", sagt er an anderer Stelle, „schmecken ekelhaft nach Tran; doch kehren sich die Isländer nicht daran, sondern schmeißen alles, was sie nur auf den Klippen erhalten oder auf den Sandhügeln ausgraben können, in den Topf, kochen es auf ihre Weise und schicken es in ihren vortrefflichen Magen hinunter." Über den Eidervogel berichtet er folgendes: „Man hat mir von dem Eidervogel erzählt, daß er, wenn man einen Stab von einer halben Elle mitten ins Nest stecke, gar über die Gewohnheit fortlege und nicht eher aufhöre, bis die Spitze des Steckens, damit er darüber sitzen könne, mit Eiern bedeckt sei, wodurch der Vogel aber dermaßen sich entkräftet, daß er den Tod davon nimmt." „Der Geyrvogel wird gar selten gesehen und zwar nur an den Klippen, die von ihm den Namen Geyrfugl-Sker führen. Die Isländer glauben, daß, wenn dieser Vogel sich sehen läßt, es eine recht sonderliche und große Begebenheit vorbedeute. So seien das Jahr vor dem Ableben König Friedriclis IV. verschiedene gesehen worden." ') Johann Anderson, Nachrichten von Island, Grönland und der Straße Davis, usw. Hamburg 1746. Geschichtliches. 11 Trotz derartiger fabelhafter Erzähluugeii, wie sie ja noch heute dem in Ishmd reisenden Ornithologen nicht selten in ähnlicher Weise geboten werden, verbreitete das Andersonsche Buch besonders in Deutschland die Kenntnis auch von den isländischen Vögeln um ein erhebliches. Die offenbaren Fehler desselben aber suchte 1752 der Däne Niels Horrebow zu berichtigen. Dieser hatte zwei Jahre, von 1749 — 51, jeden- falls auf Kosten der 1742 neubegründeten dänischen Gesellschaft der Wissen- schaften, in Island zugebracht und war deshalb wohl geeignet, glaubhafte Mitteilungen über die Insel zu bringen. Sein Buch^) ist teilweise eine Widerlegung, teilweise auch eine. Ergänzung des Andersonschen Werkes, im allgemeinen weit richtiger und selbständiger als dieses. Als Beispiel für die Darstellungsweise Horrebows mag des geschichtlichen Interesses wegen augeführt sein, was er in § 40 über die Falken sagt. „Die isländischen Falken sind weiß, halbweiß oder grau und die Männchen etwas kleiner als die Weibchen. Doch sind sie alle von einer Art, und daher finden sich bisweilen in einem einzigen Neste .Junge von jeder Farbe. Im Winter kommen auch welche von Grönland herüber. Diese sind meistenteils weiß und werden von den Isländern fliegende Falken (üugfälkur) genannt, weil sie keine Nester im Lande haben. Die isländischen Falken sind die besten und stärksten von allen, und während ein norwegischer Falk nur ein paar Jahre zur Jagd dienlich sein kann, ist es ein isländischer bis zu 12 Jahren und darüber. Außerdem sind sie auch größer. Der königliche Reise-Falkonier kommt jährlich mit einem oder zwei Bedienten mit einem Schifte von Holm (das jetzige Keykjavik) nach Bessastadir. Diese selbst fangen aber keine Falken, sondern nehmen nur die von den Isländern im Laufe des Jahres gefangenen Falken in Empl'ang. In jedem Distrikte Islands sind nämlich Falkenfängei-, welche Briefe vom Amtmann darauf haben. Auf Johannis kommen diese Falkenfänger, jeder mit seinen Falken, nach Bessastadir ge- ritten, da ein Jlann zu Pferd deren 10 — 12 Stück führen kann, welche alle verkappet und an eine Querstange gebunden sind. Selbige gehet über eine andere Stange, die der Kerl in der rechten Hand wie eine Standarte führet und auf dem rechten Steig- bügel ruhen läßt. Alsdann ist des Reise-Falkoniers Amt, die Tüchtigen zu sich zu nehmen, die Untüchtigen aber zu kassieren und erstere zu Schiff mit sich nach Kopenhagen zu führen. Gegen des Keise-Falkoniers Beweis empfangen die Falken- fänger von des Königs Landvogt 15 Rtr. für einen weißen Falken, 10 Utr. für einen halbweißen und außerdem eine Douceur von 2—4 Rtr., wenn sie dergleichen bringen. Für einen grauen Falken erhielten sie vordem 5 Rtr., seit einigen Jahren aber hat ihnen der König für einen jeden grauen Falken 7 Rtr. allergnädigst zugelegt." „Die Falkenfänger fangen aber die Falken auf folgende Weise: Sie schlagen zwei Pfähle in tlie Erde, unweit voneinander; an dem einen wird eine Rype (Schneehuhn), Taube oder in deren Mangel ein Hahn oder Henne mit einer Schnur von 3 — 7 Ellen Länge am Fuße festgebunden, auf daß die Rype oder Taube Raum hat, etwas in die Höhe flattern zu können und der Falk sie desto eher sieht. An den Fuß selbiger Rype binden sie noch eine andere Schnur von 80 Faden, welche durch ein Loch des anderen Pfahls gehet, sodaß der Falkentänger mit dieser Schnur die Rype von dem ersten zum andern Pfahle hinziehen kann. Bei diesem Pfahl ist ein Garn aufgestellt, wie eine Fischreuse, mit einem großen Tonnenband in einem halben Zirkel von 3 Ellen im diametcr perpendiculair aufstehend, welches, wenn es niederfällt, über den andern Pfahl gehet, zu welchem Ende eine ebensolange Schnur, wie die vorige, oben in dem halben Zirkel festgemacht ist und durch den ersten Pfahl niedergehet nach dem Falken- fänger, mit welcher Schnur er das Garn über den Falken ziehen kann, gleichwie er ^) Niels Horrebow. Tilforladelige Efterretninger om Island med et nyt Landkort og 2 Aars meteorologiske Observationer. Kjebenhavn 1752. — Deutsch bei Fr. Chr. Pelt, Kopenhagen und Leipzig 1753. J2 Geschichtliches. mit der andern Schnur die Rype von dem ersten Pfalil zum andern hinziehen kann. IJiese Anstalten machen die Falkenfänger entweder da, wohin, wie sie vermuten, Falken kommen, oder in der Xähe von Falkennestern oder auch, wenn sie eineti „fließenden Falken" ankommen sehen. — Wenn nun der Falk diese Rype oder Taube unten an der Erde flattern sieht, schwingt er sich einigemal in der Luft über der Stelle herum und siehct, ob wohl Gefahr vorlianden sei. Endlich schießt er nieder mit aller Force und zwar solchergestalt, daß der Kopf von der Hype so glatt abgehet, als wäre er mit einem Messer abgeschnitten. Sobald der Falk den Vogel gestoßen, fliegt er gern wieder auf — er müßte denn allzu hungrig sein — um sich vorzusehen, damit er seine Mahl- zeit außer Gefahr verzehren kann. Mittlerweile er nun also auffliegt, zieht der Falken- tanger mit der einen Schnur die Kype hin zu dem andern Pfahl dicht neben das Netz, welches der Falk nicht merken kann, und wenn derselbe alsdann wiederkoumit, um sich mit der gemachten Beute zu traktieren, zieht der Falkenfänger mit der andern Schnur das Netz über den Falken, sodaß er darunter sitzt, gleichwie in einem Käfige oder Vogelbauer, und solchergestalt macht er sich denselben zur Beute; worauf der Falkenfänger alsbald hinzugehet und den Falken sehr vorsichtig herausnimmt, indem keine Feder in seinen Flügeln oder Schwanz, wenn es recht sein soll, beschädigt werden muß, und mit Ueihiilfe eines andern Kerls setzet er eine Kappe über seine Augen. In währender Zeit, daß der Fang dauert, hält sich der Falkenfänger verborgen und so stille er nur kann, hinter etlichen Steinen, oder liegt auch platt nieder auf der Erde und ist .50 — -80 Faden davon, sodaß sich der Falk keine Gedanken macht, wenn er ihn schon erblicket, daß er dort etwas zu bestellen habe, nachdem er so fern davon ist.'- „Wenn das Falkenschiff fertig ist, werden so viele Ochsen geschlachtet als nötig ist, um die Falken 14 Tage lang damit zu füttern. Außerdem aber wird an Ochsen und Schafen soviel lebendes Vieh mit an Bord genommen, daß sie bis zur Ankunft in Kopenhagen ausreichen. Gewöhnlich ist das Schiff auf 7 Wochen ausgerüstet. Das Fleisch, mit dem die Falken gefüttert werden, wird in Milch getaucht und mit Ol und Eiern ver- mischt, wenn die Falken krank sind. An Bord sitzen die Falken unter Deck verkappt in 2 Reihen auf jeder Seite auf Stangen, die mit Kissen von Wadmel und fest mit Heu gestopft sind." Älinlicb wie Horrebows Werk hat auch das nun zu erwähnende von Olafsson und Pälsson^) heutzutage in der Hauptsache nur noch historischeu Wert, weil die darin enthaltenen biologischen Beschreibungen der Vogel- welt woiil in jeder Hinsiclit durch vollständigere oder zum mindesten gleich- wertige neuere überholt worden sind, die Mitteilungen über die geographische Verbreitung der Vögel aber nicht mehr maßgebend sein können und außer- dem auch mannigfache Verwechslungen, beziehentlich Unklarheiten über die Arten den ornithologischcn Wert des Buches beeinträchtigen. Immerhin muß dieses als das vollständigste seiner Zeit gelten, auf das eine ganze Anzahl Mitteilungen über die Vogelwelt Islands, die noch lieute sel))st in ornithologischen Werken ab und zu Eingang finden, zurückzuführen sind. Deshalb verdient das Buch samt seinen Verfassern eine ausführlicliere Be- sprechung. Das zweibändige Werk stützt sich auf die Erfahrungen der beiden Isländer Eggert Olafsson (dänisch Ohifsen) und Bjarni Pdlsson (Povelsen). Diese hatten an der Kopenhagener Universität studiert, Olafsson Mathematik,^ ') Eggert Olat'sens og Biarne Povelsens Reise igjennem Island, foranstaltet af Videnskabernes Sälskab i Kiöbonhavn og beskreven af forbenieldte Eggert Olafsen. 2 Bände, Soroe 1772. - Deutsche Übersetzung: Kopenhagen und Leipzig, 1. Teil 1774. 2. Teil 1775. Geschichtliches. 13 Physik uucl Ökonomie, Pdlsson besonders Medizin. Sie bereisten ihre Heimat- insel, hauptsächlich die Küstengebiete, teilweise gemeinsam, teilweise auch jeder für sicli in den Jahren 1752 — 57. An die sie unterstützende dänische Gesellschaft der Wissenschaften in Kopenhagen sandten sie zunächst einzelne Reiseberichte, die in gelehrten Zeitungen veröffentliclit wurden. Eingehender l)eschrieben sie die Resultate ihrer Reisen in ihren Tagebüchern, deren Be- arbeitung später Ölafsson allein übernahm. Vieles strich er, anderes fügte er neu hiiizu, wobei er auch ungedruckte Schriften und mündliche Mitteilungen benutzte. Im Jahre 1767 wurde Ölafsson Vize-Lavmand in Island, hatte aber im folgenden Jahre das Unglück, im Meere zu ertrinken. Die geretteten Manuskripte bearbeitete nun der Däne G. Schi0nning, Professor der Ge- schichte an der Ritterakademie zu Soroe. Aus der Menge der zum Teil von Ölafsson selbst hergestellten Abbildungen wählte Professor Brünnich die besten aus, die denn auch bei den meisten Vögeln auf den ersten Blick die Art erkennen lassen. Der Plan des Werkes folgt der Einteilung des Landes, wodurch die ornithologischen Mitteilungen zerrissen und teilweise wiederholt werden. Ölafsson führt außer einigen unbestimmten und unbestimmbaren Vögeln 60 Arten an, von denen mit Ausnahme von Alca impeuins alle noch heute in Island gefunden werden. Auffälligerweise nennt er dagegen weder Falco ineriUns noch Glaiirionetta Ulaiidica u. a. Imius canus und Rlssa rissa hält er für eine Art; die nur stummelartig sichtbare Zehe sei durch das Sitzen auf harten Felsen abgebrochen. Die wichtigsten Vogelarteu werden ein- gehender behandelt und von verschiedenen ausführliche und gute Schilderungen gegeben. Allerdings wiederholt Ölafsson auch die Ansichten der Bevölkerung und erzählt dabei manches abgeschmackte Märchen über gewisse Vögel. So schreibt er Z. B. über die Wasserralle : „Ob wir schon keine vollkommene Be- schreibung von diesem \'ogel geben können, dürfen wir ihn doch nicht übergehen, da er die wunderbarste Haushaltung von allen Vögeln hat, der irrigen Hegriffe nicht zu ge- denken, die man überhaupt von ihm hat. Man sagt z. B., daß der Kieldu-Svin" (so der isländische Name für Ballus aquaficus) „halb die Natur eines Wurmes hat, und wenn er verfolgt wird, in die Erde kriechen kann, wie hart und dicht auch der Boden sei; denn er kann nicht fliegen. Abergläubische 3Ienschen haben ihm ein großes Ver- mögen zu wunderbaren Dingen und insbesondere zur Hexerei beigelegt, weiche ungereimte Meinung daher ihren Ursprung haben mag, weil dieser Vogel selten ist. Was man vom Kicldu-Svin mit Grewißlieit sagen kann, ist, daß er sich an einigen Orten in Island und am öftersten bei warmen Bädern oder auch nahe bei Quellen. Bächen und Morästen aufhält. Der Vogel kann nicht fliegen, sondern hält sich unten bei der Erde in Ritzen und Höhlen, und wenn man ihn auf der Erde antrifft, welches oft geschieht, geht er einem sogar auf dem ebenen Felde in einem Augenblicke aus dem (iesichte; denn er ist sehr gewiß darauf, seine kleinen Winkel und verborgenen Gänge in der Erde zu finden, welche mau nicht sehen kann und deshalb Gelegenheit genommen hat, unter- schiedliche Fabeln von ihm zu erdichten. Im Winter befindet er sich meistens in der Erde, wo der Grund nicht friert, am allermeisten, wo er warm und zugleich offen ist. Auf Reykholt sieht man ihn oft nahe am Priesterhofe und dem warmen Bade, wo die Katzen ihn zuweilen gefangen haben. Wie viele Mühe wir uns auch gegeben, so haben wir ihn doch noch nicht in die Hände bekommen können. Vor vielen Jahren hat einer von uns, nämlich Bjarni Pälssou, ihn ziemlich genau gesehen, und außerdem haben wir mit glaubwürdigen Männern, die ihn gefangen und betrachtet haben, ^^ Gesclnclitliches. gesprochen. Seine Größe kommt mit Selningeii — Arquatella maritima --- sehr überein. Er ist aschf^rau in der Farbe, hat weiche Federn und geschmeidige Gliedmaßen.'") Der Fulkciifany- war zu Olafssons Zeiten noch immer in Blüte und brat'lite dem Lande alljährlich 2 — 30t)0 Rtr. ein, bis er dann gegen Ende des Jahrhunderts eingestellt wurde. Olafsson gibt ebenfalls geschichtliche Notizen über diese wichtige Erwerbsquelle Islands. Weil die dänischen Reisc-Falkoniere die Gewohnlieit geliabt hatten, diejenigen unter den ge- brachten Vögeln zu töten, die entweder zu alt waren, zu wenige Federn be- saßen oder auf irgend eine Weise zu Schaden gekommen und für die Jagd unbrauchbar geworden waren, verringerte sich die Zahl der Falken mehr und mehr. Doch suchten die Falkoniere auf diese Weise zu verhüten, daß die betreffenden Tiere ihnen nochmals gebracht wurden. Oft waren aber solche Vögel noch fortpflanzungstüchtig und ,. Schaden taten sie weiter nicht, als daß sie, wenn sie oft gefangen würden, dem Falkeufänger die vergebliche Arbeit überdrüssig machen könnten. Im Jahre 1651 beantragte deshalb der damalige Amtmann über Island, Henrik Bjelke, beim Althinge, eine Strafe auf solche Tötung der Vögel zu setzen, welcher Vorschlag auch tatsächlich zum Gesetze erhoben wurde" (1. c. I, S. 32), Auch von dem Fange der Seevögel zu Nahrungszwecken berichtet Olafsson an verschiedenen Stellen. „Man fängt besonders die „Svartvögel" in Schlingen aus schwarzen Pferdehaaren, die man auf Brettern befestigt, die auf dem Meere schwimmen." Im großen konnte freilich die arme Bevölkerung den Vogelfang nicht betreiben, da schon der Besitz eines Seiles ein Kapital darstellte. „Das lederne Seil zum Vogelfange gehört in das Inventarium des Bischofssitzes. Wenn es gehörig verfertigt ist, so schätzet man es auf 5 Hunderte, d. i. 20 Speziestaler. In diesem Falle besteht es aus 7 Riemen, wovon jeder, wenn er seine gehörige Länge haben soll, 80 Faden lang sein muß. Man schneidet sie aus Ochseuhäuten, da wo das Leder am dicksten ist, und braucht 16 mittelgroße Häute zu einem Riemen. Wenn das Seil trocken ist, wiegt es 120 Pfund. 6 Tagelöhner halten das Seil und ziehen es auf und nieder über einen im Berge befestigten Stock. Der siebente hält Wache und gibt acht, was der am Seil hinuntergelassene Sigemand für Zeichen gibt" (1. c. II, S. 48). — Ferner mag das 1780 von dem Dänen Ol aus Olavius') verfaßte Buch über seine Reise durch Island erwähnt werden, da es ebenfalls einige ornithologische Mitteilungen briugt. Der Verfasser besuchte dreimal, nämlich 1775, 76 und 77 Nordisland, jedesmal auf einige Monate zur Sommerszeit. Er reiste auf Befehl der königl. W^estindisch-Guineischeu Rente- und General- zollkammer, besonders um nach dem Zustande der Fischerei zu forschen und Vorschläge zur Hebung derselben zu machen. Der Vogelwelt widmet er deshalb auch nur gelegentlich einige Zeilen, beschreibt besonders den Fang der Seevögel an verschiedenen Vogelbergen, sowie den der Schwäne. ^) Olafsen und Povelsen, Deutsche Ausgabe, Bd. I, S. 122. 2) Olaus Olavius, Oecouomisk Reyse igjeunem Island etc., Kjebenhavn 1780. — Ins Deutsche übersetzt: Ökonomische Reise durch Island in den nordwestlichen und nord-nordöstlichen Gegenden. Dresden und Leipzig 1787. Geschichtliches. . ]^5 Er tadelt die oft rücksichtslose Behandlung- dieser Tiere und rät zur ver- ständigeren, Ausnutzung der für den Menschen so wichtigen Naturobjekte. Irgend etwas ornithologisch Neues und Wichtiges bringt das Buch nicht. Eine kurze und recht brauchbare Übersicht der damals für Island bekannten Vogelarten gab der Däne Nicolas Mohr ^) in einem Versuche zu einer isländischen Naturgeschichte. Der Verftisser wurde nach Beendigung seiner Universitätsstudien in Kopenhagen von der Direktion der dänischen Porzellanfabrik und im Auftrage des Königs nach Island geschickt, um nachzusuchen, ob sich daselbst brauchbare Porzellanerde fände, ferner auch, um im Auftrage des Kammer-Kollegiums die Naturverhältnisse des Landes im allgemeinen zu studieren. Soviel aus dem Buche ersichtlich, ist der Verfasser mindestens bis zum Frühjahr 1781 in Island geblieben. Das 1786 erschienene und mit großem Fleiße zusammengestellte Werk enthält die für Island damals bekannten Naturobjekte aus allen drei Natur- reichen. Selbstverständlich hat der Verfasser andere Werke mitbenutzt. Von den Vögeln berichten S. 18 — 55. Drei gut kenntliche kolorierte Ab- bildungen — Uistnonicus histrionicus (^ und Ö, Phalaropus lohatus und Colymhns auritus — sind eingefügt. 66 Arten werden in übersichtlicher, gedrängter Form aufgezählt. Auch die Namen sind, weil nach Linnes Fauna Suecica angeführt, verständlich. Falco menllus zählt Mohr zwar unter dem isländischen Namen „Smirill" mit auf. bezeichnet ihn aber, jedenfalls von Brünnichs Ornithologia Borealis abschreibend, als den Falco Lanarlm Linnes. Eine ähnliche Unklarheit ist ihm untergelaufen, wenn er Linnes Anas Fidignla anführt und ihr die isländischen Namen Hrafnsönd (= Oidemia nigra) und Dukönd (= Aetht/a marila) gibt, desgleichen Linnes Anns Fmna, die er Kaudhöfdaönd (= Mareca penelope) nennt. Ferner vertauscht er die isländischen Namen bei Mevgus mmjanser, den er als Toppönd, und M. serrator, den er als Gulönd bezeichnet. Bei einigen Arten (Tildra, Lsekjadudi-a, Keldusvin) schreibt ei-, weil er sie nicht selbst gefunden hat und nach Linnes Verzeichnis nicht bestimmen kann, nur von Ölafsson die Namen ab. Auch inhaltlich enthält das Buch natürlich eine Anzahl tatsächlicher Fehler, muß aber immerhin als das für unsern Stoff wichtigste des ganzen 18. Jahrhunderts bezeichnet werden. Unter den allgemeinen ornithologischen Schriften dieser Zeit will ich Brünnichs Ornithologia Borealis'-) anführen, die freilich nur geringen Wert für die Kenntnis der Avifauna Islands besitzt. Das Büchlein gibt ein Verzeichnis von ungefähr 232 Vogelarten, die teilweise kurz beschrieben werden. Verbreitung und verschiedene Namen sind ebenfalls angeführt, für Island etwa 56 Arten. Doch enthalten diese Angaben eine Menge Unklarheiten und sogar Fehler, von denen einige hier angeführt sein sollen. Falco Lanarius, Anser Erythropus, Colymhns Arcticns (?), Laras Canus, Trinqa Pugnax werden als isländische Vögel bezeichnet. Pelicanns Carlo ^) N. Mohr, Fors0o- til en Islandsk Naturhistorie med adskillige ekonoruislie samt andre Anmserkninger. Kiebenhavn 1786. *) M. Th. Brünnich, Ornithologia Borealis, Hafniae 1764. 16 (ieschiehtliclies. und P. PItalacrocorax, /'. Graczäus und /'. Crisfatns sind als verschiedene Arten gedacht, ebenso (■havadrius Apricaiius und I'lucia/is. Der Verfasser hält den isländischen /Irossaguitkur für „Trhxja (hroplmx"-; Nuinenius pliaeopaa und arqnatus werden in ihrem Vorkommen auf Island verwechselt. Außerdem läßt Briinnicli eine Reihe häufiger Vögel der Insel, besonders die kleineren Arten, ganz außer acht. Deshalb hat sein Buch für unser Gebiet ebenfalls nur noch historischen Wert. Das Ende des 18. und der Anfang des 19. Jahrhunderts gehen in Island still vorbei. Europa hat mit sich genug zu tun und braucht seine Männer selbst. Vierzig Jahre hindurch schreitet die Kenntnis über die Vogelwclt Islands so gut wie gar nicht vorwärts. Die Mitteilungen des [ino von Troil') und einige andere kleine Schriften über unsern StoflF enthalten nichts Neues. Erst die zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts, die Zeit, in der ganz Europa aufatmet nach schweren Kriegs- und Notjahren, bringen neues wissenschaftliches Leben auch für Island. Dänemark ist es wiederum, das einen tüchtigen jungen Mann in seine Kolonie sendet. Frederik Faber, dessen Forscliungeu die umfassendsten und wertvollsten genannt werden müssen, die l)isher über die Avifauna Islands überhaupt gemacht worden sind. Friedrich Faber, wie er sich in seinen in deutscher Sprache abgefaßten Schriften nennt, wurde geboren 1795 zu Odense auf Fünen. Im Mai 1819 segelte er, damals Kandidat der Jurisprudenz, nach Island, um insbesondere die Vögel und Fische der Insel zu erforschen. Er hielt sich bis September 1821 hier auf, wobei er von dem dänischen Könige und der Kopenhagener Universität unterstützt wurde. Er bereiste besonders die Küstengebiete Islands, besuchte unter andern im Sommer 1820 vier Wochen Grimsey und im Sommer 1821 sechs Wochen die Vestmaunaeyjar. Er machte bedeutende Sammlungen an Vogelbälgen und Eiern, die er größtenteils schon vor seiner Rückkehr nach Dänemark sandte, und die von hier aus auch an Museen und Privatsammler anderer Länder abgegeben wurden. Von Fabers ornitiiologischeu Werken sind zu nennen sein „Prodromus der isländischen Ornitliologie oder Geschichte der Vögel Islands". Kopenhagen 1822, sowie sein Hauptwerk „Über das Leben der hochnordischen Vögel", Leipzig, 1. Heft 1825, 2. Heft 1826. Außerdem veröffentlichte er recht wertvolle, doch in der Literatur wenig beachtete Beiträge zur arktischen Zoologie in Okens Isis. Leider starb der ausgezeichnete Ornitholog bereits i. J. 1828 als dänischer Regimentsquartiermeister und Auditeur zu Horsens in Jütlaud. Fabers Mitteilungen haben nicht nur deshalb AVert. weil er 2^/2 Jahr hindurch Sommer und AVinter ornithologisch in Island beobachtete und sammelte, sondern weil seine Sammlungen, von andern wissenschaftlichen Händen nachgeprüft, das sichere Belegmaterial für das wirkliche Vorkommen der von ihm angegebenen isländischen Vogelarten bildeten. AVo Belegmaterial ^) Uno von Troil, „Notes on the Fauna of Iceland*' in Letters on Iceland by Sir J. Banks, Dr. Solander usw. Pinkertons Voyages, London 1808. Geschichtliches. J 7 gefehlt hat, sind seiue Angaben ebenfalls kritisch zu betrachten. Das Ver- zeichnis der Vögel Islands wächst nun auf 86 Arten, von denen einige von Faber zum ersten Male richtig beschrieben und benannt werden. Diese sind Tetrao Jslaiuiorum, Pnffi)nis arciicus (=■ Fvocellaria Anglorum Temm.), F. major (Proc. jmffinus Temm.j und Larns lencopterus. Podiceps auritus (L.) trennt Faber nach damaliger Ansicht noch in J'odieeps comutus (Lath.) und F. aurltuK (Lath.). GLancionetta islandica (Gm.) kennt er nicht, sondern verwechselt sie mit Linues Anas ciamjxdn. Im übrigen umfaßt sein Ver- zeichnis die meisten der noch heute für Island bekannten Vogelarten. Seine Mitteilungen über Häufigkeit und Verbreitung können allerdings nicht mehr als völlig mußgebend bezeichnet werden, wennschon in Island Veränderungen der Naturverhältnisse langsamer vor sich gehen als bei uns. Die Faberschen Arbeiten bilden jedoch nochjetzt die Grundlagen für die Kenntnis der isländischen Vogelwelt, auf denen alle späteren Bearbeiter unseres Gegenstandes gefußt haben und noch fußen. Die Darstellungsweise seines Prodromus ist kurz, übersichtlich und fern von nebensächlichen Erzählungen. Im „Leben der hochnordischen Vögel" verliert sich Faber allerdings nicht selten in unbeweis- bare Spekulationen, denen zu Liebe er wohl auch richtige Beobachtungen falsch auslegt Ich gehe liier nicht weiter auf seine Schriften ein, da insbesondere der Prodromus der isländischen Ornithologie in der zweiten Hälfte des Buches beständig zitiert wird. Auch bei der isländischen Bevölkerung hat sich das Andenken an Faber noch lange erhalten. So schreibt Krüper (Naumannia 1857, II, S. 23): „Faber steht bei den Isländern noch in lebhafter Erinnerung. Sie haben ihm, um ihn von andern Leuten gleichen Namens zu unterscheiden, den Beinamen Vogel-Faber (Fugla-Faber) oder auch Vogelfänger-Faber gegeben." ' Die Rückreise von Island unternahm Faber in Gemeinschaft von zwei jungen Deutschen, Thienemann und Günther, die vom 7. Sept. 1820 bis zum 23. Sept. 1821 ebenfalls zwecks naturkundlicher Studien in Island gewesen waren. Das Hauptergebnis dieser beiden bestand in einer bedeutenden Sammlung von Mineralien, Pflanzen und allen möglichen Tieren. Darunter befanden sicli 600 Bälge, 200 Skelette, 800 Eier von Vögeln und von 40 Arten die Nester. Diese ornithologischeu Objekte wurden später zum größten Teile von dem Kgl. Naturalienkabinette in Dresden gekauft, wo Thienemaim Anstellung fand. Viele scheinen auch jetzt noch im Dresdener Zoologischen Museum vorhanden zu sein. Doch kennzeichnen sich die Bälge nicht genügend. Außerdem fehlen Geschlechtsangabe und Datum, sodaß man sie nicht wissenschaftlich benutzen kann. Dagegen sind die Pher, ■die ja Thienemanns Hauptstudium darstellten, als isländische bezeichnet. Eine größere Zahl davon ist durch Tausch in meine Privatsammlung über- gegangen. Leider hat Thienemann nichts Zusammenhängendes über die ornitho- logischeu Ergebnisse der Reise veröffentlicht, was jedenfalls seinen Grund in dem Erscheinen der Faberschen Schriften hatte. Doch gibt er in seiner Hantzscli, Vogelwelt Islands. ^ \Q Geschichtliches. Reisebeschreibuiig^) biologische Mitteilungeu über 64 auch von Faber an- geführte Vogelarteii. Außerdem weist er iu seinem bekannten Werke über die Fortpflanzungsgeschichte der VögeP), sowie in einigen anderen zoologischen Schritten auf isländische Brutverhältnisse hin. Freilich begeht er mitunter den Fehler, die Vogelart nach den Eiern bestimmen zu wollen, weshalb^ gewisse Notizen mit Vorsicht aufzunehmen sind. Nur mit wenigen Worten soll auchTeilmannsVersuch einer Beschreibung der dänischen und isländischen Vögel ^) erwähnt sein. Obwohl der Verfasser, dänischer Kammerjunker und Jägermeister, selbst in Island gewesen war und hier Vögel gejagt hatte, sind seine Mitteilungen ül>er das Vorkommen der von ihm aufgezählten Arten in Island durchaus unvollständig und gar nichts Neues und Wichtiges bietend. Jedes andere Buch, das über die Ver- breitung der Vögel berichtet, hat für uns denselben Wert, nur der Titel der Schrift läßt größere Erwartungen aufsteigen. Auch die ornithologischen Notizen Gliemanns'*) in seiner Beschreibung Islands sind ganz unwesentlich. Es würde nun im folgenden zu weit führen und liegt aucli keineswegs im Zwecke dieser Arbeit, all die zahlreichen Bücher und Artikel, die in neuerer Zeit Mitteilungen über die Vogelwelt Islands gebracht haben, zu besprechen. Und ein bloßes Verzeichnis der hierher gehörigen Literatur hat ohne Kritik des Einzelnen geringen Wert. Die Menge der Touristen, die zum Vergnügen oder auch zwecks wissenschaftlicher Untersuchungen nach Island kommen, nimmt bis gegen Ende des Jahrhunderts beständig zu, und viele derselben veröffentlichen Mitteilungen über ilire Erlebnisse. Auch die Zahl allgemeiner ornithologischer Werke, die isländisclie Verhältnisse berück- sichtigen, wächst bedeutend. Manche dem Namen nach vielversprechende Schriften oder Artikel bringen aber nicht nur nichts Neues, sondern sogar Fehlerhaftes. Wichtige Angaben sind späterhin meist wieder zitiert worden, sodaß die mühevolle Durchsicht der gesamten diesbezüglichen Literatur die Kenntnis der Avifauna Islands kaum wesentlich vermehren könnte, gegen- über dem Studium der bedeutendsten Schriften. Es würde auch nur zu Irrtümern oder zwecklosen Auseinandersetzungen führen, wollte man die Aussagen jedes Keisenden über die so schwierig zu beobachtende Vogelwelt für wissenschaftlich richtig oder überhaupt beachtenswert hinstellen. Ich berücksichtige deshalb im Folgenden außer einigen Isländern nur die zuver- lässigsten Verfasser, die selbst an Ort und Stelle beobachtet und gesammelt haben. Um jedoch Wiederliolungen mit dem IL Teile dieser Arbeit möglichst zu vermeiden, fasse ich mich hier ganz kurz. ^) F. A. L. Thieneniann, Reise im Norden Europas, vorzüglich in Island. Leipzig 1827. ^) F. A. L. Thieneniann, Fortpflanzungsgeschichte der gesammten Vögel. Dresdea 1845—53. ") Charles Teilmann, Forsog til cn Beskrivelse af Danmarks og Islands Fugle. Ribe 1823. *) Ph. Gliemann, (ieographische Beschreibung von Island. Altena 1824. Geschichtliches. ] 9 1B37 besuchte der Engländer William Proctor unsere Insel, sammelte selbst Vögel und Hier und erhielt auch später seltene Objekte von dort zu- gesandt. Im Juni genannten Jahres weilte er auf Grimsey. Cber seine Keiseergebnisse berichtete er nur in zwei kleinen Artikeln ^). Doch veröflent- lichte Professor A, Newton in Cambridge interessante Angaben über die isländischen Sammlungen Proctors. 1847 erschien in der von einigen Isländern in Kopenhagen herauf^- gegebenen Zeitschrift Fjölnir eine Abhandlung über 40 isländische Vogel- arten ^j. Sie ist von dem isländischen Dichter Jonas Hallgrimsson (j 1844 in Kopenhagen) verfatit und wurde von diesem bei einer Versammlung seiner Landsleute in Kopenhagen i. J. 1835 vorgetragen. Der Artikel enthält nichts wesentlich Neues, ist aber historisch des Verfassers halber interessant, berichtet auch in allem Ernste noch einige der alten abergläubischen Erzählungen über gewisse Vögel. So sagt Hallgiimsson (Naumannia 1857): „Der Sundhani ( Phalaropiiis iohatns) kann Hitze ertragen und vergnügt sich wohl auf warmen Quellen, obgleich sie so heiß sind, daß man kaum aushält, die Hände hin- einzustecken", KalLuH aquatkuH „kann nicht fliegen, da seine Flügel zu kurz sind". ..Von dem Steindepill (Saxlcola omantUc) glauben einige, daß er unter das Euter der Milchschafe fliegt." Anort/twa troylodytes „ist der kleinste von den Vögeln auf Island und wahrscheinlich auch der einzige, welcher zweimal im Jahre Junge zieht. Er bleibt im Winter zurück und stiehlt sich dann in die Küchen zu Fleisch und anderen Nahrungsmitteln hinein, aber im Sommer fängt er Fliegen. Wenn er sich so hineinschleicht, grau und klein, mit dem Schwänze wie er ist, dann haben die Leute ihn mit einer Maus ähnlich gehalten und ihm so diesen Namen Müsarbrodir gegeben". — Viele Mitteilungen Hallgiimssons stützen sich auf Ölafsson und Faber, mit dem gemein er Falco lanarim und Loxia serinus nennt. Von einer Anzahl Ajten gibt er auch eigene, teilweise recht zutreffende Schil- deiiingen. — Dem Grätitlingur (Anthas pratensis), jenem lieblichen Sänger der Wiesenlandschaften, hat der Dichter ein ansprechendes, noch heute in Island viel gesungenes Lied gewidmet. Im folgenden müssen die Schriften zweier Deutscher hervorgehoben werden, die eingehendere Nachrichten über die Avifauna unserer Insel ver- veröff'entlicht haben. Theobald Krüper hielt sich im Sommer 1856 in Nordisland auf und weilte vom 14. .Juni bis 31. Juli am Myvatn. Seine Mitteilungen in der Naumannia '), die allerdings durchaus kein vollständiges Verzeichnis der ') William Proctor, Notes on an Ornithological Tour in Iceland. Naturali.st 111. London 1838. — Clangula Barrovii a Native of Iceland, Annais of Natural Histo IV. 1840. ^) Yfirlit yfir fuglana ä Islandi (Übersicht über die Vögel auf Island), Fjölnir, 9. Jahrgang, S. 58 — 72. Kaupmannahöfn 1847. — Teilweise ins Deutsche übersetzt von Th. Krüper, Naumannia 1857; vollständig ins Französische übertragen von Olphe Galliard, Copenhague 1890. 2* 20 Geschichtliches. isländischen Vögel bieten sollen, stützen sich anf üheraus gewissenliaftc und planmüßige Untersuchungen und verdienen weit mehr Beachtung, als man ihnen gesclienkt hat. Krüper verstand isländisch, kannte auch die ornitho- logische liitenitur, sowie die Verbreitung isländischer Vögel in anderen nördlichen Gebieten, was seinen Beobachtungen zu Gute kam. Wohl als erster beschrieb er das Dunenjunge von (jtlancioiirtta idandim, leugnete auch die vor und nach ihm vielerorts erhobene Behauptung, Aamt/iis linaria sei besonders selten in Island. 1860 bereisten William Preyer und Ferdinand Zirkel die Insel, um, wie sie in der Vorrede ihrer Reisebeschreibuug '^) sagen, die seltneren Tiere daselbst kennen zu lernen und namentlich das Leben der borealeu Vögel in freier Natur zu beobachten, sowie die geognostischen und minera- logischen Eigentümlichkeiten und die einzig in ihrer Art dastehenden Natur- wunder Islands näher zu untersuchen. Sie landeten um 14. Juni in Reykjavik, ritten von da nach dem Nordlande und kehrten endlich, auch dem Mj''vatn einen Besuch abstattend, auf dem Landwege wieder nach der Hauptstadt zurück, wo sie am 2. August abfuhren. In der Beschreibung ilirer Reise bringen sie im Anhange zusammenfassende wissenschaftliche Mitteilungen, so auch ein von Preyer verfaßtes Verzeichnis der isländischen Vögel Preyer zählt 102 Arten auf und zwar 81, die mehr oder weniger häufig auf der Insel gefunden Averden, 21 aber, die man nur zufallig oder vereinzelt da- selbst gesehen hat oder gesehen haben will. Freilich kann man iieutzutage nicht in jeder Beziehung mit ihm übereinstimmen. In der von Olafsen unter dem isländischen Namen Lfekjadudra beschriebenen Vogelart glaubt er be- stimmt, Totamis oc/iropus zu erkennen. I]r nimmt ferner au, daß außer Cygnus cygnus auch C. hewicki in Island ))rüte, ohne dies irgendwie zu be- gründen. Podicej>s cornntus Lath. und P. auritiis Lath. trennt er und sagt, erstere Art sei sehr selten. Eingehend beschreibt er die früher verkannte GlaiicioneUa Islcmdint, was aber Krüper und andere schon vor ihm getan haben. Als neue Arten für Island führt er Querquedula rireia und Erü/iacus titys an. Er stellt endlich eine Raubmöve als wahrscheinlich neue Art auf und nennt sie LeKtris thnliaca, die isländische Raubmöve. Nicht nur in Preyers Verzeichnis, sondern auch an vielen Stellen der Reisebeschreibung werden biologische Mitteilungen über die isländischen Vögel gegeben, wes- halb mau das Buch als eine der beachtenswerten neueren Schriften über die Avifauna Islands bezeichnen muß. Freilich bringt der Verfasser mitunter recht allgemein gehaltene Notizen, die gegenüber den exakten Angaben Krüpers mit Vorsicht aufgenommen werden müssen. Noch sollen zwei andere Deutsche genannt sein, die in neuester Zeit Island aufsuchten und Nachrichten über die Avifauna des Landes publizierten. ^) Th. Krüper, Der Myvatn und seine Umgebung, — Die Inseln des Myvatn, — Ornithologische Miscellen: Naumannia 1857. *; W. Preyer und f. Zirkel, Reise nach Island im Sommer 1860. Leipzig 1862. Geschichtliches. 21 J. Riemschneider') bereiste die Insel vom 10. Juni bis 12. Juli 1895. Nachdem er Reykjavik besucht hatte, fuhr er um die Ostküste nach Akureyri und begab sich von hier aus nach dem M;fvatn, wo er zwei Wochen lang weilte. Auf ziemlich demselben Wege kehrte er nach Reykjavik zurück. Seine Mitteilungen enthalten lebensvolle Schilderungen, insbesondere der Entenvögel des Myvatn, denen er als neue Art für Island Aethya fuUgula hinzufügen konnte. Auch behauptet er als erster und bis jetzt einziger das Vorkommen von Urinator arctleux als Brutvogel Islands. Alf Bachmann^) besuchte unsere Insel als Maler. Von Ende Juni bis Anfang September 1900 Iiielt er sich daselbst auf und beobachtete, so- bald sich Zeit und Gelegenheit bot, auch die Vogelwelt. Interessant sind seine Mitteilungen über die Vögel der Vestmannaeyjur, wo er sich fast einen Monat aufhielt. Wenn seine Angaben auch nicht frei von Verwechslungen sind und deshalb der Nachprüfung bedürfen — z. B. seine Notizen über Cal'ulris arenana (S. 19), Stercorarius longicaudus (S. 30), Lariis canus (S. 32) — Itieten sie doch wertvolle biologische Schilderungen üher Ocea7iodro)na letu-orrhoa, PiiffhiHs pnfßnns und andere Arten. 1904 bereiste Bachmann wiederum Island, beobachtete eingehend Megalestris skua am Brutplatze, Cvymophüiis fulirarius USW. Er gedenkt seine diesmaligen Erfahrungen gleichfalls in der Ornithologischen Monatsschrift niederzulegen. Da Island im verflossenen Jahrhundert am häufigsten von englischen Touristen besucht wurde, bringt auch die Literatur dieses Landes zahlreiche treffliche Bemerkungen über die Vogelwelt unseres Gebietes. Wissenschaftlich besonders wertvoll, weil mit großer Sachkenntnis ge- prüft, sind die Angaben Alfred Newtons. Dieser bereiste die Insel im Sommer 1858 gemeinsam mit John Wolley, vor allem freilich, um Nach- forschungen über A/ca htipeiiuis anzustellen. Doch wurden auch zahlreiche andere ornithologische Beobachtungen ausgeführt. Seine Erfahrungen legte Newtoi! in Baring-Goulds Beschreibung Islands'^) nieder, indem er das für seine Zeit vollkommenste Verzeichnis der Vögel unseres Gebietes aufstellte. Später wurde dieses durch Hinzufüguug einiger seltener Arten noch von ihm vermehrt.*) Die wichtigste Bearbeitung unseres Gegenstandes im letzten Jahrzehnt geschah durch Henry H. Slater, der Island im Sommer 1885 in Gesell- schaft von Carter bereiste und auch 1894 und 1900 besonders im Nord- lande weilte. Nach Abfassung mehrerer kleiner Artikel^) veröffentlichte er ^) J. Rieruschneider, Reise nach Island. Ornithologische Monatsschrift XXI. 1896. ^) Alf Bachmann, Einiges über das Vogelleben auf Island. Ornitholog. Monats- schrift XXVII. 1902. ^) Alfred Newton, Notes on the ornithology of Iceland. Appendix A to Sabine Baring-Goulds Icelands: its Scenes and Sagas. London 1863. *) Alfred Newton, Letter on Icelandic birds. Ibis 1864. ^) H. H. Slater and Th. Carter, Notes from Northern Iceland in the Summer of 1885. Ibis 1886. — Field-notes from Northern Iceland. Zoologist 1886. — On the Goldeneyes and Ptarmigan of Iceland. Zoologist 1887. 22 üeschichtliclies. 1901 sein Verzeichnis der Vögel Islands*), die einzige zusaninienhängcnde Arbeit ii])er unser Thema seit Pabers Zeit. Kr berücksichtigt darin natur- gemäß am vollständigsten die englische Literatur, die nun zusammengefaßt deutlich die Fortschritte der Forschung erkennen läßt, Slaters Buch ist als übersichtliches, freilich heutzutage nicht mehr vollständiges Handbuch, speziell für den Touristen, vortrefflich brauchbar, bringt aber auch zahlreiclie eigene Beobachtungen des Verfassers, die für den Ornithologen interessant sind. Als neu für Island ist Cla)ußüa glaucion aufgestellt. Im Ganzen werden 115 Nummern angeführt. Bei vielen Vögeln sind kurze Artbeschreibungeu gegeben. Auf feinere Formenunterschiede und Originalbeschreibungen isländischer Exemplare wird indes kein Wert gelegt. Eine kurze Aufzählung der isländischen Vögel brachten auch Henry .]. und Charles E. Pearson in der Ibis^). Diese umfaßt 108 Spezies, bietet indes gegenüber früheren Veröffentlichungen kaum Neues, da die An- führung von Sterna doiigalli ein Irrtum sein muß. Vor dem Verzeichnisse geben die Verfasser eine Reihe nicht unwichtiger Notizen, insbesondere Brut- daten von 17 Arten, die sie auf ihrer Reise in Südisland im Sommer 1894 sammelten. Interessant ist die Mitteilung von der Erlegung eines Anser cinereus (= A. fenis Schaeff.) nebst der Bemerkung der Verfasser, nur diese eine Gänseart mehrfach in Island beobachtet zu haben. Endlich soll unter den Engländern, welche die Kenntnis der Vogel- welt unserer Insel vermehren halfen, noch J. Coburn genannt sein, der 1899 Mareca americana in Nordisland entdeckte'') und dem zu Ehren Sharpe 1901 die isländische Rotdrossel als Tiirdus cobnrni beschrieb. Von Isländern haben in den letzten Jahrzehnten nur wenige etwas über die Vogelwelt ihres Landes publiziert. Jon Gunnlaugsson gab einige Beobachtungen aus Reykjanes (S, W. Island)*) und P. Nielsen aus der Gegend von Eyrarbakki (S. Island)^). Der letztere besitzt noch um- fassendes Material, besonders über die Brutverliältnisse südisländischer Vögel, und er beabsichtigt in nicht allzuferner Zeit eine Publikation desselben. Weit zahlreichere Mitteilungen als die genannten hat der als Dichter und Gelehrter über Islands Grenzen hinaus bekannte Benedikt Gröndal in Reykjavik gegeben, die im folgenden Abschnitte aufgezählt sind. Es handelt sich freilich in der Hauptsache auch nur um kurze Verzeichnisse und Zahlen- angaben. So wertvoll manche dieser Bemerkungen auch sein mögen, erkennt man doch recht oft, daß der Verfasser wenig im Freien beobachtet hat und sich zumeist auf die Mitteilungen anderer verläßt, ferner auch, 1) Henry H. Slater, Manual of the Bilds of Iceland. Edinburgh 1901. ^) Henry.), and Cliarles PI Pearson, Ün Birds obscrved in Iceland in 1894, with a List of the Species hithorto recorded therofrom. Ibis 1895. ») J. Coburn. Bulletin of the British Ornithologists Club, XII. 1901. *) Jon (iunnlauosson, Ürnithologische Beobachtungen aus Keykjanes in Island, Ornis 1895— 9(). •^) P. Nielsen, ürnithologische Beobachtungen zu Eyrarbakki in Island, Ornis 1886. — Ornis 1887. Geschichtliches. 23 daß ihm neuere Literatur uud die Verbindung mit andern Ornithologen fehlen. Ich erinnere nur an die Verwechslung von Montif ring Uta nivalis (In Ornis 1886, S. 358, sogar der deutsche Name „Schneelink") mit Piec- trophanes (Fasserina) nivalis. Im übrigen jedoch müssen die verdienstlichen Arbeiten Gröndals, inbesondere sein Islenzkt fmj/atal (Reykjavik 1895) voll anerkannt werden. Recht groß ist endlich noch die Zahl der allgemeinen Werke, die ^gelegentlich auf die Avifauna Islands zu sprechen kommen. Da aber wohl keins derselben wesentlich neue Mitteilungen bringt, sondern alle fast aus- schließlich die vorerwähnten Schriften und Artikel, nicht einmal immer ganz richtig, zitieren, sollen sie hier unberücksichtigt bleiben. Die wichtigsten, von mir im II. Teile dieser Arbeit benutzten Werke sind im folgenden Abschnitte angeführt. Zum Schlüsse dieses Kapitels über die ornithologische Erforschung Islands bemerke icli, daß ich die spezielle Literatur über Alca impmnis unberücksichtigt gelassen habe. Doch soll im 5. Abschnitte zusammenhängend über diesen interessanten Vosel berichtet werden. 2. Übersicht der wichtigsten Literatur. Th. Thoroddseu, Geschichte der Isländischen Geographie, I. und II. Teil, deutsche Übersetzung 1897 und 1898. Leipzig, Joh. Anderson, Nachrichten von Island, Grönland und der Sti-aße Davis, 1746. Hamburg. Niels Horrebow, Tilforladelige PJfterretninger om Island, 1752. KJ0benhavn. M. Th. Brünnich, Oruithologia Borealis, 1764. Hafuiae. Eggert Olafsens og Biarne Povelseus Reise igjennem Island, 1772. Soroe. N. Mohr, Fors0g til en Islandsk Naturhistorie, 1786. Kj0bcnhavn. Friedrich Faber, Prodromus der isländischen Ornithologie, 1822. Kopen- hagen. — Nachtrag zum Prodromus. Okens Isis 1824. Jena. — Beiträge zur arktischen Zoologie, Okens Isis 1824 und 1827. Jena. — Über das Leben der hochnordischen Vögel, 1826. Leipzig. F. A. L. Thienemann, Reise im Norden Europas vorzüglich in Island, 1827. Leipzig. — Fortpflanzungsgeschichte der gesaramten Vögel, 1845 — 53. Dresden. William Proctor, Notes ou an Ornithological Tour in Iceland. Naturalist III, 1838. London. — Clangula Barrovii a Native of Iceland, Annais of Natural Historv IV, 1840. London. Jonas Hallgrimsson, Yfirlit ytir fuglana ä Islandi, Fjölnir IX, 1847. Kaupmannahöfn. Th. Kriiper, Der Myvatn und seine Umgebung. — Die Inseln des Myvatn, — Ornithologische Miscellen, Naumaunia 1857. Leipzig. W. Preyer und F. Zirkel, Reise nach Island, 1862. Leipzig. Alfred Newton, Notes on the ornithology of Iceland, Appendix A to Baring-Goulds Iceland, 1863. London. — Letter on Icelandic birds, Ibis 1864. London. N. Kj8erb0lliug, Skandinaviens Pugle, 2. üdgave ved Jonas ('ollin. 1877, Kj0benhavn.') J. C. Poestion, Island, 1885. Wien. 1) Zitiert als „Colliu, Skandinaviens Fugle (1877)' Literatur. 25^ H. H. Slater aud Th. Carter, Notes fi-om Northern Icelaiid, Ibis 1886. London. — Field-notes from Northern Icelaud, Zoologist 1886. London. — On the Goldeneyes and Ptarmigan of Iceland, Zoologist 1887. London. Benedikt Gröndal, Verzeichnis der bisher in Island beobachteten Vögel^. Ornis 1886. Wien. — Ornithologischer Bericht von Island (1886), Ornis 1886. Wien. — Isländische Vogelnamen, Ornis 1887. Wien. — Islenzkt fuglatal, 1895. Ke3kjavik. — Ornithologischer Bericht von Island (1887/8), Ornis 1897. Paris. — Zur Avifauna Islands, Ornis 1901. Paris. P. Nielsen, Ornithologische Beobachtungen, Ornis 1886 und 1887. Wien. H. J. and C. E. Pearson, On birds observed in Iceland, Ibis 1895. London.. J. Riemschneider, Reise nach Island, Ornithologische Monatsschrift 1896, Gera-Uutermhaus. HerlufWinge, Couspectus Faunse Groeulandicse : Gr0nlands Fugle, Ssertryk af Meddelelser om Gr0nland XXI, 1898. KJ0benhavn. G. Koltlioff och L. A. Jägerskjöld, Nordens Fäglar, 1898. Stockholm. H. H. Slater, Manual of the Birds of Iceland, 1901. Edinburgh. Alf Bachmann, Einiges über das Vogelleben auf Island, Ornithologische Monatsschrift 1902. Gera-Üntermhaus. Stefan Stefänsson, Ny rit um nättüru Islands, Nordurland, 4. Okt. 1902.. Akureyri. H. E. Dresser, A Manual of Palaearctic Birds, 1902 — 3. London. Naumann, Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas, Jubiläumsausgabe von Carl R. Hennicke, 1897—1905. Gera-Üntermhaus. Herman Schalow, Die Vögel der Arktis, Band IV, Lief. I der Fauna Arctica von Römer & Schaudinn, 1904. Jena. Bjarni Ssemundsson, Zoologiske Meddelelser fra Island, Ssertryk afVidensk.. Meddel. fra den naturh. Foren, i Kbhvn, 1905. Kj0benhavn. 3. Bericht über meine eigene isländische Reise. Nach den Dötigen Spezialstudien in Literatur und Biilj,^en. auch im Kopenhao-ener Zoologischen Museum, wo Herr Vizeinspektor Winge mir in liebenswürdigster AVeise seine Unterstützung zuteil werden ließ, trat ich Anfang April 1903 eine ornithologischen Untersuchungen dienende Reise nach Island an. Sie führte zunächst über Kopenhagen, Edinburgh, die Täröer und Vestmannaeyjar nach Reykjavik, der Hauptstadt Islands, wo ich gjn 20. April anlangte. Meine Exkursionen von hier aus erstreckten sich besonders längs der Meeresküste, da die sonstige Umgebung sich als ziemlich reizlos und vogelarm erwies. Ich möchte keinem Ornithologen •empfehlen, hier Standquartier nehmen zu wollen, da es, wie ich später kennen lernte, ungleich günstigere Gebiete genug gibt. Auch verhielten sich die Vögel in dieser verhältnismäßig dicht bewohnten Gegend weit vor- sichtiger als an einsamen Örtlichkeiten. Doppelt erschwert wurde das Sammeln durch die gesetzliche Unmöglichkeit, eine Ei'laubnis zum Erlegen geschützter Arten zu erhalten. Für spätere Forscher ist glücklicherweise eine solche in dem neuen Gesetz vom 27. November 1903 vorgesehen.') 1) Der isländische Althingsabgeordnete Herr Björn Kristjansson in Reykjavik war so freundlich, mir dieses Gesetz nebst zwei anderen Verordnungen in dänischer Sprache zuzusenden, was ich in Übersetzung folgen lasse. Gesetz über den Schutz der Vögel (Ausgeg. am 27. Nov. 1903). § 1. Nachstehende Vogelarten: Bachstelzen, Steinschmätzer, Drosseln, Zaunkönige, Finken, Schneeammern. Pieper. Wassertreter (beide Arten), Seeschwalben, Stein- wälzer, Sandregenpfeifer, Pfuhlschnepfen und isländische Strandläufer sollen während des ganzen Jahres geschützt sein. § 2. Folgende Yogelarteu : Adler, Jagdfalken, Steinfalken, Eulen. Haben, Raubmöven, Mantelraöven und andere Mövenarten, Scharben, Tölpcl, Eistaucher, Nordsee- taucher, Ohrentaucher, Lummen und Alke, Säger und Weißwangengänse sind nicht geschützt zu irgendwelcher Zeit des Jahres. § 3. Andere Vogelarten sollen nach folgenden Bestimmungen geschützt sein. a) Schneehühner vom 1.5. Februar bis 15. September. b) Alle andern als die obengenannten Entenarten vom 1. April bis 1. September. c) Schwäne vom 1. April bis 15. September. d) Seepapageien vom 10. Mai bis 20. Juni. — Die Bezirksvorstände werden für ihren Distrikt beauftragt, die Schonzeit für den Eissturmvogel festzusetzen. Doch darf diese nicht später als den 20. März beginnen und nicht früher als den 10. August endigeu. Reisebericht. 27 Imiuerhin konnte icli während meines Aufenthaltes in Reykjavik verschiedene auf dem Zuge befindliche seltenere Vogelarten beobachten und eine Reihe An- kunftsdaten notieren. Ich besuchte auch von ornithologisch tätigen Einwohnern der Hauptstadt Herrn Gröndal, der mir freundlichst seine letzten Publi- kationen einhändigte, sowie Herrn Adjunkt S?emundsson, der mich in die Vogelsammluug führte. Diese ist urspünglich von Gröndal angelegt, jetzt aber in den Besitz der Stadt übergegangen. Einige Objekte darin sind wertvoll, den meisten fehlen jedoch die so überaus wichtigen Angaben über Geschlecht, Datum der PJrlegung usw. Dazu waren verschiedene außer- isländische Vögel mit eingestellt, die zu Irrungen Anlaß geben können. Allmählich wird man hoifentlich die Sammlung vervollständigen und die wissenschaftlich wertlosen Präparate daraus entfernen. Alle nicht oben namhaft gemachten Vogelarten sollen vom 1. April bis 1. August geschützt sein. Beim Fange von Seepapageien und Eissturmvögeln dürfen weder Schüsse noch Kietze, sondern ausschließlich Kätscher angewendet werden. § 4. Für jeden hierdurch geschützten Vogel soll der Gesetzesübertreter 2 Kronen als Buße bezahlen, was für jede weitere Übertretung verdoppelt wird bis zu 40 Kronen. § 5. Der Minister kann wissenschaftlich gebildete Ornithologen von den Bestimmungen dieses Gesetzes befreien. § 6. Rechtsstreitigkeiten, die infolge von Übertretung der gesetzlichen Bestimmungen entstehen, werden als öffentliche Polizeiangelegenheiten behandelt. Die eine Hälfte der Buße fließt in die Landeskasse, die andere erhält der Ankläger. § 7. Das Gesetz vom 17. März 1882 über den Schutz der Vögel (und Rentiere) und das Gesetz vom IH. Dezember 1885 betreffend Veränderungen im Gesetze über den Schutz der Vögel (und Rentiere) werden hierdurch aufgehoben. Verordnung über die Jagd in Island (ausgegeben am 20. Juni 1849). Auszug. § 11. Niemand darf irgendwo in Island Ei der vö gel töten, weder auf dem Meere noch im Lande, auf seinem eigenen oder auf eines anderen Grund und Boden, nicht durch Schüsse, Hunde, Netze oder auf irgendwelche andere Weise. Vorsätz- liche Übertretung hiervon wird mit einer Strafe von 48 Skilling (= 50 Öre = 56 Pfennig) für jeden getöten Vogel belegt, was in die Gemeindekasse gezahlt werden soll. Gesetz enthaltend Nachtrag zur Verordnung über die Jagd in Island vom 20. Juni 1849 (ausgegeben am 22. März 1890). § 1. Jeder, der vorsätzlich Eidervögel tötet, soll statt der in § 11 der Verordnung über die Jagd in Island vom 20. Juni 1849 vorgesehenen Strafe für jeden Eider- vögel eine Buße von 10 bis 100 Kronen erlegen, die im Wiederholungsfalle ver- doppelt wird. § 2. Niemand, weder der Eigentümer noch ein anderer", darf Eidervogeleier verkaufen oder kaufen. Übertretung hiervon wird mit einer Buße von 10 bis 100 Kronen bestraft, die im Wiederholungsfalle verdoppelt wird. § 3. Niemand darf irgendwo in Island tote Eidervögel oder Teile davon kaufen oder verkaufen, zusichnehmen oder benutzen. Übertretung hiervon wird mit einer Buße von 10 bis 100 Kronen bestraft. § 4. Die in §§ 1, 2 und 3 bezeichnete Buße fällt zu einem Drittel an die Gemeinde- kasse, wo die Übertretung begangen wird, zu zwei Drittel an den Ankläger. § 5. Streitigkeiten infolge von Übertretung vorstehenden Gesetzes werden als öffent- liche Polizeiangelegenheiten behandelt. 28 lieiseberifht. Meine Absieht, von Reykjavik mis nun auf dem Landwege allmählich nach Nordisland zu gelangen, scheiterte an der besonders ungünstigen, kühlen Witterung, der bodenlosen Schlechtigkeit selbst der im Sommer guten Wege und dem Mangel an jeglicher frischen Nahrung für die zum Keisen nötigen Pferde, Deshalb begab ich mich am 13. Mai auf den Küsteudampfer Skdlholt und fuhr mit diesem nach Norden. Das Schiff ging bei über 20 Ortschaften vor Anker,, und ich hatte dann mehrmals Gelegenheit, stundenlange Exkursionen zu unter- nehmen. Der Nordwesten Islands mit seinen gToßartigen Felsformationen zeigte sich noch völlig im Winterkleide, und auch das Meer war an vielen Stellen mit Treibeis bedeckt. Trotzdem hatten sich die Seevögel überall an ihre Brutplätze begeben, und der eigentliche Vogelzug schien vorüber zu sein. Nur solche Arten, die im Innern des Landes brüten, hielten sich noch am Strande auf. Ungeheuer reich au Seevögeln war die Gegend am Kap Nord, Verschiedene Vogelarten, die sich in der Ferne zeigien, z. B. Kaubmöven, konnten vom Schiffe aus nicht immer richtig angesprochen werden. Da ich nicht wieder in einer größeren Ortschaft wohnen wollte, ging ich bei dem kleinen Fischerplatze Hjalteyri im Eyjafjördi- (Fig. 1), das 1. Hjalteyri. einige Stunden nordwärts von Akureyri liegt, am 25. Mai an Land. Die Gegend zeigt in der Nähe des Meeres grasige Heideflächen. Im Hinter- grunde steigen höhere Gebirgszüge auf, die aber nur zum kleinen Teil das ganze Jahr über mit Schnee bedeckt bleiben. Der Strand ist zumeist flach und steinig, an einigen Stellen aber fallen auch steile Felsen senkrecht ins Meer, an denen Phalacrocorax carbo, Coitus corax u. a. horsten. Zahlreiche Flüsse und Bäche durcheilen das Hügelland. Fruchtbare, teilweise versumpfte Einsenkungen und Täler bieten den Vögeln Schutz und Nahrung. Gegen- über von Hjalteyri ergießt sich die wasserreiche Fnjöskä in den Eyjafjördr, Keisebericht. 29 die im Laufe der Zeit große Mengen Sand und Erde mitgebracht und vor der Mündung als Inseln abgelagert hat. Diese bieten mit ihrem niedrigen Gestrüpp von Heidekräutern und Zwergbirken verschiedenen Entenarten, besonders Soinatf-ria mollissima, ferner auch Seeschwalben, Gänsen u. a. m., willkommene Brutplätze. Wenige Stunden aufwärts der Mündung sind die Abhänge des Fnjöskätales mit dichtem Buschwalde bedeckt, der Turdus iliacns und Acanilds Jinaria zum Wohnplatze dient. So beherbergt die Gegend im weiteren Umkreise die meisten der zu erwartenden Vogelarten, aus welchem Grunde ich mich bis zum 25. Juni in Hjalteyri aufhielt. Ich besuchte auch von hier aus den norwegischen Konsul in Akureyri, Herrn Kaufmann I. V. Havsteen, der ein guter Kenner isländischer Vogel- «ier ist. Ich verdanke ihm eine Anzahl wertvoller Mitteilungen, für die ■er, hoffe ich, einstehen kann. Um nun die auf den Vogelbergen brütenden Arten zu beobachten, begab ich mich mit dem Küstendampfer Hölar nach Grimsey im PJismeere. Da diese interessante Insel in neuerer Zeit oar nicht ornitlioloa'isch unter- Fig. 2. Reykjalid am Myvatn. sucht wurde, will ich ihr bei Schilderung der Landschaftsformen einen besonderen Abschnitt widmen. Mich lockte vor allem der Krabbeutaucher dahin, der hier seine südlichsten sicher bekannten Brutplätze besitzt, sowie der Sanderling, der zu Fabers Zeiten gleichfalls daselbst gebrütet haben soll. Trotz ungünstiger Witterung war diese Exkursion hochinteressant, und mit einer Anzahl Bälgen und einer Menge Eiern kehrte ich in einem sechs- rudrigen Boote am 11. Juli nach Hjalteyri zurück. Nunmehr begab ich mich, unterwegs auch den berühmten Buschwald bei Hals im Fnjöskätale durchstreifend, nach dem größten Binnensee Nord- islands, dem Mvvatn. Der Aufenthalt daselbst ealt in erster Linie dem 30 Reisebericht. Sammeln von Entendunenjungen, speziell solchen von Glaucionetta islavdica. Diese Absicht wurde dadurch erleichtert, daß die kühle, stürmische Witterung vielen der zarten Tiere den Tod brachte und ich Dutzende derselben am Ufer des Sees auflesen konnte, die sich teilweise noch recht gut zur Prä- paration eigneten. Die größte Menge der tot oder halbtot gefundenen Dunen jungen bildeten solche von Mergus serralor und Aditija mavüa, seltener die von ClaiK/ida hyemans, Oidemia tiiyra, Anas boschus und Glaii- cionHtd isiamlira. Die landschaftlich abwechslungsvolle, eigenartige Umgebung des oft besuchten Myvatn ist auch sonst ornitliologisch äußerst interessant. Am 4. August verließ ich das gastliche Reykjalid (Fig. 2), ritt nach Hjalteyri zurück, verpackte meine Sammlungen, die den oft schwierigen Transport gut überstanden hatten, und brachte sie auf das nach Reykjavik fahrende Schiff. Am andern Tage trat ich selbst den Landweg nach Reykjavik an und zwar allein mit nur einem, freilich vortrefflichen Pferde. Das hastige Reisen mit Führern und vielen Reit- und Lasttieren behagte mir auf die Dauer nicht, zumal oruithologische Untersuchungen dann sehr in den Hinter- grund treten mußten. Um meinem Pferde etwas Erholung zu gönnen, schloß ich mich allerdings einige Tage Isländern an. Ich sammelte auf der 15tägigen Tour zwar keine Vögel mehr, konnte aber noch eine Menge Beobachtungen über deren Verbreitung und Lebensweise anstellen. Der Weg führte von Akureyri durch das grasreiche Öxnätal, dann über die steinige, romantische Hjaltadalsheidi, wo es lebhaft schneite und der Boden fest gefroren war, nach Silfrastadii*. Von hier aus besuchte ich den enten- reichen Miklavatn, durchquerte nun bei Nebel und Regen, meist öde. sumpfige Täler benutzend, die einsamen, nur selten von Vögeln, Schafen und Pferden belebten Gebirge bis zum Blandatal hinab. Hier besserten sich die Wege. Ich ritt über Blönduös, Sveinstadir und Lsekjamöt nach Stadr, von da aus aber- mals über öde Heiden, in denen ein schreiender Jagdfalk mein Begleiter war, nach Hvammr, von da wieder durch grasreiche, abwechsluugsvoUe Hügellandschaften, wo hier und dort kräftiges Birkeugebüsch die Abhänge bedeckte, nach Saurbaer am Hvalfjördr. Diese großartige Gegend wieder verlassend, kletterte ich, mein Pferd am Zügel nachführeud, über steile, wilde Gebirge nach dem Tale des ]?ingvallavatu. Wundervolle kleine Seen, auf denen die weißen Schwäne dahinzogen, lagen am einsamen Wege. Von ])ingvellir aus durchstreifte ich die großen Buschgebiete zwischen Middalr und Uthlid und besuchte dann den merkwürdigen Geysir und den majestätischen Gullfoss. Von hier aus ritt ich auf schwierigen, sumpfigen Pfaden nach Skälholt, übersetzte die tiefe, milchweiße Hvitä in einer Fähre und gelangte endlich nach Eyrarbakki au der Südküste, wo ich Herrn Faktor Nielsen (Fig. 3), einen tüchtigen Vogelkenner, besuchen wollte. Leider war dieser abwesend. Doch traf ich ihn kurz vor meiner Abreise in Reykjavik. Später hatte er noch die Liebenswürdigkeit, mir schriftlich zahlreiche Mitteilungen zukommen zu lassen, weshalb ich ihm zu besonderem Danke verpflichtet bin. Von Eyrarbakki reiste ich zuletzt nach Reykjavik,^ Reisebericht. 31 wo ich am Nachmittage des 23. August aulangte. Am Abend des 27. dieses Monats verließ ich die Stadt, am Morgen des 28. passierten wii- die Vest- mannaeyjar, und einige Stunden darauf verschwanden die fernen Berge Islands im Nebel. An Material habe ich über 150 Vogelbälge in 43 Arten'^bis zur Größe des Siugschwaus, sowie ca. 400 Eier in 37 Arten in Island gesammelt. Mit wenigen Ausnahmen befindet sich dieses noch in meiner Sammlung. Die speziellen ornitliologischeu Resultate werden, soweit es der Phitz erlaubt, im Alf Bachmanu, München. Phot. Fig. 3. P. Nielsen am Neste von Megalestris skua. zweiten Teile der Arbeit dargelegt. Ereilich sind die Ergebnisse meiner Untersuchungen auch nur durchaus lückenhafte, wovon niemand mehr als ich selbst überzeugt sein kann. Möchte die eingehende ornithologische Er- forschung Islands, die von Dänemark aus geplant wird, recht viele der heute noch vorhandenen Lücken ausfüllen und die Kenntnis der Vogelwelt unseres Gebietes auf dieselbe Höhe bringen, wie dies, besonders durch dänischen Forschungseifer, bei der benachbarten grönländischen Kolonie, wenigstens bei deren Westküste, der Fall ist! 4. Die Landschaftsformen Islands mit Hervor- hebung ihrer Charaktervögel. Gras, Wasser, Steiü: iiii großen Ganzen ist die isländische Natur nur eine Zusammensetzung von diesen Dreien, oft das eine vorherrschend, ander- mal wieder alles Dreies gleichmäßig vereinigt und abwechselnd. Nur an sehr wenigen günstigen Stellen kommen noch niedere Buschwälder hinzu, außerdem natürlich maunigfaclie Blumen und Kräuter, die die Landschaft etwas weniger tot und starr erscheinen lassen. Im allgemeinen aber kann mau wohl sagen, daß die isländische Natur arm und traurig ist, freilich auch gToßartig; denn überall wird der Hintergrund durch die dunkeln stillen Berge abgeschlossen, die zum Teil das ganze Jahr über ihre blendend weiße Schneekappe tragen. Ja an verschiedenen Stellen glänzen von ferne die gewaltigen, unheimlichen Gletschergebiete. Aber kein Windhauch flüstert heimlich mit den schwanken Hängezweigen hochstämmiger Birken. Kein Lied vom deutschen Walde kann wiederhallen in stolzen Richbäumen und ernsten, dunkeln Tannen. Kein Saatfeld wogt, über dem die Lerche frühlings- jubelnd dahinflatterte. Kein Blütenbusch steht am Hange, aus dem in schwellender Mainacht die Nachtigall ihre Liebeslieder jauchzte. Und doch: du sehnst dich fort aus deinem blühenden Garten, fort aus deinem rauschenden Sommerwalde nach der nordischen Einsamkeit, nach der unendlichen Stille, die geheimnisvoll über den dürftigen Gräsern und Blumen lagert und über Wasser und Fels. 0 die isländische Natur ist reich an Poesie und altem, wunderbarem Märchenzauber! Nur muß man Sinn dafür haben und allein sein. Laute, lebensfrische Geselligkeit paßt nicht in diese Landschaften. Wie manchmal lag ich dort am Berghange, wo der Gießbach mir sein Lied sang, oder am glitzernden See, wenn die Sonne darin sclilafen ging! Die isländischen Vögel sind wie alle anderen abhängig von ihrer Umgebung. Wenn ich ihr Leben schildern will, muß ich zuvörderst ein Bild malen von den charakteristischen Landschaftsformen der Insel. Wiesen und GrasLind. Besonders in den tiefer liegenden Teilen des Gebietes finden sich aus- gedehnte Graslandschaften, ebenso in den PJinsattlungen zwischen den Bergen und an den Abhängen derselben. Die Flußtäler zeigen natürlich gleichfalls Oraswuchs. Jedoch verliert sich in der Nähe des Wasserlaufes sehr oft der Wiesen und (irasluiid. 33 (.'harakter eigontliclier Wiesen, um in Moor- und Sumpfland überzugehen, das eine besondere Vogelwelt hat. Freilich ist der Name Wiese auch für jene erst angedeuteten Gebiete nicht völlig bezeichnend. Höheres und kräftigeres Gras von frisehgrüner Farbe findet man, außer an wenigen be- .sonders begünstigten Plätzen, meist nur in unmittelbarer Nähe der Bauern- höfe. Die übrigen Wiesenflächen zeigen gewöhnlich bloß kurzes und nicht besonders dicht wachsendes Gras von mehr graugrüner Färbung, ähnlich wie bei uns die Matten der Gebirgsabhänge. Das Terrain solcher Gebiete ist selten eben. Fast immer besteht der Boden aus unzähligen kleinen Hügeln, die kaum höher als ein halber Meter sind und so dicht beieinander- liegen, daß man in den meisten Fällen von einem zum andern steigen oder wenigstens springen kann (Fig. 4). Zur feuchten Jahreszeit, besonders im Frühlinge, findet sich zwischen den Hügeln oft Wasser und Sumpf, sodaß Graslandschaft bei Hjalteyri. ein längeres Durchqueren der Grasflächen des fortwährenden Springens wegen nicht ohne Anstrengung ist. Aber auch wenn später im Sommer die Ver- tiefungen trockner werden und man bei ihrem Betreten nicht mehr einsinkt, ist es immer noch am bequemsten, von Hügel zu Hügel zu steigen, und nur dann, wenn diese zu weit auseinanderliegen oder die Einsenkungeu ein Stück wegartig am Boden hinführen, letztere zu benutzen. Für den jagenden Ornithologcn bieten solche Graslaudschafteu, wie leicht ersichtlich, mancherlei Hindernisse. Nicht nur bei feuchter Witterung, sondern aucli bei Trockenheit sind die kleinen Hügel oft so glatt, daß man gar leicht ausgleitet. Darum ist es nicht ungefährlich, mit schußfertigem Gewehr, also mit gestochenen Hähnen, ein derartiges Terrain abzusuchen. Andernteils aber flnden die Vögel hinter den Schollen so günstige Deckung, daß sie dann und wann schneller vor dem Jäger auffliegen, als dieser zum Hantzscli, VoKi^lweU I.slamls. 3 34 Wiesen und (irasland. Schießen bereit ist. Laiigsain und schrittweise geht mau deslialli Norwarts. die Flinte in der Hand und mit dem Blicke den Fuß unterstüt/end. Aber aller ])aar Sekunden Ideibt man stehen, scliaut sich um und hiusclit. In den stillen isländischen Landschaften schärft sich das Olir. und nnin be- herrscht mit dessen Hilfe ein großes Gebiet. Wenigstens im Frühjahr und Sommer, wenn die Vögel überhaupt liäufiger ihre Stimme hören lassen, be- grüßen sie nicht selten den Mensclien, der es wagt, in ihre einsamen Wohn- orte zu dringen. Sie rufen verwundert ilire Locktöne oder nähern sich sogar neugierig dem Beobachter. Im Herbste scharen sich die meisten zusammen und sind dann, aucli ohne daß man iln-e Stimme vernimmt, leichter sichtbar. So lernt man gar bald die wenigen Charaktervögel der isländischen Wiesen- flächen recht gut kennen, wenn freilich ihre Flrlegung auch oftmals Schwierig- keiten bietet. Wieder steh' ich nun im Geiste draußen am gi'asigeu Hange, das gute Fernglas, die treue Flinte in der Hand, sonst einsam und lauschend und schauend. Der Winter ist vorüber, und der Frühling beginnt. Isländischer Frühling! Wie ganz anders ist er als bei uns daheim! Nur eine ferne Sage vom Lenzesglttcke dringt hinauf nach dem nordischen Eilande. Kein dunkelblauer Himmel wölbt sich über der kahlen Erde. Kühl bleibt auch der Sonne blinkender Strahl. Statt milder Frühliugslüfte kommt eilend der rauhe Nord geflogen: vom Grönlandseise nach Islands weißen Berggipfeln. Und doch beginnen die Grasflächen bereits im Mai, sich im ersten Frühlings- ahnen zu schmücken. Das trübe Grau der Hügel und Hänge mischt sich langsam mit feinem Grün, und hier und dort am windgeschützten Orte entfalten winzige Pflänzchen schüchtern ihre roten und weißen Blüten, und lautlose Stille deckt feierlich das weite Land und zwingt zum Schauen und Lauschen. Da in der Ferne ein feines Sit Sit! Rascher und stärker werden die Töne, und nun beginnt ein angenehmer Gesang. Der Wiesenpieper (Anthus pratensis) ist es, der den Frühling verkündet. Wie lieblicli klingt sein weiches Schmettern und Trillern, wie stimmungsvoll wechseln damit die einzelnen gezogenen Töne ab! Doch nicht er allein belebt die Gras- flächen: Goldregenpfeifer (Charadrins apricarms) und Brachvogel (Numenhis ])haeoj)Hs) schweben hoch oben am Himmel dahin und erfüllen mit ihrem anhaltenden Trillern die ganze Gegend. Und der kleine Alpenstrandläufer (Faüdna alpiria) sucht es den beiden gleichzutun; sausend durcheilt er die Luft, zitternd flattert er in die Höhe, die Stimme freilich, die er dabei hören läßt, muß mehr ein Schnurren als Trillern genannt werden. An andrer Stelle der Grasfläclien dringt das meckernde Schwirren der Bekassine (Gallinago galUnago) an unser Ohr, und zahlreiche Seeschwalben (Stirna mao-ura) erfreuen uns durch ihr geschicktes, gaukelndes Hin- und Her- schweben. Aber plötzlich stoßen die gewandten Flugkünstler ihr lebhaftes „Kria" aus, die andern Vögel verstehen die Stimme und machen sich zum Kampfe oder zur Flucht bereit. Ein Zwergfalke (talco merilLus) kommt flatternd dahergezogeu ! Auf einmal beschreibt er einen engen Kreis in der Luft, in schönen Bogenlinien schwebt er tiefer zur Erde und stürzt plötzlich Moor und Siiuipl'land. 35 mit angezogoiieu Flügeln nach dem Boden. Laut schreiend erhebt er sich wieder und trägt den eben noch so froh singenden Wiesenpieper in die Luft einpor. Bald verschwindet er in der Ferne, um auf seinem Lieblingsi)latze die Beute zu verzehren. Manchmal kommt auch der stolzeste Vogel Islands, der Jagdfalke (Hierofalco is(andus), aus seinen Bergen in das Grasland hinab. Angstlich lockend sitzen dann die Brachvögel um Boden, erschreckt eilen die Goldregenpfeifer umher, und die Alpenstrandläufer nicken und knixen in ihrer Aufregung. Keiner vermöchte dem kühnen Räuber zu entfliehen, höchstens der Alpenstrandläufer, wenn er sich regungslos hinter einen Gras- hügel stellt, was er so gern tut. Aber der Falke zieht langsam weiter. Wer weiß, welch' Vogellebeu heute unter seinen Fängen bluten muß! Zeigen sich Rabe (Cormis corax) und Schraarotzerraubmöve (Stercorarms parasiticus), so werden sie nicht selten von den andern Vögeln, besonders den lebhaften und streitbaren Brachvögeln, verfolgt. Häufigere Gefahren freilich drohen von Seiten der Menschen und des weidenden Viehes, vor allem zur Brutzeit. Kaum eine andere Landschaftsform wird von ihnen in gleicher Weise beunruhigt wie die Wiesenflächeu. Moor und SumpHand. Außerordentlich reich ist Island, wie ja auch andere wenig bewohnte und wenig kultivierte Länder nördlicher Gebiete, au Mooren, Sümpfen und wassergetränkten, feuchten Örtlichkeiten. Zahllose fließende Gewässer be- rieseln das Land, überschwemmen dieses auch nicht selten bei starken Regen- güssen oder rascher Schneeschmelze und hinterlassen beim Zurücktreten an vielen tiefer gelegenen Plätzen Lachen und Tümpel. In manchen flachen Tälern besitzt auch der Bach so geringes Gefälle, daß er sich ausbreitet »md bedeutende Strecken längs seiner Ufer in Sumpf 1 and verwandelt. Trotz üppigen Graswuchses sind derartige Gebiete gewöhnlich nur während der trockensten Sommerwochen vom Vieh zu begehen, bilden auch eins der unangenehmsten Hindernisse beim Reisen. Andere, selbst große kesseiförmige Täler haben gar keinen Abfluß; das Schnee- und Regenwasser rieselt von den Bergen in die Talsohle hinab, wo es völlig stagniert. Je dichter und torfiger die Schicht der im Laufe der Jahre abgestorbenen Pflanzen wird, desto weniger kann ein Durchsickern des Wassers bis zur touigen oder steinigen Unterlage einti-eten. Da ferner auch die isländische Luft, vielleicht mit Ausnahme weniger Somraerwochen, fast immer kühl, ^ucht und neblig ist, wird das Vorhandensein der zahlreichen Sumpfgebiete zur Genüge erklärt. Manche derselben ähneln den Wiesen. Dies sind entweder nur zeit- weilig unter Wasser gesetzte Grasflächen, vielleicht mit eingestreuten kleinen Tümpeln und Teichen, oder auch Tieflandsraoore, deren ti'ügerische grüne Rinde oft nur dünn über dem zähen schwarzen Schlamme liegt. So ge- fährlich, als man diese Gebiete manchmal schildert, habe ich sie allerdings nicht gefunden. Mit der nötigen Vorsicht und einem Stocke versehen, der zur Untersuchung kritischer Stellen dient, selbstverständlich auch nur zu Fuß 3* 36 Moor und Siiiii|.flan(l. uutl nicht zu Fferd, das man acl 1 1 im lustcii falls am Zügel liiiiteiliorfüliren miiU, kanu man zur ti-ockneu Jalivi'Hzoit aucli derartigo Moore durrlisuclien. Hohe Lederstiefel, denen der Sclilamm zu leicht anhaftet, eignen sicli freilicli nicht gut für derartige Exkursiontiu. Hesser ist es. man bindet richtig passende ishindische Scliulie au die l>loBen FüiW und reclinet im übrigen mit der Möglichkeit, den unteren Extremitäten ein kleines Moorbad bieten zu müsseu. Auch erkennt man au dem Aussehen der l'Hanzendecke. welche Tragfähigkeit man ihr zumuten darf. Die versumpften Wiesenflächen und Tieflandsmoore sind fast immer mit kräftigem I'tlauzenwuchse überzogen. Algen und Torfmoos bilden mehr den Untergrund, dazwischen wuchern harte (iräser — vor allem Cyperaceen und Juncaceen, unter den Scirpeeu zwei schöne Arten Eriophorum, Wollgras, die oft große Strecken ganz weiß erscheinen lassen — . Sie erreichen mitunter eine recht ansehnliche Höhe, wenn auch nur eine geringe Dichte. Niedriges Gesträuch erblickt man ganz selten, Blumen auch nur in wenigen Arten, am häutigsten die leuchtend gelbe Sumpfdotterblume (Caltha jyal-iistris). Wohl aber ist die Vogelwelt oft ziemlich reich, besonders wenn der- artige Tieflaudsmoore keine allzugroße Ausdehnung haben, offenes, am besten fließendes Wasser und abwechslungsvolle Umgebung besitzen. Vor allem beim Beginne der Brutzeit glauben sich die Vögel hier am sichersten, weil vorher weder Menschen noch Vieh ein solches Gebiet aufsuchten und die Pflanzen- welt Schutz und Nahrung verspricht. Von Kleinvögeln freilich ist nicht viel zu erblicken, denn auch der Wiesenpieper bewohnt sumpfige Gegenden nicht so häufig als andere. Das- selbe gilt von dem Goldregenpfeifer. Dagegen sind Brachvögel und Alpen- strandläufer regelmäßige Bewohner dieser Gebiete, wenn sie auch zu Brut- plätzen ein trockenes Hügelchen aussuchen. Ste7-7ia macrura besucht ebenfalls das Sumpfland, obgleich sie als Kolouienvogel durchaus nicht überall brütet. Sehr zur Belebung einer derartigen Gegend trägt bei, wenn eine Anzahl Rotschenkel (Totanus totanus) daselbst nisten. Die Vögel sind ja so außer- ordentlich unruhig und verursachen durch ihr angenehmes Flöten und Trillern so viel Lärm, daß es immer wieder interessant ist, ihre Brutplätze zu be- suchen. Dann umfliegen sie den Beobachter mit allen Kennzeichen größter Besorgnis und mit unaufhörlichem Rufen. Einen besonders schlimmen Auf- ruhr verursacht die Annäherung einer vielleicht sogar in der Nähe nistenden Schmarotzerraubmöve, die Eier suchend dahinschwebt. Eine solche verfolgen die erregten Vögel, gemeinsam mit Auinenius p/iaeopus, auf das heftigste und bewegen den Räuber oft genug zum Verlassen des Ortes. Auch die Bekassine ist im Sumpf lande zu Hause, jedoch meist seltner als in den Hochmooren. Ganz einförmiges, ebenes Terrain liebt sie nicht. Wenn kleine Teiche das Gebiet durchsetzen, findet man auch den überaus zierlichen Üdinshani, den kleineu Wassertreter (PhcUarojiiis lobaiu^). Geradezu rührend ist es, das Familienleben dieser Vögelchen zu beobacliten. Weiter bewohnt die Wasser- ralle (Rallus aqnaiicus) die Sumpfgegenden, wird aber im Sommer nur Moor und SumprUmd. 37 äußerst selten gesehen. Das merkwürdige Balzgeschrei des Vogels mag woliJ 7.11 seinem isländischen Namen Keldusvin (d. i. Sumpfschweiu) Veranlassung gegeben haben. Tu einem kleinen Teile Südwest-Islands belebt auch die schwarzschwäuzige Uferschnepfe (Llmosa limosa) die feuchten Wiesen, doch wird sie sonst nirgends auf der Insel gefunden. Noch erwähnt als Oharakter- vögel des Sumpf landes seien die Gänse und Enten. Über das Vorkommen und die Verbreitung der erstereu liegen bestimmte Beobachtungen erst in recht geringer Zahl vor; unter den l^]nten sind Anas boschas, Nettion crecca und Mareca penelope am liäufigsteu an den Gewässern der Tieflandsmoore, wenigstens in Nordislaud. Ganz andere Stimmung liegt über den Hochnioorciil Kein Weg Inhrt hinein in diese trostlosen, düsteru Landschaften, die man gewöhnlicli auch nur zu Fuße besuchen kann. Leicht bricht das Pferd bis an den Leib in den zähen Schlamm, bringt den Reiter zu Sturze und wird selbst so ein- geschüchtert, daß es sich kaum am Zügel weiterführen läßt. So mutig die Isländer als Reiter sind, so vorsichtig verhalten sie sich beim Betreten von Mooren, die sie wenn irgend möglich umreiten. Freilich kann sich auch der Isländer kaum trennen von seinen Pferden. Niemals unternimmt er frei- willig größere AVanderungen zu Fuße, und deshalb l)leiben ihm gewisse Gebiete gänzlich unbekannt. In der Nähe der Gehöfte sticht der isländische Bauer Torf aus den Mooren, den er als Brenn- und Baumaterial benutzt, weshalb an solchen Plätzen kleine Wege vorhanden sind. Die Pflanzenwelt der Hochmoore ist meist recht dürftig, doch maiub- irial abwechslungsvoller als die des sumpfigen Tieflandes. Nicht nur Moose und Gräser bedecken den Boden, sondern hier und dort auch verschiedene Heidekräuter mit hübschen Blüten. Die zierliche Zwergbirke (BeUda nemo) bildet niedriges, aber dichtes Gestrüpp. Manchmal zeigen sich kleine, kaum kniehohe Weiden, deren große Blütenkätzchen die düstere Fläche freundJirli schmücken. Auch verschiedene Blumen strecken (Um- Sonne ihre leuchtenden Köpfchen entgegen: die weiße Dryas octopetala, die vielblütige rote Saxifraga opposüifolia, die zierliche Farnama jyahistris, die dunkelblaue Pingviculo vulgans u. a. m. So geht das Hochmoor schon otwns in die Heideland- schaften über. Die Vogelwelt ist gewnihnlich ;irm: doch sind die Brntvögel oft recht zutraulich, weil sie selten bennruliigt werden, l'ud einen eigentümlichen Reiz hat es, ihrem liCbeu und Treiben aus unmittelbarer Nähe zuzuschauen, sich mit Verständnis und Liebe in ihre Gedanken und deren Äußerungen zu vertiefen, selbst aufzugehen als Geschöpf unter den Geschöpfen. Fs war ein .lunimorgeu, trübe und feucht, f. eise strit h der AVind über das einsame Moor, und raschelnd erzitterten die kh'inen harten Blätter. Sonderbare Nebelmassen wälzten sich auf den tieferen Finsenkungen und (gründen, während die nahen Berggipfel in ihrer stillen weißen Pracht feierlich herabschauten auf das weite öde Land zu ihren Füßen. Auch die Rufe der sonst alles belebenden Vögel vermochten nicht, die nielancli(dische Stimmung zu beseitio-en. Ein Paar Bekassinen strich sausend vorüber. Fast schrill klang 38 Heidi-. (las taktiiiiilMgo, sonst so yelicinmisvull zärtliche l'itepiteiiit, das beide Vögel aiisstielieu. Doch nach kurzem Fluge tiel das AVeibclien an sunij)figer Stelle ein. während das Männclien sicii hinimelhoch eniporsdiwang. um im krampf- haft starren AbwärtsHiegen sein eigentümliches Meckern hervorzubringen. Der kleine Alpenstrandläufer stolzierte wenige Scliritte vor mir von Hügelchen zu Hügelchen und warnte mit verständigem Tüb Tüb. Plötzlich schwang er sicli auch mit scharfem l*ip davon, sauste in der Luft umher und zeterte sein rasches, rauhes Tiiiiii. Dann kam sein Begleiter, der Goldregenpfeifer. Wie zutraulich er auf dem ^Moosliügelcheu saß! Wie unverdrossen er sein Didüli Didüli rief, während daweile das Weibchen tief niedergeduckt das Nest verließ! Vorsichtig lauerte noch H*iu Brachvogel in der Ferne; tu tu war das einzige, was er sagte. Wenigstens die drei letztgenannten Vögel ähneln sich außerui deutlich in ihrem Wesen und in ihren Stimmen. Fast möchte man glauben, sie hätten einer von dem andern gelernt, oder die Lehrmeisterin Natm- hätte hier in> einförmigen Hochmoore nicht gewollt, daß ein abwechslungsvolles Treiben, ein buntes Gemisch der Töne die ernste Stimmung störe. Selten zeigen sich noch andere Vogelgestalten iu diesen Gegenden: ein Wieseupieper, der kaum wagt, sein fi-öhliches Liedchen anzustimmen, Ivrickente und Wassertreter, die auf dunkler Lache umherschwimmen, ein Schneehuhn, das mit lautknarrendem Balzrufe fast unheimlich die Stille unterbricht, wohl auch ein Rabe oder Raubvogel, denen ihre hervorragende Flugkraft ermögliclit, alltäglich große Gebiete nach Beute abzusuchen. Doch kann man halbe Stunden die Hochmoore durchqueren, ohne einem einzigen Vertreter dei' Vogelwelt zu begegnen. Heide. Vielleicht noch öder sind die Heiden, die Island in großer Ausdehnung, besonders in seinen gebirgigen Teilen, bedecken. Selbst wenn die Sonne freundlich herabstrahlt, vermag sie kaum den geheimnisvollen Zauber zu lösen, der übei" diesen verlassenen, stillen Landschaften liegt. Wenn man aber bei trübem Wetter einsam über sie hinwegreitet, erfaßt bange Be- klommenlicit Mann und l^oß. Und wenn vollends die märchenhafte, dämmernde Sommernacht ihre Schatten niederseukt, dann werden all die unheimlichen Sagen lebendig, mit denen isländischer Aberglauben die Heide erfüllt hat. Lautlose Stille liegt über dem Ganzen! Die wenigen Schafe, die sich mit den dürftigen Kräutern und Gräsern begnügen, haben sich zwischen den /ahllosen Hügelchen uiedergetan. Raschelnd streifen die Füße des Pferdes die am Boden hinkriechenden Gebüsche von Weiden und Zwergbirken. Das kluge Tier hat keine Neigung hier zu rasten, wo ihm nur allzuharte Nahrung winkt. Heideki'aut (Callnna viihfanKJ, Rauschbeere (Arctostap/ii//os ura ur.^i). Krähenbeere (Kmpetrum idgrum) und verschiedene Vaccinieen bedecken eben- falls das trockne Erdreich, doch selten schimmern hier und dort kleine Blumen: S<(.ri/ra;i(i oppositifoUa. Dn/as octopctala, Armevia ehngalo, Potenülla nipestris Lavaoebiete. 39 ingvellir. Im GruiKle der Kisse hat sich zuerst Erde angesammelt, in der nun Gräsrr und Kräuter üj^pig wuchern, weil sie vor den oft äußerst heftigen und kalten Winden geschützt sind. Hier baut dann der Wiesenpieper sein Nest, während in seitlichen .Spalten Steinschmätzer und Schneeamraer ihre Jungen großziehen. Und wahrlich, sie haben sich kein iil)les Plätzchen gewählt, wo aucli der müde Wanderer im .Schein der warmen Sonne nur zu gern sich im frischen Grüne nied(n-läßt! Manchmal freilich gibt es in den Lavagehieten so viele Ritze. Löciier. Spalten und Schluchten, daß sie fast unzugänglich werden oder man zum mindesteil außerordentlich vorsichtig umherklettern mul». um nicht auf dem hai'ten Gestein auszugleitoii und gefährlich zu stürzen, liier und durt Lavafeld beim (Vlyvatn. nehmen die Lavannissen die Gestalt großer Blöcke an. die z. 15. in der Nähe von Kc'ilfaströnd am .Myvatn phantastische, wunderliche Formen zeigen. Sonderbare Felsen, gewöhnlich von schwarzer, selten r(»tbrauner I'^ärhung. starren kahl empor. Zwischen ihnen al)er wächst eine recht gut entwickelte Pflanzenwelt. Zahlreiche Birkenbüsche {Ikhda puhe-'o-ciis) gehen diesen Ge- bieten einen hesduderen Heiz, locken auch die isländische Hotdrossel (Turdn.i iliacnx) und den l.eintiidcen (Acant/tis /Inaria) herbei, die ungestört von den Mensclien hier ihr bescheidenes Dasein führen. Diese kleinen Vögel finden daselbst so viel Deckung, daß man weit öfter ihre Stimme vernimmt. al> sie selbst zu Gesicht bekommt. Häufig begegnet man den Schneehühnern, die unter den Birkeubüschen geschützte Nistplätze finden, außerdem freiJicli ihrem Verfolger, dem Haben, der in wenigen Lavagebieten fehlt, in einigen sogar Charaktervogel ist. Ebenso wie iI(M- i'nlarfuchs ((Äum Jagopus) weiß N'ulkiuüsclie (lebiete. 41 iiucli der Idugo Rabe, daß er in dem scliwer zugäiigliclien Gewirr der Fels- broi'keii kaum von Meiisclieu belästigt wird, und der große seliwarze Vogel paßt mit seinem tiefen Gekräehz ganz ausgezeichnet in die wild zerrissenen Massen. Die beiden Falkenarten suchen ebenfalls die Gebiete auf, Fako meriUiis besonders der /.abli-eiclien Steinschmätzer, flierofa/ro yyrfalco der Schneehühner wegen. Viilkaiiiselie Gebiete imd lieilJe (Quellen. Dort, wo die vulkanische Tätigkeit sich noch jetzt unniittcliiar geltend macht oder wo vor kurzer Zeit Ausbrüche erfolgten, ist jedes organisclie Leben so gut wie verschwunden. Keine Blume, ja kein Grashalm rntsproßt dem Boden, keine Fliege snmnit. kein Käfer läuft darüber hin. und auch die Pferde betreten höchst ungern die nackten Schuttilächen und die scharl- kantige poröse Lava. Totenstille lagert über solch öden Gebieten, aber hier und dort entsteigen dünne Kauchsäulen dem Boden, die sich mitunter iinf- L^ ^ fe' 1 Schwefelberge beim Myvatn. fällig verdichten luul deren ersticl). Selten, daß solche Orte von einem Raben, einem Falken überflogen werden, weil ja doch keine Beute winkt. Nur den kleinen Sandregeiipfeifer traf ich finmal dicht am Rande eines derartig erhitzten Gebietes. Einen völlig andern Liudruck machen die Orte, wo heiße oder kncliende Ouellen dem Boden entströmen, was ja in vielen Gegenden Islands der Fall ist. Der berühmte (leysir freilich und seine Lmgebung sind durchaus nicht die ornithologisch interessantesten Spring(iuellen. weil das kochende Wasser nur ab und zu aus der Lrde schießt und deshalb nicht ständig eine genügende Menge davon abfließt und die Umgebung erwärmt. Oft fern vom Verkehre, ich denke z. B. an Deildartungu in der Borgarfjardar Sysla. sprudeln kochende <>uellen unnnterbroclien iiervor. die das umlierliegende T-and mit lauem 42 Gebirge mit geringem l'flauzenwuclise. AN'asser bedecken und d;iinitf(Mide Bäche bilden. Hier und dort entspringen auch inmitten von Tcirlien und Seen, wie in gewissen Teilen des Myvatn, derartige Quellen, die das umgebende AVasser erwärmen. Wd die Hitze nicht mehr vegetationshindernd wirkt, entwickeln sich üppige Gräser und Sumpl- gewächse, die der Tierwelt äußerst willkommen sind. Mehrfach sah ich zur Zugzeit im .Vugust große Scharen von Goldregenpfeiftn-n und Brachvögeln in derartigen Geliieten so eifrig dem Kerbtierfange obliegen, daß ich im Schutze des aufsteigenden Dampfes mich bis auf wenige Schritte den Vögeln nähern konnte. In der kalten Jahreszeit haben die heißen Quellen größte Bedeutung, da sie und ihre rmgebung niemals zufrieren, Pflanzen, niedere Tiere und Fische am Leben erhalten, und auch den Vögeln die Möglichkeit einer Über- winterung bieten. Grebiri^e mit geringem Pflauzenwuchse. Bergköuigin nennt der Isländer seine Heimat in dem vielgesungeneu Nationalliedc „Eldgamla Isafold", und auch der Reisende behält in seiner Erinnerung vor allem das Bild der einsamen, dunkeln oder auch schuee- gekröuten Bergriesen. Nirgends wollen sie ein Ende nehmen, immer wieder in andern, oft so cliarakteristischen Formen türmen sie sich auf: selten nur .sanft, steigen sie gewöhnlich steil und starr in die Höhe, ragen oft so wild empor, daß eine Besteigung der Gipfel fast unmöglich erscheint. Kaum sichtbar schlängelt sich der kleine Pfad über Bergmatten hin- weg nach den höheren Teilen des Gebirges. Die Schafe allein sind es, die ihn benutzen. Höchstens wenn im Spätjahre die Bauern das Vieh von den Hochweiden nach den Höfen treiben, klettern sie auch da hinan. Langsam schreitet man vorwärts, schaut hier und dort nach einem auffälligen Steine, der am Boden liegt, nach einer der vielen zierlichen Blumen, die den Ab- hang bunt überstreuen, oder lauscht, wenn eine Vogelstimme an das Ohr drang. Allmählich wird die Pflanzenwelt dürftiger, und das Steingeröll herrscht vor. Selbst in der tiefen Rinne, die der murmelnde Bach gegraben hat, entwickelt sich keine Vegetation; stürzt ja nur zu oft das Wasser so wild herab, daß es jedes Körnchen Erde mit fortreißt und die großen und kleinen Felstrümmer voi' si<-h herrollt, daß man es trotz des Brausens hören kann. Jetzt aber fließt der Bergbach, von Trockenheit und Sonnenschein be- zwungen, ungefährlich in seinem Bette dahin. Zahllose kleine Riesel eilen auf ihn zu, sodaß er wenige Kilometer talabwärts vielleicht kaum mehr von einem Mensclien durchquert werden kann. Solche Riesel, die der schmelzende Bergschnee speist, führen oft durch sumpfiges Erdreich, auf dem sich kurze Gräser, Moose und vor allem die überaus verbreitete Alchemilla alpina ent- wickeln. Diese gelblichgrüne Pflanze begleitet die kleineu AVasserläufe von der Schneegrenze bis hinab ins Tal, sodaß man schon aus weiter Ferne erkennt, ob der Gebirgsabhang trocken oder feucht ist. Alerkwürdig und nicht ungefährlich sind die Stellen, wo das rieselnde Wasser streckenweise verschwindet, um von torfigen Erdschichten überdeckt unsichtbar dahinzu- fließen. Dann und wann vermögen dünne Scliichten das Gewicht des Menschen (lebirge mit f^eriiigfiu Pttanzenwuchsc. 43 nicht zu tragen, sie geben nach, brechen durch, und man steht,' mitunter in höhlenartigeu Vertiefungen, in Wasser und Moor. Oder was ungleich häufiger, füi- den mit Gewehr und andern Utensilien versehenen Ornithologen aber ebenfalls wenig vergnüglich ist. man gleitet auf dem äußerst schlüpfrigen Moosgruüde ans und rutsclit ein Stück abwärts. Am besten noch kommt man vorwärts, wo niedrige Zwergbirken, Heidekräuter und ähnliche Arten den trocknen lioden bedecken. Aber doch, wie schön ist es inmitten der pflanzenarmeu Gebirgsland- schaften, besonders wenn der Wind feiert und die Sonne scheint! Über mir die flatternden weißen Wolken auf dem blaßblauen Grunde, vor mir die wilden, uubesteigbaren Bergwände, von denen nicht selten ein Wasserfall schäumend lierunterstürzt. neben mir der murmelnde klare Bach, die unzähligen kleinen Steine und die mächtigen Felstrümmer! Und schaut man hinab: wie friedlicli liegt das weite stille Tal im Sonnenscheine, das auf der andern Seite drüben sieb wieder zu stolzen Berghöhen auftürmt! Grün schimmern die Matten, weiß steigt der Rauch aus dem grasbewachsenen Torfhause, in inisstein, Tuffen, Konglomeraten und ähnlidien Gesteinen gebildet sind. In geringer Ausdelinung tinden sich Geröllfelder zwar überall, besonders am Fuße der Gebirge, doch Itestelien sie dann vorzüglich aus den verwitterten und losgelösten Gesteinen der Umgebung, also hauptsächlich iiasalten und Trachyten. Die PHanzeuwelt solcher meist wenig bewässerter örtlichkeiten ist fast immer dürftig: manclimal wird sie nur durch Kryptogamen, insbesondere Moose, gebildet; streckenweise verschwindet sie auch gänzlich. An den Rändern der Geröllflächen wohnen Steinschmätzer und solche Vögel, die in den benachbarten Gegenden ihre Nahrung suclien und nur im Schutze des Felsgewirres ihr Nest anlegen. Ich habe ausgedehnte Wüsten nicht genug bereist, um von Charaktervögeln daselbst reden zu können. Für gewöhnlich scheint aber nur der Steinschmätzer ein solcher zu sein, vielleicht noch die Schneeammer, wo es sich um gebirgigere Gegenden handelt. Wer mit Zeit und Geld rechnen muß, wird kaum die isländischen Wüsten aufsuchen, zumal man abseits von den wenigen sogenannten Wegen Pferde oft nicht gebrauchen kann. Und das Klettern über die Schotter- und Geröllfelder ist ebenso anstrengend wie langsam fördernd. Eigenartig berührt es freilich den Forscher, wenn er sich, vielleicht ganz allein, inmitten des Gewirres von Schutt und Steinen befindet, ringsum ein lebloses, starres Meer, dessen Pflanzenwelt, wo überhaupt vorhanden, den melancholischen Eindruck durchaus nicht vermindert. Wie verbannt und ausgestoßen von der Welt kommt man sich vor, wie erlöst und von einem seelischen Drucke befreit, wenn man wieder frisches Grün und bewohnte Gegenden unter den Füßen hat. Landschaftlich kaum angenehmer sind die Kies- und Sandflächen, die freilich vor den Geröllfeldern den erheblichen Vorzug leichterer Passierbarkeit besitzen. Wenn man vom Myvatn nach Hüsavik reitet, muß man viele Stunden lang über den Hölasandr, das ist ein solches Gebiet, hinweg (Fig. 11). Sanft wellig, im kleinen fast eben, liegen die öden Flächen vor unsern Blicken. Kilometerweit rundum nur brauner Sand und grober Kies, der heftig stäubt, wenn man bei trocknem Wetter rasch dahintrabt. Strecken- weise werden auch die unzähligen runden Steine, die den Boden bedecken, größer und erschweren dann dem Pferde das rasche Laufen, natürlich auch dem Menschen, der es unternimmt, ein solches Gebiet zu Fuße aufzusuchen. Aber ich glaube nicht, daß schon einmal ein Mensch zu Fuße über den Hölasandr gegangen ist. In geringen Ausdehnungen trifl't mau Kies- und Sandflächen auch sonst überall auf der Insel. Sie sind gewöhnlich so eben wie ein Tisch und ganz verlockend zum Begehen. Doch der Schein trügt! Nur im Hochsommer, wenn wochenlange Trockenheit herrschte, erfüllen sie die Erwartungen; im Frühlinge und bei feuchtem Wetter aber sinkt man bis an die Knöchel oder tiefer in zälieu Schlamm, was besonders den Pferden höchst unangenehm ist. Pflanzenwelt findet sich an derartigen Stellen durch- aus nicht; sie sind noch öder als die Geröllfelder und bieten auch den Vögeln so gut wie nichts. Nur den Sandregenpfeifer beobachtete ich auf solchen (')rtHclikeiten. Im- Hndet scheinbar immer noch genügend Insekten, (Teröllf eider an Flüssen. 49 und schnell wie eine Maus läuft er vor dem Reiter her. Der Vogel brütet üuch auf solchen Kiesflüchen ohne jeden Pflanzenwuchs. Wenigstens fand ich inmitten des Hölasandrs ganz kleine Dunenjuuge, die freilich schon recht schnell laufen konnten. Im übrigen ist eine derartige Landschaft außer- ordentlich öde und tot. es sei denn, daß Wasseradern sie günstig beeinflußten. OeröUMder an Flüssen. Einige der teilweise überaus reißenden Gebirgsgewässer Islands rollen kaum glaubliche Mengen abgesclilififener Steine vor sich her und setzen sie bei hohem Wasserstande an geeigneten Plätzen ab. Auf diese Weise sind ausgedehnte fruchtl>are Wiesenstrecken, sogar innerhalb weniger Tage, in tote GoröUfelder verwandelt worden, die sich durch spätere Überschwemmungen Fio. 11. Holasandr nördlich vom Nlyvatn. immer mehr vergrößerten. Diese Erscheinung ist durchaus nichts Seltenes in Island, besonders an den Ufern der mit furchtbarer Gewalt dahinstürzenden Gletscherflüsse, deren milchiggrünes, undurchsichtiges Wasser die Tiefe der- selben gar nicht erkennen läßt. In großer Ausdehnung fand ich solche Geröllflächen z. B. zwischen Silfrastactir und Miklibser in der Skagafjardar Sysla. Sie bieten einen trostlosen Anblick, und weder zu Fuße noch zu Pferde ist ihr Betreten angenehm. Wohl ähneln sie gewissen Partien des zur Ebbe trockenliegenden Meeresstrandes, sind aber häufig viel breiter und ganz ohne Abwechslung. Trotzdem fand ich derartige Geröllfelder weit vogelreicher als die in dem vorigen Abschnitte beschriebenen Landschaften, was leicht erklärlicherweise seinen Grund in dem Vorhandensein des Wassers hat, das in jenen andern Gebieten fehlt. Oft teilt sich der Fluß gerade an solchen tiefer liegenden Stellen und bildet kleinere Arme, von denen der eine oder H an tzsr.h, Vogelwelt Islands. ' ^ 50 Flüsse. der auderc mitunter langs-anier daliinströmt. Vielerorts bleibeu uach dem Rückgänge des Wassers kleine Tümpel stehen, wodurch die Möglichkeit des Vorhandenseins von Insekten daselbst erheblich gesteigert wird. Wenn die GcröUfelder an Flüssen den Vögeln auch selten zu Brutplätzen dienen oder im Falle dies doch geschieht, das Nest gar leicht ein Raub des plötzlich übertretenden Wassers wird, besuchen doch die Vögel jene Gebiete nicht ungern. Besonders während der Zugzeit, wo ich allerdings auch vorzugs- weise gi'ößere Geröllfelder untersuchte, stellen sich viele Arten ein, die mit dem Flusse wandern oder an und in diesem Nahrung zu finden hoffen. In- mitten der unzähligen Steine sind sie für Raubvögel nicht so leicht sichtbar und haben selbst doch vollständig freie Ausschau. Auf dem Zuge, in un- bekannten Gegenden also, erhöhen ja fast alle Vögel ihre Aufmerksamkeit und Vorsicht ganz erheblich. Von Arten, die die Geröllfelder der Flüsse gelegentlich besuchen, müßten fast alle einigermaßen in Betracht kon]mendcu aufgezählt werden: vom Singschwane bis zum Wiesenpieper hinab beobachtete ich sie daselbst. Als Charaktervogel, der auch im Sommer die Geröllfelder belebt, möchte ich nur die Bachstelze (Motadlla alba) nennen, die freilich in Island viel seltener ist als bei uns. Von den Straudläufern und ähnlichen Gattungen werden besonders die Teile der Flußufer aufgesucht, wo Kies- und Schlamm- flachen sich hinziehen. Hier entwickeln sich im Juli und August oft inter- essante ornithologische Bilder vor dem Auge des Beobachters, wenn es diesem auch nicht so leicht möglich wird, die Vögel auf Schußnähe zu beschleichen. Flüsse. Island ist zum großen Teil reich versehen mit stehenden und fließenden Gewässern von der verschiedensten Ausdehnung. Allenthalben durchströmen Flüsse das Land, die trotz ihrer verhältnismäßig geringen Länge docli mit- unter eine ganz beträchtliche Breite und Tiefe besitzen. Sie bilden nicht selten unüberwindliche Hindernisse auf einer Binnenlandsreise, bei denen auch die unerschrockenen isländischen Pferde versagen. Freilich gestalten sich allmählich durch Anlegung von Brücken und Fähren die Verhältnisse etwas günstiger. Besonders die rasche Fortbewegung des Wassers und die damit zusammenhängende beständige Veränderung des Flußbettes erschweren den Durchgang (Fig. 12). Die Flüsse sind natürlich Sammelorte des Vogellebens, zunächst schon zur Brutzeit, vielleicht noch mehr aber während des Zuges. Bilden sie ja den bequemsten und sichersten Weg vom Meere uach dem Innern der Insel und zurück, wohingegen das Überfliegen der zahlreichen, nur zu oft von Nebel umwogten Gebirgsrücken manchen Vogelarten Schwierigkeiten ver- ursachen oder wenigstens unangenehm sein würde. Die Flußläufe stellen keine selbständige Landschaftsform dar, führen vielmehr durch alle möglichen Gebiete, geben diesen aber ein besonderes Gepräge. Sie bringen Abwechslung in die ödesten Gebirge und beeinflussen die Vegetation teilweise auf das Flüsse. 51 günstigste. Das alles belebende und allen Gescliöpfcn notwendige Wasser lockt auch die Tierwelt herbei, unter der die leichtbeschwingten Vögel besonders vertreten sind. Damit soll nicht gesagt sein, daß die isländischen Flüsse selbst und deren Ufer eine beträchtliche Zahl von Charaktervögein aufwiesen, vielmehr siedelt sich jede Art in der ihr zusagenden Landschafts- form an, bevorzAigt aber solche Gebiete, die von einem fließenden Gewässer durchströmt werden. Diese Erscheinung ist natürlich durchaus nichts allein für Island Charakteristisches. Dort, wo der klare Gebirgsbach hurtig zwischen den großen Steinen hineilt und hier und da auch einen rauschenden Wasserfall bildet, schlüpft der Zaunkönig durch die Ritzen und Spalten der Felsbrocken. Wohl hat er ein ziemlich langes Revier, in dem er Nahrung sucht, doch verläßt er zur Fig. 12. Wasserfall im Skjälfandafljöt (Nordisland). Brutzeit niemals die Umgebung des von ihm zum Wohnplatze gewählten Gewässers. Auch die graue Bachstelze (Motacilla alba) ist hier zu Hause, liebt aber die Nähe von menschlichen Ansiedlungen. Ist der Bach zum Flusse geworden, so kommen noch andere Be- sucher an seine Ufer. Bilden sich hier und dort Inseln in seiner Mitte, so sind diese, besonders zu Brutplätzeu, noch mehr bevorzugt. Charakter- vogel der tiefen, wasserreichen Flüsse und Ströme Islands ist die Kragen- ente (Histnouiciis hisinonkics), die mit bewunderungswürdiger Gewandtheit selbst den stärksten Strudeln zu widerstehen vermag und scheinbar mit Leichtigkeit im reißendsten Gewässer stromaufwärts schwimmt. Neben ihr auf den Inseln oder am Ufer der Flüsse brüten mitunter noch andere Enten- arten, vor allem Clangula hyemalis, Aetliya inarila, Nettion crecca, Mareen penelope und Anas boschas. Auch die zierliche Küstenseeschwalbe (Steima 4* 52 Seen und Teiche. maemra) mit deu biegsaineu, elastischen Schwauzfedeni, sowie die Mautel- möve (Lamts mariims) nisten kolonienweise auf manchen Inseln, im Süden des Landes auch die int(^ressante große Raubmöve (Megalesbis skna). Viel seltener in den bewohnten Gebieten finden sich die vorsichtigen Gänsearteu, die durcli ihre Größe sich leicht verraten. Mehrfach beobachtete ich auch, z. B. auf der l)reiten, wasserreichen Hvitci unterhalb von Skälholt, Schwäne, die hier während der Mauser im August weit sicherer sind, als auf eng- begi'onzten stehenden Gewässern. Die beiden Seetaucherai-ten (Urinator imber und luntme) bemerkt man ebenfalls nicht selten auf größeren Flüssen, wenn sie auch nicht hier brüten. Gern besuchen endlich Palidna alpina, Totnnus totanus, Limosa limosa und Numenius phaeopus die Ufer, während die Räuber unter deu isländischen Vögeln, Haliaetns alhicilla, Hürofako Idandux und Fig. 13. Gullfoss (Hvitä). merilhis, Corviis corax und Stercorar'ms p)arasiticus, beutesuchend über den Gewässern dahinfliegen. — An vielen Orten bilden die isländischen Ströme auch mächtige Wasserfälle (Fig. 13). Seen und Teiclie. Auch an stehenden Gewässern, vom kleinen Tümpel an bis zum majestätischen See, ist Island reich. Diese stellen nicht nur Sammelorte des Vogellebens dar, sondern mitunter Gegenden von ausgezeichneter land- schaftlicher Schönheit. In überaus malerischer Umgebung liegen manche der kleinen Gebirgsseen, die sich weltvergessen und unbeachtet in die groß- artige ßergszeuerie einfügen. Geheimnisvoller Zauber weht über ihnen, den kein Mensch stört. Vergelien ja selbst in den bewohnteren Gegenden oft Wochen und Monate, bis jemand in die einsamen, wegelosen Gebirge empor- steigt, um etwa nach Schafen zu suchen. Wenn man selbst nun, das treue Roß, das einen über die Bäche wegträgt, am Zügel nachführend, die Höhen hinaufgeklettert ist, immer näher dem ewigen Schnee und Eis entgegen, da weitet sich auf einmal der Blick: ein kleines windgeschütztes Tal nimmt Seen und Teiche. 53 uus auf, das im Grunde von durchsichtig schimmerudem Wasser erfüllt ist. Trotz der Höhe wächst dürftiges Grün zwischen den Felsen, und man gönnt dem Pferde ein Kuhestündchen, um selbst zu schauen und zu lauschen. Vormittag 10 Uhr ist es! Noch liegt das Tal in tiefem, dämmerndem Schatten; denn kaum die Mittagssonne vermag ihre neugierigen, alles durcli- dringenden Blicke in dieses Märchen hinabzusenken. Es schweigt der kühle Morgenwind, der die Spitzen der nalien Schueeberge mit zerrissenen Nebel- sti-eifen umhängt hat. Das Blau des Himmels scheint, vom düsteru Tale aus betraclitet, dunkler als sonst, und leuchtend heben sich die weißen, duftigen Streifenwolken davon ab. Waln-lich, ein eigenartiger Anblick, wie eine Sage vom fernwinkenden, unbeständigen Glücke! Verwundert schauen die beiden Schafe am Abhänge drüben nach mir her. Seit Minuten schon regen sie sich nicht. Vielleicht kommen ihnen alte. ))öse I^^rinnerungen an den Menschen, die sie fast vergessen hatten. Doch nun der See! Leise spielen die Wellen am steinigen Strande, den ein schmaler Ring von weißem Schaume einfaßt. Zitternd spiegeln sich die Schneehäupter der Berge in seinen Fluten, die nie der Kiel eines Schiffes furchte. Ob ein Maler die unbeschreibliche Farbenstimmung des Wassers wiedergeben könnte? Ich bezweifle es; d(!nn der Pinsel ist schwach wie das Wort. In der Mitte der schimmernden Fläche gleiten zwei weiße Punkte dahin: ein Paar Siugschwäne, die hier ihre schöne, einsame Sommerwohnung aufgeschlagen haben. Sonst zeigt sich kein Vogel auf dem Wasser. Dort aber knixt der Steinschmätzer vor mir auf dem Steine, und die kleine Schneeammer singt von dem Felsenvorsprunge aus der allmählicli höher steigenden Sonne entgegen. Befinden sich die Seen in etwas tieferen Lagen, avo die Luft nicht beständig so kühl ist, wo die Sonnenstrahlen besser auffallen können und kräftigere Vegetation sich entwickelt, so vermehrt sich auch die Vogelwelt. Freilich verlieren solche Gebiete den Reiz der starren, unberührten Scliönheit und nehmen mehr den Charakter unserer Bergseen an. Lieblichere und anheimelndere Bilder zeigen sich nun den Blicken des Reisenden, und bis- weilen läßt der aufsteigende Rauch eines Gehöftes erkennen, daß Menschen in der Nähe sein müssen. Außer dem Schwane brüten die Seetaucher am Rande derartiger Gewässer: Uiinator imher in tiefer Einsamkeit, jedoch mit- unter auf gar nicht großen Teichen. Urinator Immae dagegen auch in be- wohnten Gebieten. Eigentlich scheu ist keine der beiden Arten, wenn die Vögel nicht erschreckt und verfolgt werden. Wassertreter (besonders Phcda- ropus lobaii(s) und Ohrentaucher (Colymlms auritus) bauen ebenfalls ihr Nest an derartige Gebirgsseen, endlich auch einzelne Paare solcher Vogelarten, die in gi'ößerer Menge die tiefer gelegenen Gewässer bewohnen. Die großen Seen sind zur Brutzeit Sammelorte zahlreicher Wasser\ (igcl, die gegen Ende des Sommers, wenn die ueuvermauserten Schwingen die Wanderung gestatten, zum Hauptteile wieder davonziehen. Manche der Seen haben ihre Eigentümlichkeiten, der jn'ngvallavatn z. B. eine Kolonie der Mautplniövc (Lams marinus). keiner aber sclieint so viele Arten zu 54 Seen und Teiche. vereiuigen wie der Myvatn, der. weil uucli landscliaftlicli abwechsluugsvoll uud interessant, von verschiedenen Reisenden ornitbologisch nntersucht wurde. Im allgemeinen kann man freilich die Angaben über die dortige Vogelwelt auf jeden anderen ähnlich gelegenen See beziehen, von denen ich einige kennen lernte, die im Verhältnis zu ihrer Oröße kaum vogelärmer waren. Der Myvatn liegt, wie ein Teil des noch größeren j^ingvallavatn, auf Schichten postglacialer Basaltlava, welcher Untergrund ihm sein eigentüm- liches Aussehen verschafft. Tief eingeschnittene Buchten, deren durchsichtiges Wasser die grottenartigen Bildungen des schwarzen Gesteins deutlich erkennen läßt, wechseln ab mit großen, überaus seichten Fläclien, die von Wasser- pflanzen, besonders Myriophyllum spicafnm, erfüllt sind. Sie beherbergen die Larven der unendlichen Mengen kleiner Mücken (isl. My, Myfluga; Gatt. Culex und Simnlvi), die dem See zu seinem Namen verholfen haben. Diese Fig. 14. Slutnes im Myvatn. schwärmen zur Somnjerszeit oft in Iniushoheu, breiten Säulen über dem Wasser und dem Ufer und bringen dabei ein nicht unangenehmes, eigen- tümliches Geräusch hervor, das ähnlich wie ein fernes, unklares Stimmen- gewirr oder wie leiser Orgelton klingt. Besonders bei w^ecliselnder Witterung sterben nun diese zarten Dipteren sehr rasch, fallen in Menge auf das Wasser und bedecken mitunter buchstäblich das Ufer, was man an freien Plätzen deutlich erkennt. Dieser Tnsektenreichtum kommt nicht nur den zaldlosen Forellen des Sees zu Gute, sondern auch den Vögeln, die sich manchmal fast ausschließlich von Mücken und deren Larven ernähren mögen. Im nördlichen Teile des Sees, zwischen Grnustadir und dem Vindbel- gjarljall, befindet sich eine l)reite Hal))insel, die aus Moor- und Sandboden besteht und mit zahlreichen kleinen Tümpeln. Teichen uud Sümpfen bedeckt ist. Hier entwickeln sicli über meterhohe Ttlanzendickichte. vor allem aus Seen und Teiche. 55 Birken und Weiden bestehend, die den Vögeln willkommene Brutplätze und Schlupfwinkel bieten. Fast noch günstiger beschatten sind einige Inseln, von denen Slntnes, zum Hole Grimstadir geliörig. als vogelreichste gerühmt wird. Man glaubt wirklich niclit auf Island zu sein, wenn man diese Ört- lichkeit betritt. Parkartig wechseln mannshohe Birken und frischgrüne Weidenbüsche mit Grasflächen und kleinen Teichen ab; das anffillligste aber sind die üppigen Archangelica-Stauden. die mitunter zwei Meter liocli kerzen- gerade nebeneinander stehen (Fig. 14, 15). Hier und auf ähnliclien Inseln sind die Hauptbrutplätze der Enten, deren Hier als Nalu'uugsmittel für die Bewohner große Bedeutung gewinnen. Einige Arten, besonders Glancionetta islandica, bauen freilich ihr Nest lieber in die Spalten der Kraterinseln. Hasselbe gilt von dem sehr häufigen Mergux setrator und dem seltneren Mergu-^ mergansev. Reclit zalilreich findet man Fig. IT). Slutnes im Myvatn. ferner den zierlichen Phalaropu.^ lolMitns auf den Inseln, in geringerer Menge auch Totamis totanus. Vielerorts nistet Stema inacrura, die von den Bew.ohnern deshalb gern gesehen wird, weil sie die Iiaul>vögel anzeigt und verfolgt. Charakter- vogel des Myvatn ist weiter dei- Ohreutaucher (Colt/inbus auritus), der mit den graufleckigen Dunenjungen auf dem Rücken den Eindruck eines recht vielgeplagten Familienvaters maclit. üriimtor Iniume brütet am Rande kleiner Teiche auf Inseln oder in unmittelbarer Nähe des Mfvatu: doch beobachtete ich aucli den großen Eistaucher (Urinator imber) im Juli auf dem See. Im sumpfigen Teile wohnen mehrere Paare der Schmarotzerraubmöve. die als Eierräuberin berüchtigt ist, Gänse und Schwäne brüten jedocli für gewöhnlich nicht daselbst. Häufig besuchen die beiden Falkenarten das Gebiet; denn unschwer bemächtigen sie sicli hier einer Beute. Dagegen trift't man den Raben nur ziemlich selten lieim Myviitn. 56 Ijuscliwaki. Nicht immer und iii<-lit überall bietet der See die liildcr eines über- reichen Vogellebens. Man kann ntundenhing auf ihm herumfaiiren und endlich recht enttäuscht zurückkehren. Die Vög-el finden alter so mannigfache Ver- stecke am Kande des Sees, wo man sie mitunter kaum vermutet. Die günstigst*' (Telegenheit, hetiftchtliche Mengen von Knten zu heoliachtcn. hat man be- sonders dann, wenn die Jungen den Eiern entschlüpft sind und morgens bei schönem Wetter von der Mutter aufs Wasser geführt werden. In der Nähe der Brutinseln oder in stillen seichten Huchten zeigen sich dann äuLW^rst zahlreiche Familien der verschiedenen Arten. An andern Stelleu des offenen Sees scharen sich die Krpel zusammen und liegen zu vielen Hunderten bei einander. Man kann wohl behaupten, dal) der ]\Kvatn noch vogelreicher ist. als die günstigsten Teichgebiete Mitteleurojias. wie ich solche z. li. in den Donaurieden Ungarns und Slavoniens oder ;iucli in der sächsischen Lausitz kennen b'rnte. rnvergeßliche Bilder wird dieser See in dem IJcsuciicr hinterlassen, die an eigenartiger Stimmung nicht so leicht ihresgleichen finden. Noch denke ich zurück an manchen Abend, den ich am steilen Lavarande einer Bucht bei Reykjalid zubrachte! Die Sonne stand tief über dem schöngeformten Vindbelgjarfjall und tanzte auf dem weiten, zitternden Myvatn lier zu mir. Feuerrot flammte der AVeg, den sie ging, bis sie sich endücli hinter dem Berge schlafen legte. Doch die nordische Sommernacht ist nicht minder schön als der Abend. Blauglitzernd lag die kleine Bucht vor mir. auf der wenigstens ein Dutzend Bergenten, mittlere Säger und Schellenten mit ihren Jungen schwammen. Wenn man nicht die Gestalt der Vögel genau kannte, waren sie freilich nicht mehr zu untersclieiden. sojidern alle schwarz. Noch saßen sie auf dem Wasser, während über ihnen in der l^uft, zufrieden ihr Kria rufend, eine Anzahl Seeschwalben flatterte. Ort und Tageszeit schienen besonders reiche Beute zu bescheren; denn fortwährend stießen die Vögel auf das Wasser oder stürzten in dieses hinein, um mit einem kleinen Fische im Schnabel frohlockend wieder emporzusteigen. Das sind weihevolle Augen- blicke für den Ornitlndogen, und still schleiclit man endlich mich Hause, wo schon alles schläft. Freilich den Feierabend nniL> man draußen lassen. Busch wald. Wenn auch der Isländer seinem Skc'igur denselben Namen l>eilegt wie unserm stolzen Walde, so darf man sich nicht falschen Vorstellungen hin- geben. Der isländische Wald besteht nur aus (4ebüschen. die zum größten Teile von Birken (Betnla odorato /nibesccm), hier und dort aber auch, z. B. in der Umgelnmg des Myvatn, von Weiden gebildet werden. SaU.r phylidfolia, die häufigste Art, erreicht eine Höhe von :> m und bietet mit dem frischen Grün ihrer Blätter einen recht erfreulichen Anblick. Selten höher als 1,5 m wird SalLr, lanata, die auch weit unscheinlnirer ist. Die anderen beiden Weidemirten Islands. Salix fflauca und ho'hncea. können wegen ihrer geringen Größe nicht als waldbildende Pflanzen in Betracht kommen. Dasselbe gilt von der schon melirfach erwähnten HeUiIa iKom. wohingegen lietulo pnbff'ceiis .Buschwald. 57 manchmal eine Hölie von :5— 4 in erreicht. Hier und dort wachsen im Schatten des Gesträuchs auch niedrige Wachliolderbüsche (Juniperus communis nana). Der berühmteste Skogur Islands findet sicli bei Hdls im Fujöskätale, wo man ))ei bescheidenen Ansprüchen wirklich die Vorstellung eines Birken- waldes haben bann. Auch der 8kögur im Fljötstale in Ostisland soll ähnliche Höhe besitzen, doch sah ich ihn nicht selbst. Für gewöhnlich eiTeicheu die IJüsche kaum die GröL^e eines Menschen, der Bestand aber ist so dürftig, daß man ihn unschwer passieren kann. Oft stehen die von unten auf be- laubten Sträucher gruppenweise inmitten von Grasplätzen, wodurch die Gegend doppelt abwechsluugsvoU und angenehm erscheint. An besonders günstigen Stellen freilich werden die Gebüsche mitunter auch äußerst dicht. Ja, es gibt Örtlichkeiten, von denen es fast unmrtglich ist, sie zu durchqueren. Das sind die Lieblingsplätze der Rotdrossel (Turdus iliacus), während der andere^ ( 'haraktervogel des isländischen Waldes, der Birkenzeisig oder Leinfink (Acantlds linaria), meist oft'nere Stellen bevorzugt. Ich besuchte eine ganze Reihe der immerhin in Island seltnen Busch- wälder. In der Umgebung des Myvatn befinden sich solche teilweise auf sandigem, trocknem Boden, sind aber deshalb keineswegs dürftig. Auch zwischen den älteren Lavabrocken hat sich frisches Birkengebüsch angesiedelt, das außer den eben genannten Vogelarten aucli beträchtliche Mengen von Schneehühnern beherbergt. Die Gebüsche auf den Inseln des Myvatn und seiner sumpfigen Umgebung im Norden sind kräftiger und dichter, werden aber von den Kleinvögeln nicht so häufig bewohnt. Bedeutende Streckeji des Fnjöskätales in Nordisland sind gleichfalls mit Wald bedeckt, keineswegs bloß die Gegend von Hals, sondern hinab bis kurz vor die Mündung des Flusses in den Eyjafjördr. Gerade dort, im Skuggabjargaskögur und Skards- skögur, traf ich selbst während der Brutzeit kleine Scharen alter Acantlm linana, etwas seltner Turdus Uiac.m. Freilich begegnete ich diesen Vögeln aucli in allen anderen von mir besuchten Waldgebieten, so in der Nähe von Hvammr und Nordtunga, dann später auf dem AVege von der in den Borgar- fjörcti- fließenden Hvitä bis nach dem Skorradalsvatn. Auch die Umgebung des ]^ingvallavatn hat zahlreiche Gebüsche. Besonders ausgedehnte Birken- waldungen durchreitet man ferner auf dem Wege von ]:>ingvellir nach dem (leysir, zwischen dem Laugarvatn und Uthlid. In diesen landschaftlich eigen- artigen Geländen, wo weite Hügel ringsum mit Gesträuch bedeckt sind, war die Rotdrossel geradezu gemein. Auch den Wiesenpieper trift't man in den meisten derartigen Ge))ietcn in großer Menge. Merkwürdigerweise aber sind dun'haus nicht alle isländischen Buschwälder so vogelreich, als man in einem zum größton Teile ja völlig baumlosen Lande erwarten könnte. Für den Fremden, der aus waldigen Gegenden nach der kalüen Insel versetzt wird, ist der Anblick dieser dürftigen Buschlandschaften anheimelnd und erfreuend. Malen sie ihm ja Bilder der Heimat, wenn auch angepaßt dem nüchternen Norden. Es war am 8. Juni. In dem Hofe Skard, etwas aufwärts der Fnjöskii- rnündnng. hatte ich ein paar Stunden geschlafen. Frühzeitig verließ ich 58 Das Meer. das Haus, schritt über das taufeuchte Gras nach der kleinen Brücke hin. die ein schäumendes Bergwasser überspannt, und befand mich im Skögur. der die Abhänge des Fnjöskatales bedeckt. Vorfrühling war's hier oben, und jener rötlichviolette Schimmer, der dem Grünworden der Sträucher voraus- geht, lag über dem harzduftenden Buschwaldc. Hier und dort, wo die Sonne besser dazukonnte, brachen auch schon die ersten gi-ünen Spitzen hervor, die uns hoffnungsfrendiger stimmen, als alle Blätter des Sommers. Im Dickichte drüben sang die Rotdrossel ihr hastiges Lied, während der Birkeu- zeisig drei Meter vor mir sein warnendes, weiches Düid rief. Sonst lag tiefe Stille über der Natur, die bloß durcli das ferne Rauschen der reißenden Fnjöskä nicht unangenehm beeinträchtigt wurde. Die Sonne brach in vollem Glänze über die Berge, der Hrossagaukur (Gallinago gaüuuigo) flog ihr wiehernd entgegen, der eben noch am sumpfigen Riesel nach Würmern ge- stochen hatte. Doch kein ewiger Friede in der Natur! Mit schrillem Geschrei fährt ein Steinfalke vor mir auf, in den Fängen die blutige Leiche des kleinen Wiesenpiepers! Das Meer. Auf einer verhältnismäßig nicht allzu großen Insel wie Island stellt das Meer natürlich eine der Hauptlandschaftsformen dar, das immer bewegte, immer lebendige Meer. Zahlreiche tiefeinschneidende Fjorde verlängern die Ausdehnung der Küste, die, wie die Oberfläclie des Wassers selbst, eine mannigfach verschiedene ist. Seichte Strandflächen, von der Ebbe weithin bloßgelegt, wechseln ab mit wilden Geröllpartien und steil abfallenden Bergen, denen niclit selten kleine und große Klippen vorgelagert sind. Da der unterschied der Wasserhöhe bis fünf, ja sogar sechs Meter bcti-ägt, zeigt dei- Sti-and auch im Verlaufe des Tages oft gänzlich verschiedene Bilder, von denen natürlich das Leben der Meeresvögel gleichfalls abhängig ist. Dort, wo während der Flut die Wogen an die Felsen schlugen, liegt jetzt zur Zeit der Ebbe ein breiter, flacher Sandstreifen. Gewisse Küstenstrecken kaun man nur bei Ebbe auf dem Landwege passieren, in manche Häfen nur bei Flut vor Anker gehen. Doch dieser immerwährende Wechsel des Strandes selbst, verbunden mit der Veränderlichkeit des bald leise spielenden, bald in machtvoller Dünung lieranbrausenden Meeres, gibt der Küste gerade ihren Reiz. Der Island umgebende Atlantische Ozean, zum kleinen Teile auch das nördliche Eismeer, bieten natürlich, wie alle anderen Meere aucli, zahllosen Tieren Aufenthalt und Nahrung. Die Vögel, von denen freilich durchaus nicht alle tagelang auf dem Wasser zu wohnen vermögen, finden daselbst reichlicli ihren Tisch gedeckt, falls nicht Treibeis und Winterkälte ihnen den Zugang verwehren. Dies geschieht aber für gewöhnlich nur im Nordwesten und Norden der Insel und auch dort nicht allwinterlich. Die Anzahl der Vogelarten, die man bis jetzt auf den Island umgebenden Meeren festgestellt hat, darf sicher nicht als erschöpft angesehen werden. Nur fehlte es, besonders zur Winterszeit, an geeigneten Beobaclitern. Es ist auch keineswegs leicht, Das Meer. 59 ja manchmal sogar völlig iiiimöglich, vou einem dahinfahreudeu Schiffe aus alle Vögel, die sich zeigen, richtig anzusprechen. Und selbst wenn man fähig wäre, durch einen Scliuß das fragliche Exemplar zu erlegen, wird man kaum das Verlangen äußern wollen, das Schiff stoppen zu lassen, bis man die Beute geholt hat. So bleiben denn die oruithologischen Beobachtungen auf der See oft unvollkommen und unsiclier, zumal die Beleuchtung und der Mangel «Ines eigentlichen Hintergrundes außerordentlich täuschen. Selbst in ruhigen Meeresbuchten ist dies mitunter der Fall. Manche Vogelarten freilich haben eine s(» charakteristische Färbung und Gestalt oder nähern sicli den Schiften derart, daß eine zweifellos richtige Bestimmung erfolgen kann. Wenn man viele Tage auf dem Ozeane dahinfährt und lange Zeit hindurch nichts als Himmel und Wasser erblickt, wendet sich das Auge unwillkürlich nach den Seevögeln, die als beinahe einzige lebende Wesen über der endlosen Fläche sicht])ar werden. Verwundert erwarten die Alke (Alca torda) und Lummen (Una troile und lomvia) den mächtigen Schiffs- koloß. Mit hochgestrecktem Halse lassen sie ihn ganz nahe kommen, um nun schnell unterzutauchen oder plätschernd über das Wasser hinzuflattern, indem sie dieses mit den Füßen streifen und mit den Flügeln schlagen. Noch weniger scheu zeigt sich manchmal Cepphtis grylle, der kaum vor dem Schifte flüchtet. Gar zu gern sieht man den Flugkünstlern unter den See- vögeln zu: den zierlichen dreizehigeu Möven (Rissa rissa), von denen nicht selten ein Dutzend das Schift' begleitet, oder dem Eissturmvogel (Fulmarm glacialis), der das Fahrzeug in weiten Bogen umfliegt. Mag der Sturm toben, daß man sich festhalten muß. um nicht hin- und hergeworfen zu werden, die Vögel überwinden ihn, indem sie Flügel und Füße nach allen Richtungen auf das geschickteste bewegen. Sind sie aber müde, so lassen sie sich auf dem wilden Wasser nieder, werden aus den tiefen Wellentälern auf die Höhe emporgetragen, wo der Wogenkamm oft schäumend über sie hinwegspült. Seltener beobachtet mau die großen Möven und ßaubmöven. die übrigen Seevögel meist nur in der Umgebung ihrer Brutplätze. Nähert man sich der Küste, so wird das Vogelleben gewöhnlich reichei-, obwohl es auch Strecken gibt, die außer der Zugzeit fast gänzlicli verlassen und einsam daliegen. Die isländischen Meeresküsten sind, wie schon erwähnt, mitunter recht abwechslungsvoll. Ausgedehnte flache Strandpartien, wie sich solche z. B. in Norddeutschland finden, besitzt die Insel in geringem Maße. Das Land ist ja zum größten Teile gebirgig. Freilicli lagert sich auch den Steilküsten meist ein mehi- oder weniger breiter Geröllstreifen vor. Flacher Strand findet sich mitunter im innersten Zipfel von Fjorden und Meeresbuchten oder dort, wo größere Flüsse münden. Während der Ebbe sind solche, oft mit dickem, weichem Schlamme bedeckten Plätze Sammelpunkte zahlreicher Sti-andvögel, die aus der ganzen Umgegend herbeikommen, um Nahrung zu suchen. Schon die Oberfläche derai-tiger Gebiete zeigt, was das Meer zurück- ließ. Tauseude von Quallen (Acalephae) bedecken mitunter den Grund, hier und dort liei>en Muscheln. Seesterne und Taschenkrebse, wälirend viele Ideine (;() Das Meor. liöclier zu K('»l)i-pii\vüi-nieni (Tnhicoln). winzigen Kvclis- nnd andern See- tierchen führen, die sich im .Sande verkrochen. JiCider bieten derartige Meeresufer znr Ebbezeit selten Deckung, weshalb man siel) gewöhnlich be- gnügen miili, die versammelten Vögel aus entsprechender Ferne zu beobachten. Sehr häutig erblickt man dann den llotschenkel (Totanu,^ totanm), der bei der geringsten Beunruhigung mit flötenden Warnrufen davoneilt. Langsamer und bedächtiger wandeln die habhaft gef^irbten Austerntischer (Haematoptis ostralegm) einher, die mit dem harten langen Schnabel den Schlicker unter- suchen. Eilig läuft der Saudregenpfeifer (Aecjialitis Inatlruln) dahin, den» sich gern der Alpenstrandläufer (Palidna alpina) zugesellt. Etwas abseit« von den andern erblickt man eine Schar der zutraulichen !\Ieeresstrandläufer (Arquatella ■maritbnd). die liebst Arenaria interpres und Tringn canutus auch steinige Strandpartieeii häufig besuchen. Besonders reichlich wird den Vögeln der Tisch gedeekt. wenn der Wind die Wellen nach dem Ufer zu treibt. Dann sieht man die behenden Ge- stalten eilig am Rande des Meeres umherlaufen und eifiüg suchen und picken, .fede Welle bringi ihnen neue Nahrung, und es stört sie auch nicht, wenn einmal das Wasser sie erfalU, ein Stück in die Höhe hebt oder mit fortträgt. Möven, Seeschwalbeu und Kaben überfliegen die Gegend, gleichfalls nach zurückgebliebenen Seetieren suchend, während Seeadler und Falken den ver- sammelten Vögeln nachstellen. Tritt die Flut ein, so ziehen sich die Scharen zurück, sitzen auf den Steinen am Ufer und ruhen oder fliegen nach den 15rut])lätzen. In geeigneten Gebieten kann man zur Zugzeit, besonders im August, noch andere als die erwähnten Arten antreffen; jeder Tag bietet oft neue Bilder, sodalA der Ornitholog mit Befriedigung von seinen Exkursionen zurückkehrt. Außerordentlich günstigen Flachstrand traf ich im Innern, vor allem im nördlichen Teile des Hvaltjörctrs, ein(> gute Tagereise nördlich von Reykjavik. Dieses (lebiet ist auch landschaftlich überaus groL^ai-tig. Am 1 7. August kam ich von Saurban- (Borgarfjardar S.) dahin. Ich ritt bis an den Ausgang des Fjordes mit zwei Isländern, die etwa zehn Pferde bei sich hatten. Ein scharfer Wind blies, dodi der Himmel war blau, und die Sonne schien. Wir konnten der Ebbe halber am Strande hinreiten, aber der weiche, gummiartige Boden, in den man freilich nur wenig einsank, schien den Pferden Furcht einzuflößen. AVie rasend wollte; mein Tier vorwärts; durch die Nüstern blasend bekundete es seine Aufregung und ließ sich kaum halten. Und ich gab ihm die Zügel frei, und wir flogen voraus, dahin über den sonderbaren zähen Schlamm, der von zahlreiclien Strandvögeln mannigfacher Art belebt war. Sie blieben ruhig stehen; denn wir kamen und gingen schneller, als ihre überlegenden Gedanken. Hoch auf spritzte das Salzwasser, wenn wir hier und dort ein Stück seichtes ]\reer durchsprengten. Aber kein Stein hinderte den l^auf. Roß und liciU'r kannten sich, und die AViendruhe winkte. Rechts liegt der Hvalfjördr, über diesem prächtige Berge, hinter denen die Nachmittagssonne stralilt. Neben uns steigen märchenliaft die kahlen. Diis J\Ioer. 61 wilden Felswände empor. Senkrecht türmen sich die mächtigen schwarzen IJasaltburgeu. wie von Riesenhänden erschaffen. Doch ein Streifen Grün am Fuße der Berge hat die Menschen verlockt, hier und dort einen Hof anzu- legen, wo der Reisende über Nacht bleiben kann. Niemand wird bereuen, dieses Gebiet besucht zu haben. Ungleich häufiger als mit Schlamm- und Sandflächeu ist das Meeres- ufer mit Steinen bedeckt. Je höher den Strand hiuauf, desto größer sind diese, sodaß man oft zur Flut höclist mühselig vorwärts kommt, wo man zur Ebbezeit auf glattem Kiesboden hinwandert. Derartige Partien gewähren im Flachlande meist einen recht toten Anblick. Nur einzelne der schon Yornin erwähnten Vogelarten besuchen sie (Fig. 16). Abwechsluugsvoller erscheint die Gegend, wenn steilere Gebirgsstöcke dicht an die Küste treten. Zur Ebbe werden dann mitunter wilde Geröll- ^^pS59RiHSSH9HiHHHHBSR^^a!'^WH --■ "V Sil ^ '- -r'.^'^ -= \ ^«»-';^ ,J Fig. 16. Strand bei Ebbe (Reykjavik). fiächeu bloßgelegt, deren größte Steinbrocken wohl auch bei hohem Wasser- standeTals Klippen hervorragen. Landschaftlich wirken derartige Küsten- streifen oft äußerst romantisch, lassen sich jedoch nur schwer begehen. Die zahlreichen, teilweise mächtigen Steine sind vom Wasser rund geschliffen und gewöhnlich dicht mit Tangen bedeckt, die ihrer erheblichen Glätte wegen das Betreten erschweren. Nur langsam kommt man vorwärts und ist doch beständig in Gefahr zu fallen. Die kleineren Steine dagegen sind oft von andern üppigen Tangarten überwuchert, wodurch Erhebungen und Vertiefungen unsichtbar werden. Weit bequemer ist es natürlich, solche Strandpartien mit dem Boote zu befahren, wobei man auch selten einen Vogel übersehen wird. Will man schießen, muß man freilich beim Erblicken des Objektes rechtzeitig ans Land gehen, das Boot weiterfahren lassen, selbst aber zu Fuße sich anpirschen. Da zwischen den Felsbrocken Unmengen kleiner 62 l^as Meer. Meertien; zurückbleiben, Hiuleii di(! Vögel reiclilirlic Niiliruiig und ))esucheii aus diesem Grunde den (ileröllstrund sehr ^crn. Am häufigsten tritt't man den Meeressti-andläufer (ArqnateUa maritima), der sich äußerst geschickt hinter den Steinen zu verbergen weiß. Nicht selten läßt er so den Menschen l>is auf wenige Schritte herankommen, um dann ein kleines Stück weiterzufliegen und dasselbe Spiel von neuem zu beginnen. Oft begegnet man auch dem Rotschenkel (Totanus totanus), der alle andern Vögel warnt und dem Scliützen nicht selten das mühsamste Anpirschen verdirbt. Hinter großen Steinen gedeckt gelingt es freilich mit- unter, den schlauen Vogel selbst zu überlisten. Zur Zugzeit kann mau • Tnnga carmtus und große Scharen nicht allzu scheuer Arenaria interpres am Strande bemerken und außer den Möven, die gern auf den großen Steinen sitzen, auch Scharben (Fhalacrocorax carbo und graculus) erblicken, die im Wasser verschwinden, ehe man sich dessen versieht. Ral)en und Falken übei-fliegen die Strandpartien nach Beute, und zuweilen hakt auch der mächtige Seeadler (Haliaetus alhicilla) auf einem tangbewachsenen Steine auf, um den Enten naclizustellen, die besonders zur Zugzeit die Meeres- küsten bevölkern. Charaktervögel des felsigen Strandes sind endlich die nützlichen Eiderenten, die freilich, weil kolonienweise brütend, nicht tiberall angetroffen werden. Doch unternehmen sie stundenweite Ausflüge von ihrem Brutorte. Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Geröllflächen am Strande mit- unter recht vogelreich sein können, zumal sie selten von Menschen beunruhigt werden. Will man aber die ganze Menge der nordischen Seevögel beobachten, muß man sich an deren Brutplätze begeben, wo der Ornitholog, der zum ersten Male oder nach längerer Abwesenheit dahin kommt, in der Betrachtung geradezu schwelgen kann. Ich meine hierbei weder die himmelaustrebendeu Felsen, wo einsam ein Seeadlerpaar horstet oder die trägen, sondei'baren Ge- stalten der Kormorane friedfertig beieinander sitzen, noch die grasbewachsenen Inseln, auf denen Eiderenten oder Seesciiwalben nisten, sondern vielmehr die sogenannten Vogelberge, wie Island solche in ziemlicher Anzahl besitzt. Es sind das gewöhnlich steil aus dem Meere aufsteigende Klippen, Inseln und Vorgebirge, die von einer an Arten geringen, an ludividuenzahl aber nicht selten ungeheuren Menge von Seevögeln bewohnt werden. Solange man zurückdenken kann, sind derartige Orte zu gleichem Zwecke benutzt, während viele andere, scheinbar ebenso gtinstige, dauernd unberücksichtigt bleiben. liier und da besetzt nur eine einzige Art den ganzen Berg, der dann zwar Leben und Bewegung, jedoch wenig Abwechslung zeigt. Ungleich interessanter sind die Plätze, wo verschiedene Gattungen nebeneinander brüten, was auch bei den meisten der bedeutenderen Vogelberge der Fall ist. Als bekannteste und wichtigste derselben seien aufgezählt die Inseln Papey und Sküdr, sowie die Klippen vor Vopnafjörclr im Osten Islands, im Nordosten Gap Digranes und Langaues, im Norden die unbewohnten Mänäreyjar, Grimsey im Eismeere, die kleine Insel Drangcy im Skagafjördr und der Hornbjarg bei Cap Nord, ferner im westlichsten Funkte Islands Lätrabjarg und südlich Griiusey. 63 von Reykjavik der Vogelberg bei Krisuvik, endlich die bedeutendste Insel- gruppe im Süden, die Vestmannaeyjar. Hiermit ist die Zahl der Vogelbergo aber keineswegs erschöpft. Die gTößte Menge von Vögeln mag wohl der Hornbjarg am Cap Nord aufweisen, doch ist dieser nie ornithologisch genauer untersucht worden. Die unwirtliche Gegend, nach der man nur äußerst schwierig gelangen kann, wird bloß von wenigen armseligen Menschen bewohut, welche die Vögel zweifellos in weit geringerem Maße als anderwärts beunruhigen. Wenn man mit dem Schiffe längs der Küste dahinfährt, ist man erstaunt über die Zahl der Lummen, die das Meer in langen Streifen bedecken, und stundenlang fährt man dahin, ehe die Vögel verschwinden, üuunterbroclien hüpfen einzelne, Fröschen ähnlich, mit flatternden, schweren Flügelschlägen über das Wasser oder tauchen erschrocken, wenn das Schiff allzuschnell näherkommt. Eine Schätzung der Zahl auch nur der gesehenen Vögel ist kaum möglich. Wie reich muß doch das Meer sein, um all die Scharen zu ernähren, denen sich außerdem Eissturmvögel (Fulmarus glacialü), Dreizehenmöven (Rissa nssa), Papageitaucher (Fratercula arctica), Lunde (Cepphus grylle) und vielleicht noch andere Arten zugesellen. Da die Vogelberge von großer Bedeutung für die Bewohuer der Gegend sind, zugleich aber auch die ornithologisch auffälligsten Örtlichkeiten jener nördlichen Länder darstellen, will ich zwei der interessantesten, nämlich die größten Gestadeinseln Islands, im Norden Grimsey, im Süden die Vest- mannaeyjar, eingehender besprechen. Ich knüpfe meine Schilderungen an Grimsey, die dadurch vielleicht an Interesse gewinnen, weil diese Insel selten zwecks wissenschaftlicher Forschungen besucht worden ist. Grimsey (Nordisland). Grimsey^) liegt ungefähr unter 66^ 35' n. Br. und 18" 2' w. L. v. Gr. Im Juni 1820 weilte Fr. Faber auf der Insel, ein Jahr darnach, nämlich vom 21. Mai bis 8. Juni 1821, F. L. A. Thienemaun; 1837 hielt sich W. Proctor vom 3. — 17. Juli daselbst auf; seit dieser Zeit aber wurde das Felseneiland nicht wieder ornithologisch untersucht. Grimsey ist von länglicher Gestalt. Seine größte Ausdehnung in ziemlich nordsüdlicher Richtung beträgt ungefähr 6,5 km, die größte Breite 2,8 km. Von dem ihm nächsten Punkte Islands, der Mündung des Eyjafjördrs, liegt es ca. 47 km nordnordöstlich. Das Süd- westende der Insel ist am niedrigsten. Hier lagert sich den kaum 5 — 10 m hohen Felsen ein Stück flacher Strand vor, der mit glatten Steinen bedeckt ist. Vor der Südspitze liegen zwei Klippen, Flesjar, die stets über dem Wasser sichtbar sind und von deren südlichster ein kurzes Rift' ^msschießt (Fig. 17). Die Westküste ist bloß an wenigen Stellen höher als 50 m. Trotzdem macht die Steilheit der Felsen ein Hinabklettern nach dem schmalen Strande nur hier und dort möglich. An dieser Küste befinden sich auch ^) Nach allgemeinen Gesichtspunkten habe ich die Insel beschrieben im Dresdner Anzeiger, Frühjahr 1904. 64 Lfrimsey. die einzigen Ankerplätze, diu-li ist die Landung- .seihst nur in kleinen Booten zu bewerkstelligen und wird selir oft durch Dünung ersclnvert oder sogar unmöglich. Weiter nach Norden zu ist die AVestküstc höher und fast überall senkrecht abfallend, während die Nordspitze wieder etwas tiefer liegt (Fig. 18). Am höchsten ist die Ostseite, an der die Felsen etwa 140 m ins Meer ab- fallen. An einigen Stellen der Küste sind kleine Klippen vorgelagert, die teilweise kaum über das Wasser ragen, teilweise aber auch, wie die llafsülastapa im Osten, steil und hoch aufsteigen (s. Fig. 25). Im Innern zeigt Grimsey ein welliges Plateau, das von einigen kaum sichtbaren Pfaden durchzogen wird. Hier und dort erhel)en sich saufte Hügel, die aber kaum die Höhe der Ostküste überragen. Dazwischen liegen kleinere und größere Täler. An einigen Stellen tinden sich Geröll- und Sandflächen, an anderen merkwürdig gestaltete Klüfte und Felspartien, die ebenfalls des Pflanzenwuchses entbehren. Fig. 17. Südwestlicher Strand auf Grimsey. Im allgemeinen muß man das Innere Grimseys öde und einförmig nennen. Etwas Abwechslung bieten eine Anzahl Süßwasserteiche von etwa 3 — 25 m im Durchmesser, die von Hügeln eingeschlossen werden, teilweise aber im Sommer vertrocknen. Sie sind die Sammelorte zahlloser Vogelscharen, ins- besondere der Seeschwalben und dreizehigen Möven, die in buntem Gewimmel darüber hinwegfliegen oder sich auf dem Wasserspiegel niederlassen, um zu trinken, zu baden und Nahrung aufzunehmen. Fließende Gewässer fehlen durchaus. Das Klima Grimseys ist Seeklima, im allgemeinen feucht, rauh und stürmisch. Auch unter dem Treibeise muß die Insel oft leiden. Dem- zufolge ist die Pflanzenwelt äußerst dürftig und besteht größtenteils nur aus kurzen Gräsern und Moosen: höhere Gewächse fehlen vollständig. Außer ein paar Sehafen, zwei Pferden und einer Kuh flnden sich keine Säugetiere auf der Insel, ebensowenig I^eptilien oder Amphibien. Grmisev. 65 Von um so gTößercr Bedeutung für die etwa 75 Menseben, die es gewagt haben, die unwirtliche Insel 7AI ihrer Heimat zu wählen, sind deshalb die unzähligen Vögel, die dem kleinen Felseneilande sein Gepräge verleihen, ja die zweifellos die Hauptursache zur Besiedelung desselben gewesen sind. Kaum ein Stückchen Land gibt es auf der ganzen Insel, wo niclit der Be- sucher von Vögeln umgeben wäre oder wenigstens ihre Stimme vernähme. Höchstens in einigen der kleinen, tiefen Täler kann es vorkommen, daß mau auf Viertelstunden unberührt und ungestört von dem bunten Vogelleben über sich bleibt. Für den Oruithologen ein interessantes Land! Freilich jeder andere Besucher muß hier halb und halb zum Oruithologen werden. Die Zahl der regelmäßig auf der Insel brütenden Arten ist freilich gering. Was aber an Artenreichtum abgeht, wird durch Individuenzahl ersetzt. Fig. 18. Blick auf die Nordspitze von Grfmsey. Der häufigste und zugleich auffälligste Vogel im Innern Grimseys ist t- insel Heiniiiey von (5 — 700 Menschen bewohnt, die sicli durch Fischfang, Schafzucht und Vogelfang ernähren. Heiraaey fällt nach Norden zu flach al> und besitzt dasell)st eine Art Hafen. Die Insel ist vielerorts mit kahlen Lava- und Tufffelderu bedeckt und steigt im Osten zu dem 300 m hohen Helgafell em])or. Der übrige Teil der durchaus vulkanisdieu Insel, wie auch die zahlreichen andern Klippen, senken sich steil ins Meer und bieten den .Seevögeln geeignete Brutplätze. Die Menge der auf den Vestmannaeyjarn brütenden Individuen ist wohl noch größer als auf Grimsey, der Anblick der Vogelberge aber in beiden < jrtlichkeiten sehr ähnlich. Verzeichnis der Vögel der Vestmannaeyjar. Besonders nach den mir liebenswürdigst von Herrn Kreisarzt porsteinn .lönsson daselbst gemachten Angaben. Die mitverzeichneten isländischen Namen sind die unter der Bevölkerung gebräuchlichen. 1. Urinator imber ((Tunn.),,Himbrimi. Gelegentlicher Gast. 2. TJrinator lumme (Gunn.), Lömur. Desgleichen. 3. Fratercula arctica glacialis Ste])h., Lundi. Gemeiner Brutvogel, besonders auf Ystaklett. 4. Cepphiis grylle grylle (L.) Tcista. Nicht besonders zahlreicher Brutvogel in kleinen Kolonien von höchstens 8 Paaren; teilweise überwinternd. öa. Uria troile troile (L.), Laugvia. Gemeiner Brutvogel, b. Uria troile troile (L.) var. rhingvia (Brunn.), Hringvia. Jiedeutend seltner als vorige Art. 6. Uria lomvia lomvia (L.), Stuttnefja. Brutvogel auf verschiedenen Klippen, doch in geringerer Zahl. Die Uria-Arten ziehen im Winter zum größten Teile fort. 7. Alca torcla L., Alka. Häufiger Brutvogel. [Alca impennis L., Geirfugl. Hat besonders auf den südlichen Klippen, nach dem Vogel Geirfuglasker genannt, bis zu Ende des 18. Jahrhunderts in beträcht- licher Anzahl gebrütet. Das letzte nachgewiesene Exemplar wurde 1843 daselbst getötet.] 8. Alle alle (L.), Haftirdill. Mitunter im Spätjahr und AVinter. 9. Megalestris skua (Brünu.), Skümur. Besucht die Inseln häufig. 10. Stercorarius parasiticus (L.)?, Kjöi. Nicht seltner Gast. 11. liissa rissa rissa (L.), Kita. Gemeiner Brutvogel. 12. Larus marinus L., Svartbakur. Einzeln oder in kleineu Kolonien auf verschiedenen Inseln brütend; auch im AVinter regelmäßig anzutreffen. 13. Larus glaucus Brunn., Grämäfur. An einigen Felsen in Kolonien von 6 — 10 Paaren brütend; bleibt auch im Winter da. 14. Larus leiicopterus Faber, Hvitmäfur. Häufig im Spätjahre und Winter. 15. Sterna macrura macnira Nauin.. Kria. Gelegentlicher Gast, brütet nicht auf den Inseln. Iß. TludassogeroH chlor orhynchos (Gm.), Fuglköngur. Wahrscheinlich ein einzelnes Individuum hat mehrere Jahre als „Vogelkönig" auf einer der Klip])eu gelebt und wurde 1846 daselbst erlegt. 17. Fulmarus glacialis glacialis L., Fill. Häufiger Brut- und Standvogel. 18. Puffinus puffinus (Brunn.), Skrofa. Brütet in Kolonien auf Ystaklett und an einigen andern Stelleu. 19. Oceanodroma leucorrhoa (Vieill.), Sjösvala. Brütet in einigen hundert Paaren besonders auf der Halbinsel Ystaklett und einer nördlich davon gelegenen Klippe. 20. ProceUaria pelagica L., Litla Sjösvala. Wahrscheinlich nicht brütend, sondern nur gelegentlicher Gast. Verzeichnis der Vögel der Vestmannaeyjar. 71 21. Sula bassana (L.), Si'ila. Brütet in einer bedeutenden Kolonie auf der Sülasker; zieht im Winter nicht fort. 22. Phalacrocorax carbo (L.), Dilaskarfur. Brütet in wenigen Paaren an unzugäng- lichen Felsen auf Heimaey. Zeigt sich während dos ganzen "Winters. 2B. Phalacrocorax graculus (L.), Topi)skarfur. Seltner ßrutvogel. im Winter häufiger, 24. Mergus merganser (L.), Störa Toppönd. Wird mitunter zur Zugzeit beobachtet. 25. Mergus serrator (L.), Litla Toppönd. Vereinzelt im Spät- und Frühjahre. 26. Anas boschas L., Störa Stokkönd. Nicht seltner Durchzügler und Wintergast. 27. Glaucionetta dangula clangula (h.), Hüsönd. Ein Exemplar von den Vestmannaeyjarn befindet sich im 3Iuseum in liej'kjavik. 28. Glaucionetta tslandica (Gm.), Hüsönd. Mitunter zu den Zugzeiten. 29. Clangula hyemalis (L.), Hävella. Auf dem Zuge beobachtet. 30. Histrioniciis histrionkus (L.), Straumönd. Einige Male zur Zugzeit beobachtet. 31. Somateria mollisslma mollissima (L.) ^Edar. Häufiger Brut- und Standvogel. 32. Oidemia nigra nigra (L.), Hrafnsönd. Im Frühjahre und Herbste beobachtet. 33. Anser fabalis (Lath.)?. Grägtes. Nicht selten auf dem Zuge. 34. ßranta leucopsis (Bchst.), Helsingi. Gelegentlicher Durchzügler. 35. Cygnus cygnus (L.), Alft. Nicht selten zu den Zugzeiten. 36. Ardea cinerea L., Hegri. Nicht seltner Gast; 1891 ein Exemplar erlegt. 37. Rullus aquaticus L., Keldusvin. Gelegentlicher Gast, z. B. Januar 1902 und 25. November 1903. 38. Gallinula cJdoropus (L.). Sjöha?na. Seltener Gast. Am 5. April 1882 wurde ein Exemplar tot ans Land getrieben, 2 lebende im Herbste 1903 beobachtet. 39. Fulica atra L., Blesönd. Hat sich mehrmals gezeigt. 40. Phalaropus lobatus (L.), Odiushani. Häufiger Gast, besonders im Früh- und Spätjahre. 41. Arquatella maritima maritima (Brunn.). Sendlingur. Zeigt sich das ganze Jahr hindurch, auch im Winter, ist aber noch nicht brütend gefunden worden. 42. Palidna alpina schinzii (Brehm), LöuprajU. Nicht seltner Durchzugsvogel 43. Totamis totanns (L.), Stelkur. Regelmäßiger Durchzugsvogel. 44. Numenius phueopus phaeopus (L ), SiJÖi. Zur Zugzeit häufig. 45. Vanellus vanellus (L.), Vepja. Ist einige Male beobachtet worden. 4ti. Charadrius apricarius L., Loa. Häufig auf dem Durchzuge, brütet jedoch nur in wenigen Paaren auf Heimaey. 47. Aegialitis Jiiaticula (L.), Sandlöa. In einigen Paaren Brutvogel, häufiger auf dem Zuge. 48. Arenaria interpres (L.), Tildra. Nicht häufiger Durchzugsvogel. 49. Haematopus ostralegus L., Tjaldur. Regelmäßiger Durchzugsvogel, brütet aber nur in geringer Zahl auf Heimaey. öO. LagojMS rupestris islandorum (Faberj, Rjiipa. Seltner Wintergast, öl. Haliaetus albicilla (L.), Sa?örn. Besucht ab und zu die Vogelberge. 52. Hierofalco gyrfalco islandus (Brunn.), Fälki. Gelegentlicher Gast während des ganzen Jahres. 53. Falco merillus (Gerini), Smirill. Zeigt sich besonders zu den Zugzeiten. 54. C'eryle alcyon (L.), isfugl. September 1901 wurde ein cj auf Heimaey gefangen. 55. Corvus corax principalis Ridgw., flrafn. In einigen Paaren Brutvogel: zieht im Winter nicht fort. 5tj. Corvus cornix cornix L., Kräka. Seltner Gast. 57. Corvus fruyilegus frugilcgus L., Fiereyjahrafn. Besucht gelegentlich, besonders im Winter, die Inseln, sehr zahlreich z. ß. 1880. 58. Bombycilla garrula (L.), Silkihali. Eine Schar am 18. Oktober 1903 auf Heimaey; ein Exemplar davon gefangen. 59. Sturnus vulgaris vulgaris L., Stari. Gelegentlicher Gast. 60. Passer ina nivalis nivalis (L.), Sölskrikja. Nicht seltner Brutvogel, z. T. überwinternd. 72 Verzeichnis (Iit Vögel der N'estmannaeyjur. Kl. Hirumlo msfica rustica iL.), Svala. Gelogentlidier Frülijahrsgasl. Hat niehrnmls. ■/.. B. 1892, Hrutversuche gemacht. Frühjahr 190-1 g-rößerc Schar, die aber auch wieder verschwand. ♦)2. Chelidonaria urbica urbica (L.), Svula. Aiisnahnisweiser Gast. (53. Motacilla alba alba (L.), Märiatla. Nicht; seltner Brutvogel. tj4. Änthus pratensis (L.), j'i'd'utitlinoin-. Nicht seltner Briitvogel. 65. Anorthura troglodytes borealis (Fisch.), Mi'isarrindill. Unregelmäßiger, vielleicht manchmal auch übersehener Briitvogel. 66. Turclns iliacns coburni Sharpe, Skögarpröstur. Regelmüßiger Durchzugsvogel. Anfang April vind Mitte Oktober. 67. Merula merula merula (L.), Sölsvort. Seltener Gast. 68. Saxicola oenanfhe lencorrJwa (Gm.), Steindepill. Nicht seltner Brut- und Durch- zugsvogel. 5. Wandlungen innerhalb der Vogelwelt Islands in geschichtlich bekannter Zeit. Wie im ersten Abschnitte gezeigt worden ist, kann vor der Zeit l'^aliers (1820) von wissenschaftlicli glaubliaften Mitteilungen über die Vogelwelt Islands nicht viel die Rede sein. Insbesondere muß man die Nachrichten über das Vorkommen seltener Spezies kritisch betrachten, falls nicht von ver- schiedenen Seiten übereinstimmende Berichte vorliegen. Nur wenige auf- fällige, charakteristische und deutlich benannte Vogelarten ermöglichen einen unmittelbaren Vergleich der früheren Verhältnisse mit den heutigen. Zweifellos sind ehemals die weißgefleckten Raben (Corvus corax varius Brunn.) ungleich häutiger in Island vorgekommen als jetzt. Ja man kann wohl annehmen, daß auch die gewöhnliche Form in weit größerer Menge vorhanden war. zumal man von Seiten der Bewohner eine gewisse Anzahl der Vögel gern in der Nähe der Geliöfte duldete und im Winter sogar fütterte. Wurde der Schaden, den sie anrichteten, nicht allzu bemerkbar, so verfolgte man sie nicht, hatte ja auch bis in die neuere Zeit so ungenügende Schießwaffen, daß man den klugen Vögeln wenig anhaben konnte. Albinismus ist nun aber ein Zeichen der Degeneration, tindet sich am häutigsten bei Standvögeln, die blutsverwandt sind, wie dies auf den Färöern sehr deutlich zum Ausdrucke kommt, und vererbt sich auch leicht.'') Hierdurch wird das liäufigere Vorkommen weißgefleckter Raben in früheren Jahrhunderten ver- ständlich, zumal alle Corviden Neigung zum Albinismus zeigen. Seitdem man die Schädlichkeit unserer Vogelart mehr erkennt, fast jeder isländische Bauer eine Flinte besitzt und der Glaul)e an die ünantastbarkeit der sicli an die Häuser gewöhnenden Exemplare sehr geschwunden ist, gehört auch Corvus varivs zu den größten Seltenheiten in Island. Eine Abnahme an Individuenzahl ist ferner bei den zwei großen Raub- vogelarten, dem Seeadler und dem Jagdfalken, festzustellen. Der erstere mag früher nur ganz selten erlegt worden sein. Noch zu Fabers Zeiten traf man ihn regelmäßig in der Nähe von Vogelbergen und Eiderbrutplätzen. Ich sah die Art nur wenige Male während meines Aufenthaltes in Island, und auch die Mitteilungen älterer Bewohner der Insel bestätigen, dati die Zahl der Vögel zurückgeht. Ebenso eifrig verfolgt man den Jagdfalken, der sich ja gleichfalls von Nutzgeflügel nährt. Man schießt ihn und raubt auch seine Eier. Auf solche Weise schadet man den Vögeln weit mehr als in ^) Vgl. Amseln (Merula m,crtda) und Sperlinge ( FaxHer domci^ticus) iinsrer Städte. 74 Wandlungen innerhalb der Vogelwelt Islands. ffülicreu Jahrliuuderteii, wo man sie zwar fing, im übrigen aber als ein ständig sich verzinsendes Kapital beschützte. Vielleicht im Zusammenhange mit dieser Abnahme steht das ziemlich häufige Vorkommen des Steinfalken (Falco menlhis), dessen Zahl zuzunehmen scheint. Während der Vogel von verschiedenen älteren Schriftstellern gar nicht genannt wird, und auch Faber ihn als ziemlich selten bezeichnet, ist er heutzutage allbekannt und ungleich häufiger als die beiden anderen Raub- vogelarten. Er wird wenig verfolgt, da der Isländer ihm die scheinbar nutz- losen Kleinvögel im allgemeinen gönnt. Bedeutend hat sich die Eiderente in neuerer Zeit vermehrt, besonders seitdem man gesetzlich das Töten derselben streng untersagt (vgl. Abschn. 2) und ihr größtmöglichen Schutz an den Brutplätzen angedeihen läßt. In dieser Beziehung ist das Verhalten der Isländer mustergültig, und man kann zuversichtlicli hotten, daß die Vermehrung der so nützlichen Vögel immer weiter fortschreiten wird, falls nicht Krankheiten oder sonstige Kalamitäten Einhalt gebieten. Ganz dasselbe ist von den Süßwasserenteu leider nicht zu sagen, die vielerorts, z. B. an ihrem Hauptbrutgebiete, dem My-vatn, an Zahl zurück- gehen. Der Grund hierfür liegt sicher in der allzugroßen Ausnutzung der Vögel. Nicht nur, daß man ihnen die Eier nimmt, schießt man sie auch außer der Brutzeit in beträchtlicher Menge. Diese Vernichtung aber scheint die Vermehrung zu übersteigen. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei dem Singschwane, den Tauchern und Sägern. Vielleicht noch deutlicher macht sich die Abnahme der sogenannten Felsenvögel bemerkbar, d. h. der Arten, die an den Vogelbergen brüten. Die Küstenbevölkeruug Islands hat freilicli in neuerer Zeit erheblich zu- genommen, alle Nahrungsquellen müssen intensiver ausgenutzt werden, wes- halb die AVegnahme der Eier und das Fangen junger und alter Vögel an deren Brutplätzen als verhältnismäßig einfach und lohnend lebhaft betrieben wh'd. Soll der Nutzen, den die Seevögel dem Menschen heute noch ge- währen, in den späteren Jahrhunderten nicht wesentlich zurückgehen, muß in Zukunft maßvoller und überlegter gehandelt werden, was leider nach dem neuen isländischen Vogelschutzgesetze nicht zu erwarten ist. Schon beim Befragen alter Isländer, die Jahrzehnte hindurch ein und denselben Vogelberg beobaclitet haben, kann man die Klage der Abnahme gewisser Arten hören, vor allem der Lummeu (Uria trolle und lomcia), Alke (Alca torda) und Papageitaucher (Fratercula arctica), deren Eier und Fleisch besonders ge- schätzt sind. Dagegen haben die nur zu gewissen Zeiten begehrten und deshalb weniger verfolgten Arten nicht so augenscheinlich an Zahl abgenommen. So zeigt die Kolonie des Tölpels (Sida bassava) auf Grimsey dieselbe Stärke von etwa 50 — 70 Paaren wie zur Zeit Fabers und Thienemanns vor über 80 Jahren, und der kleine Krabbentaucher (Alle alle) ebendaselbst scheint sich sogar zu vermehren. Den deutlichsten Beweis aber für den unvernünftioen Vernichtungski-ieg, Wandlungen innerhalb der Vogehvelt Islands. 75 hat, bietet die völlige Ausrottung des Riesen- oder Brille nalkes (Alca impennis), die freilieb durch das Zusammentreffen verschiedener ungünstiger Verhältnisse beschleunigt worden ist. Zunächst lockte schon die Größe des Vogels, noch mehr aber die seiner p]ier, zum Fange und zur Wegnahme. Erleichtert wurde beides durch das kolonienweise Brüten der Art, sowie durch ihre Unfähigkeit zu fliegen. Da heute noch die verwandten Felsen- vögel am Nistplatze überaus ungeschickt und wenig scheu sind, auf unbewohnten Eilanden nicht selten sogar mit den Händen gegriffen werden können, mag auch der Fang des ßiesenalkes keine besonderen Schwierigkeiten verursacht haben. Weiter kommt in Betracht, daß Eier und Fleisch des Vogels wahr- scheinlich besonders wohlschmeckend gewesen sind. Ich habe solches von fast allen sogenannten Felsenvögeln (Una trolle und lomvia, Alca torda. Alle alle, Cepphus grylle, Fratercula arctlca, Sula bassana, Rissa rissa, Fidmams gladalis) genossen und gefunden, daß Alca torda, also der nächste Verwandte von Alca impennis, am wohlschmeckendsten ist. Höchstens können sich noch die üria-Arten auf gleiche Stufe mit ihm stellen. Die Federn des Vogels scheint man ihrer Härte wegen in Island weniger gern benutzt zu haben. Leider war es mir nicht möglich, auf meiner diesmaligen isländischen Reise gewisse noch der Lösung harrende Fragen über die ehemalige Ver- breitung des wahrscheinlich mit Reclit als ausgestorben geltenden Vogels zur Untersuchung zu stellen, weshalb ich eigene Bemerkungen über die Art nicht zu bieten vermag. Um aber den interessanten Alk, der ja heutzutage wenigstens noch historische Bedeutung für die isländische Avifauna besitzt, in dieser Arbeit nicht uuberücksichtig-t zu lassen, gebe ich die wichtigsten Bemerkungen über sein früheres Vorkommen bei Island an der Hand der ausführlichen Zusammenstellungen, die W. Blasius 1903 im 12. Bande von Naumanns Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas geliefert hat. Leider ist über die eingehenden Forschungen, die John Wolley in Verbindung mit Alfred Newton 1858 an Ort und Stelle selbst anstellte, nach dem frühen Tode Wolleys bis jetzt nicht allzuviel veröffentlicht worden.') Verschiedene Gestadeinseln Islands erinnern in ihrem Namen noch heute an das einstige Vorkommen des „Geirfugls". So liegt an der Ostküste, in der Nähe von Djüpivogr am Berufjördr, ein „Geirfuglasker", auf dem wenigstens bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts Riesenalke in größerer Zahl gebrütet haben sollen. Eggert Olafsen hebt dies hervor (ca. 1755) und noch Olaus Olavius, der 1775, 76 und 77 Island bereiste, berichtet, daß alljährlich um die Mittsommerzeit Fahrten nach der Klippe unternommen würden, um Vögel und Eier zu liolen. Scheinbar ist aber kurze Zeit darauf die Kolonie aus- gerottet worden, oder Olavius hat überhaupt nur Olafsen nachgeschrieben, da Mohr, der sich 1781 etwa zwei Monate in Djüpivogr aufhielt, nichts davon erwähnt. Wolley und Newton haben, wenn auch nicht mit völliger Sicherheit, festgestellt, daß sich 1858 keine Riesenalke mehr auf jener Klippe fanden 1) Alfred Newton, Abstnict of Mr. .John Wolleys researches in Iceland respecting- the Garefowl. Ibis 1861. 76 \V;iiidlun<;cii iiinorhalb dor Vogelwelt Islands. und iiiicli die M('V('tlk(H-iiiig der lHMUiclil)iivt('ii Kiistp iiiclits vnii dem ('"msti-^rn N'orkoinmon dor Vö<>(d wußte. Die südliclistf^ Klippo der Vcstnuuimiov juv heißt L(lei('lifalls (leirt'uglasker. Hier haben die Riesonalke sicher bis zum p]nde des 18. Jahrhunderts in beträchtlicher Zahl gebrütet. Öfters sind Leute hingefahren, die unsere Vögel derart rücksichtslos töteten und sammelten, daß nach den Angaben Steensti'ups und Newtons bereits im Anlange des 11). Jahrhunderts Alra impennis aucli auf diesem Brutplatze äußerst selten wurde. Faber, der sich im Juli und August 1821 auf den Vestmannaeyjarn aufhielt, berichtet nur. daß ums Jahr 1800 ein Vogel nebst einem Ei dasclltst erbeutet worden sei, und Newtitn teilt mit, daß man ungefähr im Jahre 1S43 einen jungen Riesenalk an dieser Stelle fing, von dem aber unsicher ist. ob er auf dem Felsen selbst erbrütet wurde. Die wichtigsten isländischen Inseln, die einst ^Uca impenni-' beherbergten, liegen südwestlich von Cap Reykjaiies und führen den Namen Fuglasker. Mannigfaclie Umgestaltungen durcli vulkanische Kräfte scheinen das Bild dieser Klippen wiederholt verändert zu halten. Bis zum -lahrc 1830 bestand die Gru})pe aus vier nennenswerten Inseln: nämlicli 13 km von Cap Reykjanes entfernt l*ildey, 2 km weiter südlich die Klippe Eldeyjardrängr, etwa 10 km westlich von dieser Geirfuglasker und nocli 4 km südwestlich Geirfugladrangr. Abermals etwa 10 km entfernt soll der 178:5 aufgetaucht(^ und I)ald wieder verschwundene Felsen Kldeyjabodi gelegen liaben. Diese ganze Gruppe hat Alca impennis bis in die ersten Jalu'zehnte des \S). Jahrhunderts bewohnt, doch brüteten die Vögel nur auf dem für Menschen schwer zugänglichen Geirfuglasker. Schon seit dem 14. Jalirhundert scheint mau sie daselbst gekannt und ziemlich regelmäßig verfolgt zu hal)en. In den -Jahren 1628 und 39 ereigneten sich indes auf Fahrten nach den Inseln schwere Unglücks- fälle, worauf man viele Jahrzehnte hindurch die gefährlichen Klippen mied. Erst 1732 wurden die Bewohner durcli das zahlreiche Auftreten des Riesen- alks am benachbarten Festlande zu neuen Beutezügen veranlaßt, die man des guten Erfolges halber bis etwa 176(i last alljährlich wiederholte. Bei diesen Fahrten tötete mau alle Vögel, die zu erlangen waren, und fand bis- weilen so viele Eier derselben, daß die Boot(^ damit gefüllt werden konnten. Natürlich ging infolgedessen die Zahl dei- Alke rasch zurück, und die Nach- stellungen unterblieben, wenn man merkte, daß die gefährliche Kx])edition nicht lohnte. Hatten sich aber die Vögel wieder vermehrt, so begann man von neuem mit der Abschlachtung der tlugunfähigen Tiere, die der Ha))gier des Menschen nicht gewachsen waren. Auch fremde Seelahrer landeten auf dem Geirfugla- sker von Reykjaues. 1808 wurden von dei' Besatzung des Dampfers Salamine zahlreiche Ricsenalke daselbst erschlagen und Eier und .hinge niedergetreten. 1813 kam wieder ein anderes Schiff dahin, und man tötete abermals (sine Menge der Vögel ..auf ihren Eiern'-. Die meisten davon salzten die Leute ein, 24 wurden in frischem Zustande ]nitgenommen. viele aber blieben tot auf der Insel liegen, weil das AVetter die beabsiclitigte zweite Landung ver- hinderte. Von all diesen Vögeln sclieint nur ein einziges Exemplar für die Wissenschaft gerettet und nach England gel »rächt worden zu sein. Iei Fulica atra und Marem amencana der Fall sein mag. Natürlich können derartige Vögel ebenso rasch auch wieder verschwinden. Aus der Beobachtung oder p]rlegung einzelner Individuen seltner Arten während der Sommermonate darf man jedoch durchaus nicht ohne weiteres auf deren Brüten in Island schließen, wie dies nur zu leicht geschieht. Man muß hierbei zunächst an jüngere, noch nicht geschlcchtsreife oder alte, gelte Tiere denken. Gelegeutlidi inögen Zugverlaältnisse isländischer Vögel. 31 nucli gesellig- lebende Vögel, wie Enten, einzelne Exemplare verwandter Arten aus den gemeinsamen Winterquartieren, die teilweise schon an den britischen Küsten liegen, mit nach Island locken. Diese mehr oder weniger freiwilligen Gäste verlassen natürlich die Insel auch erst mit der folgenden Zugzeit. Bei Beobachtung aller derartigen Erscheinungen ist nötig, sich von Nest, Eiern oder Jungen zu überzeugen, bevor mau sie als Brutvögel bezeichnet. Weiterhin müssen die mehr oder weniger regelmäßigen üurchzügler erwähnt werden, die Island als willkommene Station auf ihren Wanderungen von oder nach den nordwärts liegenden Brutgebieten benutzen. Es kommen hierbei besonders Vögel aus Nordostgrönland, Mevenklint, Jan Mayen und Spitzbergen, etwas weniger wohl von der Bäreninsel und dem nördlichen Norwegen in Betracht. Einige dieser Arten nehmen mitunter schon in Island, besonders an der eisfreien Südküste, ihr Winterquartier. Dies mag am häutigsten bei rein arktischen Vögeln der Fall sein, z. B. bei Fagoj^hüa ebumea, Xema sabiniifnnd nordostgrönländischen Exemplaren von Hierofalco [Pjrfalco. Andere Arten treiben sich längere Zeit auf oder in der Nähe unserer Insel umher, z. B. Lams lencoptencs, Nyctea nyctea und Alle alle, wandern aber häufig auch noch milderen Klimaten entgegen. Die meisten der Durchzügler freilich berühren Island nur kürzere Zeit auf der langsameren Herbst- und eiligeren Frühjahrswanderung. Manche davon, wie Branta leucopsis und Larus leucoptems, erscheinen ziemlich regelmäßig, andere, wie Alle alle, Tnnga camdns und Calidris arenaria, nur gelegentlich. Die zahl- reichen nordischen Vogelarten, von denen Angehörige in Island selbst brüten, lassen sich natürlich auf ihren Wanderungen schwer kontrollieren. Auch von den durchziehenden Gästen bleiben mitunter einzelne I^xemplare und kleine Scharen während des Sommers in Island zurück. Ob man es dann freilich bei den größeren Arten, wie Branta leticopsis, Anser hrachyrliynchus und Nyctea nyctea, mit Brutvögeln zu tun hat, ist sehr fraglich. Jedoch konnte das ausnahmsweise Brüten kleinerer nordischer Gäste, wie Tringa catmtus und Calidris arenaria, festgestellt werden. Besonders interessant ist es endlich, die Zugverhältuisse der regelmäßigen isländischen Brutvögel zu betrachten. Wie wenige gleichgroße Gebiete zeigt unsere Insel gan,z auffällige klimatische Verschiedenartigkeiten, die selbstverständlich einen bedeutenden Einfluß auf ihre gesamte organische Welt ausüben. Der Süden Islands wird von der warmen Golfstromtrift bespült, während die an der Dänemarkstraße liegenden nordwestlichen Gebiete unter dem ungünstigen lilinflusse der kalten Grönlandsströmung zu leiden haben. Jene Meeresteile sind deshalb fast immer auch völlig eisfrei, während die nördlichen Küsten oft genug vom Treibeise blockiert werden. Zu diesem gesellen sich noch heftige, kalte Winde, die das betroffene Land nicht selten bis in den Juni hinein unter Schnee und Eis begraben sein lassen. Aber auch tief im Innern Islands sind die lokalen Gegensätze groß, berühren sich jedoch hier und da. Zwischen eisigen Gletschern und ewigen Schneefeldern liegen geschützte Täler, die durch vulkanische Einwirkungen, insbesondere durch kochende Quellen, derart erwärmt werden, daß sie das ganze Jahr Hautzsch, Vogel weit Islands. 6 82 Ziifjvoi-liällnissc isländischer X'ilgrl. übei* schneefrei hloilteii. V'crscliiedeiie (iewiisser. kleine IJäelie sowdlii als ganze Seen, z. IJ. große Teile des Myviitn, frieren iiiis diesem ({r\iiide niemals zu, wie schon im 4. Abschnitte hervorgehoben wurde. Kein Wunder, daß sich infolgedessen einheitliche Termine für die Jahres- teilung vieler isländischer Vogelarten nicht angeben lassen, was sich sowohl bei den Ankunfts- und Abreisedaten, wie bei den lirutzeiten usw. bemerkbar macht. Das lokale und temporäre Schwanken des islandischen Klimas führt in all diesen Beziehungen zu Angaben, die auch unter sonst natürlichen Lebensbedingungen der Vögel mehr als Monatsfrist voneinander abweichen. Ich habe selbst z. B. auf meiner Reise beobachtet, wie die Wiesenpieper bei Reykjavik bereits überall mit dem Baue des Nestes begannen, während sie eine Woche später im Nordwesten eben erst angekommen waren und noch in Scharen auf schneefreien Orten umherliefen. Es ist durchaus nicht selten, daß die Mehrzahl der Vögel einer Gegend erst frische I']ier besitzt, während dieselben Arten gar nicht weit davon bereits die Jungen füttern. Je kleiner und zarter eine Spezies und je mehr sie auf Pflauzenwuchs und damit gleich- zeitig sich entwickelnde Tiere angewiesen ist, desto unbestimmter sind die Kalenderdaten, in denen sich ihr lieben während des Jahres abspielt. Ver- suchen einzelne Individuen, sich den Unbilden der Witterung voreilig gegen- überzustellen, müssen sie dieses nicht selten auf das schwerste büßen. Die Zugverhältnisse der isländischen Brutvögel gestalten sich nun ungefähr folgendermaßen. Die wenigsten Arten sind ausgesprochene Zug- vögel, die unter allen Umständen zu einer annähernd feststehenden Zeit die Insel, besonders von ihrem südlichen Teile aus, verlassen und ebendahin wieder zurückkehren. Nur einige Kleinvögel, vor allem Saxkola oenantJie und Turdus iliacus, sowie verschiedene Regenpfeifer und Strandläufer, besonders Charadrius apricariiis und Palidna a/jyi.na, sind hierher zu zählen. Jedoch ist bei unserer geringen Kenntnis der winterlichen Verhältnisse Islands nicht ausgeschlossen, daß auch von solchen Arten gelegentlich einzelne Individuen zurückbleiben, wie mir beispielsweise von Numenius j)haeopuii mit Bestimmtheit versichert wurde. Die Zugrichtung der isländischen Vögel ist im allgemeinen im Herbste eine südöstliche, im Frühjahre eine nordwestliche. Die Wanderer eilen, wie dies aus den Rinzelbesprechungen im 2. Teile der Arbeit mehrfach genauer ersichtlich ist, mit gelegentlicher Benutzung der Färöcr oder Hebriden auf Schottland zu, von wo aus sie allmählich, besonders längs der Küsten, weiter nach Süden streichen. Die meisten Individuen mögen bereits auf den Britischen Inseln, einige sogar schon auf den Färöern überwintern. Daß von dieser Inselgruppe aus auch eine Zugbewegung isländischer Vögel über Shetland nach Südnorwegen stattfindet, ist unwahrscheinlich, da von hier aus große Scharen in entgegengesetzter Riclitung nacli Schottland ziehen. Konträre Zugbewegungen als Regel sind aber kaum jemals beobachtet worden; denn von einem mehr oder weniger planlosen Umlierstreifen könnte hier ja nicht die Rede sein. Im Frühjahrszuge bedeutet Nordschottland den Scheideweg vieler norwegischer und isländischer Vögel. Während sich jene über die Shetlaudsinseln nach Südnorwegen wenden, bewegen sich diese über die ZiigverhiUtiiisse isländischer Vögel. 83 Färöer mich Island. Ein beständiger Austausch isländischer und norwegischer Ilotdrosseln (Turdns iliaacs) z. JJ. ist keineswegs anzunehmen. Ein regel- mäßiger Zug isländischer Vögel nach Südostgrönland scheint nicht statt- zufinden, obwohl das umgekehrte Verhältnis besteht. Dagegen mögen die Sti'ichvögel Islands gelegentlich Grönland besuchen und von hier ausnahms- weise auch mit grönländischen Wanderern nach der Ostküste des nördlichen Amerikas gelangen. Der größte Teil der isländischen Vögel sind teilweise Zugvögel. Dies bedeutet, daß die Hauptmenge der Individuen, besonders Junge und Weibchen, zu einer ungefähr feststehenden Zeit von der Insel verschwindet, ein mehr oder weniger großer Prozentsatz aber an offenen Wasserstellen im Innern und an der Küste zurückbleibt. Diese Eigentümlichkeit, die sich in wenigen Gebieten unter gleicher Breite so auffällig als in Island wiederfinden mag, hat, wie schon bemerkt, seinen Grund in dem Vorhandensein milder Küstenstrecken und heißer Quellen. Ich werde bei Besprechung der einzelnen Vogelarten im 2. Teile dieses Buches öfters hierauf zurückkommen, soweit das Winterleben der isländischen Vögel überhaupt bekannt ist. Hervor- gehoben sei hier nur, daß z. B. Rallus aquaticm auf unserer Insel in der Mehrzahl überwintert und nur zum geringen Teile fortzieht, was selbst bei uns in Mitteleuropa gerade umgekehrt ist. Verschiedene Strandläuferarten, insbesondere Arquatella manüma und Arenaria interpres, wurden den ganzen Winter über am Meeresufer getroffen. Dieses bietet dann noch soviel Nahrung, daß sogar südliche Gäste, wie Vanellus vanellus, Siurnus vulgaris oder Corvns frufjllegus, ihr Leben daselbst fristen können. Auch von den Enten, Gänsen und Singschwänen bleibt ein Teil im Lande zurück. Doch sind die immerhin in beschränkter Zahl vorhandenen offenen Gewässer nicht imstande, alle im Sommer daselbst wohnenden Individuen auch wälirend des Winters zu ernähren, zumal fremde Gäste aus dem Norden sich den zurückbleibenden Vögeln zugesellen. Einen weiteren beträchtlichen Teil der isländischen Vogelarten kann man als Strichvögel bezeichnen. Es sind dies zunächst die Lummen, Alke, Scharben, gewisse Möven und andere verwandte Gattungen, die auf das Meer angewiesen sind und einesteils schon die natürliche Neigung haben, sich außerhalb der langen Brutzeit auf der weiten Wasserfläche auszubreiten, andernteils aber auch lokal gezwungen werden, sich von dem Treibeise, der allzugroßen Kälte des Wassers und den heftigen Winterstürmen nach mildereu Meeresteilen zu flüchten. So verschwinden die Baßtölpel z. B. von der nordischen Insel Grimsey im Winter fast ganz, während sie auf den Vest- mannaeyjarn zum größten Teil Standvögel sind. Auch die den weiten Ozean zu ihrem Winteraufenthalte wählenden Scharen der Lummen und ver- wandten Arten verlassen ihre Brutgebiete nur während der kältesten Wochen und Monate, höchstens im Dezember, Januar und Februar, und soweit fest- gestellt ist, bei günstiger Witterung nicht besonders weit. Ebenso streifen viele der im Innern Islands überwinternden Vögel zwischen benachbarten Futterplätzen umher, ohne sich an einem derselben 6* g4 Zugverhältiiisse isländischer Vögel. dauernd niederzulassen. Die Leinfinken werden dann aucli abseits der Buscb- wälder auf schneefreien Grasfläcben geseben; die Jagdfalken ))esucben die Sammelplätze der Enten und Scbneebübner usw. Je milder der Winter und je zahlreicber die Möglicbkciten. zusagende Nahrung zu finden, desto größere Bewegungsfreiheit zeigen die Vögel. Wird jedocli die Kälte anhaltend und bedeckt allerorts tiefer Sclinee den Boden, so drängt sich das gesamte Vogel- leben des Innern an einigen besonders günstigen Plätzen zusammen. Dann wird es mitunter einzelnen Bauern am My-vatu niclit schwer, in wenigen Wochen 1000 Schneehühner und zahlreiches Wasserwild zu erlegen, trotzdem die Leute die Jagd auf ziemlich primitive Weise und auch meist ohne Hunde betreiben. Eine kleine Zahl isländischer Vögel kann nmn endlich als Stand- vögel bezeichnen. Dahin gehören gewisse Exemplare der schon genannten und angedeuteten Arten, die au geeigneten Örtlichkeiten wohnen, außerdem noch in der Hauptsache die Zaunkönige, Schueeammeru und Raben. Diese drei kommen im Winter häufig in die Nähe der Viehställe bei den einsamen Gehöften im Innern oder in die Ortschaften au den Küsten Islands. Daselbst suchen sie solange ihr Leben zu fristen, bis der neue Frühling sie wieder verschwinden läßt. Gegen diese Standvögel verhalten sich die Isländer meist duldsam, ja schütten ihnen sogar Abfälle vor die Türen. So mögen die meisten der isländischen Wintervögel, wenn nicht ausnahmsweise ungünstige Witterung herrscht oder Menschen und Raubtiere sie vernichten, das Frühjahr glücklich erleben. 7. Bedeutung der Vogelwelt Islands für die Bewohner. Außer dem Fischfänge und der Viehzucht ist die Ausnutzung der Vogel- welt die einzige hervorragendere Einuahmequelle für die isländische Land- bevölkerung. Zweifellos hat unsere Tierklasse auf der Insel ungleich höhere Bedeutung, als in einem dichtbevölkerten Kulturstaate, wo ihr Nutzen zum großen Teile nur ein indirekter ist, ihr Schaden aber sich auffälliger bemerkbar macht, indem der Mensch jeden fremden Eingriff in die von ihm selbst intensiv verwerteten Naturobjekte als solchen empfindet. Schädlich sind in Island bloß wenige Vogelarteu und auch diese nur lokal und temporär, wenn sie dichter bewohnte und infolgedessen landwirt- schaftlich stärker ausgenutzte Gegenden besuchen. Diese Schädlichkeit bezieht sich auf solche Vögel, die größere Tiere verzehren, wohingegen von einem Schaden an der ja überhaupt dürftigen Pflanzenwelt nicht die Rede sein kann. Wirklich unangenehm werden nur die beiden großen Raubvogel arten, Haliaetus alhicUla und Hierofalco gyrfaUo, wenn sie die Brutplätze der Eider- enten täglich beunruhigen und brandschatzen, der Seeadler wohl auch ein junges Schaf raubt und der Jagdfalke zahlreiche Schneehühner wegfängt. Aber der Seeadler lebt zum großen Teil von Fischen, die mau ihm am Meere ohne weiteres gönnen kann, dazu von den im einzelnen ja nicht besonders wertvollen Felsenvögeln, von denen sowieso zahlreiche durch elementare Einwirkungen zu Grunde gehen. Andernteils ist auch klar, daß eine völlige Ausrottung der Raubtiere nur eine allmähliche Degeneration der bisher als Nahrung dienenden Vögel, besonders wenn es sich wie hier zumeist nicht um Zugvögel handelt, zur Folge haben würde. Der Jagdfalke ist au und für sich wohl noch schädlicher als der Seeadler, aber doch hüten sich manche berechnende isländische Bauern, ihn im Brutgebiete zu schießen, weil sie durch Wegnahme seiner Eier und gelegentlich auch Dunenjungen einen nicht unbedeutenden jährlichen Gewinn in Aussicht haben. Da der Vogel gewöhnlich 4 Eier legt, von denen das Stück ausgeblasen selbst in Island mit 4 — 8 Mark, von Reisenden sogar noch höher bezahlt wird, sehen die Bewohner am Myvatn z. B. durchaus nicht gern, wenn man einen Jagdfalken zur Sommerzeit schießt, trotzdem die Vögel genug Enten wegholen. Würden die Eier geringwertig sein, möchte die Vernichtung des stolzen Räubers weit rascher vor sich gehen, als dies nun in Wirklichkeit der Fall ist. 8fi Heck'iitiiiiL; der ^'ogol\v('lt Islands. Der Sfhiulcii des kleinou Steinfalkcii wird selten bocli angeschlagen und infolgedessen der Vogel wenig verfolgt. Dasselbe gilt von dem in mauclien Gegenden häutigen Kaben. der besonders durch Vertilgung von Kiern und jungen Vögeln nützlicher Arten Schaden anstiftet. Da er aber im allgeDieinen unbrauchbare Stoft'e verzelirt und dort, wo er verfolgt wird, seine sonstige Dreistigkeit sehr bald ablegt, stellt man ihm nur gelegentlich nach. Kbens(» vorhält es sich mit den Raubmöven, die mau zwar gleichfalls als Nesträuber kennt, sie aber nur hier und dort energischer verfolgt. Auch den Fischräubern der Binnengewässer stellt man kaum irgendwo planmälMg nach. Urinator Imbcf und lumme sind niclit so leicht zu schieüen, und Mergus merganser und fenutzt, da ein Transport auf Pferden schwierig ist. Der Reisende, der im Juni irgend einen H(»f am Myvatn besucht, erhält zu den drei täglichen Mahlzeiten i'cgelmäßig gekochte Eier vorgesetzt, von denen die der Seeschw^albe und der isländischen Schellente als die wohlschmeckendsten gerühmt werden. Bei meinem Juliaufenthalte in Reykjalid hatten die schlecht aufbewahrten Eier, die in Kisten im Schuppen standen, .schon sehr an Frische eingebüßt, ja gelegentlich wurden auch etwas fmgebrütete auf den Tisch gebracht. Selten nehmen sich die Bauern die ]Müh(', die Eier sorgfältiger zu konservieren. Nicht so leicht ist das Sammeln an den Vogelbergen, doch üben sich die Bewohner in der Nähe solcher Ortlichkeiten von Jugend auf im Klettern, das ja für einen ki-äftigcn und schwindelfreien iAIenschen keine besonderen Schwierigkeiten )>ietet. Auf Grimsev kennt jeder Bauer das zu seinem Hofe gehörige Stück des Berges ganz genau und hantiert beim Sammeln gewöhnlich allein. Er bindet ein langes Seil um einen kurzen eisernen Stab oder hölzernen Pfahl, von denen eine Menge iu den steinigen Orund auf der Höhe des Vogelberges fest und tief eingeschlagen sind, und wirft es dann den Felsen hinunter. Nun klettert er selbst, sich mit beiden Händen am Seile haltend, langs:ini schräg abwärts, wobei er die ihm genau bekannten Vorsprünge benutzt. Oft rutschen die Leute auch, nur durch die dicken Fausthandschuhe geschützt, sehi- rasch an fiberhängenden Felspartien abwärts, wobei die größte Gefahr immer darin besteht, daß lose Steine auf sie herabrollen. Sie nehmen nun mit einer Hand die Eier weg, stecken sie in Taschen und iimgehiingte Ik'utel und steigen hingsnni und siclier wieder gg Bedeutung der Vogelwelt Ishiinls. hiuaii. um sich oben ilirer Ernte zu entledigen. Dann klettern sie nueli einer andern Richtung von neuem abwärts. Das Sammelergebuis der unteren Felspartien wird wohl auch bei ruhigem Wetter in ein Boot geschafft, das zur Zeit der Ebbe am Strande steht. Wenn Anfang Juni die Hauptsammeizeit eintritt, bindet sich der Kletterer das Seil um den Leib und wird ol)en von mehreren andern Männern gehalten. Eine weitere Person steigt auf einen Vorsprung, wo ihn beide Teile sehen können, und gibt durch Winke kund, wenn der Fänger hinaufgezogen sein will, da das Geschrei der unzähligen Seevögel natürlich die menschliche Stimme auf weitere Entfernungen hin völlig übertönt. Seit vielen Jahren ist hierbei auf Grimsey niemals ein schwereres Unglück vorgekommen, trotzdem alle Bauern dasell)st oft genug au den Felsen herumklettern. Mir hat ein über TOjähriger Mann ganz allein Eier und Vögel geholt. Man nimmt auf Grimsey fast nur die Eier von Uiia, Alca und Rimi, beginnt mit Sammeln Ende Mai und setzt dies gelegentlich bis Ende Juni fort. Die Vögel sollen in der Regel nicht mehr als einmal nachlegen. Ein Teil der Eier wird von den Leuten selbst verzehrt, ein anderer auch für 5, bezw. 6 Öre das Stück an die Besatzung von Walfängern und andern Schiffen, die AVasser auf der Insel holen, verkauft oder gelegentlich auch nach Akureyri gesandt. Ganz ähnlicii sind die Ver- hältnisse in der Umgebung anderer Vogelberge. Frisch gelegte Eier der genannten Arten haben gekocht einen recht angenehmen Geschmack, doch werden auch die angebrüteten p]xemplare von den Bewohnern häufig verzehrt, nachdem mau den Embryo entfernt hat. Die Zeit der Eierernte stellt für die Gegend den Höhepunkt des Wolillebens dar. Gewöhnlich 'sind die Vorräte nach einigen Wochen, spätestens Monaten aufgezehrt und verkauft. Eine längere Aufbewahrung ist im allgemeinen auch nicht ratsam, weil sehr viele der Eier beim Sammeln Eindrücke und Sprünge bekommen und infolge- dessen rasch verderben. Eine nicht unerhebliche Einnahmequelle für gewisse isländische Bauern bildet auch der Verkauf von Eiern seltnerer Vogelarten zu Sammel- zwecken. In den meisten Gegenden der Küste gibt es Kaufleute, die wohl erhaltene volle oder richtig ausgeblasene Exemplare zu einem bestimmten Preise von den Bewohnern kaufen und nun weiteren Handel damit treiben. Fast überall kennen deshalb die Leute viel besser als bei uns den Wert der einzelnen Arten und bieten dem fremden Reisenden gefundene Eier selten billig an. Selbst auf Grimsey mußte ich z. B. das volle, auch angebrütete Ei von Alle alle mit 1,05 Krone bezahlen, zu welchem Preise die Leute in dem einen Jahre 70 — 80 Stück nach Akureyri verkauft hatten. Außer den Eiern sind vor allen Dingen die Federn der Vögel vi>u Bedeutung, die einen wichtigen Ausfuhrsartikel des isläudisclien Handels darstellen. In erster Linie stehen die Eid er dunen, von denen das Pfund (= ^2 '^8") i'^ 8'"^ gereinigtem Zustande einen Exportpreis von 8 — 13 Kronen besitzt. In den letzten Jahren schwankte dieser zwischen 8,5 und 11 Kr.'). 1) Diese und die folgenden statistischen Angaben verdanke ich der Güte des deutschen Konsuls für Island, Herrn Kaufmann Thonisen in Reykjavik. Bedeutung der Vogelwelt Islands. j-!9 Freilicli ist die Mühe der Reinigung eine bedeutende. Man holt die Dunen in der Regel erst dann, wenn die Jungen das Nest verlassen haben, be- unruhigt die Vögel vorher gar nicht oder nimmt ihnen höchstens für den Selbstbedarf einige Eier, deren Verkauf ja gesetzlicli verboten ist. Bauern- höfe, zu denen Eiderbrutplätze gehören, haben besonderen V^ert, und man bemüht sich überall an den Küsten, die Vögel ansässig zu machen. Der teuerste, allerdings im Besitze der Landeskasse befindliche Hof Islands, Laxamyri in der Sudr ])ingeyjar Sysla, der einen Wert von etwa 25000 Kronen haben soll, erreicht diesen teilweise durch seine vorzüglich besetzte Eider- kolonie. Der Gesamtexport Islands an Eiderdunen beträgt jährlich 5- bis • iOOO Pfund. 1902 wurden, soweit bekannt, 5923 Pfund ins Ausland verkauft. Andere Vogelfedern sammelt man melir für den Selbstbedarf. Im Jahre 1902 wurden nur 646 Pfund zum Preise von 420 Kronen exportiert. Am Myvatu und an andern bedeutenden Brutorten der Süßwasserenteu nimmt man deren Dunen nach beendigter Brut. Doch wird das Pfund solcher kaum höher als mit 5—6 Kr. bezahlt. In einigen Gegenden sammelt man auch die Federn der mausernden Vögel, von denen jedoch nur die des Schwanes einigen Wert besitzen. Auf Grimsey waren die Gras- flächen am Rande der Vogelberge so dicht mit kleinen weißen Federn bedeckt, daß man den Eindruck hatte, es sei ein leichter Schnee gefollen. Hierbei handelt es sich um die besten, die Bauchfedern, die den Vögeln au den Stellen der Brüteflecken ausgehen. Doch sammelt man diese nicht. An den Vogelbergen gewinnt man ja so leicht große Mengen von Federn, indem man die gefangeneu und getöteten Pelsenvögel rupft. Auf Grimsey Jiat eine Lumme oder ein Alk den Wert von 25, ein Papageitaucher von 15 Öre, wovon man die Hälfte auf die Federn, die andere auf das Fleiscli rechnet. Auch Enten- und Gänsefedern benutzt man regelmäßig, sonstige nur gelegentlich. Man sortiert die Federn nach ihrer Güte und verkauft sie in benachbarte Ortschaften. Von großer Bedeutung werden die Vögel selbst als Nahrungsmittel. Sie stellen mit Ausnahme der wenigen vorhandenen Renntiere das einzige Nutzwild Islands dar, das man eifrig verfolgt, weil jeder Besitzer auf seinem Grund und Boden jagdberechtigt ist. Innerhalb der gesetzlichen Grenzen, die freilich nur von wenigen genau beachtet werden, schießen die Isländer alle möglichen Vogelarten, die ihnen zur Nahrung geeignet erscheinen, von Landvögeln besonders Schneehühner, Enten, Gänse und Schwäne, jedoch auch Goldregenpfeifer, Bekassinen u. a. m. p]in eigentlicher Handel wird nur ]uit der erstgenannten Art betrieben, von der die Bewohner günstiger Jagd- gebiete im Winter große Mengen erlegen, zu Pferde nach den Ortschaften an der Küste bringen und hier 15 — 25 Öre für das Stück erhalten. Im .lahre 1902 sind nach der mir von Herrn Konsul Thomsen in Reykjavik gemachten Angabe 192 695 Schneehühner im Werte von 4:5 611 Kronen nach Scliottland und Dänemark ^exportiert worden. Geradezu Lebensbedürfnis wird die Erbeutuug von Vögeln für die f>ewohner in der Nähe von Voo-elberoen. An den meisten derartigen 1)0 Bedeutung der Vogelwelt Islands. Ortliclikeiteu bemächtigt man sicli der Tiere durch Faug, ja vermeidet, wie auf Grimsey, das Schießen gänzlich, um die Vögel möglichst wenig scheu zu erhalten. Nur abseits der Brutplätze werden oft zahlreiche Möven gelegentlich des Fischfauges mit Hilfe von Schießgewehren erbeutet, wozu auf offenem Meere jedenuann berechtigt ist. (jewisse Vogelarteu läßt man mehr oder weniger ungestört brüten und ihr Junges gToßfüttern, raubt dieses aber kurz vor dem Ausfliegen, um das äußerst fette, zarte Tier frisch zu koclien oder einzusalzen oder mitunter aucli zu räucliern. Dies tut man besonders bei Suta bassana, huhnarns glacialis, l'ufl'iiiuH pnfßima, Fratercula arctica und auch Cepphus gi'yUe. Soviel man bekommen kann, nimmt man, ohne berechnend an die Zukuuft zu denken. Doch gibt es genug unzugängliche Nester, die verschont bleiben. Befinden sich die Jungen in Höhlen, so werden sie mit einem eisernen Haken, der sich an einem Stocke befindet, erfaßt und herausgezogen. Man dreht den zappelnden Tieren nun langsam aber sicher den Hals um, bis die Wirbel- knochen auseiuanderreißcn und der Tod eintritt. Einen doppelt unangenehmen Kindruck macht es, wenn sich Knaben in dieser Tätigkeit üben, die scheinbar nicht so leicht ist, da der sich wehrende zälilebige Vogel oft eine Minute lang gequält wird. Die getöteten Exemplare steckt der Fänger mit dem Kopfe unter den Riemen oder das Seil, das er um deü Leib geschlungen hat, und begibt sich auf dieselbe Weise wie beim Sammeln der Eier nach oben oder unten. Die wenigsten Vögel lassen sich mit der Hand ergreifen oder mit Knütteln totschlagen, die alten, die natürlich die größte Bedeutung haben, fast gar nicht, weshalb man verschiedene einfache Fangvorrichtungen anwendet. Auf Grimsey ist die gebräuchlicliste eine lauge dünne Stange, an deren Ende sich eine feste Fischbeinschlinge befindet, die man dem sitzenden Vogel über den Kopf steckt und darauf rasch anzieht. Mit Vorsicht und einiger Übung lassen sich die meisten Felsenvögel auf diese Weise erbeuten, selbst die gewandte Rissa. Auf den Vestinannaeyjarn benutzt man lieber ein Netz an der Stange, mit dem man den sitzenden Vogel bedeckt, das aber auch zum Fangeu von nahe vorbeifliegenden Tieren verwendet wird. Eine derartige VoiTichtung besaß auf Gi-imsey nur ein Bauer. Solange die Vögel sich überhaupt an den Felsen aufhalten, holt man ab und zu etliche zum Kücheubedarf, besonders Lummen, Alke und Dreizehenmöven. Man fängt sie auch von den Eiern weg, da diese angeblich sofort von andern Individuen weiter bebrütet werden. Dem Papageitaucher oder gelegentlich der Gryll-Lumme stellt man auf Grimsey auch während des Sommers mit Fußschlingen nach, die man aus lloßhaaren zusammendreht und auf Bretter befestigt oder auf natürlicheu Ruheplätzen im oberen Teile der Vogel- berge anbringt. Sel])st am Rande der kleinen Süßwasserteiche im Innern Grimseys fand ich vielerorts Fußschliugen aufgestellt, die besonders den Dreizehenmöven galten. Leider werden aber die Schlingen uicht allzu oft kontioUiert, sodaß die gefangenen Vögel sich bei ihren Befreiungsversuchen nicht selten die Haut der Tarsen bis auf den Knochen durchreilten. mitunter Gezähllitt' Vögel. 92 uucli die Beiuc uusreiikcn. Hat sich das großscliiiäblige Mäuiiclieu des Papageitauchors gefaiigeu, kommt bald sein Weibchen geflogen und setzt sich daneben. Ab und zu trippelt es auf dem Fangbrette umher, lockt das Männchen mit leise knurrenden Lauten, flattert wohl auch ein Stück davon und veranlaßt das arme gefangene Tier, ähnliche Bewegungen zu versuchen. Dann wieder drängen sich die Vögel eng aneinander, sitzen regungslos still \ind \ erharren stundenlaug in Angst und Qual. Und dies geschieht den ganzen Sommer über täglich mit zahlreichen Exemplaren. Die Hauptmenge der Felsenvögel, die zum Winter vor rate aufbewahrt werd(!n sollen, fängt man im Spätsommer, wenn die Jungen ziemlich heran- gewachsen sind. Die viele tausend Stück umfassende Beute schaff't man auf Grimsev mit Hilfe zweier Pferde, die man nur zu diesem Zwecke auf der Insel hält, nacli den Häusern. Gewöhulicli läßt man die Vögel in den Federn solange an kühlen Orten liegen, bis man sie verzehren will. Ich habe solche regelmäßig nur in Salzwasser gekocht vorgesetzt bekommen und fand ihren (leschmack ganz angenehm. Au einigen Vogelbergen, besonders auf den Vestmaunaeyjarn, salzt mau auch viele Vögel ein oder räuchert sie. Ja auf dieser Insel benutzt man die geräuclierten Papageitaucher, denen man die Federn der Unterseite ausgerupft und das Brustfleisch abgeschnitten hat, auch häufig als Brennmaterial, was auf Orimsey nur mit Knochen und sonstigen Abfällen geschieht. Ein eigentlicher Handel mit den Seevpgeln wird nicht getrieben, da deren Fleisch nicht nacli jedermanns Geschmack ist. Grezähmte Vögel. Von Bedeutung sind in Island nur die Haushühner, die mau auf vielen Bauernhöfen lullt, besonders dort, wo die Beschaffung anderer Eier .Schwierigkeiten verursacht. Wert auf geeignete, gute Rassen scheint man nirgends zu legen. Dementsprechend ist meist auch die IJierproduktion gering. In den wenigen größeren Ortschaften hält man hier und dort Haustauben, die oft dem Jagdfalken zur Beute fallen, ausnahmsweise nur Hauseuten und Hausgäuse, deren Einbürgerung nicht selten fehlschlägt. In den Städten trifft man natürlicli auch den Kauarienvogel, gelegentlicli einen Papagei und andere ausländische Arten. Von einheimischen Vögeln sah ich nur in Akureyri einige Schneeammeru (Passerina nivalis) gekäfigt, die sieh scheinbar recht wohl befanden. Bei den billigen Preisen, die man selbst in den größeren Ortschaften für Federwild zahlt (in Reykjavik z. B. kosten Schneehühner ungefähr :}r) Öre, Enten 40—50 Öre usw.), ist die Zucht der meisten zahmen Vögel nicht lohnend. Gelegentlich bezieht man aber Geflügel und Eier von Dänemark und Schottland. IL Besonderer Teil. Verzeichnis der für Island festj^estellten Vogelarten. 1. Colymbua griseigena griseigena (Bodd.). p]inmaligei Vorkonmien. 2. Colymhus auritus L. Ziemlich häufiger Erutvogel. 3. Urinator imher (Gunn.). Nicht häufiger Brutvogel. 4. Urinator arcticus (L.). Nur einmal im Sommer festgestellt. 5. Urinator lumme (Gunn.). Verbreiteter Brutvogel. 6. Fratercula arctica glacialii< Steph. Gemeiner Brutvogel. 7. Cejjphus grylle grylle (L.). Häufiger Brut- und Standvogel.') 8a.Uria troile troile (L.). Gemeiner Brut- und Standvogel. b. Uria troile troile (L.) var. rhingvia (Brunn.). Seltnere Abart. 9. Uria lomvia loinvia (L.). Gemeiner Brut-, Stand- und Wintervogel.-) 10. Älca torda L. Häufiger Brutvogel. — Alca impennis L. Ausgestorben. 11. Alle alle (L.). Brutvogel auf Grimsey und Wintergast. 12. Megalestris skua (Brunn.). Nicht seltner Brutvogel. 13. Stercorarius pomarinus (Temm.). Gelegentlicher Gast. 14. Stercoraniis parasiticus (L.). Verbreiteter Brutvogel. 15. Stercoranus cepphus (Brttim.). Gelegentlicher Gast. 16. Pagophila ehurnea (Phipps). Gelegentlicher Wintergast. 17. Rissa rissa rissa (L.). Gemeiner Brutvogel. 18. Larus marinus L. Nicht seltner Brut- und Standvogel. — [Larus argentatus argentatus Brunn. Zwcifelliaftes Vorkommen.] 19. Larus glaucus Brunn. Nicht seltner Brut- und Wintervogel. 20. Larus levcopterus Fabei-. Häufiger Wintervogel. 21. Ijttrus canns caniis L. Seltner Gast. . 22. Xema sahinii (Sab.). Seltner Gast. 23. Sterna 7nacrura macrura Naum. Gemeiner Brutvogel. 24. T/ialassögeroH chlororhynchos (Gm.). Einmaliges Vorkommen. 25. Fulmanis glacialis glacialis L, Häufiger Brut- und Standvogel. 1) Bedeutet hier: auch iin Wiuter auf oder bei Islai ^) Aus andern Gegenden kommend. Verzeichnis der für Island festgestellten Vogel arten. 93 26. Pufßnus pnfßnus (Brünu.). Bvutvogel auf den Vestmannaeyjarn. 27. Puffums gravis (O'Reilly). Seltner Gast. — [Pufßiiis griseus (Gm.). Wahrscheinlich seltner Gast.] 28. Oceanodroma leucorrhoa (Vieill.). Brutvogel auf den Vestraannaeyjarn. 29. Procdlaria pdagica L. Gelegentlicher Gast. 30. Sida bassana (L.). An einigen Orten Brutvogel. M. Phalacrocorax carbo (L.). Nicht luiufiger Brut- und Staudvogel. 32. Phalacrocorax graculus graculus (L.). Nicht seltner Brut- und Standvogel. 33. Mergiis merganser L. Verbreiteter Brutvogel. 34. Mergus serrator L. Häufiger Brutvogel. 35. Anas boschas L. Häufiger Brutvogel. 36. Chaulelasmus streperits (L.). Seltner Brutvogel. 37. Mareca penelope (L.). Nicht seltner Brutvogel. 38. Mareca amerlcana (Gm.). Einmal aufgefundener Brutvogel. 39. Nettion crecca crecca (L.). Nicht seltner Brutvogel. 4(». Querquedula circia (L.). Wahrscheinlich gelegentlicher Brutvogel. 41. Dafila acuta (L.). Nicht seltner Brutvogel. 42. Aethya ferina (L.). Seltner Sommergast. 43. Aethya marila manla (L.). Häufiger Brutvogel. 44. Aethya fnligxda (L.). Wahrscheinlich gelegentlicher Brutvogel. 45. Aethya nyroca (Güld.). Seltner Sommergast. 46. Glancionetta clangida clangida (L.). Wahrscheinlich gelegentlicher Brutvogel. 47. Glaucionetta islandica (Gm.). Nicht seltner Brutvogel. 48. Clangida hyemalis (L.). Häufiger Brutvogel. 49. Histrionicus histrionicus (L.). Verbreiteter Brutvogel. 50. Somateria spectabilis (L.). Gelegentlicher Gast und wahrscheinlich seltner Brutvogel. 51. Somateria mollissima iiiollissima (L.). Gemeiner Brut- und Standvogel. 52. Oideniia nigra nigra (L.). Nicht seltner Brutvogel. 53. Casarca casarca (L.). Ausnahmsweises Auftreten 1892. 54. Tadorna tadorna (L.). Seltner Gast. 55. Chen hyperborea hyperborea (Fall.) Einmaliges Vorkommen. 56. Anser albifrons albifrons (Gm.). Nicht häufiger Brutvogel. 57. Anser fabalis (Lath.). Angeblich nicht seltner Brutvogel. 58. Anser brachyrhynchns Baill. Gelegentlicher Durchzügier und vielleicht Brutvogel. 59. Anser ferus ferus Schaeff. Nicht häufiger Brutvogel. 60. Branta bernicla bernicla (L.). Nicht häufiger Durchzügler. 61. Branta lemopsis (Bchst.). Regelmäßiger Durchzugs- und vielleicht ge- legentlich Brutvogel. 62. Cygnns cygmis (L.). Verbreiteter Brutvogel. 63. Ardea cinerea L. Nicht seltner Gast. 64. Ardetta minuta minuta (L.). Einmaliges Vorkommen. — [Ciconia ciconia (L.). Einmaliges Vorkommen.] 65. Plegadis autumnalis (Hasselq.). Ausnahmsweises Vorkommen 1824. <)4 Verzeichnis ilor für Island festf^ostellten Vogelarten. 66. h'nllns aqnaticus L. Nicht liiliifigcr l>riit- und .Standvrntv. Tof.anus totaims (L.). Häufiger Brutvogel. — [Xnmeniiis /indsonicus Lath. Zweifelhaftes Vorkommen.) 80. Ni(menins phaeoptcs phaeoprts (L.). Häufiger Brutvogel. 81. Aumenins arquatns ai-quatus (L.). Gelegentlicher Gast. 82. VaneUus ranelhis (L.). Gelegentlicher Gast. 83. Squatarola Helvetica (L.). Gelegentlicher Gast. 84. Charadrius apricarius L, Häufiger Brutvogel. 85. Aegialitis hiaticida (L.). Nicht seltner Brutvogel. — [Acgialitls cnronica (Gm.). Fragliches Vorkommen.) 86. Arenaria interpres (L.). Nicht seltner Brut-, Stand- und Wintervogel. 87. Haematopns ostralegn.'< }j. Nicht seltner Brutvogel. 88. Lagopus rupestris islandortun (Faber). Häufiger Brut- und Standvogel. 89. Columba paliimbna L. Einmaliges Vorkommen. 90. f/a/iaetiis albicUla (L.). Seltner Brutvogel. 91. Hierofalco gyrfaJco gyrfalco (L.). Gelegentlicher Gast. 92. Hierofalco gyrfalco islandus (Brunn.). Nicht häufiger Brut-, Stand- und Wintervogel. 93. Falco merdliis (Gerini). Nicht seltner Brutvogel. 94. Cerchneis tinnuncida (L.). Seltner Gast. 95. Anio otus (L.). Seltner Gast. 96. Asio acclpilriinis (Fall.). Gelegentlicher Gast. 97. Xyctea nyctea (L.). Nicht seltner Wintervogel und gelegentlicher Sommergast. 98. Ci'vyle alryon (L.). Einmaliges Vorkommen. 99. Upupa epops L. Einmaliges Vorkommen. 100. Apus opus apm (L.). Seltner Gast. 101. Coi'vus corax p>rincipalis Ridgw. Häufiger Brut- und Staudvogel. 102. Corvus cornix connx L. Gelegentlicher Wintergast, — [Corvus corone corone L. Fragliches Vorkommen.] 103. Corvus frugilegus frugilegus L. Gelegentlicher Wintergast. Colyiubiis griseigena griseigena. 95 104. Cohens inonedala sperutologus (Vieill.). Seltner Gast. — \^Nucifraga caryocatades macrorhynchos Bvelim. Eiuraaliges Vorkommen.] — [Oriolns oriolus (L.). Zweifelhaftes Vorkommen.] 105. BomhjciUa garrula (L.). Ausuahmsweises Vorkommen 190:5. 106. Stüvnus ütilgaris vulgaris L. Gelegentlicher Gast. 107. AcantJils linaria islandica Hantzsch. Nicht häufiger Brut- und Standvogel. — [jicLvdIds linaria rostrata (Coues). Wahrscheinlich Wintergast.] — [Acaidhis Jiornemannii horneniarmii (Holb.). Vielleicht gelegentlicher Wintergast.] 108. Fringilla coelebs coelebs L. Seltner Wintergast. — [Semius ülandicns Brehm. Zweifelhafter Typus.] 109. Passenna nivalis nivalis (L.). Häufiger Brut- und Standvogel. 110. Calcarius lapponicus lappordcus (L.) Seltner Wintergast. 111. Hirnndo rustica rustica L. Gelegentlicher Sommergast. 112. (Jlielidonaria urbica urbica (L.). Seltner Sommergast. 113. Motadlla alba alba (L.). Nicht seltner Brutvogel. 114. Anthus pratensis (L.). Häufiger Brutvogel. 115. Anorthura troglodytes borealis (Fisch.) Seltner Brut- und Standvogel. 116. Tnrdas iliacus coburni Sharpe. Nicht seltner Brutvogel. 117. Tnrdus pilaris L. Gelegentlicher Gast. 118. Merula menda merrda (L.). Gelegentlicher Gast. 119. Saxicola oenanthe leucorrlioa (Gm.). Häufiger Brut- und Durchzugsvogel. 120. Erithacus titys (L.). Einmaliges Vorkommen. Besprechung der für Island festgestellten Vogelarten. 1. Colyrabus griseigena griseigena (Bodd.). ßothalstaucher. Fodiceps rubricoUis ((xmel.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 421 (1863). — Podiceps grisegena Bodd. : Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 52 (1895). — Podicipes griseigena (Bodd.): Slater, Birds of Iceland, p. 136 (1901). Podiceps grisegena, Bodd.: Oollin, Skandinaviens Fngle, S.718 (1877). — Podicipes griseigcfia (Bodd.): Ogilvie-Grant, Cat. Birds Brit. Mns. XXVI, p. 539 (1898). ~- Winge, Grenlands Fugle, S. 131 (1898). — Colymbus griseigena Bodd.: Naumann,, Vögel 31ittel- europas XII, S. 78 (1903). Isländisch: Hälsraud Sefönd (= Rothalsige Schilfente). Auch dän. : Rodhalset Silkeand. Schwed.: Rödhalsad Dopping. Kngl.: Red- necked Grebe. Colymbus griseigena griseigena bewohnt Kuropa mit Ausnahme seines südwest- lichsten Teils und das benachbarte Asien, brütet etwa bis zum 65. Grade nordwärt.«, ist in Rußland und Finnland stellenweise häufig, im benachbarten Skandinavien seltner, in Norwegen vielleicht nur ausnahmsweise Brutvogel. Selbst auf Sj^itzbergen soll ein Exemplar erlegt worden sein. Im Spätherbste begeben sich die Vögel nördlicherer Gebiete auf die Wanderung und werden dann nicht selten an den deutschen Ost- und Nordseeküsten, in England, Irland und Schottland, wo auch einzelne brüten, gesehen. 96 Colynibus auritus. Von deu Färöern und Grönlaiul aber ist unsere Spezies noch unbekannt. Südwärts wandern die Vögel bis NordatVika. — In Xurdamerika und Ostasien wird unsere Forui durch ilen etwas größeren ('. y. holhoellii lihdt. vertreten, der sich mehrfach auch in Südgrönland gezeigt hat. Von Island ist nur <'in einmaliges Vorkommen unseres Vogels bekannt, wobei es sich um ein Hxemjtlar der paläarktiscben Form gehandelt zu haben scheint, das durch widrige Winde bis zu unsrer Insel getrieben und im Dezember 1885 bei Keflavik (>SW.) erlegt wurde (Gröndal, Ornis 1886. 8. 369). Es erwies sich durch die Sektion als Männchen. Wo sich der Balg des Vogels befindet, konnte ich leider nicht erfahren. Ganz ausgeschlossen ist nicht, daß es sich, entgegen den Angaben, um den amerikanischen C. g. holhoellii geliandelt hat. zumal die Mehrzahl der in Südgrönhmd erlegten Exemplare dieser Form gleichfalls aus dem Spätjahre stammt. Wenn ßaring- Gould glaubt (1. c), Colymbus griseigena auf dem M;f vatn gesehen zu haben, so beruht diese Angabe höchst wahrsclieinlich auf Verwechslung mit der folgenden Art. •I. Colymbus auritus L. Ohrentaucher. Podiceps cornutus (Lath.) & P. auritus (Lath.) : Faber, Prodromus, S. 61 und 62. — Podiceps cornutus Lath. & P. auritus Lath.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 422 und 423 (1862). — Podiceps cor 7mtus (Gme\.): Newton, in ßaring-Goulds Iceland, p. 421 (1863). — Podiceps cornutus Lath. & P. auritus Lath.: Gröndal, islenzkt fuglatal, bis. 52 (1895). — Podicipes auritus (Llnn.): Slater. Eirds of Iceland, p. 137 (1901). Podiceps cornutus, Lath.: CoUin, Skandinaviens Fugle, S. 71!) (1877). — Podicipes auritus (Linn.): Ogilvie-Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XXVI, p. 527 (1898). — Winge, Grönlands Fugle, S. 130 (1898). — Colymbus auritus L.: Naumann. Vögel Mittel- europas XII, S. 85 (1903). Isländisch: Sefönd (= Schilfente); Flürgodi (flör = Flur, Morast, godi ist ein Ehrenname altisländischer Häuptlinge, also etwa Herrscher der Sümpfe), davon Ab- kürzung Flora: seltner Flüaskitur (flöa ist Genetiv von flöi = Sumpf, skitur = Exkrement), Flödskitur (fiöd = Flut), abgekürzt Flöaskit, Fh'.dskit. Auch färöisch: Seväudt. Colymbus auritus wurde nach seinen verschiedenen Kleidern von den älteren Ornithologen irrtümlicherweise in zwei Arten getrennt, deren Zusammengehörigkeit heutzutage außer jedem Zweifel steht. Unser Vogel bewohnt die nördlicheren Gebiete der Erde. In Amerika brütet er von den Vereinigten Staaten an bis zu den Hudsonsbailäudern, aber nicht in (rrön- land, wo er sich nur wenige Male im südlichen Teile gezeigt hat. in Asien nordwärts vom Amurgebiete und Turkestan. Nirgends jedoch scheint er als Brutvogel den Polar- kreis zu überschreiten. Im Winter trifit man ihn südlicher. In Nordrußland ist unsere Art stellenweise häufig. Sie brütet auch iu Finnland, und in Norwegen besonders auf den Küsteuinseln. Dagegen besucht sie die Britischen und die nördlich davon liegenden kleinen Inseln, einschließlich der Färöer, nur auf dem Zuge. Sogar bis Jan Mayen nordwärts ist sie gesehen worden (Winge), südwärts bis zum Wendekreise hinab. In Island gehört der Ohreutaucher zu den ziemlich häufigen Brut- vögeln. In beträchtlicher Anzahl bewohnt er den M}''vatn, seltner den ]?ingvallavatn und andere größere Seen. Auf dem Zuge kommt der Vogel auch nacli kleineren Teichen und Sumpfgebieten. Colymbus anritus. 97 Einige isländische Exemplare raeinor iSammlung zeigen folgende Maße: cJad., Saudarkrökr, April 1902. Flügel: 138 mm. Tarsen: 46. Schnabel: 25,5. — (5ad., ebd. Flügel: 1 -43. Tarsen: 46,5. Schnabel: 25. — $ad., Myvatn, Jirutvogel vom 20. Juli 1903. Gewicht i. Fl. : 600 g. Gesamtlänge i. FL: 340 mm. Flügel: 145. Schwanz -|- Flügel: 25. Tarsen: 45. Schnabel: c. 23. — $ ad., M^-vatn, Brutvogel vom 27. Juli 1903. Gewicht: ca. 720 g. Gesamtlänge: 330. Flügel: 139. Tarsen: 46. Schnabel: 25. — Von den letzten, beiden Exemplaren war die Iris: feurigrot, um die Pupille ein Kranz feiner goldiger Pünktchen. Schnabel: schwärzlich mit heller Spitze, Kelilhaut und seitlicher Grund des Unterschnabels: rötlichgrau. Nackte Hautstelle am Zügel: blaß- blutrot. Füße: hellgrau, nach außen zu mehr schwärzlich. Beide Vögel sind fast fertig in Sommertracht. Die Obrentaucher sind Zugvögel auf Island. Aufaug April zeigen sie sich in der Nähe des Meeres. Im Mai kommen sie nach ihren Brut- plätzen und beginnen mit dem Baue des Nestes. Dieses wird gewöhnlich etwas abseits vom üfer in seichtem Wasser angelegt. Es ist zwar häufig schwimmend, dann aber doch mit den am Grunde wurzelnden Wasser- pflanzen verflochten. In Form und Größe variiert es außerordentlich, besonders in Gegenden, wo man die Vögel oft stört. Mitunter wird es fest und dicht aus abgestorbenen Pflanzenstoffen und mooriger Erde aufgebaut. Dies tun besonders ältere Paare, indem sie das vorjährige, als kleiner Hügel noch sichtbare Nest benutzen. Andere Brutstätten werden liederlicher in wenig Tagen aus einer Unmenge frischer Wasserpflanzen der nächsten Um- gebung, besonders gern Myriopliyllum, aufgeschichtet, auf deren Mitte nun der Vogel wie auf einer Insel sitzt. Bei solchen Bauten wird es diesem allerdings leicht, aus dem Wasser hinaufzusteigen, was ihm sonst mitunter rechte Mühe verursacht und mehrmalige Sprünge und Anläufe erfordert, auch wenn das Nest flach ist und wenig über das Wasser emporragt. Beide Vögel eines Paares bauen geraeinsam und sind zu dieser Zeit viel lebhafter als sonst. In den Morgen- und Abendstunden vernimmt man häufig als charakteristischsten Stimmlaut den trillernden Paarungsruf, ein sehr schnelles Bibilnbibib, das überaus an Colymbus nigricans erinnert und mit keiner andern isländischen Sumpfvogelstimme verwechselt werden kann. Treibt das Männchen sein Weibchen, so läßt es ein lautes, klägliches Güi hören, das mannigfachen Veränderungen unterworfen ist. Ich notierte auch guau, giau, gui, aui. Wenn beide Vögel ungestört beisammenschwimmen, rufen sie sich einsilbige, kurze Töne zu, die ungefähr wie girt girt klingen. Warnend lassen sie ein leises Grrr hören. Derartige Stimmlaute, wie Colymbus griseigena sie zur Balzzeit ausstößt, vernahm ich nie. Riemschneider allerdings erwähnt die Ähnlichkeit der Rufe beider Arten (Ornith. Monats- schrift 1896, S. 319). Im Wesen erinnert unser Vogel am meisten an Colymbus nigricollis. Er ist still, veriiältnismäßig zutraulich, lebt nicht besonders versteckt und taucht nur bei der Nahrungssuche oder in äußerster Not. Gewöhnlich nicht eher als Anfang Juni beginnt die Ablage der Eier; wenigstens ist mir keine Maibrut bekannt. Die Angabe Rieraschneiders (1. c, S. 320), er habe am 4. Juni ein Dunenjunges gesehen, beruht auf einem Druckfehler; gemeint ist der 4. Juli. Das normale Gelege besteht aus 4, Hantzsch, Vogelwelt Islands. 7 98 Colyinbus auritus. manchmal o, seltner 3 — 6 Stück. Durch rechtzeitige Wegnahme der Eier kann die Erzeugung derselben beträclitlich vermehrt werden. Späte Funde haben in der Kegel i)ierin ihren (jrund. An eine zweimalige erfolgreiche Brut ist dabei nicht zu denken. Am Myvatn trifft mau bis Ende Juli frische Eier. Ich schoß am 27. d. M. ein Weibclien, das im Eierstocke bald lege- reife Eier trug. Um diese Zeit sieht man einige Paare mit Jungen, andere brüten, etliche Itauen sogar noch ein neues Nest. Isländische Eier meiner Sammlung haben folgende Maße: 50x31.8 mm (2,2 g). 46x31(2,2). 46x30,5(2,1). 45x30(2). 44.2x31,5(2,4). 44,2x30,8(2). 43,2x30 (1,9). 42,2x30,^(1,9). 41,5x30,5(1,8). 40 x 28,5 (1,7). — Das Yollgewicht einiger von mir untersuchter Exemplare schwankte zwischen 19 — 25 g. Die Eier lassen sich nicht mit Sicherheit von denen verwandter Arten unterscheiden. Sie haben frisch eine blaßgrünliche Färbung, nehmen aber durch chemische Veränderung der Oberhautschicht allmählich einen gelblichen, bräunlichen oder selbst schwärzlichen Ton an, am schnellsten und intensivsten dort, wo das Wasser der Umgebung recht warm ist. Bei trockner Witterung und in Gegenden, wo Nestraub durch Vögel und Menschen vorkommt, wird schon das erste Ei eines Geleges alsbald mit feuchten Pflanzenstoffen zugedeckt. Hierdurch beginnt sofort die Selbst- bebrütung, woraus sich in erster Linie die häufig beobachtete ungleiche p]nt- wicklung der Jungen erklärt. Das eigentliche Brüten beginnt unter normalen Verhältnissen erst auf dem vollständigen Gelege. Die Ohrentauclier sind um ihre Eier recht besorgt. Meist sitzt das AVeibchen auf dem Neste, während das Männchen beobachtend in der Nähe umherschwimmt. Aus- nahmsweise jedoch steigt auch dieses feierlich in die Nestmulde, stellt sich hochbeinig über die Eier, schaut nochmals sichernd umher und läßt sich endlich langsam und mit Würde nieder. -Die Vögel erhalten weit unten am Körper einen großen Brutfleck, der nur mit dürftigem Flaume bedeckt bleibt. Eigentümlich ist, daß sie die Federn dieser Stelle nicht nur selbst ausrupfen, sondern sogar regelmäßig verschlingen, was sie häufig auch während der Mauser tun. Die verschluckten Federn bleiben viele Tage im Magen und scheinen, ähnlich wie Saudkörner, die Verdauung der eigentlichen Nahruiigs- stoffe zu unterstützen. Sonst fand ich im Magen nur Algeu und andere feine Pflauzenteile, tierische Überreste konnte ich mit einer gewöhnlichen Lupe nicht erkennen. Nach 20 — 24tägiger Bebrütung schlüpfen die Dunen- jungen aus, doch bleiben nicht selten einzelne taube oder abgestorbene Eier im Neste. Die Beschreibung des Dunenkleides, wie sie Krüper gibt (Naumannia 1857, S. 54), paßt auf die von mir gesammelten verschiedenaltrigen Jungen nicht gut, wohl aber diejenige Palmens und Colletts (Naumann XII, S. 88). Folgendes sei hinzugefügt. Je jünger der Vogel, desto lebhafter Färbung und Zeichnung. Ein etwa 2 Tage altes cj wog 92 g, Gesamtlänge: 185 mm. Ein ca. 4 Tage altes ? : 125 g, Gesamtlänge: 200 mm. CoUett besehreibt die Iris eines 8tägigen Individuums als rot. Bei 4 von mir unter- suchten ca. 1 — 6 Tage alten Exemplaren war sie übereinstimmend grau, nach außen zu weißlich. Schnabel: fleischfarben, Oborschnabel mit schwärzlichen Flecken. Zwischen Schnabel und Augen befindet sich beiderseits eine zartweißlichblutrote nackte Haut- stelle. Eigentümlich ist eine ebensolche inmitten der Stirn, die aber bald verwächst. Größe dieser bei dem erwäluiten (5pull. ca. 6x6, bei dem $ nur noch 4x2 mm. Füße: schwärzlich und hellgrünlichgrau gefleckt. Urinator iniher. ^ 99 Die Familien halten eng zusammen. Frieren die Jungen, was sehr leicht der Fall ist, klettern sie auf den Rücken der Alten, besonders auf den der Mutter. Diese sträu])t die Federn, lüftet die Flügel und läßt wenigstens das Kleinste gern hinauf, wobei sie öfters ihr feines Grrr ausruft. Dann sieht man bei dem Vogel den weißen Flügelspiegel und erkennt daran, daß er Junge trügt. Manchmal tauchen die Alten mit mehreren der Tierchen auf dem Rücken unter das Wasser, Dies tun sie immer, wenn man sie ver- folgt. "Wird jedoch die Gefahr zu groß, so verlassen sie die Kleinen, um sich selbst zu retten, mitunter wohl auch, um die Aufmerksamkeit von diesen abzulenken. Die Tierclien lialten nun ängstlich zusammen und gehen gemein- sam, aber nicht gern, unter Wasser. Sie erweisen sich angeschossen als sehr zählebig, was bei erwachsenen Vögeln in noch viel höherem Grade der Fall ist. Werden die Jungen größer, so dulden die Alten sie nicht mehr auf dem Rücken, legen die Federn an und schwimmen fort. Mitunter sterben dann freilich, besonders bei späten Brüten, die immer noch zarten Vögel vor Kälte. Außerdem wird unsere Art in allen Altersstufen von zahllosen Schmarotzer- iusekten geplagt. Bei einem von mir präparierten Dunenjuugen, sowie bei einem alten Exemplare, war auch der ganze Unterleib mit Bandwürmern angefüllt. Die Familien bleiben bis zum Flugbar wer den der Jungen beisammen, was über einen Monat dauert. Im September, mitunter auch erst iVufang Oktober, verlassen sie gemeinsam, wenn der Abend dämmert, in raschem hohen Fluge das Brutgebiet und verschwinden spätestens i'lnde Oktober ganz aus Island. Ein Überwintern scheint in der Regel nicht stattzufinden. Doch berichtet Faber, daß ein junges Exemplar im Dezember auf dem Südlande erlegt wurde. 3. Urinator imber (Guun.). Eistaucher. Colymbiis glaciaüs (Liiin.): Faber, Prodronius, S. 57 (1822). — Colymbus immer Brunn.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 420 (1862). — Colymhus glaciaüs Linn.: Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 421 (1863). — Gröndal, Islenzkfc fuglatal, bis. 52 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 133 (1901). Colymbus glacialis, L. : CoUin. Skandinaviens Fugle, 8.725(1877). -- Ugilvie- Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XXVI, p. 496 (1898). — Colymhus glacialis (L.) typicus : Winge. Grönlands Fugle, S. 134 (1898). — Gada torquata (Brunn.): Naumann, Vögel Mitteleuropas XII, S. 122 (1903). Isländisch: Himbrimi, selten im Nordlande Brüsi (Etymologie beider Wörter unklar und sehr verschieden gedeutet). Auch deutsch: Imber. Hymber, Himbriue. Dan.: Imber, Havimber. Norw.: Hymber, Havhyniber. Schwed. : Imber, Hymber, Halhymber. Engl.: Imber Goose. Franz. : Imbrim. Urinator imher ist vielfach mit dem hellschnäbligen U. adamsii (Gray), ja sogar mit U. arcticus (L.) verwechselt worden, sodaß man sich vorläufig kein genaues Bild von der Verbreitung dieser Spezies entwerfen kann. Es ist überhaupt noch nicht fest- gestellt, ob sich die beiden erstgenannte^ Arten nur geographisch vertreten und dann als Subspezies aufzufassen wären, oder w^e weit ihre AVohnplätze ineinandergreiien. Im allgemeinen muß man als Verbreitungsgebiet von U. imber das westliche Nord- europa und Noi'damerika, für U. adamsii dagegen Asien ansehen. Allerdings steht fest, daß noch nicht foi-ti)flanzungsfähige jüngere Individuen beider Arten, wie auch die älteren Vögel zur Zugzeit, an denselben Örtlichkeiten zusammentreffen, doch bedarf 7* 100 Urinator imlicr. es genauerer Untersuchungen, wie weit U. adanisii als Brutvogel von Asien aus auf das benachbarte Europa und Amerika übergeht. Sichere Brutplätze von U. imber kennt man in einigen lokal begrenzten Gebieten des nearktischen Amerikas, in Tirönland, wo die Art recht häufig ist, ferner in Island und auf Jan Mayen. Im Winter streifen die Vögel südwärts bis zu den Wendekreisen hinab und zeigen sicii dann auch auf den Britischen Inseln und den nördlich davon liegenden kleinen Gruppen. In Island ist der Eistaucher ein verbreiteter, aber durciiaus nicht häufiger Brutvogel. Er lebt während des Sommers auf stehenden Ge- wässern im Innern, die keineswegs allzugroß sein müssen, falls mehrere beieinander liegen. Am liebsten sind den Vögeln fischreiche einsame Gebirgs- seen, die am Rande etwas Schilf- und höheren Graswuchs zeigen. Ganz öde und pflanzenlose Örtlichkeiten bewohnen sie aber für gewöhnlich nicht, obwohl ihnen kahle Berghänge und schroffe Felsen in der Umgebung zusagen. Sie sind wenigstens im Sommer weit mehr Gebirgs- als Tieflandsbewohner und besuchen Ebenen und Meeresteile außerhalb der Zugzeit nur gelogentlich. Einzelne Exemplare, die miin auch während der Brutperiode in solchen Ge- bieten antrifft, sind entweder jüngere, noch nicht fortpflanzungsfähige Individuen, gestörte Brutvögel oder Gäste, die mit Hilfe des äußerst schnell fördernden Fluges ihren benachbarten Nistbezirk stundenweise verlassen. J)ie isländischen Eistaucher, die ich im Leben und in Museen sah, gehörten alle zu Urinator imber. Sollte gelegentlich ein U. adanisii beobachtet werden, so dürfte es sich gewiß nur um einen Gast handeln. Bis jetzt ist von dem Vorkommen dieser Art auf unserer Insel nichts bekannt. Ein am 27. Juni 1903 bei Hjalteyri erlegtes ausgefärbtes Männchen meiner Sammlung, das sich lange Zeit hindurch auf dem Eyjafjördr gezeigt hatte und nach dem Zustande der Testikel zu schließen noch nicht geschlechtsreif war, zeigt folgende Maße. Flügel: 365 mm. Schnabellänge: 78. Schnabel- höhe am Grunde: 24. Tarsen: 83. 31ittelzehe inkl. der 11 mm langen Kralle: IIb mra. Als größte Schnabellänge maß ich nicht mehr als 82 mm bei einem Exemplare im ßeykjaviker Museum. Im zeitigen Frühjalire sieht man die Vögel einzeln oder auch schon paarweise auf dem Meere, vor allem in breiten geschützten Fjorden, von wo aus sie gelegentlich nach benachbarten Süßwasserseen fliegen und Ströme aufwärts schwimmen. Sie sind in dieser Zeit sehr scheu und kaum auf Kugel- schußweite im Boote anzufahren. Verfolgt tauchen sie zunächst, wird die Gefahr größer, erheben sie sidi ziemlich rasch in die Luft. Sie steigen meist sofort in bedeutende Höhe und fliegen mit vorgestrecktem Halse und kraft- vollen, hurtigen Flügelschlägen äußerst schnell davon, wobei sie häufig ihre Lockrufe hören lassen. Diese bestehen in der Hauptsache aus ziemlich hohen, einsilbigen Tönen, etwa wie gek klingend, die mehrmals hintereinander ausgestoßen werden. Gelegentlich vernahm ich auch, besonders häufig am 19. Mai von einem bei Steiugrimsfjördr lebhaft umherfliegenden Paare, einzelne tiefere, scharfe Warnrufe, nachdem ich erfolglos auf einen der Vögel geschossen hatte. In der Ruhe und üngestörtheit locken sich die Paare mit einem tiefen, ziemlich weichen Hohüu. manchmal auch mit Weglassung der ersten Silbe. Dieser Ruf verändert sich am Nistplatze in das laute Paarungsgeschrei, dem ich leider nur einmal am 20. Juni, da aber fast eine Stunde lang, lauschen konnte. Es war in der Nähe von Stserri-Ärskogi im Eyjafjörch- Urinator itnber. \()\ gebiete, kurz vor Mitternacht, als die Sonne vei-sclileiert und düsterrot tief am Horizonte stand. Meine Versuche, die Töne in Süllen zu fassen, wollten nicht recht gelingen. Man erkennt in dem Geheul den weichen Lockruf wieder, mit dem sich ein gedehntes Au mischt. Mitunter folgen die Laute kurz und schnell aufeinander, dann wieder klagend gezogen. In den einsamen isländischen Gebirgen wirkt der auffällige Ruf in der Nähe fast erschreckend, zumal er besonders bei Dämmerung hervorgebracht wird. Soviel ich damals beurteilen konnte, ging das Paarungsgeschrei von beiden Geschlechtern aus. Sobald die Vögel fest brüten, vernimmt mau ihre Stimmlaute nur noch selten. Das unscheinbare zusammengedrückte Nest, von dem Slater in seinem Buche (p. 133) eine gute Photographie bringt, befindet sich meist dicht am Wasser und ist njit weichen, oft noch grünen Gras- und Schilfstengeln unordentlich ausgelegt. Die Zahl der Eier beträgt uuter normalen Verhältnissen immer 2. Ihre Ablage erfolgt gewöhnlich im Juni. Herr Dr. Ottoßon -hi Lenhofda (Schweden) hatte die Güte, da ich selbst nur ältere Eier ohne Daten besitze, mir Angaben über 12 seiner isländischen Gelege zu machen. Diese stammen aus der Zeit vom 28. Mai bis 5. Juli, wobei freilich die Stärke der Bebrütung nicht berücksichtigt ist. Die Maße der Eier sind folgende: 92,5x55 mm und 93,5x54,8 mm. — 95,7x56,(3 und 94,2x56,3. — 85,4x57,6 und 87,8x57,2. — 91.1 X 57,G (Gewicht 19,75 g) und 90.5x57,1 (18 g). — 96,6x56 und 90x56. — 90,5x56 (16,6) und 90x54,5(17,75). — 93,4 x 57,5 und 92,4 x 58. — 90,7x58 (15,54) und 90,2x56,4 (15.19). — 92.6x60,4 (17,5) und 90,1x59,6(17,47). — 88,1x58 (17,2) und 87x57,5 (18,25). — 92,7x59 (18,85) und 90,1x58,1 (20,05). -- 96.8x59(18,4) und 91.1 x 60,5 (18,2). Ein weiteres ausnehmend großes Ei mißt 101x62,5 mm, Gewicht 20,'2 g. Die 8 isländischen Exemplare meiner Sammlung halten sich in den angegebenen Grenzen. Pearson erhielt ein frisches Gelege auch noch am 12. Juli (Ibis 1895, p. 246). Die Vögel sind am Brutplatze viel weniger scheu als sonst, sollen aucii gegen Ende der Brutzeit das feuchte, schmutzige Nest nur schwer verlassen. Sie fliegen dann uugern auf, suchen sich meist durch Schwimmen mit tief- eingesenktem Körper oder bei Gefahr durch Tauchen zu verbergen und lassen in iliren abgelegenen Gebirgswässern den Menschen fast immer auf 40 — 50 m, ja selbst noch näher herankommen. Beide Vögel des Paares brüten abwechselnd mit großer Fürsorglichkeit. Die Brutdauer beträgt nach Faber etwa 30 Tage, die Dunenperiode der Jungen ungefähr 45 Tage. Leider konnte ich weder selbst solche erhalten, noch in der Literatur eine genaue Beschreibung von ihnen finden. Sie leben sehr versteckt und wissen sich äußerst geschickt den Blicken der Menschen zu entziehen. Die Alten führen sie bis zum Flugbarwerden, worauf gewöhnlich im September die kleine Familie das Nist- revier verläßt. Die Vögel kommen nun nach tiefer gelegeneu Gewässern und späterhin nach dem Meere, das sie von jetzt an zu ihrem Hauptaufenthalts- orte wählen. Viele überwintern daselbst, besonders im eisfreien Süden, doch sollen nur ausnahmsweise einige Exemplare im Innern des Landes zurückbleiben, wo offenes Wasser ihnen genügende Fischuahrung zu bieten ver- mag. Andere, wahrscheinlich mehr die jüngeren Tiere, verlassen die Insel im Oktober. Gäste von Grönland und Jan Mayen mögen die Lücken teilweise ausfüllen. 202 Urinator arcticus. 4. Urinator arcticus (L.). Polarseetaucher. Colymbus arcticus Linn.: Faber, Prodromus, S. 60 (1822). — Gröndal, fslenzkt fuglatal. bis. 52 (1895) und C)riii,s XI, ]). 457 (1901). -- Urinator arcticus: Kiemschneider, Ornith. Monatsschrift XXI, 8.321 (1896) und XXVII, S. 404 (1902) und XXIX, S. 48 (1901). - Colyinbus arcticus, L.: Slater, Birds of Iceland, p. 135 (1901). Colymbus arcticus, L.: «Jollin, Skandinaviens Fugle, S. 727 (1877). — Ogilvie- Grant, Uat. Birds Brit. Mus. XXVI, p. 492 (1898). — Gavia arcticu (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas XII, S. 132 (1903). Isländisch: Nach Riemschneider Himbrimi. Brüsi (partim). Urinator arcticus brütet im Norden von Europa und Asien und soll von der Parry-Expedition auch auf den Melville-Inseln gesammelt worden sein, wobei es sich aber wahrscheinlich um den verwandten nearktischen Urinator jmcificus (Lawr.) ge- handelt hat. Soweit die Angaben nicht ebenfalls auf Verwechslungen beruhen, brütet unsere Art in Europa ungefähr vom 55. Breitengrade an nordwärts. Sie ist in Rußland und Finnland recht häufig, seltner in Schweden, noch vereinzelter in Norwegen. Die Britischen Inseln besucht der Vogel nur als seltener Gast. Von den Färöern wird bloB ein einziges Vorkommen gemeldet, und von Spitzbergen, der Bären-Insel, Jan 3Iayen und Grönland fehlen sichere Angaben über sein Auftreten vollständig. Island scheint der Polartaucher ausnahmsweise als Gast zu besuchen, wobei es sich um Exemplare handeln dürfte, die über Schottland und die Färöer nach unserer Insel verschlagen wurden. Die meisten Keimer der Avifauna Islands, insbesondere auch Faber, stellen das Vorkommen der Ali durchaus in Abrede. Nur Dr. Riemschneider behauptet (1. c), im Juli 1895 ein Paar der Vögel am Myvatn l)eim Neste beobachtet und auch später noch in Akureyri Eier unsrer Art gesehen zu haben. Da aber die Beschreibung der Eier vermuten läßt, daß es sich um solche von U. imher gehandelt hat, würde die Aufnahme von U. arctlms in vorstehendem Verzeichnisse unterblieben sein, wenn nicht Riemschneider ausdrücklich versicherte, daß dieses ihm unter- laufene Versehen bezüglich der Eier nichts an dem Vorkommen des Vogels selbst in Island ändere. „Ich habe am Myvatn ein erlegtes Exemplar von Urinalor ai-cticas gesehen, ja noch mehr (!), ich habe den Vogel vor meinem Gewehr gehabt — leider entkam er schwer krank geschossen — , und ich habe die Eier aus dem Nest genommen" (?) (Ornithol. Monatsschrift 1904, S. 48). An das Vorkommen des Polartauchers als regelmäßiger isländischer Brutvogel kann ich vorläufig nicht glauben. Sein gelegentlicher Besucli der Insel aber, von einjährigen, noch nicht fortpflanzungsfähigen Vögeln auch während des Sommers, ist mir nicht unwahrscheinlich, und ich nehme an, daß es sich in besagtem Falle um ein solches verirrtes Exemplar gehandelt hat. Doch weiß ich selbst durch Vorkommnisse, wie leicht man U. imher für U. arcticus halten kann, wenn er bei gewisser Beleuchtung auf dem Wasser schwimmt. 5. Urina^tor lumme (Gunn.). Nordseetaucher. Colymbus rufogularis (I\Ieyer): Faber, Prodromus, S. 59 (1822). — Colymbus lumme Brunn.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 421 (1862). — Colymbus Urinator lumme. JQ3 septentrionalis Linn.: Newton, in Haring-üoulds Iceland, p. 421 (186B). — Uröndal, islenzkt luglatal, bis. 52 (1895). - Slater, Binis of Iceland, p. 135 (1901). Colytnbiis septentrionalis, L.: Coliin, Skandinaviens Fugle, S. 729 (1877). — Ogilvie-Cirant, Cat. Birds Brit. Mus. XXVJ, p. 487 (1898). — AVinge, Grönlands Fugle, S. 131 (1898). — Gavia lumme (ninn.: Naumann, Vögel Mitteleuropas XU, S. 139 (1903). Isländisch: jjöinur (Etymologie unklar, vielleicht vom alten lömr = Betrug), nach Sveinn Pälsson auch f>errirkräka (perrir = Dürre, Kräka = Krähe), weil man das Geschrei des Vogels besonders bei dürren Zeiten hören soll. xAuch deutsch: Lom, Lumme. Dan. & norw. : Lom. Schwed.: Lum, Luma. Engl.: Loon. Fär. : Louraur. Urinator lumme brütet zirkumpolar im allgemeinen vom 60. Grade an soweit nordwärts, als offenes Land sich findet. Im Winter geht er in allen Erdteilen bis etwa zum Wendekreise hinab. Er ist die häufigste Art der Gattung und auch in Europa weit verbreitet. Er bewohnt hier das nördliche Rußland und Skandinavien, eJjenso Nowaja Semlja, Franz- Joseph-Land, Spitzbergen, die Bären-Insel, Jan Mayen und Grönland, vereinzelt auch Westschottland, die Hebriden, ürkaden, Shetlands und Färöer. Iii Island findet sich der Noi'dseetaucher gleiclifalls als verbreiteter ßrutvogel iu den meisten Teilen des Landes. Zur Zugzeit trifft mau ihn gewöhnlich auf dem Meere oder auf breiten Strömen in der Nähe der Küste. Als Brutplatz wählt er dagegen stille Teiche inmitteu von fruchtbaren Hügel- landschafteu und Tälern, am liebsten solche, die mit reichlichem Pflanzen- wuclise, hohen Gräsern und Schilf umsäumt sind. Iu öden Gebirgspartieu begegnet man ihm selten. Gelegentlich streicht er auch zur Brutzeit nach benachbarten tischreichen Strömen oder dem Meere. Er ist ein hurtiger Flieger, der geradlinig und hoch durch die Luft eilt. Nach Faber erscheint unser Seetaucher im Süden Islands in der 2. Aprilwoche, im Norden Anfang Mai. Ich sah Ende April einzelne der Vögel auf dem Meere bei Reykjavik, auch etliche Kilometer abseits vom Ufer, später fast nur im Innern des Landes. Sie waren nicht besonders scheu, manchmal sogar neugierig dreist. Als ich mich am 21. Mai bei Blöuduös in der Nähe einer Kiesbauk niedergebeugt hatte, auf der unter zalilreicheu Exemplaren von Palidmi alpuia auch 4 solche von Crt/inophiliis jnlimrim umherliefen, tauchte plötzlich etwa 10 m vor mir ein Nordsee- taucher auf. Sobald er mich gewahrte, sank er bis au den Hals ins Wasser, weil ich aber regungslos in meiner Stellung verharrte, kam er langsam noch näher geschwommen, sodaß ich sein verwundertes Mienenspiel beobachten konnte. Da mein Interesse den Wassertretern galt, die ich nicht zum Schusse bekommen konnte, erhob ich mich endlich, worauf der Vogel blitzschnell untersank und erst nach 1 — 2 Minuten weit draußen im Meere wieder sichtbar wurde, um sofort von neuem zu verschwinden. Nicht selten schwimmen unsere Taucher die Flüsse aufwärts, wobei sie starke Strömung mit ziemlicher Leichtigkeit zu überwinden vermögen. Ebenso sind sie fähig, heftiger Dünung zu widerstehen. Mitte bis Ende Mai begeben sich die dann schon gepaarten Vögel fliegend nach den Brutgewässeru im Innern. Wenn möglich benutzen ältere Paare die vorjährige Niststelle oder wenigstens einen benachbarten Ort. Zwei Nester, die ich untersuchte, befanden sich dicht am Wasser, sodaß der brütende Vogel auf einer kurzen 104 Ürinatfir liiiii'iie. glatten Rinne in dieses gleiten konnte. Die flache Nestnuilde liatte eine Größe von etwa 25 cm Durchmesser, war naß und mit faulenden Pflanzen- stoften, besonders Schilf und starken Gräsern, belegt. Doch werden bis in die letzte Zeit der Bebrütung frische Halme hinzugefügt, worin sich die Gattungen Urbmtor und Colyinhus gleichen. Mehrfach benutzte Nester sind ziemlich dick. Ab und zu sollen aber jüngere Vögel auch ohne jeden Unter- bau in eine flache Vertiefung legen. (Vergl. Krüper in Naumannia 1857, 11, S. 8). Unter normalen Verhältnissen werden die Eier im Juni gezeitigt. Die 5 datierten Gelege meiner Sammlung aus Nordisland sind zwischen dem 12. und 28. Juni gefunden worden. Doch gibt es in geschützten Gegenden auch Ende Mai schon Eier. Krüper z. B. erhielt, noch dazu im Nordlande, Gelege am 25. d. M. (1. c). Die Zahl der Eier beträgt 2, eins mehr ist seltne Ausnahme, eins weniger kommt bei Nachgelegen vor. Einige isländische Exemplare meiner Sammlung zeigen folgende Maße: 77,2 x 44,5 mm (5,8 g) und 76,5x43,8 (5,7). 74,5x45 (H,2) und 74x44,5 (6,2). 67 X 45,2 (6) und 66,5 X 45,5 (5,7). 77 x 47 (6,9). 72 x 42 (5,4). 69 x 42.8 (6,3). 68 X 43 (5,2). Die Brutzeit beträgt nach Faber 24 — 28 Tage. Männchen und Weibchen, die sich ja auch nur durch ihr Benehmen und die Stärke des Halses und Kopfes unterscheiden, brüten abwechselnd und sind sehr besorgt um die Eier. Selbst wenn man den Vogel schon mehrfach vom Neste auf- getrieben hat, verläßt er dieses gegen Ende der Periode erst bei einer Annäherung auf 5 — 10 m. Dann gleitet er fast unsichtbar ins Wasser, kommt weit abseits wieder zum Vorscheine und schwimmt angstvoll beobachtend umher, ohne von neuem zu tauchen. Dabei läßt er ein leise klagendes Wau auw hören, dieselben Töne, die verbunden und laut die dämmernde Abend- stille als Balzgesang unterbrechen und dem Rufe des Eistauchers ähneln. Hierdurch versuchen die Alten, die Blicke des nahenden Feindes vom Neste auf sich zu lenken. In die Enge getrieben fliegen die Vögel in die Höhe, strecken den Hals weit vor und erscheinen dann recht groß. Tm Fluge lassen sie besonders häufig ihre eigentlichen Lockrufe hören: tief und knarrend gagagak, einsilbig gak gak oder auch gagagagagauw und ähnlich. FJntfernt man sich vom Neste, kehren die Vögel bald wieder dabin zurück. Faber fand die ersten Duuenjungen am 22. Juni (l. c). Riem- schneider 2 mehrere Tage alte beim Myvatn am 23. d. M. (Ornith. Monats- schrift 1896, S. 279). Mir wurde am 29. Juli an einem kleinen Teiche in unmittelbarer Nähe dieses Sees ein Nest gezeigt, das noch das eine Ei enthielt, während dem andern das Junge bereits entschlüpft war und bei dem nicht brütenden Vogel auf dem Wasser schwamm. Ich ließ mir dieses Tierchen zum Zwecke seiner Präparatiou von einem Manne, der in das brust- tiefe, völlig klare Wasser watete, fangen. Es bewegte sich so schnell unter der Oberfläche dahin, daß es kaum eingeholt werden konnte. In die Hand genommen ließ es ein feines Piep hören. Dieser kaum tagealte Vogel besaß ein (Tewicht von 82 g und eine Gesamtlänge von 175 mm. Sein Gefieder zeigt auf der Überseite viel längere und weichere Dunen Frutercula arcticii glacialis. IQ^ als auf der äußerst dicht besetzten Unterseite. Er hat eine rauchschwärzliche Allgemein- färbung ohne irgendwelche Zeichnung. Auf dem Rücken ist er am dunkelsten, etwas matter auf dem Oberhalse und dem langflaumigen Oberkopfe. Die übrigen Teile des Kopfes, und Halses, sowie der Unterleib, erscheinen mehr aschgrau, der Bauch fast weißlichgrau gefärbt. Das Dunengetieder ist viel dichter und weicher als das junger Enten. Der Oberschnabel zeigt noch den weißlichen Eizahn und hat selbst eine glänzeudschwarze Farbe, die an den Seiten und an dem Unterschnabel etwas in Grau übergeht. An der Spitze ist letzterer weißlich, das Innere des Schnabels Üeischfarben- grau. Schnabellänge: IS mm, vom Ende der bis an die Nasenlöcher vorspringenden Befiederung bis zur Spitze: 7,5. Größte Breite des Oberschnabels, vor den Nasen- löchern: 2,8. Höhe des Schnabels bei diesen: 6. Tarsen: 22. Mittelzehe inkl. der 4 mm langen Kralle: 2(> mm. — Tarsen sowie die unteren Zehen schwarz, das übrige der Füße dunkelgraugelb, Mitte der Schwimmhäute weißlichgrau. Iris: dunkelbraun. — Im Kröpfe des Vogels befand sich eine 7 cm lange kopflose Forelle, sein Magen war mit ungefähr gleichgroßen Fischen vollgestopft. Die alten Eistaucher führen ihre Jungen mit größter Sorgfalt bis zu deren Flugbarwerden, was Fabers Beobachtungen zufolge etwa 40 Tage nach dem Verlassen des Eies eintritt. Vielfach nicht eher als Mitte September entfernen sich die Familien fliegend von dem Brutplatze, benutzen die Ströme als Zugstraßen, wenn sie nicht vorher diese abwärts geschwommen sind, und kommen endlich an das Meer. Ihr Zusammenhalt wird loser, und besonders die alten Männchen isolieren sich. Diese überwintern nicht selten an oflenen Küsten, ab und zu auch im Innern des Landes. Die übrigen Vögel aber fliegen spätestens Ende Oktober nach südlicheren Gegenden, wobei sie vorübergehend auf den Vestmannaeyjarn und anderen kleinen Inseln Halt machen. 6. Fratercnla arctica glacialis Steph. Papageitaucher. Mormon fraterculn (Temm.): Faber, Prodromus, S. 50 (1822). — Mormon fratercnla Temm.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 424 (1862). — Fratercula arctica (Linn.): Newton, in Bariiig-Goulds Iceland, p. 421 (1863). — Mormon fratercula Temm.: Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 51 (1895). — Fratercula arctica (Linn.) & F. glacialis, Naum.: Slater, Birds of Iceland, p. 132 and 133 (1901). Fratercula arctica (L.): CoUin, Skandinaviens Fugle, S. 741 (1877). — Ogilvie- Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XXYL p.6l6 (1898). — Winge, Grönlands Fugle, S. 239 (1898). — Naumann, Vögel Mitteleuropas XII, S. 247 (1903). Isländisch: Lundi (Etymologie unklar), selten Prestur (= Priester), Pröfastur (= Propst), Luiidaprofastur. Die Jungen: Lundakofa (von kofi = Versteck, weil die Vögel in Höhlen wohnen). Auch deutsch: Lund. Dan. & norw.: Luude. Schwed.: Lunne. Fiun.: Lunni. Fär. : Lundi. Ob und inwieweit Fratercula arctica arctica (L.) und Fratercula arctica glacialis Steph. auseinanderzuhalten sind, mag zunächst unberücksichtigt bleiben. Erstere Form wird in der Hauptsache als paläarktische und nearktische, letztere als rein arktische aufgefaßt. Das Verbreitungsgebiet von Fratercula arctica überhaupt erstreckt sich auf den nordatlantischen Ozean und das angrenzende Eismeer, nordwärts so weit offenes Land sich findet, ostwärts bis an die Westküste von Nowaja Semlja und Franz-Joseph- Land, westwärts bis zur Nordostküste Amerikas, südwärts bis zu den Normannischen Inseln, ja vielleicht sogar bis zu der portugiesischen Küste. Auf allen nordischen Insel- gebieten brütet unser Vogel in beträchtlicher Menge, in Norwegen bis zum Christiania- 106 Fratercula arctica glacialis. fjord hinab, auch an vielen Stellen der englischen, irischen und schottischen Küste. Im Winter zieht er gelegentlich bis zu den Wendekreisen südwärts. In Island gehört der Papageitaucher gleichfalls zu den gemeinen Brut vögeln. Wenn er auch durchaus an das Meer gebunden ist, findet er sich doch in großen und kleinen Kolonien an ziihlreiehen Stellen der Küste und auf vorgelagerten Gestadeinseln, ja er raag neben dem freilich nirgends in besonderer Menge auftretenden Cepphus fjrt/Ue die verbreitetste Art der sogenannten Felsen vögel darstellen. In bedeutender Zahl wohnt er natürlich auch auf den Vestmannaeyjaru und auf Grimsey. Es steht fest und läßt sich verschiedenartig erklären, daß unsere Art in höheren Breiten, vor allem in den auch landschaftlich arktischen Gebieten, die Neigung besitzt, größere Körpermaße anzunehmen, insbesondere einen stärkeren Schnabel und, was wohl noch mehr berücksichtigt werden muß, längere Flügel zu entwickeln. Will man, um dies anzudeuten, von einer F. a. glacialis reden, mag es berechtigt sein, und nur in diesem Sinne habe ich den Namen angewendet. Ich erkenne aber nicht die Möglichkeit, nach den heutigen Diagnosen, die sich ausschließlich auf Größenverhältnisse stützen, zwei sicher zu trennende Subspezies oder gar Spezies zu unterscheiden. Für noch weniger berechtigt sehe ich vollends die Auffassung an, daß F. a. glacialis nur auf Spitzbergen und Nordgrönland beschränkt sei. Schalow spricht sich in seinen Vögeln der Arktis (S. 122) zwar dahin aus, daß F. glacialis der Vertreter von F. arctica im ganzen arktischen Gebiete, wozu er Island nicht mitrechnet, von Nowaja Semlja bis Grönland sei, doch halte ich auch diese Begrenzung für zu eng. Meine 2 mitgebrachten Grimseyer Bälge besitzen wenigstens größere Schnabelmaße als verschiedene von mir* untersuchte alte Vögel von Spitzbergen, z. B. ein Exemplar im Berliner Museum, wie ich in der .lanuarsitzung 1904 der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft in Berlin gezeigt habe. Ein altes cj von Spitzbergen im Dresdener Museum, gesammelt am 12. .Juni 1900, zeigt folgende 3Iaße. Schnabelhöhe: 43 mm. Flügel: 178. Schwanz: 58,5. Tarsen: 29. Mittelzehe inkl. der 13 mm langen Kralle: 51 mm. Die in der Literatur angeführten, bei unsern Formen immer zuerst beachteten Schnabelmaße be- sitzen freilich nur dann vollkommenen Wert, wenn genau angegeben ist, in welcher Weise man die Messung vornahm. So wird z. B. in Naumanns Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas XII, S. 250 die Schnabelhöhe für F. arctica mit 47. für glacialis mit 49 mm angegeben, während Winge als Höchstmaß für grönländische glacialis des Kopenhagener 3Iuseums 42 mm (Nasbets Hejde) anführt, bei gewöhnlichen arctica (aus- gewachsenen Exemplaren und scheinbaren Brutvögeln) bis auf 32 mm hinabgeht (Grön- lands Fugle, S. 240). Meine Schnabelmaße sind mit dem Zirkel genommen und beziehen sich auf die Entfernung vom Beginne der beiderseitigen Firsten des Ober- und ünter- schnabcls; mit Bandmaß gemessen vermehren sie sich um c. 3 mm. 15 Papngcitauclier von (irimsey. P]nde .Juni im Fleische gomessen, ausgefärbte, an den Brutplätzen gefangene Vögel, von denen freilich nicht feststeht, wieweit sie selbst in Fortpflanzung begriffen waren, zeigten folgende Maße: Gesamtlänge: 350 345 365 370 335 355 360 340 385 335 360-350 365 350 360 mm Flügellänge: 164 153 165 174 157 163 168 162 165 163 168 165 163 164 172 „ Schuabelhöhe: 32 34 37 37 38 40 41 41 42 43 43 44 45 42 42 „ Die beiden letztgenannten Exemplare befinden sich in meiner Sammlung, die übrigen habe ich unmittelbar hintereinander in gleicher Weise gemessen. Die Angaben lassen erkennen, daß eine Übereinstimmung zwischen Schnabelhöhe und sonstigen Größenverhältnissen nicht besteht. Doch ist sicher, daß die Schnäbel männlicher Individuen eine bedeutendere Größe erreichen als die weiblicher. So erwiesen sich meine beiden präparierten Exemplaie als männliche Brutvögel, die beiden zuerst an- geführten, die ich wegen ihrer geringen Schuabelhöhe gleichfalls anatomisch unter- suchte, als Weibchen mit gering entwickelten Eierstöcken. Lebend beobachtete ich viele gepaarte \'ögel bis auf wenige Meter Entfernung. Besonders deutlich sah ich Fratercula arctica glacialis. 107 die erheblichen Schnabelunterschiede der Geschlechter auch bei Tieren, die sich in Fußschlingen gefangen hatten. Der angepaarte freie Vogel kam nämlich in vielen Fällen zu dem gefesselten geflogen, bemühte sich in rührendster Weise um diesen und setzte sich stundenlang dicht neben ihn. Der Vergleich obiger Schnabelmaße mit den von Winge für grönländische Exemplare angegebenen (1. c ), welche die ausführlichsten sind, die mir zur Verfügung stehen, veranlaßt mich, die Papageitaucher Grimseys und zum mindesten auch die der übrigen Nordküste Islands zu F. a. glacialis zu ziehen, zumal die Vermutung vorliegt, daß die kleinschnäbligen Vögel jüngere, vielleicht noch nicht einmal fortpflanzungs- fähige Individuen waren. Newton berichtete auch schon 1864, daß Proctor von Grimsey 2 Bälge der Art, die später in die Sammlung Tristram kamen, erhalten und für die Variation glacialis angesprochen habe (Ibis 1864, p. 182). Allerdings fehlt hierbei die Angabe, ob es sich um Brut- oder Wintervögel handelte, doch ist ersteres wahr- scheinlich. Inwieweit das südliche Island, das ja in bezug auf die Gattung Uria erhebliche Unterschiede gegenüber dem Nordlande zeigt, auch bei Fratercula andere als die erwähnten Verhältnisse besitzt, mag noch dahingestellt bleiben. Herr Dr. Jönsson auf Heimaey war so freundlich, mir eine Anzahl großschnäbliger Brutvögel von den Vestmannaeyjarn zu versorgen und nach Reykjavik zu senden, die leider während meiner Abwesenheit daselbst ankamen und verdarben. 2 Köpfe solcher Vögel, die ich aufgehoben habe, zeigen 41 und 40 njim Schnabelhöhe. Folgende Notizen über die 2 von mir präparierten Exemplare seien noch hinzu- gefügt. Gewicht i. FL: c. 750 g. Flugbreite: 580,600 mm. Schwanz: 58,54. Schwanz -f Flügel: 20, 25. Tarsen: 32, 33. Mittelzehe mit der 9 bezw. 10 mm langen Kralle: 47 bezw. 48 mm. — Füße: hochzinnoberrot. Iris: dunkelgrau. Augenlid: hellpurpurn. Augenwülste: bleigrau und schwarzgrau. Hautwülste im Schnabelwinkel: lebhaft goldgelb. Unter der großen Menge der Vögel sollen sich gelegentlich einzelne weiße, isabell- farbige oder mattgraue Exemplare finden. Gröndal berichtet auch von einer drei- beinigen Mißgeburt (Ornis 1886, S. 367). lu günstigeven Teilen Islands kommen die Papageitaucher im April, auf den Yestraannaeyjarn z. B. nach Jönssou zwischen den 5. und 25. d. M., im Norden mitunter auch erst Anfang Mai nach ihren Brutplätzen, die sie für sich allein auf niedrigen, grasbewachsenen Holmen oder gemeinsam mit andern Arten auf mächtigen Vogelbergeu besitzen. Sie bevorzugen solche Örtlichkeiten, die mit einer Schicht weichen Erdreichs bedeckt sind, in dem sie bequem ihre Nisthöhle anlegen können, doch nehmen sie auch mit stein- durclisetztem Boden, ja gelegentlich, z.B. auf Grimsey, mit Felsritzen zur Anlage ihrer Wohnung fürlieb. Die Vögel suchen ihre vorjährige oder eine freigewordene Bruthöhle auf, reinigen diese von Schnee, hineingefallener Erde und Steinen, vertiefen sie mit Schnabel und Nägeln oder graben auch eine neue. Selten ist die schräg abwärts führende Eiugangsröhre kürzer als 1 m. die Höhlung selbst etwa 15—20 cm im Durchmesser, dunkel und vor Zugluft geschützt. Zur Zeit der . Bautätigkeit sind die Vögel äußerst lebhaft, fliegen ein und aus und zanken und streiten sich fortwährend, besonders wenn fremde Eindringlinge die Höhle beunruhigen. Dabei lassen sie eine knurrende, nicht weit hörbare Stimme vernehmen, aus der man deutlich den Ton der Gereiztheit erkennt. An sonnigen Mittagen und am Abende dagegen setzen sich die Vögel vor ihre Höhle oder auf Vorsprünge, putzen das mit Erde verunreinigte Gefieder und verdrehen fast eulenartig den Kopf. Andere kommen eben erst hungrig von der Arbeit aus ihren Löchern hervor und schwirren mit äußerst raschen Flügelschlägen auf das Meer, wobei sie die 108 Frutoi-cula arctica {j;laciaH.s. leuchtendroteu Beine breit auseinander nach liiiiten strockeii. Die gesättigt zurückkehrenden Tiere fliegen häufig auch hoch in der Luft, wie ich dies am 30. Ajiril bei präciitigem Abendwetter auf einer kleinen Brutinsel unsrer Vögel unweit Reykjaviks sah. Dort herrschte ein Leben wie an einem Bienen- stocke, und dies ist aus der Nälie zu beobachten doppelt interessant, weil die Vögel eine so eigentümliche, komisch wirkende Gestalt besitzen. An manchen Stellen haben die l*apageitaucher im Laufe der Zeit den Boden derart unter- wühlt, daß man ihn nicht ohne Gefahr betreten kann, ja das Erdreich bricht endlich von selbst zusammen und verschüttet die Höhlen. Die Nestmulde wird selten mit etwas Gras, Moos oder Tang aus- gefüttert. Die Ablage des einen Eies erfolgt kaum vor Mitte Mai, auf Grimsey fast immer erst Anfang bis Mitte Juni. ♦ Grimseyer Exemplare meiner Sammlung zeigen folgende 5Iaße: 69x44 mm (5,1g). H7x45(5,2). 65,2x45,5(4,5). 64,2x47(5,9). 64x46,2(5,3). 63,5x45 (4,9). 61,5x44 (5). Ihr Vollgewicht schwankte zwischen 66 und 76 g. Sie haben ein diinkelzinnoberrotes Dotter, das wenig durch die helle, wenn auch dicke Schale schimmert. In Nachgelegen finden sich nicht selten Zwergeier. Beide Vögel des Paares brüten abwechselnd sehr fest, lassen zornig ein rauhes Grrr hören, wenn man ihre Höhle, aufgräbt, und beißen sogar, wenn man sie vertreiben will. Fängt man sie vom Neste weg, was auf Grimsey in zahlreichen Fällen geschieht, so soll das Ei* doch sehr bald von andern, scheinbar nicht selbst zur Fortpflanzung geschrittenen Individuen angenommen und später auch das Junge von diesen versorgt werden. Das Innere der Bruthöhlen ist oft von zahllosen bläulichen Schmarotzerinsekten (DocojihotHR celedoxiis) bevölkert, die wahrscheinlich unsere Vögel sehr quälen und mir selbst beim Anfassen und Abbalgen derselben sofort in die Ärmel krochen. Die Brutdauer scheint nach übereinstimmenden Berichten etwa 5 Wochen zu währen. Faber redet freilich in seiner vortrefflichen Arbeit über unsern Vogel in Okens Isis 1827, S. 664, auch von 6 Wochen. Das langflaumige Dunenjunge, das oberseits dunkel braungrau, unter- seits weißlich aussieht, entwickelt sich äußerst langsam, wird aber von beiden Eltern reichlich mit kleinen Fischen, Krustaceen und andren Seetiei-chen gefüttert. Hierbei lassen die alten Vögel nicht selten ein gezogenes Ho oder Ha hören, das im Tonfälle auf- und absteigt. Die Jungen sollen einen flötenden Stimmlaut hervorbringen, den ich aber selbst nicht vernahm. Auf dem Vogelberge herrscht zu dieser Zeit wieder reges Leben. Geschäftig fliegen die Alten zwischen Meer und Brutplatz hin und her. obwohl ein Vogel des Paares gewöhnlich in oder bei der Nisthöhle bleibt. Nur wenige Stunden um Mitternacht gönnen sich beide Teile Ruhe. Sie kriechen, falls das Wetter regnerisch und stürmisch ist, in ihre Höhle, bei milder, ruhiger Luft jedoch versammeln sich viele am oberen Rande des Berges oder auf Fels- vorsprüngen, vertragen sich jetzt weit besser als zu Anfang der Fortpflanzungs- zeit, lassen aber nur selten ihre Stimme hören, am häufigsten noch ein leises Schnurren, ausnahmsweise bloß das gedehnte Ha. Dem Menschen gegenüber sind derartige Vögel wenig scheu. Auf Grimsey konnte ich mich ungedeckt Ceppliiis gryllo grylle. 109 bis auf etwa 5 m nähern. Dann werden sie unruhig, trippeln uraher und schwirren endlich in flachem Bogen nach einem andern Ruheplatze hin. Übrigens können die Vögel auch ziemlich gut laufen. Die Dunenperiode dauert ebenfalls 5 — 6 Wochen. Das Junge ver- läßt die tinstere Bruthöhle kaum eher als Eude August, zumeist aber erst im September. Doch kommt es schon vorher bis an den Ausgang der Röhre, schaut das Sonnenlicht und macht sich mit der Außenwelt bekannt. Ks hat ein ähnliches Federkleid wie die Alten, sein Schnabel ist aber noch schmal. Nach einigem Zögern versucht es mit den Artgeuossen das Flattern in die Tiefe, kommt meist glücklich ins Meer und erwählt dieses zu seinem nunmehrigen Aufenthalte. Ks lernt von andern seinesgleichen das" Aufsuchen der Nahrung, wird jedoch von seineu bisherigen Yersorgern nicht eigentlich geführt. iMitunter trifft man bis Ende des Jahres junge Vögel in der Nähe ihrer Brutplätze, die meisten aber verlassen, gemeinsam mit den alten, im Oktober das Land, ziehen hinaus auf den freien Ozean und verbringen daselbst den Winter. Auf den Vestmannaeyjarn verschwinden die Vögel zwischen dem 20. Oktober und 5. November (Jönsson). Sie scheinen, wenigstens auf dem Südlande, sich nicht allzu weit von den Sommerwohusitzen zu entfernen. Ob freilich die wenigen Tiere, die man auch während des Winters beim Lande sieht, Standvögel, gelegentliche Besucher oder fremde Gäste aus nörd- licheren Gegenden sind, ist schwer zu sagen. 7. Cepplius grylle grylle (L.). Gryll-Lumme. Uria grylle (Lath.): Faber, Piodroinus, S. 39 (1822). — Uria grylle Briiunich, Preyei- (& Zirkel), Reise nach Island, S. 42;j (1862). — Uria grylle (Linn.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 419 (1863). — Uria grylle L. : Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 51 (1895). — Uria grylle (Linn.): Slater, Birds of Iceland, p. 130 (1901). Uria grylle (L.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 736 (1877). — Ogilvie-Grant, Cat. Birds ßrit. Mns. XXVI, p. 580 (1898). — Cepphns grylle (L.): Winge, Grenlands Fugle, S. 214 (1898). - Naumann, Vögel Mitteleuropas x'll, S. 234 (1903). Isländisch: Teista (Etymologie unklar, nach Faber von der Stimme des Vogels abgeleitet), alte Form peista, peisti. Die Jungen heißen Kofa (kofi = Versteck, weil die Vögel tief in Felsritzen erbrütet werden), genauer Teistukofa, auch Peturskofa (vielleicht, wie Olafsen vermutet, weil sich die Vögel nach St. Peterstag, d. i. der 22. Fe!)ruar, wieder dem Lande nähern). Auch deutsch, dän. & norw.: Teiste. Schwed.: Teiste, Teste. Fär. : Teisti. Engl.: Tystic. Bei der großen Ähnlichkeit und der geographischen Trennung kann ich Cepplms grylle grylle (L.) und Cepphus grylle. mandtii (Licht.) nur als subspezifisch geschieden ansehen. C. g. grylle brütet von Neufundland nordwärts bis Labrador, ferner in Grön- land. Island, auf den Färöern, in Schottland, Irland und Dänemark, sowie an den norwegischen Küsten östlich bis zum Weißen Meere. In der arktischen Region brütet C. g. mandtii von Spitzbergen ostwärts auf den meisten asiatischen Inselgruppen, im Gebiete des Nordpacifik die weit mehr verschiedene Spezies Cepphus columba Pall. In Island ist die Gryll-Lumme an allen Küsten verbreiteter und häufiger Brutvogel. Sie lebt auf den meisten Gestadeinseln, geht aber auch tief in die Fjorde hinein. Gewöhnlich brüten die Vögel in kleinen 110 Cepphus f^rylle grylle. Kolonien von etwa 4 — 10, seltner bis 20 Paaren, mitunter triflft man sogar einzelne Paare für sich allein. Zwar liebt unsere Art die Nähe anderer Scevögcl, docli iiält sie sich meist abseits von den dichtbesetzten Teilen der Vogelberge und bewohnt auch auf Grimsey und den Vestniannaeyjarn die stilleren Gegenden. Niedrige Klippen und Felstrünimer am Meeresstrande genügen ihr als Wohnstätte, an hölicrcn Bergen wühlt sie zumeist auch die unteren Partien. Etwa 10 isländische Brutcxemplare, die ich im Fleische untersuchte, mußte ich als typische Cepphtis grylle grylle ansprechen. Ob im Winter gelegentlich auch C. g. mandtii, der z. B. auf Spitzbergen Zugvogel sein suil, bei Island vorkonuiit, ist bis jetzt unermittelt. Einige Soiidorangaben über 3 in meiner Sammlung befindliche .Brutvögel mögen folgen. 1. und 2.: cj^ad.. Grimsey, 27. Juni 1903. Gewicht i. Fl.: c. 500 g. Gesamtlänge i. Fl.: 320, 340 mm. Flügel: 1.51, 154. Flugbreite: c. 510. Schwanz: 50, 52. Schwanz -(- Flügel: 20. Schnabellänge: 29, 28. Schnabelhöhe am Grunde: 10,5. Tarsen: 29,30,5. Mittelzeho inkl. Kralle (9,10): c. 41, 43. Iris: schwarzbraim. Schnabel: durchaus schwarz, innen samt Gaumen und Zunge: kirschrot. Füße: lebhaft hellkarminrot. Fett unter der Haut: matt zinnoberrot. Magenwand: hellgrün. — 3. Saudarkrökr, Mai 1902. Flügel: 151. Schnabel: 31. Tarsen: 31. Mittelzehe inkl. Kralle (10): c. 45. Dagegen zeigt ein altes (5 von C. g. mandtii aus Spitzbergen, gesammelt am 12. .Juni 1900, jetzt im Dresdener Museum befindlich, folgende Maße. Flügel: 155 mm. Schnabellänge: 29. Seliiiabelhühe: 9. Tarsen: 34. Mittelzehe inkl. der 10 mm langen Kralle: 42 mm. . Im Süden Islands nähern sich die Gryll-Lummeu mitunter schon Ende Februar, in der Regel aber erst von Mitte März an, den Brutgegenden. Für die Vestmannaeyjar gilt als Ankunftstermin die Zeit vom 15. bis 25. d. M. (Jönsson). Die Vögel sind dann oft schon in Sommertracht. Im Nordlande, wo das Meer nicht selten noch mit Treibeis bedeckt ist, erscheinen die Tiere auch nur wenig später. Sie schwimmen scheinbar nicht ungern zwischen den Schollen dahin, tauchen tief unter diesen hinweg oder klettern flatternd hinauf, wenn sie sich sonnen wollen. Ich konnte dies noch in der zweiten Hälfte des Mai häufig beobachten, zumal die Vögel wenig scheu sind, mitunter sogar lialbestuiidenlang furchtlos das stillstehende Schiff umschwimmen. Mit dem Aufsuchen des Brutplatzes warten indes die Paare solange, bis der Schnee aus Felsspalten und Höhleu verschwunden ist, was selten vor Ende April oder Anfang Mai geschieht. Von da an fliegen sie häufig zwischen dem felsigen üfer, das ihre Niststätte bergen soll, und dem Meere hin und her. Sie benehmen sich dabei lebhafter, als ihre größeren Verwandten. Der Flug ist freilich auch geradeaus gehend, fördert aber rasch und wird mit äußerst schnellen, fast schwirrenden Flügclbewegungen ausgeführt. An geeig- neten Örtlichkeiten kann man häufig auch den. zutraulichen Vögeln beim Schwimmen unter Wasser zusehen, wobei sie ein wenig die Flügel öö'nen, den Kopf nach vorn oder unten richten und lebhaft mit den roten Beinen rudern. Oft deuten aufsteigende Luftblasen die Stelle an, wo sich der Vogel befindet. Für gewöhnlich tauchen die Tiere imr "/^ — 1 Minute, kommen dann ^2 Minute an die Oberfläche, um von neuem zu verschwinden. Ich Cepphus grylle grylle. Hl beobachtete dies vielfach mit der Uhr in der Hand. Treiben sich die Paare auf dem Wasser oder ruhen kleine Scharen auf Felsbrocken eng beisammen, so unterhalten sie sich mit hohen Stimmlauten, die meist ziemlich sanft, etwa wie piep klingen, manchmal aber auch hastig hintereinander hervor- gebracht werden, soduß man deutlich ein scharfes S durchhört. Dabei strecken die Vögel den Hals nach vorn und öifnen den Schnabel. Dieser ßuf, der mitunter tatsächlich an das Locken des AVasserpiepers erinnert, liegt höchst wahrscheinlich dem weitverbreiteten Namen unsrer Art, Teiste, zu Grunde. Die Nestmulde findet sich in den zerklüfteten Felswänden oder in Zwischenräumen von Steintrümmern am Meere, meist wohlgeschützt und oft über 1 m tief. Der Eingang ist jedoch selten steil abwärts gerichtet, obwohl ich dies dicht beim l'farrhofe in Grimsey auch sah, gewöhnlich so schmal, daß man den Arm nicht hineinstecken kann. Doch erblickt man mitunter die Eier in der dunkeln Höhle schon von außen. Ein eigentliches Nest bauen die Vögel nicht. Oft legen sie ihre Eier auf klares, zerbröckeltes Gestein, manchmal findet man aber auch Erde, etwas Moos oder Gras in der Mulde. Die Ablage der Eier scheint selten vor Juni zu erfolgen, auf Grimsey gewöhnlich erst in der zweiten Hälfte dieses Monats. Freilich sammelt man die Eier nur gelegentlich, w'eil ihr Suchen zu viel Mühe bereitet, sodaß wenig genaue Daten vorliegen. Einige von mir selbst präparierte (.Trimseyer Gelege zeigen folgende Maße: 58,2 X 37,5 mm (3,8 g) und 59 x 37,8 (3,8). 5ti,6 x 39,2 (3,9) und 57,8 X 39 (3,85). 56,5 X 39 (3,fi) und 60,2 x 39 (4,05). 56,5 x 39 (4) und 57,2 x 39,5 (4,2). 55,5 x 38 (3,3). 53,5 X 35,2 (voll 35, leer 3.5 g) und 57,5 x 38 (voll 45, leer 4,3 g). — Frische Eier wiegen voll etwa 40 — 48 g. Jhr Dotter ist lebhaft zinnoberrot. Die Zahl der Eier beträgt fast immer 2. in Nachgelegeu häufig nur 1. 3 Stück bilden eine Ausnahme, rühren vielleicht auch von verschiedenen Weibchen her. Mitunter finden sich so großgefleckte Eier, daß sie an kleine Exemplare von Alca tonla erinnern. Beide Vögel haben einen Doppelbrutfleck am Bauche und sitzen abwechselnd auf dem Gelege. Anfänglich verlassen sie dieses jedoch regelmäßig täglich mehrere Stunden, was vielleicht der Grund ist, daß so häufig nur ein Junges zur Entwicklung gelangt. Späterhin brüten sie allerdings fester. Des Nachts wurden in verschiedenen Fällen, die mir zur Beobachtung kamen, Mäimchen auf dem Neste gefangen, am Tage Weibchen, wie ich durch anatomische Untersuchung feststellte. Den Magen solcher Tiere fand ich immer leer. Die Brutdauer scheint nach übereinstimmenden Berichten etwa 3^/, Woche zu währen. Die grauflaumigen Jungen findet man also gewöhnlich nicht vor Ende Juni, Anfang Juli. Die Alten bringen ihnen, wie ich öfters beobachtete, reichlich kleine Fische. Wahrscheinlich verursacht der Transport der winzigen Krustaceen, von denen die Vögel sonst vielfach leben, Schwierigkeiten. Zu dieser Zeit herrscht an den Brutplätzen der Gryll-Lummen geschäftiges Treiben, doch verhalten sich die Alten ziemlich still, huschen heimlich in die Felsspalten und verlassen diese ebenso unauffällig wieder, um dem Meere zuzufliegen. Das bräunliche Jugendkleid wird von den Jungen innerhalb 112 Uria troile troile. eines Monats angelegt. Halbbefiedert aber kriechen die Tierchen schon aus der Nisthöhle hervor, ja sollen sich mitunter sogar freiwillig auf das Meer begeben, falls sie bequem dahin gelangen können. Dauernd verlassen sie die Bruttstätte erst nach vollendeter Befiederung, etwa Mitte August. Die Alten führen die ängstliclien Tierchen noch kurze Zeit und lehren sie das Tauchen und Nahrnngsuchen. Doch sieht man die Jungen anfänglich ganz selten fliegen. Bald darauf beginnt bei den alten Vögeln die Herbstmauser. Sie ent- fernen sich dann vom Ufer und suchen das offene Meer auf, scheinen indes nicht allzuweit fortzuwandern. Auf den Vestmannaeyjarn gilt als Haupt- abzugstermiu die Zeit vom 20. bis 31. August (Jönsson). Während der Herbst- und Wiutermouate soll man nur selten alte Vögel in der Nähe des Landes erblicken, am häufigsten noch bei heftigen Stürmen und vielem Treibeise. Die Jungen hingegen verbleiben in der Mehrzahl bei ihren Brut- orten und werden besonders im Südlande den ganzen Winter über gesehen. 8 a. Uria troile troile (L). Dünnschnäblige Lumme. Uria troile (Unn.): Faber, Prodromus, 8.42(1822). — Uria troile Lath.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 423 (18fi2). — Uria troile (h'mn.): Newton, in Earing- Ooulds Iceland, p. 420 (1863). — Gröudal, Islenzkt fuglutal, bis. 51 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 127 (1001). Uria troile (L.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 732 (1877). — Ogilvie-Grant, €at. Birds Brit. Mus. XXVI, p. 573 (1898). — Winge, Granlands Fugle, S. 221 (1898). — Uria lomvia L.: Naumann, Vögel Mitteleuropas XII, S. 217 (1903). Isländisch: Langnel'ja (langr = lang. nefja = Schnabel), meist zusammengezogen in Langvia, auch Längvia. Kollektivname für diese und verwandte Arten: Svartfugl (= Schwarzvogel). Deutsch gleichfalls: Lombe, Lomme, Langschnabel-Lnmme (die 2. Hälfte des Namens scheint dasselbe zu bedeuten wie die isländische Bezeichnung. Gegensatz zu Alca torcla). Dan.: Langnaebet Lomvie. Norw. : Lomvie, Langvia. Schwed. : Lomvia. Gäl.: Langaidh. Fär. : Lomvia. Uria troile troile ist von vielen Reisenden mit den verwandten Spezies ver- wechselt worden, sodaß ihre Verbreitung nicht mit völliger Sicherheit angegeben werden kann. Sie scheint nur das Gebiet des nordatlantischen Ozeans im weiteren Sinne und einige benachbarte Teile des Eismeers zu bewohnen; in die eigentliche arktische Region dringt sie indes nicht vor. An den pazifischen Küsten, wenigstens im Westen Nordamerikas, wird sie von der Subspezies U. t. californica (Bryant) ver- treten. Im Herbste trifft man sie südwärts bis zu den Vereinigten Staaten von Nord- amerika, den Kanarischen Inseln, Gibraltar und Italien. In Europa brütet sie an ver- schiedenen Stellen der schwedischen Küste, in Menge au den Gestaden Norwegens, nordwärts bis zu der Bären-Insel, ferner in geringer Zahl auf Helgoland, an einigen Punkten der französischen und sogar portugiesischen Küste, zahlreicher auf den Britischen Inseln, in Menge auf St. Kilda und den übrigen Hebriden, den Orkaden, Shetlands- Inseln und Färöern. In Grönland dagegen wird unsere Art durchaus nicht häufig und auch nur im südlichen Teile, nach Seebohm bis etwa zum 64. Grad nordwärts, ge- funden. In Labrador soll sie wieder zahlreicher brüten. In Island gehört die dünnschnäblige Lumme zu den gemeinen Brut- vögeln. Besonders im Süden der Insel findet sie sich in l)cdeutender Uria troile troile. 113 Menge, wohingegen sie im Norden auffällig hinter Uria lomvia an Zahl zurücktritt. An verschiedeueu Stellen der Küste trifft naan Vögel unsrer Art in kleinereu und dann gewöhnlich von Menschen wenig belästigten Kolonien; die Hauptmasse aber brütet an den hoch und steil aus dem Meere ragenden Vogelbergen, von denen die wichtigsten schon im I. Teile der Arbeit genannt wurden. Auf Grimsey, wo sie die unteren Partien der Felsen bewohnt, und soweit meine Beobachtungen beim Vorüberfahren reichten auch in der Gegend vom Cap Nord wird Uria trolle, nur in geringer Zahl angetroffen. Am Lätrabjarg soll sie bereits in gleicher Menge wie die dick- schnäblige Verwandte brüten, weiter südwärts an Zahl vorherrschen und auf den Vestmauuaeyjarn die bei weitem häufigste Lummenart sein. Diese Verschiedenheit in der Verbreitung von Uria troile und lomvia ist eins der auffälligsten Beispiele, wie der Norden Islands nicht bloß rein geographisch der arktischen Region weit näher steht wie der Süden, die Insel also fauuistisch keineswegs ein einheitliches Gebiet darstellt. Isländische Vögel scheinen völlig mit andern nordatlantischen Exemplaren überein- zustimmen. Folgende Bemerkungen über ein am 7. Juli 1903 von mir auf Grimsey gesammeltes $ ad., sicherer Bi-utvogel (Brutfleck), seien hinzugefügt. Gewicht i. Fl. : c. 1100 g. Gesamtlänge i. FL: 470 mm. Flugbreite: c. 710. Flügel: 200. Schwanz: 68. Schwanz -|- Flügel: 20. Schnabelläuge: 49,5. Schnabelhöhe am Grunde: 15. Tarsen: 46. Mittelzehe inkl. der 14 mm langen Kralle: 56,5 mm. -Iris: dunkelgrau- braun. Schnabel: einfarbig hornschwarz, innen samt Mundwinkeln gelb. Füße: dunkel- graubraun, nach hinten und Schwimmhäute schwarz (kein gelblicher oder grünlicher Streifen). Nägel: hornschwarz. — Das Kleingefieder des Rückens und Bauches beginnt bereits wieder zu mausern. Ich konnte Uria troile zwar an verschiedeueu Stellen der Süd- und Westküste Islands beobachten, jedoch nur vorübergehend. Auf Grimsey ist die Art wieder ziemlich selten und brütet hauptsächlich in den tiefer gelegenen Teilen der Felsen, die für mich unzugänglich waren. Unter weit mehr als hundert während meines Besuchs auf dieser Insel gefangenen Lummen war kein Exemplar unsrer Art, und ich erhielt zuletzt nur durch besondere Versprechungen das obenbeschriebene Weibchen. Doch sah ich die Vögel mehrfach lebendig, xluch wurde mir in Übereinstimmung mit meinen eignen Beobachtungen von allen Vogelfängern versichert, daß sich die beiden Lummen- arten wohl gern von einander absondern, in ihrer Lebensweise, Stimme usw. aber völlig gleichen. Ich gebe deshalb einige biologische Mitteilungen nur bei der Besprechung dermii* besser bekannten Uria lomvia und fasse mich hier ganz kurz. Auf den Vestmauuaeyjarn kommen unsre Vögel bereits zwischen dem 20. und 30. Januar nach dem Lande (Jönsson), erhalten aber das fertige Sommerkleid nicht vor Mitte März. Bezüglich der Stimme behauptet Faber, unsre Art bringe ihr Örr gedehnter hervor als die dickschnäblige Verwandte. Ich konnte bei mehrfachem aufmerksamen Vergleichen keinen feststehenden Unterschied finden. Die Ablage des einen Eies erfolgt auch im Süden Islands selten vor Mitte, gewöhnlich erst Ende Mai oder sogar Anfang Juni. Merkwürdig ist, daß man von vielen erfahrenen Vogelfängern übereinstimmend die Behauptung hört, die Eier von Uria troile, var. rhingvia und U. lomvia ließen Hantzsch, Vogelwelt Islands. ° 114 ^ria troile troile var. rhingvia. sich in den meisten Fällen unterscheiden. U. troile soll fein punktierte oder mit wenigen Linien besetzte Eier haben, die sich bei der Abart rhingvia zu engstehenden Schnörkeln und Schriftzeichen verdichten, während U. lornvia-Eler angeblich gröbere Punkte und Flecken aufweisen. Diese hauptsächlichsten Kennzeichen sind auf Grimsey allen Vogel- fängern geläufig, und tatsächlich sah ich daselbst auch unter Hunderten von Lummen- eiern zumeist grobgefleckte und stark punktierte. Trotzdem wage ich nicht, die Richtigkeit der Kennzeichen zu bestätigen. Konsul J. V. Havsteen in Oddeyri und andre, die Handel mit Vogeleiern treiben, behaupten allerdings, ihrer Sache ganz sicher zu sein und bestimmen alle Lummeneier selb.st, was gar nicht anders möglich ist, wenn man die Art des Sammeins an den Vogelbergen bedenkt. Der Käufer, dem viel an völlig zuverlässiger Bestimmung liegt, darf deshalb nicht Exemplare aus Island beziehen, sondern aus (iegenden, wo nur eine der beiden Lummenarten vorkommt. Da ich selbst unter weit über liundert Uria- Eiern kein einziges mir völlig authentisches Exemplar von Uria troile troile besitze, verweise ich mit 3Iaß- und 9,4 bis 83,26 mm, ihr Gewicht zwischen 44 — 50 g. Knochenüberreste dagegen können zweifellos an den erwähnten Ortlichkeiten Islands noch gefunden werden, am leichtesten in Abfallsliaul'en der Vestmannaeyjar und auf Reykjanes. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung würde es sein, diejenigen Klijipeu nochmals aufzusuclicn, wo Alca iinjieinns gebrütet hat, und sie einer ein- gehenderen Untersuchung zu würdigen, als dies bei verschiedenen bis jetzt geschehen ist. 11. Alle alle (L.j. Kral)bentaucher. Uria alle (Temm.): Faber, Prodromus, S. 44 (1822). — Mergulus alle Ray: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 424 (1862). — Mergulus alle (Linn.): Newton, in Baring- Alle alle. 123 Goiilds Iceland, p. 419 (186;i). — Merguhis alle Ray: Gröndal, Islenzkt fughital, bis. öl <1895). — Merguhis alle (Lina.): Slater, Birds of Ic-elaiul, p. 180 (1901). Arctlca alle (L.): Colliii. Skandinaviens Fugle, S. 738 (1877). -- Alle alle (Linn.): Ogilvie-Grant, Cat. Birds Hrit. ]\Ius. XXVI, p. 5t>9 (1898). — Merguhis alle (L.): Winge, Grönlands Fugle, S. 228 (1898). — Naumann, Vögel Mitteleuropas XII, S. 149 (1903). Isländisch: Haftirdill, Haf'tyrdill (haf = Meer, tyrdill = ein wenig, kleiner Klumpen), seltner, nach Mohr nnd Fabor im Südwesthmde, Hälkion, Halki^on (keltischen Ursprungs, Etymologie unklar). Alle alle ist einerein arktische Vogelart, die ostwärts bis Nowaja Semlja, west- wärts bis zu den Parry-Inseln brütend gefunden wurde. Aus den asiatischen und nordwestamerikanischen Ciebieten des Eismeers kennt man sie dagegen nicht. In Europa brütet Alle alle auf Franz-Joseph-Land, Spitzbergen, der Bären-Insel, Jan Mayen, 3Ievenklint und Grimsey; auch im nördlichen Grönland ist die Art häufiger Brutvogel. Im Winter streichen die Vögel südwärts, ausnahmsweise bis Virginia, zu den Azoren und Kanarischen Inseln. In Isbind kennt man den Krabbentaucher als Brutvogel, wie schon bemerkt, nur auf Grimsey, das er in etwa 150 — 200 Paaren bewohnt. Doch ist nicht ausgeschlossen, daß er noch an einigen anderen Punkten der Nord- und Nordwestküste gefunden wird, zumal kleinere' Kolonien von Alle alle sehr wenig auffällig sind. Grimsey stellt zugleich den südlichsten überhaupt bekannten Brutphttz des Vogels dar. Helms vermutet zwar ein noch bedeutend südlicheres Brüten am Sermilikfjord in Grönland, doch fehlen hierfür zunächst sichere Beweise. Im Winter zeigt sich unsere Art, besonders bei viel Treibeis, gelegentlich an allen Küsten lylands, bis hinal) zu den Vestmanuaeyjarn. Geographische Formen von Alle alle kennt man nicht, doch variieren -sogar Vögel derselben Brutgebiete beträchtlich in der Größe. Ein von mir am 27. Juni 1903 auf (xrimsey gesammeltes $ , sichrer Brutvogel (großer Brutfleck), hatte ein Gewicht von 1Ö8 g und eine Gesamtlänge von 210 mm. Flügel: 117. Flugbreite: c. 390. Schwanz: 41. Schwanz -|- Flügel: 5. Schnabellänge: 19. Schnabelhöhe: 10. Größte Schnabelbreite: 9,5. Tarsen : 20. 3littelzehe inkl. der 6.5 mm langen Kralle: 30 mm. — Schnabel: schwarz. Gaumen und die dicke Zunge: weißlich-fleischfarben. Iris: dunkel- braun. Füße: einfarbig schwarzbraun, Hinterseite der Tarsen nnd Schwimmhäute fast schwarz. (Dagegen zeigen 2 andere in jmeiner Sanmilung befindliche isländische Winter- bälgo gelblichbraune Zehen und Tarsen.) Magenwand: schön dunkelmeergrün. Magen- inhalt: Krustaceen. Der Krabbentaucher ist im allgemeinen Standvogel auf Grimsey. Zwnr sollen einzelne Scharen die Insel außerhalb der Brutzeit gelegentlich verlassen, doch scheinen sie sich nicht weit zu entfernen. Auch im Sommer fliegen die Vögel gern hinaus auf das freie Meer. Ihr Flug ist viel leichter als der ihrer gi-oßen Verwandten, beinah schwirrend, schnell fördernd und ziemlich geschickter Wendungen fähig. Fast immer fliegen die Vögel in Scharen zusammen, reihen sich aber nicht in Linien hintereinander. Kommen sie vom Meere nach dem Lande, so lassen sie sich auf Klippen und Fels- trümmern nieder, verhalten sich jedoch selten lange still, sondern laufen ein paar Schritte umher, flattern auch zu einem benachbarten Sitze, putzen sich und lassen bei jeder Gelegenheit ihre Stimmlaute hören, die ziemlich mannigfach sind. Ich notierte besonders ein kurzsilbiges, etwas gepreßtes Gägägä..., das oft lange fortgesetzt wird und an das Locken gewisser junger Raubvögel erinnert. Diese Töne sind wenig hell und werden ohne 124 ^'l*' 'il'ß- erlicbliclies Öffnon dos Schimbcls licrvorgoliraclit. Mitunter liört man an Stolle des Ä ein Ü oder s durcliklingon, besonders wenn die Vögel in ihrer lebhaften Weise sich gegenseitig zu überbieten suchen. Am Schlüsse des Vortrags verbinden sie oft die Silben zu einem rasch sclinarrenden Rrrr..., dem ein Ä vorklingt. Dieses Geräusch könnte man fast ebensogut mit einem schnarrenden Llll... wiedergeben, und Scottus behauptet (S. Okens Isis 1827, S. 648), daß der Vogel seinen lateinischen Namen darnacii erhalten habe, was niciit unwahrscheinlich ist, wenn man an den Zusammenklang vieler Stimmen denkt. Alle auch noch in anderer Weise variierenden Laute ver- nimmt man nur selten von einem einzelnen Vogel. Meist stimmt der ganze Schwärm in das Zetern ein, was ein gar nicht unangenehmes und äußerst charakteristisches Geräuscii ergibt. HäuHg antworten sogar die versteckt brütenden Vögel den ankommenden (matten, jeder Teil ist bemüht, seine Stimme so energisch wie möglich zur Geltung zu bringen, die freilich trotz aller Anstrengung der kleinen Vögel oft von dem durchdringenden Geschrei der Seescliwalben und Möven fast übertönt wird. Obwohl die Krabbentaucher während des ganzen Jahres gesellig leben, sind sie doch, wenigstens zur Fortpflanzungszeit, ziemlich zänkisch unter- einander, meist freilich auch so wenig widerstandslustig, daß tätliche Angriffe des einen gewöhnlich die Flucht des andern bedeuten. Unter die übrigen Felsenvögel mischt sich unsere Art nur zufällig, lebt fast immer gesondert von diesen und bekümmert sich kaum um sie. Dem Menschen gegenüber sind die lebhaften Tierchen auf Grinisey ziemlich scheu, selbst während der Brutzeit, was schon Faber und Thienemann hervorheben. Ohne Deckung gelingt es selten, sich ihnen auf Schußweite zu nähern. Auch wenn sie auf den Steinbrockeu ausruhen, merken sie rechtzeitig den Kommenden und erheben sich scheltend zum Bogenfluge über das Meer. In unbewohnten Gegenden, wo die Vögel nicht von Menschen belästigt werden, scheinen sie freilich, nach den Literaturberichten zu schließen, ebenso furchtlos wie ihre Verwandten zu sein. Auch erzählte mir der Schiffseigner Jon Antonsson aus Hjalteyri, daß sich kaum 40 Sm. nördlich von Grimsey, bei der von unsrer Art gleichfalls bewohnton Klippe Meveiiklint (isl. Kolbeinsey). einmal im Sommer ein Krabbentaucher auf sein Schiff niedergelassen und durchaus keine Scheu gezeigt habe. Erst nacii längerer Zeit sei der Vogel davongeflogen. Alle alle brütet an verschiedenen Stellen in Grimsey. Die Haupt- kolonie befindet sich seit undenklichen Zeiten bei einem vorspringenden Felsen an der Westküste (Fig. 20). Sie mag etwa GO — 70 Paare zählen. Es ist dieselbe, die schon Faber und Thienemann besuchten und beschrieben. Doch irrt Faber, wahrscheinlich damaliger Kartenfehler zufolge, wenn er diesen Brutplatz an die Nordspitze Grimseys verlegt (s. z. B. Okens Isis 1827, S. 652). Naumann, der in bezug auf die Brutverhältnisse der nordischen Vögel meist Faber wortgetreu nachscljreibt, und andere Schrift- steller begehen denselben Fehler. Ich habe die wild zerklüftete Nordspitze der Insel, die unsern Vögeln wenige günstige Brutstelleu bieten würde, mehrmals besucht und keine Krabbeutaucher dort angetroffen. Auch den Bewohnern Alle alle. 125 ist eine bedeutendere Kolonie daselbst unbekannt. Dagegen hat man wieder- holt Eier der Art au der südlichen Ostküste gesammelt, wie mir Pastor Matthias Eggertsson mitteilte. Verschiedene Jjokalitäten, die man für Brut- plätze hält, sind indes ihrer kaum zugänglichen Lage und der sonstigen bedeutenden Schwierigkeiten halber niemals untersucht worden. Der Krabbentaucher wählt als Niststätte herabgestürzte Felstrümmer größereu Umfangs, welche in ihren Zwischenräumen höhlenartige Bildungen besitzen, die durch Gänge und Spalten mit der Außenwelt in Verbindung stehen. Auf Grimsey werden nur Örtlichkeiten in unmittelbarer Nähe des Meeres gewählt, die zugleich nicht höher liegen, als zum Schutze vor Fig. 20. Brutplatz von Alle alle auf Grfmsey. (Mitte.) Springfluten und Brandungswellen nötig ist. Im äußersten Ende der finsteren und zugleich vor Wind und Wetter geschützten Gänge, die sich seitlich oft mehrere Meter tief inmitten des Felsgewirres hinziehen, befindet sich die Bruthöhle. Sie dient den Vögeln nicht selten auch außerhalb der Fortpflanzungs- zeit zum Aufenthaltsorte. Derartige Plätze zu suchen ist schwierig. Erst wenn man die Hauptmenge der Steine zur Seite gewälzt hat, erkennt man die befahrenen Röhren oder erblickt die Nisthöhle. Viele derselben sind jedoch unter mächtigen Felsblöcken vor allen Nachstellungen gesichert. Da die Eier unsres Vogels in Akureyri gut bezahlt werden, suchen die Leute oft tagelang nach solchen, welcher Tätigkeit ich natürlich zuschaute. Das Sammelergebnis von 1903 bestand etwa aus 70—80 Stück; in manchen Jahren hat man auch gegen 100 gefunden. Jedes Paar legt bloß ein Ei, gewöhnlich auf kleine flache Steine oder in eine grubenartige Vertiefung. Die Ablage erfolgt mitunter von Ende Mai, regelmäßig von Anfang Juni an. Die Exemplare, welche mir die Bewohner Ende Juni brachten, waren 126 ^^^'^ '!"<'• fast fertig bebrütet. Zwar erhielt ich noch am 2, Juli ein ganz frisches Ei, clücli handelte es sich dabei zweifellos um ein verspätetes Nachgelege. Die Färbung der Eier ist frisch immer grünlich, mitunter sogar ziemUch lebhaft grün. Das zinnoberrote Dotter gibt dem vollen Ei ein wesentlich dunkleres Aussehen als dem leeren. Bräunliche Fleckenzeichnung, besonders am stumpfen Ende, findet sich sehr häufig. Die Maße einiger präparierter Grimseyer Gelege meiner Sammlung sind folgende: 51,2x33 mm (3,3 g). 49,2x33,5 (2,1). 48,5x34 (3,3). 48,5x34 (2,1). 47.8x32,2 (1,95). 46,2x33,2 (2,2). 46,2x32 (2,05). Vollgewicht frischer und ziem- lich frischer Exemplare 24 — 31 g. Beide Vögel des Paares brüten abwechselnd, das Weibchen ziemlieh regelmäßig am Tage, das Männchen in der Nacht. Gewöhnlich sitzen sie so fest, daß man sie mit raschem Griffe auf dem Ei erfassen kann. Sie klemmen dieses selbst zwischen die Federn und drücken es an den Brutfleck (ich fand nur einen solchen, Faber zwei). Treibt man sie rasch auf. so reißen sie das Ei gewöhnlich mit fort. Die Brutdauer von 24 Tagen, wie sie schon Faber angibt, scheint nach meinen weiteren Erkundigungen an Ort und Stelle das richtige Durchschnittsmaß zu sein. Genauere Unter- suchungen können natürlich nur bei längerem Aufenthalte an einem Brutplatze der Vögel vorgenommen werden. Die Dunenjuugen, die mau in ungestörten Verhältnissen Anfang bis Mitte Juli findet, sehen fast einfarbig dunkelgrau, auf der Unterseite nur etwas heller aus. Ich untersuchte ein solches am 2. Juli in einem fast zum Ausfallen reifen Ei. Etwa 20 Tage hindurch werden sie von beiden Alten mit Amphipoden und anderen kleinen Seetieren gefüttert, welche diese in einem merkwürdigen Kehlsacke herbeibringen. Dann herrscht ein geschäftiges Treiben an den Brutplätzen der Vögel, und die Stimme der Alten mischt sich bei Tag und Nacht in das bettelnde Piepen der Jungen. Allmählich kriechen diese aus der dunkeln Höhle hervor, klettern zuletzt, ziemlich befiedert, aber noch nicht flugbar, unter Anleitung der Eltern ins Meer und suchen sich nun selbst Nahrung. Sie bleiben in Gesellschaft andrer ihresgleichen zunächst in der Umgebung unsrer Insel, verlassen diese später kürzere oder längere Zeit, viele Exemplare werden aber, wie schon berichtet, den ganzen Winter über daselbst beobachtet. Die mitunter bedeutenden Scharen von A/le olle, die in harten Wintern an die isländischen Küsten kommen, scheinen aus anderen, hocharktischen Gebieten zu stammen. 12. Megalestris skua (Brunn.). Große Raubmöue. LestriscntarractesiTQmm.) : Faber.Prodromus, S. 102 (1822). — Lestris cattirrhades : Preyer (& Zirkel), ßeise nach Island, S. 417 (1862). — Stercorarius catarrhades (Linn.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 418(1863). — Lestris catarrhades lUig.: Gröndal, islenzkt fuglatal, bis. 45 (1895). — Stercwarius catarrhades (Linn).: Slater, Birds of Iceland, p. 118 (1901). Stercorarius catarrhades (L.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 621 (1877). — Mega- lestris catarrhades (L.): Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 315 (1896). — Lestris catarrhactes (L.): AVinge, Grönlands Fugle, S. 213 1898). — Stercorarius skua (Brünu.): Naumann, Vögel Mitteleuropas XI, S. 303 (1903). Megalestris skua. 227 Isländisch: Skümur (wahrsclieinlich von skümi oder sküm = Dunkelheit, also der dunkel gefärbte, düstere Vogel), Hafskümur (haf = Meer), Häkallaskümur, Häkarlaskümur, (häkall, häkarl = Haifisch), selten Sküa. Auch dän. : Skue, Havskummer. Fär. : Sküir, Sküggvur. Die große Raubmöve hat ein geringes Verbreitungsgebiet. Als sichrer Brut- vogel ist sie nur in Island, den Färöern und der westlichsten und nördlichsten Shetlands- Insel (Foula und Unst) bekannt. Ihr Brüten im oberen Norwegen, sowie an der Hudson-Straße ist zweil'elhart. Im AVinter zieht sie ein wenig südwärts, besucht dann die Britischen Inseln, Holland, Nordfrankreich usw., selten auch die Küstengebiete abwärts bis Gibraltar und J^Iadeira. Ausnahmsweise ist sie auf Spitzbergen, etwas häufiger in Grönland beobachtet worden. In Island besitzt unsre Art ihr Hauptbrutgebiet, da sie anderwärts diircli fortgesetzte Verfolgung" recht selten geworden ist. Freilich macht sich auch auf unsrer Insel eine Verminderung bemerkbar, zumal der Vogel hier ebenfalls nur in einer beschränkten Zahl von Kolonien nistet. Trotzdem die große Raubmöve eigentlich Meeresbewohuerin ist und oft weit abseits von jedem Lande beobachtet wird, brütet sie, wie auch ihre Verwandten, in der Nähe von Landgewässern. Grasige und sandige Ebenen, Uferpartien und Inseln im Unterlaufe oder Mündungsgebiete breiter Ströme, die nicht allzuweit von der Küste entfernt sind, bilden geeignete Ortlichkeiten für ihren Sommeraufenthalt. Vom Ausflusse der Hvitä an, wenige Stunden nordwärts von Eyrarbakki, bis zum Lönsfjördr im Ostlande (64" 25') kennt man fast in allen größeren Stromgebieten Brutkolouien dos Vogels, die bedeutendsten überhaupt wohl auf dem Skeidarärsandr (SQ.). im Küdafljöt (63'/, ") und im Delta des Markarfljöts, inbegriffen die anders benannten Arme dieses Stromes (gegenüber den Vestmannaeyjarn). An der eigentlichen Ostküste, sowie im Delta der Jökulsä im Nordlande sollen sich noch einige kleine Kolonien befinden; die übrigen bergigen Küstengebiete besitzen keine solchen. Ein Brutplatz im Küdafljöt mag, wie mir Herr Alf Bachmann erzählte, im Sommer 1904 von etwa 300 Paaren bewohnt gewesen sein. Die Bauern der Gegend sammelten über 600 Eier der Vögel, die sie zum Teil ver- zehrten, zum Teil ausbliesen und verkauften. Ich selbst hatte nicht Gelegenheit, eine Brutkolonie der großen Raub- möve zu besuchen und beobachtete die Vögel nur auf dem Meere. Da unsre Art erst im dritten und vierten Lebensjahre fortpflanzungsfähig wird und die Alten auch von den Brutplätzeu aus bedeutende Strecken zurück- legen, so sieht man sie an allen Punkten der Südküste gar nicht selten. Die Vestmannaeyjar werden z. B. den ganzen Sommer über von zahlreichen Exemplaren besucht. Doch beobachtete ich einzelne auch an der W^est- und Nordküste. Außerhalb der Fortpflanzungszeit bemerkt man die Vögel noch häufiger in den verschiedenen isländischen Meeresteilen. Viele der Tiere scheinen freilich das I>and tage- und wochenlang gänzlich zu meiden, nähern sich aber auf hoher See gern fischenden Fahrzeugen. Im April, gewölmlich nicht vor Ende des Monats, kommen die Raub- möven nach ihren Brutplätzen, paaren sich Anfang Mai, legen aber nur bei besonders günstiger Witterung, wie sie z. B. im Frühjahre 1904 herrschte, 128 Megalestris skua. schon Mitte Mai, in der Regel erst Ende dieses Monats oder Anfang Juni. Verspätete oder Nacbgelege finden sich friscli bis weit in den Juni hinein. VAn eigentliclies Nest bauen unsre Vögel nicht; gewöhnlich aber scliarren und drücken sie eine flache Mulde, die in Gebieten mit Pflanzenwuchs oft mit einigen Halmen ausgelegt wird, was an sandigen Plätzen unterbleibt. Mitunter finden die I']icr einen natürlichen Schutz in dem Grase der l'mgebunor. Alf ßachraanii, München. Phot. Fig. 21. Nest von Megalestris skua. (Fig. 21). Das normale Gelege besteht immer aus 2 Eiern, die meist durch ihre feine Poruug charakteristisoli sind. Einige isländische Exemplare meiner Sammlung zeigen folgende Maße: 73x51 mm (6,6 g). 71x50,2(6,5). 70x48,8(6). 69x49 (6,2). 67x46,5 (5,3). 66x49,5 (5,2). Weitere Gelege der Sammlung Ottoßon (Lenhofdaj: 72,8x50,8 und 71,2x51. 68,1x48,5 und 68,6x49. 68,5x49,5 und 68,6x48,1. 70,8x50,6 (6,6j und 68,5x49,1 (5,9). 67,6x48,8 (5,7) und 70,6x48,2 (6,3). Beide Vögel des Paares brüten abwechselnd etwa 28 — 30 Tage laug, Gewöhnlich findet man die grauflaumigen Jungen Anfang Juli (Fig. 22). Die Alten würgen diesen das Futter vor und verteidigen sie unter Außer- achtlassung eigner Sicherheit auf das mutigste (s. Fig. 3). Alf Bachmann, dessen Güte ich die Photographien vom Neste der Vögel verdanke, fand merkwürdigerweise auf einer kleinen Insel in der Hvitä neben einigen Paaren unsrer Art noch verschiedene andere Vögel brüten, die scheinbar nicht von den Raubmöven belästigt wurden. Sonst sind diese ja als gefährliche Nest- Meoalestris skua. 129 räuber bekannt. Nach Fabers Beobachtungen beträgt die. Dunenperiode etwa 50 Tage. Ende August sind die Jungen in ungestörten Verhältnissen völlig befiedert und verlassen spätestens Ende September das Land. Sie streifen nun samt den Alten auf den benachbarten Meeren umher, folgen den Dorsch-, Haifisch- und Walfängern, gegen die sie wenig Scheu zeigen, und nähren sich dann sehr gern von Abfällen und tranigen Hautfetzen. ' '■ ' ■ 1 i ^' 1' * " ' 'i^ ['s--7i. .[■,;,'' m "v'r •: . ^' ^ife mk.'-' ■^~ / / . ' - / \ / ; t. -'*,•*" y/ • /. \ \ FRISCH Alf Baclimann, München. Phot, Fig. 22. Dunenjunge von Megalestris skua im Neste. Der Flug von Megalestris skua ist vortrefflich, durchaus mövenartig und seltner schwankend wie bei ihren kleineren Verwandten. Ihre Stimme hört man abseits der Brutplätze wenig; ich vernahm nur ein tiefes Ga ga. Doch sollen die Vögel im Sitzen öfters ein rauhes la und beim Neste ein schallendes Hoo ausstoßen. Auch im Winter wird unsere Art an den isländischen Küsten gesehen. 13. Stercorarius pomarinus (Temm.). Mittlere Raubmöve. Lestris pomarlna (Temm.): Faber, Prodromus, S. 104 (1822). — Lestris pomarina Temm.: Proyer (& Zirkel), Heise nach Island, S. 417 (1862). — Stercorarms x>omatorhinus (Temm.) : Newton, in Baring-Goulds Iccland, p. 418 (1863). — Lestris pomarhinu Tem. : Grröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 45 (1895). — Stercorarius pomatorhinus (Hemm.): Slater, Birds of Iceland, p. 119 (1901). Stercorarius pomarinus (Temm.): CoUin, Skandinaviens Fugle, S. 623 (1877). — Stercorarius pomatorhinus (Temm.): Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 322 (1896). Hantzsch, Vogel weit Islands. ^ 230 Stercorariiis i)Oiuarinus. — Lestris pomatorhina (Temm.): Winge. CJraiilands Fiigle, S. 212 (1898). — Stercorarius pomarinus (Temm.): Naumann, Vögel Mitteleuropas XI, S. 310 (190B). Isländisch: Kjöi (partim), niidlungs (= mittlerer) Kjöi (wahrscheinlich nach dem Rufe). Auch dän.: Kjove, Middelkjove, Mellemkjove. Norw. : Jo, 1'yvjo. Fär. : Tjöi, Tjöggvi, Tjegvi. Die mittlere ßaubmöve brütet zirkumpolar wahrscheinlich nur in sehr hohen Breiten. Im arktischen Amerika hat man ihre Brutplätze an der Westküste der Davis- Straße und in AVestgrönland gefunden, wo sie nach Winge zwischen Holstenborg und Upernivik ziemlich häufig ist. In beträchlicher Zahl bewohnt sie stellenweise auch das nördliche Sibirien und die vorgelagerten Inselgruppen, z. B. AVrangel-Land. Auf Nowaja Semlja, Waigatsch, Franz-Joseph-Land, Spitzbergen, Jan Mayen, auch im Norden Norwegens hat man die Vögel wohl im Sommer erlegt, ihr Brüten daselbst aber nicht feststellen können. Jüngere, noch nicht zur Fortpflanzung schreitende Individuen uusrer Art, sowie die Alten außerhalb der Brutperiode, streifen weit umher und wurden süd- wärts bis Peru, Nordaustralien und Südafrika erlegt. Auf den Britischen Inseln zeigen sich unsere Vögel besonders im Herbste, ebenso auch bei den nördlich davon liegenden Inselgruppen bis zu den Färöern. Nach Island kommt die mittlere Raubmöve wabi-scheinlich ebenfalls nur als gelegentlicher Gast, mag jedoch häufig genug mit den verwandten Arten verwechselt werden. Der Bericht Fabers, daß unser Vogel in der Nähe von Eyrarbakki bei seinem Neste angetroffen worden sei, erscheint zweifelhaft. Spätere Schriftsteller vermuten wohl das Brüten von Stercoranns jwmarinus in Island, bringen aber keine Beweise dafür. Auch P. Nielsen u. a. haben nie etwas darüber gehört (in litt.). Newton sah am 27. April 1858 ein Exemplar der mittleren Raubmöve bei Reykjavik (1. c), Kolthoff auf der Fahrt zwischen den Färöern und Island im Juli 1872 täglich deren mehrere (Naumann XI, S. 314), ich selbst einen einzelnen Vogel am 8. August 1903 bei Hjalteyri im Eyjafjördr. Dies war ein dunkles Exemplar ohne weiße Abzeichen und nach den Schwanz- federn zu urteilen, ein älteres Individuum. Es hielt sich mehrere Stunden in der Nähe des kleinen Ortes auf, wo gerade bedeutende Mengen von Heringen gefangen und am Strande verpackt wurden, deren Abfälle auch zahlreiche andere Vögel herbeilockten. Meist flog die Raubmöve Aveit draußen über den Fjord, sodaß sie den Blicken völlig entschwand, kehrte aber regel- mäßig nach einiger Zeit zurück. Raben und Seeschwalben verfolgten sie wiederholt. Eine Stimme ließ sie nicht hören. Ihr Flug war durchaus ruhig und mövenartig; nur einige Male stürzte sie sich nach Art der Schmarotzer- raubmöve zum Wasser nieder, um Teile der umherschwimmenden Abfälle aufzunehmen und diese weiterfliegend zu verzehren. Wahrscheinlich besucht unsere Spezies die Küsten Islands während des ganzen Jahres. 14. Stercorarius parasiticus (L.). Schmarotzerraubmöve. Lestris parasitica (Temm.): Faber, Prodromus, S. 105 (1822). — Lestris parasitica & Lestris thuliaca n. spec: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 417 und 418 (1862). — Stercorarius parasiticus (Linn.): Newton, in Baring-- Gonlds Iceland, p. 419 (1863). — 8tercorarius parasiticus. X31 Lestris parasiticallVig. : Gröndal,isleuzkt fuglatal,bls.45(1895). — Stercorarius crejndatus (Gmel.): Slater, Birds of Iceland, p. 121 (1901). Stercorarius parasiticus (L.): CoUin. Skandinaviens Fiigle, S. 625 (1877). — Stercorarius crepidatus (Banks): Saunders, Cat. Birtis Brit. Mus. XXV, p. 327 (1896). — Lestris parasitica auctorum: AVinge. Grönlands Fugle, S. 207 (1898). — Stercorari^is parasiticus (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas XI, S. 317 (190ü). Isländisch: Kjöi (partim, nach dem Rufe), almennur (= gemeiner) Kjöi; in alter Literatur gjödr, was in der Skaldensprache von räuberischen Vögeln im all- gemeinen gebraucht wurde (Gröndal). Auch dän. : Kjove. Norw.: Jo,Tyvjo, Maagkjev. Shetl. : Shooi. Fär. : Tj6i,Tjoggvi,Tjegvi. Die Schmarotzerraubmöve brütet als die häufigste Art der Gattung Stercorarius fast überall im Norden der Alten und Neuen Welt. Im Winter, jüngere Exemplare während des ganzen Jahres, wandern die Vögel weit umher, südwärts bis Australien, Neuseeland, Brasilien und Südafrika. In Europa fand man ihre Brutplätze in den nördlichen Gegenden von Rußland, Skandinavien (südwärts bis zu 55*^ 45' im Bottnischen Meerbusen), auf den Lofoten, auf Spitzbergen, der Bären-Insel und Jan Maj-en, in Nordschottland, auf den Hebriden, Orkaden. Shetlands-Iuseln und Färöern. Auch Grönland wird von unsrer Art bewohnt; man fand sie hier bis zum Thank-God-Hafen (82°). In Island ist die Schmarotzerraubmöve verbreiteter Brutvogel in allen Wasser- und vegetationsreichen Gebieten, besonders in fruchtbaren Tälern und Ebenen des Tieflandes, aber nicht in Gebirgen, Geröll- und Sandlandschaften. Sie lebt zur Fortpflanzungszeit in einzelnen, selten in einigen wenigen Paaren bei- sammen, ist aber ti'otzdem nicht nur Charaktervogel, sondern auch eine der merkwürdigsten und auffallendsten Erscheinungen der isländischen Sumpf- landschaften. Vor und nach der Brutzeit trifft mau sie an den Küsten. Unterarten der Spezies hat man bis jetzt nicht gefunden. Das mehr oder weniger ausgebreitete Weiß im Gefieder, das mit zunehmendem Alter immer reiner wird, scheint individuelle Variation zu sein. Weißgefleekte und einfarbig nußbraune Exemplare paaren sich ohne weiteres miteinander. Preyers Lestris thuliaca (1. c.) ist weiter nichts als ein etwas auffällig gefärbter Vogel unsrer Art. Ich gebe zum Vergleiche die Maße des Typus, sowie die zweier Brutvögel von St. parasiticus aus meiner Sammlung. Lestris thuliaca Preyer. Pr. erhielt den Balg im Juni 1860 in Reykjavik. Geschlecht: unbestimmt. Gesamtlänge (am Balge gem.): 448 mm. Schnabel: 29. Tarsen: 42. 3Iittelzehe inkl. Kralle: 41. Stercorarius parasiticus (L.): a. Fast genau so gefäxbt wie das von Preyer aus- führlich beschriebene Exemplar. $ ad., Mödruvellir im Hörgätale, 17. Juni 1903. Gesamtlänge (im Fleisch gem.): 490 mm. Schnabel: 29. Tarsen: 42. Mittelzehe: 41. _ b. Ohne jedes Weiß, d ad., Hvammstangi, 20. Mai 1903. Gesamtlänge (i, FL): 485mm. Schnabel: 28,5. Tarsen: 42,5. Mittelzehe: 42. Einige weitere Angaben über die beiden vorstehend erwähnten Exemplare seien hinzugefügt, a. Gewichtim Fleisch : 625 g. Flügel: 335 mm. Flugbreite: e. 1060. Schwanz: 237. Schwanz -|- Flügel : 50. Mittelste Schwanzfedern -}- die nächstkürzeren: 74. — b. Gewicht: 600g. Flügel: 325. Schwanz: 230. Schwanz + Flügel: 38. Mittel- federn-|- i^ächstkürzere : 72. — Iris: dunkelbraun. Schnabel: grau mit schwärzlicher Spitze. Füße: schwarz, nur die vorderen großen Schilder der Tarsen etwas grau. Im allgemeinen kommt unsere Raubmöve Mitte bis Ende April nach dem Lande, in den nördlichen Gegenden auch noch später. Man trifft sie dann paarweise oder in kleinen Scharen, die an schneefreien Stellen umherlaufen und in der Ferne an Dohlen oder Tauben erinnern. Mitte Mai beziehen sie die Brutgebiete, die ebensowohl in der Nähe der Küste als im Innern der Insel 9* 132 Stercorarius parasiticus. liegen. Flache Täler mit einzelnen Teichen oder weite versumpfte Graslaudschaften beherbergen gewöhnlich ein Paar der Vögel. Mitunter halten sich kleine Gesell- schaften oder einzelne noch nicht fortpflanzungsfähige Tiere in der Nähe der Brutvögel auf, während mehrere alte Paare selten dicht beieinander wohnen. Ende Mai kann man am besten den wunderlichen Balzflug unsrer Art beobachten. Langsam und nicht allzu hoch über der Erde streichen die Vögel anfänglich dahin, stürzen plötzlich in die Nähe des Bodens herab, um alsbald wieder in wuchtigem Schwünge emporzusteigen. Oft schleudern sie sich blitzschnell in den kaum glaubliclisten Schwenkungen und taumelnden Drehungen durch die Luft, wobei sie gewöhnlich ihr katzenartiges, klägliches Kiau ausstoßen. Dann fliegen sie minutenlang auch wieder ruhig dahin. Dem Menschen gegenüber sind sie in dieser Zeit nicht besonders scheu. Läßt sich unser Vogel auf die Erde nieder, so hält er, besonders bei windigem Wetter, noch lange die Flügel in die Höhe und schwankt hin und her, ehe es ihm gelingt, die langen Schwingen auf den Rücken zu legen. Merk- würdige Flügel- und Körperbewegungen gehen auch der Begattung voraus, die am Boden erfolgt, wie ich am 20. Mai 1903 bei Hvammstangi beobachtete. Das Männchen tänzelte hochaufgerichtet und mit emporgehaltenen, mehrmals flatternd bewegten Flügeln um sein Weibchen, das niedergeduckt am Boden saß. Dabei öffnete es den Schnabel und ließ eine Art Zischen hören. Im Augenblicke der Begattung schoß ich, um beide Exemplare zu erhalten, doch entkam leider das Weibchen, zumal die Vögel sehr zählebig sind. Ein eigentliches Nest bauen unsre Raubmöven nur ausnahmsweise, doch wird durch Scharren und Drehen des Körpers eine Nestmulde gebildet und diese nicht selten mit einigen Halmen ausgelegt. Sie befindet sich fast immer auf einem Hügelchen in sumpfigem Terrain, oft von üppigem Grase schützend verdeckt. In Gegenden, wo die Vögel häufigen Verfolgungen ausgesetzt sind, wählen sie meist schwer zugängliche Nistplätze. So fand ich solche in der Umgebung von Hjalteyri, die auf kleinen Inseln inmitten tiefer, schilfumwachsener Tümpel errichtet waren. An derartigen Stellen verlassen die Jungen das Nest zweifellos schwimmend, was ich freilich nicht selbst beobachtete. Das Gelege besteht aus 2, sehr selten 3 Eiern. Besonders in Nachgelegen findet man häufig nur ein Stück. Sie werden im Nordlande meist Anfang Juni, mitunter aber auch erst Ende dieses Monats, im Südlaude gewöhnlich etwas früher abgelegt. Krüper fand solche am 31. Mai im Nordlande (Naumanuia 1857, S. 10). Die Exemplare meiner Sammlung stammen aus der Zeit vom 9. bis 24. Juni. Das Gelege vom 9. -Juni war bereits schwach bebrütet. Einige Maße mögen folgen: 60.2x39 mm (2,6 g) und 59,1x39.8 (2,7). 57x42,2 (2,9) und 55,1x39,9 (2,3). 57,5x41 (2,8) und 57x41,2 (2,7). 57,5x39 (2,7). 56,5x39,2 (3,1). 55,5x41 (3). 55x41 (2,7.) — Ihr Vollgewicht beträgt ungefähr 46 g. — Abnorme Eier erhielt P. Nielsen 5 Jahre hintereinander von einem erst für Ste)-corarius cep])hus gehaltenen, später sicher als St. parasiticus bestimmten Paare aus der Nähe von Eyrarbakki. Sie zeigen statt der mattbraunen eine blaugrünliche Grundfarbe und wenige kleine Punkte. — Ihre Maße betragen 48x44 und 52x42,5. — 52,8x43 und 52,2x42,8. — 51,5x44 und 52x43.-50x43,5 und 50x42. — 50x43 (in litt.). Stercorarius parasiticus. 133 Die Brutdauer beträgt nach Faber 24, nach andern nicht isländischen Beobachtern bis 28 Tage. In der Hauptsache brütet das Weibchen, wird jedoch einige Stunden täglich vom Männchen abgelöst. Rechtzeitig entfernt sich der Vogel vom Neste, wenn eine Gefahr droht, setzt sich auf ein Gras- hügelchen und wartet, ob man ihm oder seiner Brut nachstellt. Ist dies wirklich der Fall, so umfliegen beide Gatten den Nestbezirk. Große Besorgnis legt vor allem das Weibchen an den Tag. Oft vergißt es völlig die eigene Sicherheit und stößt zornig auf den Menschen herab. Dabei läßt es seine klagenden Stimmlaute hören, die ziemlich modulieren und nicht genau wiederzugeben sind. Ich zeichnete sie auf als kiau, gäau, gel (meist die 1. Silbe betont). Manchmal werden sie rasch hintereinander wiederholt, andermal wieder einzeln und gedehnt ausgestoßen. Fliegen die Vögel höher in der Luft, rufen sie auch unmutige rabenartige Gau Gau. Wenn die Jungen ausgeschlüpft sind, werden die Alten noch besorgter und suchen oft durch sonderbares Flattern und Hinrutschen auf dem Boden den Ver- folger abzulenken. Je auffälliger sie dies tun, desto näher ist man den Jungen. Vielfach müssen auch die bedauernswerten, nicht durch gesetzliche Bestimmungen geschützten Vögel ihre opfervolle Liebe zur Nachkommenschaft mit dem Tode oder schwerer Verwundung besiegeln. Einige von mir unter- suchte Magen solcher Exemplare enthielten von bestimmbaren Stoffen außer kleinen Steinen nur Insektenüberreste, besonders Flügeldecken von Käfern, sowie in einem Falle mehrere überwinterte Beeren von Vaccinium oxycoccos. Thienemann fand die Magen etlicher junger Individuen mit Beeren von V. uliginosum vollgestopft (Reise, S. 300). Freilich bemerkte ich im Brut- gebiete unsrer Raubmöve auch wiederholt ausgeleerte Eischalen und beobachtete oft, wie die in der Nähe wohnenden Vögel, besonders Sterna macrura, Nu- laenms j^haeopus und Totanus totamcs, ihre Feinde mit Heftigkeit und leb- haftem Geschrei verfolgten. An Eiderbrutplätzen und andern I]ntenkolonien richten die Schmarotzerraubmöven durch Wegfressen von Eiern oft beträcht- lichen Schaden an, zumal derartige Schwimmvögel geringen Widerstand leisten. Am Myvatn jagen sie auch den Seeschwalben die gefangenen Fischchen ab, erhaschen sogar Nestjuuge verschiedener Vogelarten, verzehren freilich nebenbei alle möglichen tierischen und selbst pflanzlichen Stoffe. So scheuchte ich Ende Juli bei Grimstadir am Myvatn ein Exemplar auf, das eins der zahlreich am Boden liegenden toten Dunenjungen des mittleren Sägers fast verzehrt hatte; nur Kopf, Rücken und Füße waren übrig. Die jungen Raubmöven verlassen bald das Nest, um sich ins Gras zu drücken und geschickt zu verstecken, wenn Gefahr droht, brauchen aber lange Zeit zum Flüggew erden. Faber glaubt, daß dies nach etwa 40 Tagen geschehe. Vor Mitte August trifft man allerdings kaum flugbare Junge. Ich sah die ersten am 19. dieses Monats nicht weit vom Geysir. Sie wurden noch von den Alten geführt und gefüttert, waren recht unbeholfen und wenig scheu. Bedürfen sie endlich keiner Fürsorge mehr, so entfernt sich das alte Paar aus dem Brutgebiete, was freilich selten vor Anfang September geschieht. Die Jungen sollen dagegen meist später fortziehen und oft 134 Stercorarius cepphiis. bis Ende September an ihrer Geburtsstätte bleiben. Dann suchen sie das Meer auf, doch verschwinden die meisten Individuen bald ganz aus Island. Nur einzelne Exemplare werden gelegentlicli aucli im Winter an den Küsten gesehen. 15. Stercorarius cepphus (Brunn.). Kleine Raubmöve. Lestris Buffoni : Faber, Prodromus, S. 105 (1822). — Preyer (& Zirkelj, Heise nach Island, 8.417(1862). — Stercordrins huffoni (Boie) : Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 419 (1863). — Lestris Buffoni Boie: Gröndal, Islenzkt l'uglatal, bis. 45 (1895). — Stercorarius parasiticus (Linn.): Slater, Birds of Iceland, p. 123 (1901). Stercorarius cepphus (Brunn.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 627 (1877). — Stercorarius parasiticus (L.): .Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 334 (1896). — Lestris longicauda (Vieill.): Winge, Grönlands Fugle, S. 209 (1898). — Stercorarius longicaudus WxeiW.: Naumann, Vögel Mitteleuropas XI, S. 329 (1903). Isländisch: Kjöi (partim, nach dem Rufe), litli oder litill (= kleiner) Kjöi. Auch dän. : Lille Kjove. Fär. : Tjoi, Tjoggvi, Tjegvi (part.). Die kleine ßaubmöve ist ebenfalls eine zirkumpolare Spezies der arktischen Region und scheint in größerer Menge als St. pomarinus vorhanden zu sein. 3Ian kennt ihre Brutplätze von verschiedenen Inselgebieten der nordamerikanischen Küsten. Inwieweit sie aber in Nordasien mit St. parasiticus gemeinsam auftritt, ist bei der Ähnlichkeit beider Arten noch ungenügend festgestellt. Sicher bewohnt St. cepphus ziemlich häufig Nowaja Semlja, seltner Franz- Joseph -Land und Spitzbergen (von wo Malmgren sie als besondere, vielfach noch bezweifelte Spezies, St. tephras. beschrieb), ferner die L^mgebung des Varanger- Fjordes, in geringer Menge auch die Bären -Insel und Jan Mayen. Nach CoUett soll sie in Norwegen und Schweden sogar südlich des Polarkreises, jedoch nur in höheren Gebirgslagen und auch nur sporadisch und unregel- mäßig gebrütet haben. In Grönland liegen nach "VVinge ihre Wohnplätze etwa vom 68. Grade an nordwärts. Noch nicht fortpflanzungsfähige jüngere Individuen und die alten außerhalb der Brutperiode streichen weit umher und sind südwärts bei Gibraltar, den Sandwich-Inseln, Philippinen, in Florida und Californien beobachtet und erlegt worden. Auf den Britischen und den nördlich davon liegenden kleinei-en Inseln hat man unsere Art scheinbar nur selten angetroffen. In Island kennt man die kleine Eaubmöve vorläufig nur als gelegent- lichen Gast, der wahrscheinlich die Küstengebiete zu allen Jahreszeiten besucht. Bei der für den Nichtornithologen schwierigen Unterscheidung von dem häufigen Stercoranus parasiticus und zufolge ihrer vorstehend erwähnten allgemeinen Verbreitung ist es recht wohl möglich, daß man sie noch als Brutvogel für unsere Insel wird feststellen können. Die bis jetzt hierüber vorliegenden Angaben sind sehr unsicher. Faber berichtet (1. c), daß er am 17. Juni 1819 ein altes Männchen einer Raub- möve beim M^'vatn erbeutete und dieses Exemplar später in Kopenhagen wegen seiner langen Schwanzspieße als Lestris Buffoni bestimmt wurde. Er bestreitet aber das Vor- handensein dieser ihm überhaupt zweifelhaften Art in Island und versichert, der betreffende Vogel wäre mit einem Weibchen der gewöhnlichen Lestris parasitica gepaart gewesen. F. A. L. Thienemann sclu-eibt dagegen ausdrücklich — Fortpflanzung der Vögel Europas, V. Heft, S. 24 (1838) — er habe Lestris Buffoni Boie nebst deren Eiern aus Island erhalten. Leider läßt sich über den fraglichen Balg, der allem Anscheine nach seinerzeit ins Zoologische Museum zu Dresden gekommen ist, nichts mehr ermitteln. Von einem der Eier bringt Thienemann eine Abbildung auf Taf. XXI, Nr. 6 des genannten AVerkes. Als Maße ergeben sich für dieses Exemplar 51x36,5 mm; die Grundfarbung Pagophila eburnea. 135 ist auffällig hellgrün. 4 der zweifelhaften Eier finden sich noch im Dresdener Museum. Sie zeigen folgende Maße: 56,5 x 39 mm (2,4 g), 51,8x38,2 (2,3). 51.2x37,5 (2,3), 54 X 35 (1,9). Alle 4 sind hellfarbig und verhältnismäßig zart, besonders das zuletzt angeführte kennzeichnet sich auffällig als verkümmertos Stück. Sie gleichen weder in CTröße noch Beschaffenheit einigermaßen typischen Eiern von St. cepphus und sind wahrscheinlich nur als kleine Exemplare von St. parasiticus anzusehen. P. Nielsen und andere isländische Beobachter haben nichts von einem Brüten der kleinen Raubmöve auf der Insel gehört. Doch Hegen einige sichere Nachrichten über ihr gelegentliches Auftreten daselbst vor. Newton und Wolley beobachteten unsere Art im Jahre 1858 bei Kirkjuvogr (SW.) und erhielten einen getöteten Vogel in Keflavik. Preyer sah 1860 einen wohlerhaltenen Balg in Reykjavik. Gröndal berichtet von einem Exemplar in der Sammlung der Lateinschule, und Slater versichert, in der Nähe von Kap Länganes im August 1894 zwei kleine Raubmöven beobachtet zu haben. Mir selbst ist die Art nicht zu Gesicht gekommen. Weitere Literaturangaben sind unklar oder zweifelhaft. 16. Pagophila eburnea (Phipps). Elfenbeinmöve. Pagophila eburnea: Newton, Ibis, p. 132 (1864). — Larus ehurneus Gm.: (xrön- dal. isleuzkt fuglatal. bis. 44 (1895). — Pagophila eburtiea (Phipps): Slater, Birds of Iceland, p. 117 (1901). — Larus ehurneus Phipps: Stemundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 18 (1905). Pagophila ehurnea (Phipps) : Sauuders, Cat. Birds Brit. Mus. XXY, p. 301 (1896). — Larus eftitraeits Phipps : AVinge, Grönlands Fugle, S. 200 (1898). — Pagophila eburnea (Phipps) : Naumann, Vögel Mitteleuropas XI, S. 280 (1903). Isländisch: Hvitmäfur (= Weißmöve), Ismäfur, Ismär (= Eismöve), partim. Auch deutsch: "Weiße Möve. Dan.: Ismaage. Norw. : Hvidmaage, Ismaage. Schwed.: Hvitmäs, Ismäs. Die Elfenbeinmöve bewohnt^ zirkumpolar den höchsten Xorden. Man kennt ihre Brutplätze von Spitzbergen. Franz-Joseph-Land, Nowaja Semlja, den Xordsibirischen Inseln und einigen anderen Gebieten im nördlichsten Asien, in Amerika auf den Parry- Inseln und in Xordgrönland. Sverdrup beobachtete die Art auf der Rückreise der Pram bei 85 '^ n. Br. Im Winter zieht die Elfenbeinmöve ein wenig südwärts und wird dann in allen Teilen des Eismeeres beobachtet, gehört aber schon im mittleren Skandi- navien und auf den Britischen Inseln zu den seltnen Erscheinungen. Ganz ausnahms- weise ist sie in Nordamerika bis zu 47o (Neu - Braunschweig), in Europa bis zu 46V2*' (Genfer See) südwärts vorgedrungen. Island besucht die Elfenbeinmöve als gelegentlicher Wintergast. Die erste Mitteilung von ihrem Vorkommen gab Newton nach Exemplaren, die Proctor zweimal aus Nordisland, wahrscheinlich von Grimsey, erhalten hatte. Auf dieser Insel soll sich unser Vogel nicht selten im Winter zeigen, wie mir Yngvar Gudmundsson versicherte. J. V. Havsteen erzählte mir gleichfalls von dem Auftreten der Elfenbeinmöve bei Akureyri, und Slater erhielt tatsächlich einen Balg unserer Art vom Eyjafjördr aus dem Anfange des Jahres 1894. Gröndal sah im April 1879 ein p]xemplar bei einem Kaufraanne (Ornis XI, S. 454). Aus demselben Jahre stammen auch die zwei isländischen Bälge des Kopenhagener Museums. Die Sammlung in Reykjavik besitzt zwei Präparate im Alterskleide; der eine Vogel wurde im 136 K issa rissa rissa. November 1897 auf einer "Wiese im Südlande gefaugeu (Ornis XI, S. 454), den andern schoß man am 5. Juni 1903 bei dem Hofe Reykholt in der Borgafjardar S^sla, nachdem man ihn mehrere Tage daselbst beobachtet hatte. Auch am 2. Dezember 1903 will man ein angeblich jüngeres Exemplar unserer Art in der Nähe des Hofes Kaldaclarnes (Ölfusa) gesehen haben (Saemundsson). 17. Rissa rissa rissa (L.). Dreizehenmöve. Larus tridacti/lus (Lath..): Faber, Prodromus, S. 90 (1822). — Lariis rissa: Preyer (^& Zirkel), Keise nach Island, S. 416 (1862). — Rissa tridactyla (Linii.): Newton, in Baring-Goidds Iceland, p. 418 (1863). — Larus triäactyluslj.: Gröndal, Islenzkt fuglatal, 1)13.44 (1895). — Rissa tridactyla (Linn.): Slater, Birds of Iccland, p. 116 (1901). Larus tridactyliis, L.: CoUiu, Skandinaviens Fugle, S. 607 (1877). — Rissa fri(Zac^2/?rt(L.): Saundcrs, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 305 (1896). — Larus tridactylus L.: Winge, Grönlands Fugle, S. 190(1898). — Rissa tridactyla (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas XI, S. 286 (1903). Isländisch: Rita, Ritsa (davon Rissa), alte Formen Ritr, Rytr oder auch geschrieben Ritur, Rytur; im Nord- und Westlande vielfach Skegla (Etjonologie unklar, die Namen sind wahrscheinlich Nachbildungen der Stimme). Auch norw.: Krykje. Schwed.: Ringtjäe. Fär.: Rita, Rida, Ritupisa. Die Dreizehenmöve hat eine weite zirkumpolare Verbreitung. Sie bewohnt, meist in bedeutenden Kolonien, das nördliche Eismeer, sowie die benachbarten Gebiete des Atlantischen Ozeans. Im westlichen Teile des arktischen Nordamerikas, etwa zwischen 110 und 160^* w. L., kennt mau sie dagegen, nach Schalow, nicht. Nord- wärts hat sie Sverdrup bis 84° 52' angetroffen. Südwärts bewohnt sie Amerika bis etwa 45", Norwegen bis 60, Großbritannien bis 50. Irland bis 52 ". Im Nord- pazifischen Ozean, wenigstens im Berings-Meer, sollen R. r. pollicaris Stejn. und R. r. brevirostris Bruch unsere Form vertreten. Im AVinter streicht R. r. rissa südwärts bis zum Kaspischen Meere, Madeira, dem mittleren Teile der Vereinigten Staaten und den Bernmda-Inseln. Auch in Island ist die Dreizehenmöve an allen Küsten ein weit- verbreiteter Brutvogel und vielleicht die individuenreichste Vogelart überhaupt. Sie bildet große Kolonien für sich allein oder bewohnt mit andern Arten gemeinsam die bedeutenderen Vogelberge. In ungeheurer Menge brütet sie auf den Vcstmannaeyjarn und auf Grimsey und nimmt hier auch mit niedrigeren Felspartien fürlieb, wenn sie nur steil ins Meer abfallen. Wie Schneeflocken wirbeln oft die unabsehbaren Scharen der Vögel über den Süßwasserteichen Grimscys, in denen sie sehr gern baden und trinken, oder bedecken, dicht neben einander sitzend, zu Tausenden die Klippen. Dazu immer lebhaft, äußerst fluggewandt und unablässig schreiend, stellen diese gaukelnden Gestalten wohl die auffälligsten Erscheinungen der Vogelberge dar, die zugleich auch mit ihren zarten Farbtönen und ihren graziösen Bewegungen die Blicke beständig fesseln. Und selbst draußen auf dem weiten Meere sind unsere Möven die treuesten, oft tagelangen Begleiterinnen der Schiffe, denen sie auch bei heftigem Sturm mit den geschicktesten Flugkünsten folgen. Mitunter halten sich die Vögel kaum 2 — 3 m von dem fahrenden Menschen entfernt und blicken, treuherzig den Kopf bewegend, mit ihren dunkeln Augen nach ihm hin. Rissa rissa rissa. 137 Rissa rissa variiert auch an denselben Lokalitäten individuell sehr in der Größe. Ein typisches (J ad., von mir am 28. Juni 1903 auf Grimsey gesammelt, sichrer Brut- vogel (3 Brutflecken), zeigt folgende Maße. Gewicht i. FL: c. 600 g. Gesamtlänge i. Fl. : 460 mm. Flugbreite: c. 1000. Flügel: 315. Schwanz: 155. Schwanz + Flügel : 14. Schnabellänge: 35. Schnabelhöhe (am Grunde): 15. Tarsen: 36. Mittelzehe inkl. der 11 mm langen Kralle: 51 mm. Stummel: 2. — Iris: dunkelgrauschwarz. Schmales Augenlidrändchen: zinnoberrot. Schnabel: lebhaft citronengelb (dunkelt am Grunde bedeutend grünlich nach). Schnabehvinkel, Gaumen und Zunge: leuchtend hellzinnober- rot. Füße: dunkelschwarzbraun, Sohlen heller. — Das Kleingefieder beginnt bereits zu mausern. Die Dreizebeumöven nähern sich im allgemeinen Anfang März ihren Briitgebieten , in günstigen Gegenden wohl auch schon eher. p. Jönsson nennt mir als Ankunftstermiu für die Vestmannaeyjar sogar die Zeit vom 20. bis 30. Januar. Unsere Vögel haben dann die Sommertracht noch nicht Alf Bachmanii, Jlüiirlieii. Phot. Fig. 23. Kolonie von Rissa rissa im Patreksfjördr. (Nordwestisland.) angelegt. Ist dies etwa im April der Fall, so beginnen sie mit der Aus- besserung oder dem Neubau ihres festen und tiefen Nestes, das aus allen möglichen Land- und Wasserpflanzen der Umgebung, sowie der fetten, vom Frühjahrsschnee noch weichen Erde des Vogelberges errichtet wird. Vielfach sah ich freilieh auf Grimsey auch überflüssige Niststofie unordentlich herab- hängen. Später wird der Nestrand mit der Losung der Vögel bedeckt, dadurch doppelt haltbar und oft wie mit dem Felsen vermauert. Alte Nester sind manchmal sehr dick und ragen über die schmalen Felsenvorsprüuge bedeutend heraus. An einigen Örtlichkeiten, wie auf den Vestmannaeyjarn, stehen freilich den Vögeln auch breite, mit Erde bedeckte Flächen auf nicht besonders steil emporragenden Bergen zur Grundlage ihres Nestes zur Ver- ]^38 Rissa rissa rissa. fügung (Fig. 23). Als ich ;ira 20. April die Vestraannaeyjav besuchte, waren die Droizehenmöven überall paarweise bei ihren Brutstätten und trugen Baumaterial lierzu, verhielten sich aber ziemlich still. Die Eier werden selten vor Mitte ^lai, auf Grimsey gewöhnlich erst Ende dieses Monats oder Anfang Juni abgelegt. Ende Juni findet man dagegen auch dort, wo die Eier fortgenommen werden, nur ausnahmsweise noch frische Exemplare. Das Normalgelege besteht auf Grimsey stets aus 2 Stück, in Nachgelegen findet man häufig nur eiu Ei, 3 Stück sind selten, rühren vielleiclit auch mitunter von verschiedenen Weibchen her. Einige von mir auf Grimsey präparierte Eier meiner Sammlung haben folgende Maße : 57,5 x 39,8 mm (2,7 g) und 57 x 39,2 (2,8). — 57 X 41,5 (3,1). — 56,5 x 40 (3) und 53,8x38,5 (2,7). — 55,5x40,5 (2,9) und 53x40,2 (2,7). — 53,5 x 41,2 (2,8) und 53 x: 41,8 (3,2). — 53,5 x 40,8 (3,1). — Das Vollgewicht von 9 nicht ganz frischen Eiern betrug ziemlich gleichmäßig 42 — 46 g. Beide Teile des Paares brüten abwechselnd, das Weibchen, wie scheinbar bei den meisten dieser Felsenvögel, mehr am Tage, das Männchen in der ja ebenfalls hellen Nacht. Gegen 9 Uhr abends — nach Grimseyer Zeit etwa 11 Uhr — lösen die Tiere einander ab. Die Männchen kommen mit durchdringendem Gägägä . . . gäa geflogen, lassen sich neben dem gleich- falls schreienden Weibchen nieder, begatten dieses sehr- häufig, vielleicht nur scheinbar, drängen sich nun mit zitternden Flügeln in die Nestmulde, worauf der andere Vogel laut kreischend absti-eicht. Die vereinigten Stimmen der ganzen Kolonie wii-keu besonders zu dieser Stunde geradezu nerven- aufregend. Hat man längere Zeit inmitten der Vögel auf seinem Beobachter- posten ausgeharrt, so wird man hinterher selbst im Schlafe den Nachklang des Stimmengewirrs stundenlaug nicht los. Die Dreizehenmöven ändern natürlich ihren Ruf je nach der Situation ganz bedeutend. Seltner hört man auch eiu rauhes Hör, ein ziemlich hohes Gag usw. Das feine Ti Titi. das unsere Vögel ausstoßen, wenn sie neben einem Schiffe fliegen, hörte ich am Brutplatze nicht. Die Brutdauer mag mit 21 — 24 Tagen richtig angegeben sein. Am 31. Juni sah ich auf Grimsey die ersten Dunenjuugen, in den nächsten Tagen sehr zahlreiche, merkwürdigerweise fast überall nur eins in jedem Neste. Die Bewohner berichteten mir auf meine diesbezügliche Aufrage, daß angeblich sehr häufig nur eins der Eier zur Entwicklung gelange. Fände man 2 Junge im Neste, rührten diese oft nur von einem Dreier- gelege her. Ich kann die von mir beobachtete Tatsache vorläufig nur auf die ganz besonders ungünstige, rauhe und feuclite Witterung zurückführen, die während meines Aufenthaltes auf Grimsey herrschte. Wenigstens einen Monat, oft auch noch eine Woche länger, werden die Jungen von beiden Eltern fleißig gefüttert. 2 zu dieser Zeit vom Neste weggefangene alte Vögel, die ich untersuchte, hatten im Schlünde kleine Krebstiere. Doch sah ich auch, wie den Jungen Fischchen vorgewürgt wurden. Das Leben und Treiben am Mövenbrutplatze ist nun am interessantesten. In die Stimmen der Alten mischt sich auch das bettelnde Locken der immer beoehrlichen Jungen. Larus marinus. 139 Ungefähr Mitte, spätestens Ende Angust sind diese fhigbar, doch sah ich einzelne schon am 6. August über dem Eyjafjördr tiiegen. Nun- mehr verlassen die Vögel die unmittelbare Nähe der Brutfelsen und schwärmen auf das Meer hinaus, folgen den Schiffen und Fischzügen, erscheinen in allen Fjorden und an den Küsten, verschwinden aber in der Hauptsache Ende September vollständig aus Island, um sich milderen Gegenden zuzu- wenden oder auf offenem Ozean zu überwintern. ]). Jönsson bezeichnete mir als Abzugstermin für die Vestmannaeyjar den 20, — 30, September. Einzelne Individuen werden freilich den ganzen Winter über an den isländischen Küsten beobachtet, 18. Larus marinus L. Mantelmöve. Larus marinus (Linn.): Faber, Prodromus, S. 99 (1822). — Larus marinus L. : I 'reyer (& Zirkel) : Reise nach Island, S. 416 (1862). — Newton, in Baring-Goulds Icelaiid. p.418 (1863). — Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 44 (1895). — Slater, Birds of Iceland. [•. 112 (1901). — Stemundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 17 (1905). Larus marinus, L.: Collin, Skandinaviens Fugle, S. 617 (1877). — Saunders, ( at. Birds Brit. Mus. XXV, p. 241 (1896). — Winge, Grönlands Fugle, S. 179 (1898). — Xauuiaun, Vögel Mitteleuropas XI, S. 258 (190b). Isländisch: Svartbakur (svart = schwarz, hak = Rücken), etwas seltner Veidi- bjalla (veidi = Jagd, Weidwerk, bjalla = Schelle, Glocke, weil der Vogel bei der Nahrungs- suche häufig seine Stimme hören läßt), im gefleckten Jugendkleide Kaflabringur (kafli = Teil. Fleck, bringa = Brust). Auch deutsch: Schwarzmantel. Dan. & norw. : Svartbag. Schwed.: Svartbak. Für. : Svartbakur. Larus marinus scheint in seiner Verbreitung auf den Nordatlantischen Ozean und einige Teile des anschließenden Eismeers beschi'änkt zu sein. Im Pazifischen Ozeane ist sein Vertreter vielleicht L. schistisagus Stejn. In Amerika brütet unsre Art von Labrador bis zu den Canadischon Seen, sowie in Westgrönland, besonders zwischen 63 und 66^, doch auch nordwärts bis 72"; in Ostgrönland hat man sie dagegen nur aus- nahmsweise beobachtet (1. 11. 1900, Helms). In Xordeuropa kennt man ihre Brutplätze von der Petschoramünduug an in Rußland und Skandinavien, ferner an den Küsten Großbritanniens und auf allen nördlich davon liegenden kleinen Inselgruppen bis zu den Färöern. Im Winter streicht L. marinus südwärts bis Florida, den Bermuda-Inseln, Xiirdafrika und den Kanarischen Inseln. In Island ist die Mantelmöve ein nicht seltner Brutvogel, der in geringerer Individuenzahl die oberen Teile verschiedener Vogelberge, in gröLk'rer Menge aber selbständige Kolonien bewohnt. Sie legt diese nicht nur am Meere, sondern aucli auf Inseln von Landgewässern an. Einer der bedeutendsten, schon uralten Brutplätze findet sich auf einer Lavainsel des |)ingvallavatns; Bj. Ssemundssou schätzte diese Kolonie auf c, 400 Paare, Auch im Fiskavatn (W., Hnappadals Sysla), auf einem See in der Nähe der Baula (W.), im Unterlaufe verschiedener südisländischer Ströme usw. brüten die Vögel am Süßwasser. Die übrigen Kolonien sind an allen Küsten verstreut, im Norden aber scheinbar in geringerer Menge vorhanden. Sie befinden sich am häufigsten auf grasbewachsenen Klippen. Die Vögel streifen auch während der Brutzeit weit umher und werden das ganze Jahr hindurch au den Küsten beobachtet. 140 Laras marinus. Besoudors im Süden Islauds, z. B. auf den Vestniannaeyjarn, sind die Mantehuüveu oroUtenteils wahre Standvögel. Die Binnengewässer ver- lassen sie freilich nach beendeter Brutzeit oder besuchen sie höchstens gelegentlich noch einmal. Nach den Angaben Sicmundssons und meinen eigenen Erkundigungen an Ort und Stelle kommen unsere Möven schon Anfang März nach dem ])ingvallavatn, fliegen indes häufig noch zwischen den Brutplätzen und der Küste hin und her. Au den Forellen im See richten sie wenig Schaden au, da sie auch während der Brutzeit ihre Nahrung besonders vom Mündungsgebiete der Hvitä holen. Ende April beginnt der Nestbau oder die Ausbesserung des alten Nestes. Dieses befindet sich meist auf breiter Unterlage oder ebener Erde, ist rundlich und ziemlich Alf Bachmann, Miiiiclien. l'liüt. Fio. 24. Nest von Larus marinus. flach und hat nach Saemundsson eine Mulde vOn 20 cm im Durchmesser. Es wird aus Wasser- und Landpflanzen der Umgebung hergestellt und mit Erde befestigt (Fig. 24). Die Ablage der Eier beginnt im Mai. Mau nimmt diese vielerorts, so auch am ])ingvallavatu, zu Nahrungszwecken mehrmals fort", worauf sich die Vögel zu Nachgelegeu verstehen, weshalb man noch Ende Juni frische Eier flndeu kann (3. Juli 1894, Pearsou in the Ibis 1895, p. 248). In ungestörten Verhältnissen ist jedoch auch im Nordlande das Legegeschäft Anfang Juni bereits beendet. Am 15. Mai fuhr ich in der Nähe von Stadarfell im Hvammsfjördr dicht an einer kleinen Brutkülonie vou etwa 50 Paaren vorbei, die sich auf einer wenig hohen, oben Lara s marinus. 141 flacheu und gnisbewachsenen Klippe befand. Die meisten Vögel hielten sich in ziemlichen Abständen voneinander zu Paaren gesondert. Mit dem Glase konnte ich deutlich die Nester erkennen, die in Vertiefungen der welligen Rasenfläche angebracht waren. Einige der Möven trugen noch mit be- dächtigen Schritten Baumaterial herbei, andere hatten schon Eier. Die meisten saßen wenigstens im Neste. Ein derartiges Weibchen wurde unter starken Flügelschlägen begattet. Das erste Gelege besteht oft aus 3 Eiern; die Nachgelege weisen selten mehr als 2 Stück auf. Einige isländische Exemplare meiner Sammlung zeigen folgende 3Iaße: 80 x 53 mm (7.7 g) und 79.8 x 55 (8,2) und 79,5 x 53,5 (8,2). 79 x 56 (8,7). 77 x 54 (8,5) und 77 X 53,5 (8,6). 76,8 x 51,2 (7,2). 76 x 51 (7,1). Beide Vögel des Paares brüten abwechselnd, nach Faber etwa 28 Tage lang. Ssemundsson fand auf dem |5ingvallavatn am 16. .Juli halbbefiederte, am 4. August fast völlig erwachsene Junge. Die Alten versorgen diese etwa 50 Tage hindurch mit Nahrung, die sie oft weit herbeiholen und auf dem Neste vorwürgen. Sie besteht aus Fischen und allen möglichen andern tierischen Stoifen. Selten verteidigen die Vögel ihre Brut dem Menschen gegenüber energisch, umfliegen aber den Nestplatz mit lebhaftem Geschrei. Ihre Stimme ist ein starkes, rabenartiges Gagagagak oder Gogogogok, welchen Lauten sie mitunter ein gezogenes Gä anhängen. Weiter vernahm ich sehr häufig ein krähenartiges Kraa, auch von demselben Individuum in ver- schiedener Tonhöhe ausgestoßen, ferner ein merkwürdiges wieherndes Brummen, ungefähr wie hmmm klingend, ein kurzes tiefes Gok usw., alle diese Rufe im Fluge hervorgebracht. Vom Boden aus läßt der Vogel besonders ein lautes Ok hören, wobei er die charakteristische vorgestreckte Körperhaltung annimmt und den Schnabel weit öffnet. Im Sommer sind die Mantelmöven auch abseits der Brutplätze immer schreilustig. Wenn mehi'ere miteinander hoch über das Land. ziehen, vernimmt man ihre starken Stimmen oft eher, als man die Tiere selbst zu Gesiebt bekommt, hört sie auch dann noch, wenn die rasch Dahineilenden für das bloße Auge längst wieder in der Ferne verschwunden sind. Die halbwüchsigen Jungen verlassen bei Gefahr das Nest, laufen geduckt davon und suchen sich durch Schwimmen zu retten. Mitte August sind sie in der Regel flugbar und streifen nun mit andern ihrer Art zu kleineu Scharen vereinigt an den Küsten umher. Ich sah die ersten jungen Mantel- möven am 21. August bei Selfos am Ausflusse der Hvitä. Besonders gern besuchen die Tiere nun belebte Hafenorte in geschützten Buchten, werden aber selbst auf Grimsey im Winter beobachtet. Andere sollen den freien Ozean zum Aufenthalte wählen oder im Spätjahre südlicheren Gestaden zuwandern. Noch nicht fortpflanzungsfähige jüngere Vögel bemerkt man auch im Sommer weit abseits von jedem Lande. Viele suchen sich indes futter- reiche Wohnplätze, besonders Vogelberge, zum längeren Aufenthalte aus und lassen hier Gewalt vor Recht gehen. Auf der grasigen Nordspitze von Grimsey sah ich z. B. Ende Juni mehrere solcher unausgefärbter Mantel- möven, die sich äußerst wenig scheu benahmen und die ich zweimal beim Ausfressen stark bebrüteter Rissa-Eier betraf. ][^2 Liinis arfrentatus argeiitatus. Larus argentatus argentatus Brümi. Silbermöve. Lants argentatus: Faber, l'rodromus, S. 101 (1822). — Slater, Birds of Iceland, p. 113(1901). — Kicmschncidcr, Oruithol. Monatsst-hr. XXI. S. 244 (1896). Lartcs argentatus, Briinn.-.Saaiulers, Cat. Birds Brit. 31us. XXV, p. 260 (1896).— Larus argeyitafns Brunn, typicns: AVinge, Grönlands Fugle, S. 176 (1898). — Larus argentatus Brunn.: KeichenQw, Kennzeichen der Vögel Deutschlands, S. 26 (1902). — Naumann. Viigel .Mitteleuropas XI, 8. 240 (1903). Isländisch: Silfurinäfur, Silfurmär (= Silbermöve). Larus argentatus argentatus brütet im europäischen Gebiete des Atlantischen Ozeans, an den Küsten Skandinaviens auch bis ins Eismeer hinauf, in Schweden, Nor- wegen, Norddeutschland und Dänemark, auf den Britischen Inseln und nordwärts bis zu den Färöern. Von Spitzbergen und der Bären-Insel kennt man ihn dagegen nicht. Auf Jan Mayen wurde ein ? im Jugendkleide erlegt, von dem jedoch fraglich ist, ob es sich um unsre Form handelte. Die 2 von WestgTÖnland vorhandenen Bälge im Alterskleide, befindlich im Kopenhagener Museum, gehören nach Winge ebenfalls nicht zu L. a. argentatus, sondern zu L. a. affinis Beinh. und L. a. sinith sonianus Coues, den amerikanischen Formen unsrer Silbermöve. In Island ist das Vorkommen der Silbermöve meines Wissens durch kein Belegexemplar verbürgt. Die Angabe Saimders und Reichenows, der Vogel brüte auf unsrer Insel, muß als unrichtig bezeichnet werden. Schon Faber und andere Beobachter leugnen sein Vorhandensein daselbst entschieden. Der einzige oruithologische Reisende, der Lai-iis o.rgentatns im Hafen von Reykjavik Mitte Juni 1895 gesehen haben will, sogar ziemlich häufig und zu jeder Tageszeit, ist Dr. Riemschneider. Doch muß ich diese Angabe zunächst für einen Irrtum halten, zumal der Berichterstatter durch nichts andeutet, daß ihm die Auffälligkeit einer derartigen p]rscheinung bekannt gewesen und infolgedessen die Art der fraglichen Vögel besonders sorgfältig von ihm geprüft worden sei. Freilich glaube ich selbst, am 19. April 1903, etwa 20 km südlich von Portland (S.), eine Silbermöve über dem Meere gesehen zu haben. Höchstwalirscheinlich besucht unsere Art die Insel nur ausnahmsweise. 19. Larus glaucus Brunn. Eismüve. Larus glaucus (Brunn.): Faber, Prodromus, S. 98 (1822). — Larus glaucus Brünnich: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 416 (1862). — Larus glaucus Fabricius: Newton, in Baring-Goulds Iceland. p. 418 (1863). — Larus glaucus Brüan. : Gröudal, islenzkt fuglatal, bis. 44 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 113 (1901). Larus glaucus, Brunn.: Collin, Skandinaviens Fugle, S. 615 (1877). — Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 289 (1896). -^ AVinge, Grönlands Fugle, S. 186 (1898). — Naumann, Vögel Mitteleuropas XI, 267 (1903). Isländisch: Hvitmäfur, Hvitmär (= Weißmöve), Hvitfugl (= Weißvogel), im Jugendkleide Grämäfur (= Graumöve), alle Namen partim. Genauer: Störi Hvitmäfur. Auch deutsch : Große weiße Möve. Dan. & norw. : Stör hvidvinget Maage. Schwed. : Stör Hvittrut, hvitvingad Trut. Engl. : Large white winged Gull. Larus glaucus ist zirkumpolar über die ganze arktische Region verbreitet, soweit offenes Land sich findet. Nansen traf eine kleine Kolonie auf Franz-Joseph-Land noch unter 81^' 33'. Südwärts geht unsere Art brütend nur in wenigen Gebieten Larus glaucus. 243 wesentlich über den Polarkreis hinaus, besonders in Labrador, Grönland und Island. Im "VVinter besucht sie u. a. auch die Färöer, Großbritannien und den atlantischen Teil Skandinaviens und streicht gelegentlich bis zum Mittelmeer, dem Ivaspischen See. Baikal-See, Japan, Californien und Florida. In Island gehört die Eismöve zu den nicht seltenen Brutvögeln, die aber nur in unmittelbarer Nähe des Meeres, auf kleinen Schären oder auch im oberu Teile hoher Felswände brütet. Landgewässer scheint sie nirgends zum Sommeraufeuthalte zu wählen, wie dies JMms marinns tut. Sie bildet an den verschiedenen Küsten Islands eigene Kolonien, besonders häufig im Westen, wo der klippenreiche Faxafjördr und Breidifjördr ihr sehr zusagen. Hier ist sie schon seit alten Zeiten ansässig und wie ich mich selbst bei meiner langsamen Fahrt um die Küste überzeugte, auch heutzutage noch ziemlich häufig. Gern siedelt sich die Eismöve ferner in einigen Paaren bei den größeren Vogelbergen an, die ihr willkommene Beute versprechen. Auf Grimsey brütet sie jedoch jetzt nicht mehr regel- mäßig, obwohl dies zu Thienemanns Zeit der Fall war (Reise, S. 216). Ich besitze selbst noch ein von diesem dort gesammeltes Gelege (die 2 zuletzt angeführten Eier). Alle verkehrsreichen Küstenorte und Fischerplätze, z. B. Reykjavik und Isafjördr, werden zu allen Jahreszeiten in Menge von Eis- möven besucht, die auf dem Wasser das darstellen, was die Raben auf dem Lande sind. Biologisch ist unser Vogel so außerordentlich der Mantelmöve ähnlich, daß ich hier auf deren Behandlung verweisen kann. Ich beobachtete beide Arten oft halbestundenlang beisammen , z. B. in der Umgegend von Reyk- javik, konnte indes weder in den Bewegungen noch in der Stimme feststehende unterschiede entdecken. Im allgemeinen erschien mir die Eis- möve etwas langsamer als Larus maiinas, ihr Ruf etwas matter und ein- silbiger. Doch vernahm ich auch von ihr den tiefen starken Rabenschrei, sowie das merkwürdige wiehernde Brummen. Die Ähnlichkeit der Stimm- laute von hoch in der Luft fliegenden Vögeln mit fernem Hundegebell, auf die Heuglin hinweist, fand ich gerade bei dieser Art wiederholt in auffälliger Weise bestätigt. Die jungen Vögel lassen ein helles Geschrei hören. Isländische Eier meiner Sammlung zeigen folgende Maße. 80 X 57 mm (9,5 g). 75x52(8,1). 73,5x53,5 (8). 72,5x53 (6,7). 71,5x51,5 (6). — 76x55 (9), 74x55,5 (8,5). — Sie sind von Larus marinus-^iern nicht auseinanderzuhalten. Inwieweit die im Winter zahlreich an den isländischen Küsten umher- Bchwärmenden Eismöven wirkliche Standvögel oder nordische Gäste sind, ist schwer zu entscheiden. 20. Larus leucopterus Faber. Polarmöve. Larus leucopterus (mihi) : Faber, Prodromus, S. 9 1(1822). — Larus leucopterus Faber: Preyer (& Zirkel), ßeise nach Island, S. 416 (1862). — Xewton, in Baring- Goulds Iceland, p. 418 (1863). — Gröudal, Islenzkt fuglatal, bis. 44 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 115 (1901). 244 Lanis Icucoptcrus. Larus leucopterus, Faber: CoUin, Skandinaviens Fugle, S. H13 (1877). — Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 295 (1896). — Winge, Grönlands Fugle, S. 182 (1898). — Naumann, Vögel Mitteleuro])as XI, S. 275 (1903). Isländisch: Hvitraäfur, Hvitmär (= "NVeißniöve), Hvitfugl (= Weißvogel), im Jugendkleide Grämäfur (= Graumöve), alle Namen partim. Richtiger: Litli Hvitraäfur. Auch deutsch: Kleine weißschwingige Möve. Dan. & norw.: Hvidvinget Maage. Schwed. : Hvidvingad Mäse, Uten Hvittrut. Engl.: Lesser white-winged Gull. Die Polarmöve hat nur eine beschränkte Verbreitung. Zahlreich pflanzt sie sich fort an der Westküste Grönlands, seltner im Norden und Osten dieses Gebietes. Ferner hat man sie auf Jan Mayen, an der Westküste der Davis-Straße und in einigen anderen Gegenden des arktischen Amerikas brütend angetroffen. Im Winter ziehen besonders die jüngeren Individuen ein wenig südwärts; doch ist unsere Art schon an den Küsten Deutschlands, Dänemarks und Norwegens eine seltene Erscheinung. Etwas häutiger zeigt sie sich in den Meeren Großbritaimiens und im Nordosten Amerikas. Ziemlich regelmäßig besucht sie die Färöer. In Island ist die Polarmöve ein alljährlicher Wiutergast, der sich vor allem zahlreich in den Fjorden der Nordküste einstellt und oft monate- lang- daselbst aufliält. Werden diese Gebiete von Treibeis erfüllt oder locken große Fischzüge die Vögel fort, so erscheinen sie in bedeutenden Scharen auch im Süd- und Ostlande. Zufolge Fabers eingehender Beobachtungen kommen die ersten Exemplare wenige Tage nach Mitte September und verschwinden die letzten Ende April bis spätestens Ende Mai. Ich sah am 25. April neben einigen Lams glaucus auch zwei jüngere Vögel unserer Art, die ein Fischer im Hafen von Reyk- javik geschossen hatte. Am 27. d. M. beobachtete ich an einer Bucht daselbst ein altes Individuum. Sein Flug war ruhig und leicht und führte den fast zutraulichen Vogel mehrmals dicht an mir vorbei. Nachdem er wiederholt seine Stimme ausgestoßen hatte, die ich als gi gi gi grrrr notierte, ließ er sich bei einer Schar Eiderenten nieder, hielt die Flügel noch längere Zeit in die Höhe und schwamm endlich in angemessener Entfernung den Vögeln nach. Am 30. April bemerkte ich neben zahlreichen Eismöven wieder einige Polarmöven in der Nähe der Insel Videy. Mehrere kreisten in der Luft, andere saßen auf den mächtigen Steintrümmern am Lande. Sie ließen diesmal das Boot nicht in Schußnähe herankommen, flogen vielmehr, nachdem ihre Gestalt immer schlanker und hochbeiniger geworden war, lautlos davon. Die hoch am Himmel kreisenden Exemplare riefen wiederholt, zwar wesentlich sanfter als die gleichzeitig umherfliegenden Eismöven, aber doch ähnlich gag gagag, gogogogog, gigigigig. Von einem Brüten der Polarmöve in Island hat man nie etwas gehört. Es könnte dies höchstens auf der stellenweise ornithologisch fast unbekannten nordwestlichen Halbinsel der Fall sein, wo ich etwa 18 Sm. südöstlich von Cap Nord noch am 19. Mai einige alte Vögel unserer Art erblickte. Wahr- scheinlich handelt es sich jedoch um verspätete Gäste, zumal das Treibeis in der Nähe lagerte. Im Kopenhagener Museum beflnden sich 2 Bälge aus Island vom 4. und 5. August 1840, wobei es sich vielleicht um noch nicht fortpflanzungsfähige Vögel gehandelt hat. Larus caniis canus. 245 21. Larus canus canus L. Sturmmöve. Lartis canus: Faber, Prodromus, S. 101 (1822). — Larus canus L.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 431 (1862). — Newton, in Earing-Goulds Iceland, p. 418 (1863). — Gröndal. Islenzkt fiiglatal, bis. 44 (1895). — Winge, Fuglene ved de danske Fyr i 1894, S. 62 (1895). - Slater, Birds of Icelaud, p. 111 (1901). Larus canus, L. : Collin, Skandinaviens Fugle, 8.610(1877). — Larus canus Brnnn.: Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 277 (1896). — Larus canus L. : Naumann, Vögel Mitteleuropas XI, S. 223 (1903). Isländisch: Stormmäfur, Stormmär. Auch dän. : Stormmaage. Larus canus canus ist im allgemeinen über die Gebiete der Nord- und Ostsee verbreitet. Er liebt weniger den offenen Ozean, brütet sogar vielerorts an Land- gewässerii. In Rußland geht er hinauf bis zum Eismeere, ebenso in Skandinavien bis zum Varanger-Fjord. Er bewohnt ferner Schottland, die Hebriden, Orkney- und Shetland- Inseln. Die Färöer besucht er im wesentlichen nur als Gast, doch soll ein einzelnes Paar regelmäßig auf Strömö brüten (Andersen). In Grönland ist unsere Art noch nicht beobachtet worden, doch will man ein jüngeres Exemplar in Labrador erlegt haben. — In Sibirien wird L. c. canus durch den größeren L. c. niveus Fall., im pazifischen Nordamerika durch den kleineren L. c. brachyrhynchus Rieh, vertreten. — Im Winter wandert L. c. canus südwärts bis zum Wendekreise. Die Sturmmöve besucht Island nur als seltner Gast, wahrscheinlich besonders zur Herbst- und Winterszeit. Sichere Nachweise ihres Vorkommens sind wenige veröffentlicht. Newton erhielt 1858 in Reykjavik einen Balg unseres Vogels, der im vorhergehenden Winter in der Nähe der Stadt geschossen worden war. Im Winter 1878 erlegte man ein weiteres Indi- viduum bei Reykjavik, das der Lateinschule daselbst geschenkt wurde, und auch Gröndal erhielt später eine Sturmmöve für seine Sammlung (Ornis XI, S. 454). Vier der Vögel zeigten sich endlich im Winter 1892 bei Oddeyri im Eyjafjördr, von denen man ein Stück schoß. Dieses kam durch J. V. Havsteen an das zoologische Museum in Kopenhagen. Weitere einwandfreie Beob- achtungen sind mir nicht bekannt, obwohl Baring-Gould, Slater, Bachmann u. a. glauben, die Art ebenfalls bei Island gesehen zu haben. Vielleicht ist der Vogel oft mit der Dreizeheuraöve verwechselt worden. 22. Xema sabinii (Sab.). Schwalbenmöve. Xema sabinii (Sabine) : Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 162 (1896). — Larus sabini Sab.: Winge, Grönlands Fugle, S. 197 (1898). — Xema Sabinii Sab.: Naumann, Vögel Mitteleuropas XI, S. 295 (1903). Isländisch: Svölumäfur, Svölumär (= Schwalbenmöve). Xema Sabinii hat ihren Sommeraufenthalt in den höchsten Breiten der Alten und Neuen Welt, doch ist ihre Verbreitung scheinbar ziemlich lückenhaft. Die Haupt- brutgebiete liegen im nördlichsten Teile Amerikas. Auch die Westküste und den Norden Grönlands bewohnt unsere Art, aber nicht südlicher als 75°. Auf Jan Mayen wurde sie nur einzeln beobachtet. Ob sie auf Spitzbergen und Franz- Joseph- Land brütet, ist noch sein- fraglich. Auf der Taimyr-Halbinsel und wahrscheinlich auch au andern Punkten der sibirischen Küste tut sie dies in ziemlicher Menge. Im Winter Hantzsrh, Voselwelt Islauds. ^^ j^ß Xeina sabinii. verlassen die Vögel die unwirtlichsten Gebiete, um sich ein wenig südwärts zu wenden. Sie kommen dann auch nach den Färöern, Großbritannien usw., ja einzelne Exemplare sollen bis Südamerika gewandert sein. Island besucht die Schwalbenraöve nur als seltner Gast, ist aber bisher scheinbar unbeachtet geblieben oder mit Stema macrura verwechselt worden. Ich sali einen schlechten Balg bei Konsul J. V. Havsteen in Oddeyri. Der Vogel stammte angeblich aus dem zeitigen Frülijahr 1901, wo man ihn als unbekannte „Seeschwalbe" am Eyjafjördr erlegte. Leider konnte ich den Balg nicht erwerl)en. Es handelt sich um einen alten Vogel in Winter- traclit. Flügellänge fast 300, Schnabel 28 mm. Nach nicht ganz sicheren Beschreibungen von Pastor Matthias Eggertsson und Yngvar Gudmundsson scheint die Art im AVinter auch auf Grimsey vorgekommen zu sein. 23. Sterna macrura macrura Naum. Küstenseeschwalbe. Sterna hirundo (Linn.): Faber, Prodromus, S. 88 (1822). — Sterna arctica Temm.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 420 (1862). — Sterna macrura Naum. : Newton, in Bariug-Goulds Iceland, p. 417 (1863). — Sterna arctica Temm.: Gröndal, Islenzkt fuglutal, bis. 44 (1895). — Sterna macrura, Naum. : Slater, Birds of Iceland. p. 109 (1901). Sterna macroura. Naum.: Collin, Skandinaviens Fugle, S. 592 (1877). — Sterna macrura, Naum.: Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 62 (1896). — Winge, Grön- lands Fugle, S. 204 (1898). — Naumann, Vögel 3litteleuropas XI, S. 137 (1903). Isländisch: Kria (nach dem Geschrei), l'erna (älteren Ursprungs, wahr- scheinlich mit dem deutschen ^,Dirne" etymologisch zusammenhängend. Gattungsname Sterna davon abgeleitet). Auch dän. & norw.: Kirre, Terne. Schwed.: Tärna. Engl.: Tern. Fär. : Tema. Sterna macrura macrura hat eine bedeutende zirkumpolare Verbreitung. Sie bewohnt die ganze arktische Region nebst den anschließenden Gebieten: den Norden Asiens, Europa bis etwa zum 50., Amerika bis zum 42. Grade südwärts. Nach dem Pole zu fand sie Sverdrup noch uuter 84** 24'. Sehr häufig brütet sie u. a. auf Spitz- bergen, seltner auf der Bären-Insel. Für Jan Mayen konnte sie als Brutvogel noch nicht festgestellt werden. Doch ist sie an allen Küsten Grönlands zu Hause. Im Winter wandert unsere Art sehr weit südwärts bis Chile, Brasilien, Südafrika und Süd- asien. — In der antarktischen Region wird St. m. macrura von der 1904 aufgestellten sehr ähnlichen St. m. antistropha Rchw. vertreten. In Island gehört die Küstenseeschwalbe zu den gemeinen Brut- vögeln. Sie bewohnt am liebsten grasige Tiefländereien in der Nähe des Meeres, findet sich aber in zahlreichen Kolonien auch an den größeren fließenden und stehenden Gewässern des Innern. Einzelne Individuen und kleine Scharen nicht zur Portpflanzung schreitender, wahrscheinlich im 2. Lebensjahre stehender Vögel streichen den ganzen Sommer über im Lande umher. Man begegnet solchen tief und langsam dahinfliegenden Exemplaren sogar in ausgedehnten Lavafeldern, Heiden, Hochmooren und Gebirgstälern. In ganz bedeutender Menge brütet Sterna macrura auf Grimsey. Man findet hier wenig Plätze im Innern, wo man zur Brutzeit nicht fort- gesetzt von den angriffslustigen Vögeln belästigt wird. Dagegen bewohnt unsere Art die Vestmannaeyjar überhaupt nicht, besucht diese höchstens zur Zugzeit. Sterua macrura macrura. J^47 Isländische Exemplare von Sterna macrura nnterscheidcn sich nicht von solchen benachbarter Gebiete. Folgendes sei über einige selbst von \n\v gesammelte Vögel meiner Kollektion bemerkt. (5 ad., $ ad., Hjalteyri, 26. Mai 1903. Gewicht i. Fl. : 110, 111 g. Gesamtlänge (bis zur Spitze der längsten Schwanzfeder) i. Fl.: c. 370,370 mm. Flügel: 265, 266. Schwanz (bis zum Ende der etwas längeren der beiden äußersten Federn): 197,192. Schwanz 4- Flügel: 38, 25. Schnabel: 36, 31. Tarsen: 16, 16. 3Iittelzehe inkl. der 7 und 7 mm langen Kralle: 24 und 24.5 mm. — • Iris: dunkelbraun. Schnabel und Füße: hochkarminrot, ersterer etwas dunkler, Zehen und überschnabelspitze mit schwärzlichem Anfluge. — $ juv., M^vatn, 27. Juli 1903, eben selbst fliegend ; auf den Federn, besonders denen der Oberbrust und des Schnabelgrundes noch Dunen. Gewicht i. Fl. :112 g. Gesamtlänge i. FL: c. 290 mm. Flügel: 208. Schwanz: 102. Flügel + Schwanz: 10. Schnabel: 24. Tarsen: 14,5. Mittelzehe inkl. der 5,5 mm langen Kralle: 21,5mm. — Iris: schwarzgrau. Schnabel: schwärzlich, helle Stellen am Grunde orange- gelb. Füße: blaßgelblich-fleischfarben. Die Küstenseeschwalbe ist in Island ein Zugvogel, der im Süden Mitte Mai, im Norden noch etwas später erscheint. Thieneraann beobachtete ihre Ankunft bei Eeykjavik allerdings schon am 5. Mai (Reise, S. 193). 1903 war am 13. d, M. noch kein Exemphir daselbst zu bemerken. Im Eyjafjördr zeigten sich die ersten am 22. Mai. Ich sah am 25. d. M. und an den folgenden Tagen Hunderte der Vögel über einem Teiche bei Hjalteyri, wo es von großen Stechmücken wimmelte. Die Seeschwalben fingen diese in der Luft und am Boden, wie ich nicht nur aus nächster Nähe beobachtete, sondern auch am Mageninhalte getöteter Exemplare erkannte. Bis Anfang Juni trifft man unsere Vögel tagsüber gewöhnlich abseits von den zukünftigen Nistplätzen. Sie schwärmen stundenweit in der Gegend umher, halten sich meist in großen Scharen beieinander, fliegen jedoch des Abends nach dem Brutgebiete hin, um daselbst zu übernachten. Auf trocknen Hügeln oder Kiesflächen fallen sie ein, lassen den Menschen dann oft bis auf wenige Schritte herankommen und wirbeln endlich mit lautem Geschrei in die Luft. Ihre Flugbewegungen sind ebenso gewandt wie abwechslungsvolL Jetzt jagen die Vögel blitzschnell dahin, nun steigen sie gemächlich auf und nieder, rütteln au derselben Stelle, spreizen dabei die langen äußeren Schwanz- federn, die sich zierlich im Winde biegen, stürzen mit angezogenen Flügeln auf das Wasser herab, um für Augenblicke völlig darin zu verschwinden. Meist haben sie beim Emportauchen ein Fischchen im Schnabel; denn schwimmt die Beute davon, so schnellen sich die Vögel kurz vor dem Ein- tauchen bereits wieder in die Luft. Von Anfang Juni au halten sich unsere Seeschwalbeu in der Nähe ihrer Brutplätze, zu denen sie grasbewachsene oder sandige Inseln, trockne Flußufer oder sonstige freiliegende örtlichkeiten wählen. Am M;fvatn brüten sie allerdings auch inmitten üppigen Pflanzenwuchses, in Grimsey auf dem ganzen kurzgrasigeu, weichmoosigen Plateau im Innern. Häufig- trifft mau Kolonien iu der Nachbarschaft von Eiderbrutplätzen, woselbst die Vögel gern gesehen sind, weil sie nicht nur durch ihre Eier nützen, sondern auch durch ihre Angriffslust oft genug Raubmöven, Raben und Falken zu ver- treiben imstande sind. Ein eigentliches Nest wird nicht gebaut, doch faud ich unter den Hunderten von oft recht hübsch ausgedrehten Nestmulden, 10* 14H Sterna macrura inacrura. die ii'li auf Gn'msey besichtigte, einen gi'oßen Teil mit einigen dürren Blättchen ausgelegt. Die Grube hat 10—11 cm im Durchmesser; die ein- zelnen Nistplätze sind gewöhnlich einige Meter von einander entfernt. Die Zahl der Kier beträgt unter normalen Verhältnissen immer 2; Gelege zu 3 Stück sind äußerst selten, rühren vielleicht auch nur von verschiedenen Vögeln her. Die Ablage beginnt in günstigen Gebieten, z. B. am M^vatn, schon Anfang Juni. Krüper erhielt daselbt die ersten Eier am 3. Juni (Naumannia 1857,8.55). Ich besuchte am 8. d.M. eine Kolonie an der Mündung der Fnj(')ska in den Eyjafjördr, konnte aber samt meinen Begleitern noch kein Gelege entdecken. Auf Gn'msey findet man die Eier stets erst von Mitte Juni an; am 26. d. M. hatten viele Vögel noch nicht gelegt.. Man nimmt fast überall die ersten p]ier weg und zwingt so die Tiere zu Nachgelegen. Diese bestehen nicht selten nur aus einem Stück. Ich fand am 12. Juli auf Grimsey noch Eier in frischem Zustande. Bedeutende Verschiedenheit der Eier eines Geleges, wie ich sie wiederholt bemerkte, scheint meist auf verschiedene Erzeuger derselben schließen zu lassen. Ich beobachtete in selbst gesammelten Gelegen auch verschiedene Bebrütungsgrade. Einige der vielen auf Grimsey präparierten Eier meiner Sammlung zeigen folgende Maße: 46 X 28 mm (1 g) und 43,5 x 29 (1,05). 42,2 x 28,6 (1) und 40.2 x 30 (1). 41 x 31 (1,15) und 40,8x31,2(1,2). 40,5x29,5 (1,1) und 40x28,8 (0,95). 39,5x29.5 (0,95) und 38,5x28.8 (0,95). 37,5x29,2 (0,9) und 36,2x29,2 (0,85). — Selbst gesammelt: 43x29,8 (1,05) und 36,5 x 26,5 (0,95). Hellblau mit wenigen braunen Punkten: 36,2 x 28 (0.95) und 35,8 X 28 (1). Unnormal klein, aber mit Dotter: 34 x 26,2 (0,9). 26,5 x 22 (voll 6,5, leer 0,6 g) und 24x19 (voll 5, leer 0,45 g). — Vollgewicht normaler Eier 16 — 21g. Gekocht sehr wohlschmeckend. Preis je nach Zeit und Lokalität 1 — 3 Ore. Am Brutplatze zeigen sich unsere Vögel äußerst angriffslustig, besonders wenn die Jungen bald auskommen oder noch klein sind. Auf Grimsey ist ein Gang durchs Innere zu Anfang des Juli stellenweise nicht angenehm. Fortgesetzt stoßen die erbosten Tiere kreischend auf den Menschen herab, treffen ganz empfindlich den Hinterkopf, wagen aber selten, das Gesicht zu berühren, sondern sausen in blitzschneller Wendung wenige Dezimeter davon vorbei. Oft wird man von einem halben Dutzend der Vögel hart verfolgt, au deren Stelle bei Verlassen des Platzes sofort andere treten. Man ist genötigt, unausgesetzt ein Tuch oder einen Stock über sich zu schwingen, was auf die Dauer recht unangenehm wird. Selbst als ich mich einige Male in den kleineu lauschigen Talkesseln Grimseys zum Schlafe niederlegte, entdeckten mich die Vögel nacli kurzer Zeit und stießen zorn- erfüllt nach mir, ol)wohl ihre Nester ziemlich entfernt waren. Ebenso wütend greifen sie die Schafe an, die ihnen wahrscheinlich manches Gelege zertreten. Oft sieht man die kleinen Herden, die sich auf der Insel umhertreiben, arg verfolgt. Doch schütteln die Tiere, so gut als möglich, die Störenfriede von sich ab und gehen, indem sie mit Gleichmut die dürftigen Pflanzen abrupfen, langsam ihrer Wege. Bei diesen Angi-iffen lassen die Seeschwalben unaus- gesetzt ihre Stimme hören, die, von mehreren Hunderten zu gleicher Zeit ausgestoßen, einen wilden Lärm ergibt. Der häufigste und den ganzen Sommer über vernehmbare Stimm laut ist ein durchdringendes Kria, dem der Vogel seinen isländischen Namen Sterna macrura macrura. 149 verdankt. Oft wird das an und für sich kurze A völlig unterdrückt und der Ruf zu einem Kri. Bei der Nahrungssuche wechselt damit ein scharfes, hohes Gik ab, das sich bei alleiufliegenden Vögeln mitunter in ein breiteres, behagliches Gäg verwandelt. Am Brutplatze vernimmt man vielfach auch ein lautes schnurrendes Am-..., vor das sich manchmal noch ein gestoßenes, kurzes I setzt, also etwa Kriarrr . . ., der Ton bleibt hierbei auf der 2. Silbe. Ferner notierte ich ein fortgesetztes, meist ein- oder zweisilbig gesondertes Dr drdr dr drdr, ein ärgerliches Räh, in hoher Luft ein kurzes, möveuartiges Wa und miauendes Wawaa au. Wenn ein Vogel sich auf ein falsches Nest setzt, treibt ihn der rechtmäßige Eigentümer mit einem beleidigten Zckzck davon, worauf er sich beschämt mit hohem Pitpit entfernt, usw. Die kleinen Dunenjungen rufen, wenn man sie in die Hand nimmt, ein feines Piep, etwas größere ein leises, rauhes Kr, sobald sie flugbar sind, nehmen sie die Stimme der Alten an. Das Brutgeschäft besorgen beide Vögel des Paares. Doch fand ich sie niemals besonders fest auf den Eiern sitzen. Schon aus beträchtlicher Entfernung erheben sie sich, falls man der Niststätte näher kommt, lassen sich allerdings bald wieder auf die Eier herab. Nicht selten sah ich die Vögel beim Neste ein wenig umherlaufen, besonders den nicht brütenden Teil, der in der Nacht auch fast immer in der Nähe des andern sitzt. Noch häuflger beobachtete ich das schrittweise Gehen am Rande der Süßwasser- teiche Grimseys, wo Hunderte von Seeschwalben gemeinsam mit Dreizehen- möven sich niederließen, nachdem sie gebadet und getrunken hatten. Die Brutdauer beträgt in der Regel 16 Tage, soll sich aber nacli Faber bis auf 18 Tage ausdehnen. Dieser Forscher fand Junge am Myvatn schon Mitte Juni, Krüper ebendaselbst am 19. d. M. (Naumanuia 1857, S. 56). Ich sah die ersten auf Grimsey am 4. Juli, doch hatten am 12. d. M. die meisten Seeschwalben immer noch Eier. Kaum einige Stunden alt, kriechen die Tierchen schon aus der Nestmulde, entfernen sich aber nicht weit. Sie drücken sich bei Annäherung einer vermeintlichen Gefahr fest auf die Erde und verhalten sich regungslos still. Die Alten füttern die zarten Vögelchen besonders mit Insekten, später mit kleinen Fischen, die sie im Schnabel bringen. Ein von mir erlegtes eben flügge gewordenes Weibchen hatte 3 etwa 6 cm lange Forellen im Magen, zweien davon fehlte der Kopf. Die Dunenjungen gehen bei Verfolgung häufig aufs Wasser und schwimmen ziemlich hurtig, was die erwachsenen Vögel viel seltner tun. Sie sind im allgemeinen wenig scheu. Nach uugefiihr einem Monat werden sie flügge, worauf die Fürsorge der Alten bald nachläßt. Freilich bringen diese merkwürdigerweise selten mehr als ein Junges groß. Ich sah die ersten flüggen Seeschwalben den 20. Juli am Myvatn, Krüper ebendaselbst am 17. d. M. (1. c, S. 57). Der Flug derartiger Vögel ist noch langsam und nicht anhaltend, doch beobachtete ich, wie sie unter Anleitung der Alten schon ins Wasser stürzten und kleine Fische herausholten. Von Mitte August an verschwinden die Seeschwalben aus dem Innern Islands und begeben sich an die Küsten, verlassen aber auch diese schon Ende 250 Tlialassogoron chlororhynchos. August oder Anfang September, um sich milderen Gegenden zuzuwenden. Doch werden bis Ende September noch viele, nach Faber besonders junge Tiere, die angeblich später als die alten fortziehen, beobachtet. Von einem Überwintern der Vögel an den isländischen Küsten habe ich nichts gehört. Unter der großen Menge der Seeschwalben auf Grimsey bemerkte ich Ende .Tuni 2 oder 3 Exemplare in reiner Wiutertracht. Sterna hirundo L. Flußseeschwalbe. Sterna hirundo L.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 420 (1862). — Sterna ftuviatilis Xaum.: Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 417 (1863). — Sterna hmindo: Riemschueider, Ornithol. Monatsschrift XXI, S. 244 und 340 (1896). Sterna hirundo, h.: Collin, Skandinaviens Fugle, S. 591 (1877). — Sterna ftuviatilis, Naum.: Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 54 (1896). — Sterna hirundo L.: Naumann, Vögel Mitteleuropas XI, S. 128 (1903). Isländisch: Arkria (ä — Fluß). Das Vorkommen von Sterna hirundo in Island ist durch kein Belegexemplar verbürgt. Diese Art meidet auch im allgemeinen den offenen Ozean und hält sich lieber an Landgewässern auf. Sie ist eine atlantische Spezies, die in Amerika bis Labrador, auf dem Festlande Europas höchstens bis zum Polarkreise nordwärts brütet. Großbritannien bewohnt sie stellenweise ziemlich häufig, nördlich davon aber konnte sie nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Ebenso beruhen die Angaben über ihr Auftreten im südlichen Grönland, im Gebiete der Franklin- und Liverpool-Bai wahr- scheinlich auf Verwechslung mit St. niacrura. Faber betont, daß in Island nur eine Seeschwalbenart vorkäme, die er freilich St. hirundo L. nennt, jedoch ausdrücklich mit Naumanns St. macrura identifiziert. Baring-Gould glaubt, den Vogel im Sommer 1858 am l'ingvallavatn angetroffen zu haben, doch bezweifelt dies der Berichterstatter Newton selbst. Riemschueider und andere bringen ebensowenig Beweismaterial für ihre Vermutung. Ich habe trotz besonderer Aufmerksamkeit keine Flußseeschwalbe in Island entdecken können, halte freilich ihr gelegentliches Vorkommen daselbst nicht für ausgeschlossen. Sterna dougalli Mont. Paradiesseeschwalbe. Sterna dougalli: Pearson, Ibis, p. 248 (1895). Sterna dougalli, Mont.: Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 70 (1806). — Naumann, Vögel Mitteleuropas XI, S. 164 (1903). Sterna dougalli ist eine atlantische Spezies, die kaum nördlich des 56. Grades brütend angetroffen wurde. Pearson schreibt, P. Nielsen habe ein Exemplar der Art in der Nähe von Reykjavik erlegt. Auf meine diesbezügliche Anfrage teilte mir Herr Nielsen mit, daß dies nicht der Wirklichkeit entspräche, er niemals den Vogel gesehen, noch weniger aljcr geschossen habe. Ich muß deshalb die in Frage kommende Mit- teilung für einen Irrtum halten. 24. Thalassogeron chlororhynchos (Gm.). Buntschuäbliger Albatros. Diomedea chlororhynchos, Temm. : Collin, Skandinaviens Fugle, S. 582 (1877). — Diouiedea culmhiata Gould: Gröndal, islenzkt fuglatal, bis. 45 (1895), berichtigt in Diomedea chlororhynchns : Ornis XI, p. 455(1901). — Diomedea {melanophrys, Boie): Slater, Birds of Iceland, p. 145 (1901). Fulmarus glacialis glacialis. 251 Thalassogeron chlororhynchos (Gniel.): Salvin, Cat. ßirds Brit. Mus. XXV, p. 451 (1896). — Naumann, Vügel JVIittelcuropas XII, S. 7 (1903). Isländisch: (Seinerzeit) Fuglköngur, Siilaköngur (= Sulakönig). Diese Art ist eine Bewohnerin der südlichen Hemisphäve. Ihr Vor- kommen in p]iiropa wird nur durch unsern isländischen Fall belegt. In den vierziger Jahren des vorigen Jahrliunderts nämlich siedelte sich auf dem Sülasker (Vestmanuaeyjar) ein einzelnes Exemplar unserer Albatrosart an und zeigte sich mehrere Sommer hindurch, den Bewohnern als „Yogelkönig" bekannt. 1846 wurde es erlegt und nach Kopenhagen gesandt, wo sich nur das Ökelett aufbewahren ließ. Dieses befindet sich noch jetzt im Zoologischen Museum daselbst. Herluf Winge hat es nochmals genau unter- sucht und war so liebenswürdig mir mitzuteilen, daß ein Zweifel bezüglich der Artzugehörigkeit nicht bestehen könnte. 25. Fulmarus glacialis glacialis L. Eissturmvogel. Frocellaria glacialis (Linn.): Faber, Prodromus, S. 107 (1822). — Procellaria glacialis L.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 415 (1862). ■ — Newton, in Baring- Goulds Iceland, p. 419 (1863). — Fulmarus glacialis (L.): Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 45 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 140 (1901). Fulmarus glacialis (L.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 579 (1877). — Salvin, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 425 (1896). — Winge, Grönlands Fugle, S. 141 (1898). — Naumann, Vögel Mitteleuropas XII, S. 12 (1903). Isländisch: Fylüngur, F^lungi, Fylingur (auch mit 11 geschrieben), F^''!! (fyl, füll = faul, übelriechend, nach dem auffälligen Trangeruche des Vogels; ungur etc. etymologisch verwandt mit Junges in der Bedeutung von Nachkomme), nach der Hallfreds Saga Fülmär (mär = Möve), auch jetzt noch gebräuchlich. Deutsch, engl., franz. gleichfalls: Fulmar. Fulmarus glacialis glacialis bewohnt das Eismeer und einige benachbarte Gebiete im Nordatlantischen Ozean, etwa von der Baffins-Bai bis Nowaja Semlja. Doch ist nicht entschieden, wo seine Verbreitungsgrenzen mit denen des pazifisch - arktischen F. g. rodgersii Cass. zusammenstoßen. Im Atlantischen Ozean brütet unser Vogel auf St. Kilda, seit 1878 auf den Shetland- Inseln, seit 1839 auf den Färöern (Hartert & Rothschild). Den nördlichen Teil Westgrönlands, etwa vom 69. Grade an, bewohnt er recht häufig, doch kennt man auf der Ostseite noch keine sicheren Brutplätze. Solche liegen aber auf Mevenklint, Jan Mayen, der Bären -Insel, Spitzbergen, Franz- Joseph-Land und Nowaja Semlja. Schalow vermutet, daß diese Art möglicherweise bis zu den Neusibirischen Inseln ostwärts reiche. Nordwärts sah Nansen ein Exemplar noch unter 85<* 5' n. Br., südlich scheint sich der Vogel auch im Winter wenig von den Brutgebieten zu entfernen. In Island gehört Fnhnarxis glacialis zu den häufigen BrutvÖgeln. Er bewohnt die oberen Teile der meisten bedeutenden Vogelberge, besonders wenn diese auf isolierten Klippen weit draußen im Meere liegen. Seine Verbreitung erstreckt sich auf alle isländischen Küsten, wenngleich die Zahl seiner Brutkolonien eine beschränkte ist. In größter Menge bewohnt er die Vestmanuaeyjar, in geringerer Anzahl den Vogelberg bei Krisuvik, den Hafnirbjarg (SW.), Ldtrabjarg (W.) und Hornbjarg (NW.), Grimsey und die Mänäreyjar (N.), Klippen bei Djüpivogr (0.) usw. Auch trifft man zu allen Jahreszeiten nicht brütende Eissturmvögel auf den isländischen Meeren. Ich 252 Fulmarus glacialis glacialis. fuhr am 18. Mai nicht weit von Cap Nord bei einem Wal Schlepper vorbei, der 3 Beutetiere nach sich zog. die von Hunderten von Vögeln, ganz besonders unsrer Art. umgeben und besetzt waren. Der Eissturmvogel ist neben der Dreizehenmöve der häufigste Begleiter des isländischen Seefahrers. Unsere Art zeigt eine hellere und eine dunklere Färbungsphasc, zwischen denen sich aber Übergänge finden. Inwieweit diese individuell oder nach Alter und Jahres- zeit wechseln, muß noch genauer untersucht werden. Zweifellos geht die Mauser der Vögel sehr langsam vor sich. Ich fand nicht nur beim Abbalgen im Juni überall verstreut einzelne frische Kiele, sondern auch äußerlich teilweise unsymmetrische braune, helle oder selbst weiße Flecken der Oberseite, die durch verschieden alte Federn hervor- gerufen wurden. Auf Grimsey sieht man recht dunkelfliiglige Exemplare. Doch stimmen meine Beobachtungen an vielen Hunderten von Eissturmvögeln, die ich besonders an der Westküste, am Hornbjarg und auf Grimsey aus nächster Nähe betrachtete, nicht mit den Angaben von Hartert und Rothschild (Naumann XII, S. 14, Anm.) überein, daß in Island Vögel mit dunkler Unterseite vorwiegend gefunden würden. Ich muß im Gegenteil versichern, daß fast alle der von mir beobachteten Brutexemplare rein weiße Unterseite besaßen, die höchstens an den Seiten ein wenig in Grau überging. Freilich verunreinigt unsre Art ihr Gefieder sehr häufig mit Tran, ja bei gefangenen Vögeln, die, sobald die Schlinge ihren Hals einschnürt und der Fänger sie erfaßt, die gelbe Flüssigkeit herauswürgen, sieht man unter Dutzenden kaum ein tadellos sauberes Exemplar. Dieses Ol läßt sich auch frisch schwer entfernen. — Die Färbung des Schnabels variiert bei Grimseyer Vögeln sehr, vielfach ist nur die Spitze gelb, oft aber auch der übrige Teil samt den Nasenröhren wenigstens hell und dunkel marmoriert. Exemplare mit rein gelbem Schnabel sah ich allerdings nicht. — Die Größe der ^'ögel variiert gleichfalls so bedeutend, daß einem dies selbst im Leben bei dicht zusammen- fliegenden Individuen mitunter auffällt. Ein von mir auf Grimsey präpariertes (5 ad., sichrer Brutvogel (Brutfleck), zeigt folgende Maße. Gewicht i. Fl.: c. 1 kg. Gesamtlänge i. FL: c. 480 mm. Flügel: 321. Schwanz: 153. Flügel -(- Schwanz : c. 20. Sehnabel: 40. Tarsen: 55. Mittelzehe inkl. der 13 mm langen Kralle: 74 mm. — Iris: dunkelgrauschwarz. Füße: äußere Seite graubräunlich, silberweiß übeiflogen (bei jüngeren Vögeln oft nur braun), innere Hälfte mehr gelblich. Der Eissturmvogel ist unter normalen Witterungsverhältnissen auch in Nordisland Standvogel, der freilich außerhalb der Brutzeit weiter als .sonst in der Nachbarschaft umherstreift, wobei er aber selten in die Buchten kommt. Inwieweit die im Winter vielleicht südwärts wandernden Vögel durch nordische Gäste ersetzt werden, ist schwer zu ermitteln. Sobald im Frühjahr die Sonne wärmer zu scheinen beginnt und der Schnee verschwindet, nähern sich die Eissturmvögel den Brut fei sen. Dies geschieht im Südlande meist Mitte März, im Norden Anfang April. Sie wählen als Niststätte möglichst geschützte Nischen und höhlenartige Längsspalten, was bei dem. frühen Anfang des Fortpflanzuugsgeschäftes unbedingt nötig ist, Da ihnen aber zu dieser Zeit die Dreizehenmöven und andere Felsenvögel, mit denen sie das Wohngebiet häufig teilen, noch nicht im Wege sind, können sie in Ruhe die besten Plätze für sich in Anspruch nehmen. Auf Grimsey brüten viele im obersten Teile der Felsen, stellenweise nur wenige Meter unterhalb des Plateaus. In Reihen zu 10—20 Stück sieht man sie später auf ihrem Neste sitzen, jedoch selten eng beieinander. Als Unterlage für ihr Ei finden sie liier weiche, feine Erde, in welcher zur Sommerzeit am Außenrande der Fulmarus glacialis glacialis. 153 schattigen Höhlen Cocblearia groenlandica und andere Pflanzen wuchern, die den brütenden Vögeln gelegentlich auch als Nahrung dienen. Faber und andere Beobachter versichern, der Eissturmvogel lege sein Ei stets auf den nackten Stein oder die bloße Erde. Auf Grimsey ist dies durchaus nicht immer der Fall, sondern viele Paare bauen hier ein wirkliches Nest, das breit und flach ist und sich von dem weit höheren der Dreizehen- möve vorteilhaft durch seine Sauberkeit uutersclieidet. Ob das reichliche Vorhandensein von Pflanzen in unmittelbarer Nähe des Nistplatzes Veranlassung hierzu gibt, ist nicht ausgeschlossen. Die Ablage des einen weißen Eies, das zwar sehr bald von Tran und sonstigen Fremdstoff"en Flecken bekommt, an dem jedoch natürliche Punkte äußerst selten sein mögen, erfolgt mitunter Mitte April (Prodromus, S. 108), gewöhnlich aber erst Anfang bis Mitte Mai. Ausnahmsweise findet mau frische Eier auch noch im Juni. Die Maße einiger Ende Juni von mir auf Grimsey präparierter stark bebrüteter Exemplare stellen sich wie folgt: 78x51,5 mm (8,4 g). 77x50 (9,5). 75,5x53 (9.7). 75x50,5 (8,7). 74x53 (9,1). 74x51,5 (7,8). 73x50,5 (7,8). 72,5x52 (7,4). 71,5 X 51 (8). 71 x 52 (8,6). 69,5 x 53 (8). 66 x 51,5 (6,9). Ein Zwergei ohne Dotter vom 15. Juni: 35,8x32,2 mm (Gewicht voll 20 g, leer 2,5 g). — Normale Eier wiegen voll 88 — 117 g. Dotter blaßgelb. Des eigentümlichen Moschusgeruchs halber werden die Eier nicht gegessen. Beide Vögel des Paares brüten abwechselnd außerordentlich fest, das Männchen besonders in der Nacht, das Weibchen am Tage. Trotzdem das Ei fast nie verlassen wird und an dem Brutflecke liegend vor allen Schädigungen des Wetters wohl geborgen ist, entwickelt sich der Embryo doch außer- ordentlich langsam, wozu vielleicht die geringe Wärmeabgabe der fetten Bruttiere den Grund bildet. Mit 6 Wochen ist die Brutdauer gewiß nicht zu lange angegeben, doch behaupten die Bewohner Grimseys, daß sie sich auch auf 7 Wochen ausdehne. Übereinstimmenden Angaben zufolge findet man die langflaumigen Duneujungeu selten vor Anfang Juli, trotzdem die alten Vögel kaum beim Brüten gestört werden. Ich sah die ersten auf Grimsey am 10. Juli. Sie lassen in ihrer Färbung schon das Alterskleid erkennen. Beide Vögel des Paares füttern sie anfänglich scheinbar nur mit Tran, den sie ihnen ziemlich selten am Tage nach Art der Tauben in den Schlund würgen. Später bringen sie auch fette Fleischabfälle, Medusen und andere Seetiere. Das Familienleben der Eissturmvögel geht ziemlich still vor sich. Mit ihrem ruhigen, aber bewunderungswürdig sicheren Fluge umschweben die Alten die Nistgegeud und zeigen sich auch bei stürmischem Wetter als vollkommene BeluMTScher der 'Lüfte. Sie setzen sich außerhalb des Nestes selten auf die Erde, docli schwimmen sie häufig. Eine Stimme hört man von den wenig lebhaften, gleichmütigen Vögeln nicht allzu oft, am meisten noch ein schwaches Gägä gäk, am Neste auch ein schnarrendes Grrr..., in der Luft ein erregtes Grab, Gra. Bekannt ist die Eigentümlichkeit der größeren Jungen, wie auch der gefangenen Alten, dem nahenden Feinde ein hellgelbes, klares Öl aus dem Schnabel entgegenzuspritzen, was sie mehrmals hinter einander tun können. ig4 Puffiniis piiffinus. Werden die fetten, wohlschmeckenden Tiere nicht vorher ausgenommen und getötet, sind sie nach etwa 2 Monaten flugbar. Sie verlassen nun in Begleitung der Alten den Nistplatz und suchen selbst ihre Nahrung, was in der Regel Anfang bis Mitte September geschieht. Zuerst schwimmen sie viel auf dem Meere, später wird die Luft ihr Hauptaufenthalt. In Scharen folgen sie den Wal-, Haifisch- und Dorschfängern, gegen die sie geringe Scheu zeigen. Der eigentümliche Moschusgeruch des Eissturmvogels, der ihm den Namen Fulmar eingebracht hat. haftet Eiern, Fleisch und Federn fast unver- gänglich an. Letztere stehen deshalb trotz ihrer Güte nicht hoch im Preise. Ich hatte auf Grimsey das Vergnügen, ein damit ausgestopftes Bett zur Benutzung zu erhalten und konnte so den sonderbaren Geruch zur Genüge studieren. Die sagcnliafte Verwendung der überaus fetten Jungen, nach Einstecken eines Dochtes in den Schlund, als Beleuchtungsraaterial wird von Benedikt Gröndal als allgemein isländische Sitte auch für die alten Zeiten entschieden zurückgewiesen. 26. Puffinus pufflnus (Brunn.). Arktischer Sturnitaucher. Puffinus arcticus (mihi) : Faber, Prodromus, S. 56 (1822). — Puffinus anglorum Raj-: Preyer (& Zirkel), Heise nach Island, S. 415 (1862). — Puffinus anglorum (Temm.) : Newton, in Baring-Goulds Icciand, p. 419 (1863). — Puffinus arcticus Fabr. : Gröndal, islenzkt fufrlatal, bis. 46 (1895). — Puffinus anglorum (Ray): Slater. Birds of Iceland, p. 143 (1901). — Puffinus puffinus (Brunn.): ßachmann, ürnithol. Monatsschrift XXVII, S. 26 (1902). Puffinus anglorum, Ray: CoUin, Skandinaviens Fugle, S. 577 (1877). — Puffinus anglorum (Ray): Salvin, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 377 (1896). — Puffinus anglorum (Temm.): Winge, Grönlands Fugle, S. 139 (1898). — Puffinus puffinus {ßrmin.): Nau- mann, Vögel Mitteleuropas XII, S. 26 (1903). Isländisch: Skrofa, litla (= kleine) Skrofa (wahrscheinlich vom altisländischen skrapa = ueuisländisch grafa = dänisch skrabc = schaben, graben). Auch dän. : Skrofe, Skraape. Norw. : Skrape, Skraap. Fär. : Skräpur, Skrabe. Puffinus puffinus scheint nur in einem kleinen Teile des Nordatlantischen Ozeans zu brüten, außerhalb Islands auf den Färöern und Orkney-Inseln, St. Kilda und einigen andern Hebriden, sowie auf verschiedenen Gestadeinseln an der schottischen, englischen und irischen Küste. Wie weit er südwärts noch als Brutvogel vorkommt, ist ungewiß, zumal sich ältere Angaben vielfach auf verwandte Spezies beziehen. Von den Brut- plätzen aus streichen die noch nicht fortpflanzungsfähigen jüngeren Vögel während des ganzen .lahres, die älteren außerhalb des Sommers weit umher, wie dies scheinbar alle Puffinus-Xrtcn tun. Sie zeigen sich dann nach Dresser an den Küsten von Norwegen, Schweden, Däuemark, Deutschland und Holland, selbst von Nordwestafrika, den Kanarischen Inseln und Madeira, auch an den atlantischen Küsten Amerikas bis hinab nach Brasilien. Doch werden von diesen Örtlichkeiten keine Brutplätze angegeben. In Südgrönland ist unsere Art nach Winge nur einmal erlegt worden. In Island brütet der Sturmtaucher, soweit bekannt, nur in einigen Kolonien auf den Vestmannaeyjarn, besonders auf Ystaklett im Norden von Heimaey. An den übrigen Küsten wird er bloß gelegentlich beobachtet, zumal er als vollkommener Meerbewohner sich diesen selten nähert. Herr P. Nielsen schrieb mir freilich, daß ihm erzählt worden sei, eine Kolonie Puf'finus puffinus. 155 des Vogels befände sich bei Cap Nord. Icli sali auch wirklich nicht weit vom Hornbjarg eiu einzelnes Exemplar unsrer Art, das ich allerdings nur für einen zufälligen Besucher der Gegend hielt, zumal gerade zahlreiche Walfänger, denen die Vögel gern folgen, in der Nähe kreuzten. Immerhin ist nicht ausgeschlossen, daß die ornithologische Untersuchung dieses vielleicht größten Vogelbcrges Islands auch für Puffmus pufßnns eine ganz auffällige Erweiterung seines uns jetzt ])ekimnten Verbreitungsgebietes nach Norden liedeutet. Gröndal schreibt zwar ebenfalls (Ornis II, S. 369) und ihm nach wahrscheinlich Slater (1. c), unsere Art brüte hin und wieder an der Nord- und Westküste Islands, doch scheint er dies nur zu vermuten. Da ich leider nicht Zeit fand, die Brutplätze der Sturmtaucher auf den Vestmannaeyjarn zu besuchen, berichte ich in Kürze die Beobachtungen anderer, unser Vogel erscheint, wie mir )). Jönsson schrieb, in der ßegel zwischen dem 15. und 25. März bei den Inseln, also in derselben Zeit wie Fnhiuirus glacialis. Im April beginnt er mit dem Nestbaue. Er gräbt mit Krallen und Schnabel über metertiefe, wagerechte Gänge in das Erd- reich, dicht unter der grasbewachsenen Oberfläche oder an Abhängen. Diese Bohren unterscheiden sich nach Alf Bachmann, der eine Nacht auf Ystaklett zubrachte (Ornithol. Monatsschrift 1902, S. 27). in ihrer Beschaffenheit nicht von denen der Papageitaucher, kennzeichnen sich jedoch durch den eigen- tümlichen Moschusgeruch unsrer Art. Das erweiterte Ende des Ganges wird mit Halmen und andern Pflanzenstoffen, wohl auch mit einigen Federn ausgefüttert. Die Ablage des einen Eies scheint zu recht verschiedener Zeit zu erfolgen. Faber nennt als Regel Anfang Mai (Okens Isis 1824, S. 783), Bachmaun fand am 30. Juli noch ein frisches Ei, auf dem der alte Vogel saß, dann eiu im Ei zerdrücktes Junges (in diesem Neste 2 alte Vögel) und zweimal ein etwa dreiwöchiges Junges mit je einem Alten. Dr. Ottoßon (Lenhofda) bezeichnete mir als Sammeltermin für 6 seiner isländischen Eier den 8. — 24. Mai, P. Nielsen als Eegel für die Ablage Ende Mai. Jeden- falls benutzen manche Vögel die vorjährige, ausgebesserte Nisthöhle und legen in solchen Fällen schon zeitig im Frühjahre, andere graben eine neue, was Wochen in Anspruch nimmt und das Brutgeschäft erheblich ver- zögert. Die Eier variieren nach Nielsen etwa zwischen 56x38 und 68x45 mm. Wahrscheinlich brüten beide Vögel des Paares. Faber ergriff aber nur Männchen auf dem Neste (Prodromus, S. 56), und Kolthoff und Jägerskjöld heben sogar ausdrücklich hervor (Nordens Fäglar, S. 299), daß sie nur bei männlichen Individuen Brutflecken gefunden hätten. Die Brutdauer beträgt etwa einen Monat. Nielsen bezeichnet als Haupttermiu des Auskommens der Jungen Ende Juni. Die schiefergrauen Dunen derselben sind lang und ül)eraus weich. Die Tierchen benehmen sich nach Bachmann äußerst unbeholfen, scheuen das Licht und wühlen sich sofort mit dem Kopfe in die Erde, wenn man sie im Freien hinsetzt. Sie werden 6—7 Wochen hindurch von beiden Alten gefüttert, zunächst wahrscheinlich mit grauem Tran, den die Jungen mitunter auch einem nahenden Feinde eutgegenspritzen. Diesen bekommen sie in den geöffneten Schnabel gewürgt. Später bringen die Alten 156 ruthnus gravis. kleine Fische und andere Seetiere. Holen die Bewolmcr die fetten und zarten Jungen nicht Anfang August mit Haken aus den Höhlen und töten sie, so verlassen die Vögel Ende August bis Mitte September das dunkle Erdinnere in völlig befiedertem Zustande. Nacli den Angaben Jönssons werden aber einzelne Junge erst Ende September flügge. Sie begeben sich nun in Begleitung der Alten, spätestens Mitte Oktober, auf das Meer, ent- fernen sich von den Küsten, sollen jedoch gelegentlich auch im Winter in der Nähe von Island gesehen werden. Unsere Sturmtaucher sind weit melir Nacht- als Tagvögel, wenigstens in der nie wirklich tinstern Fortpflanzungszeit. Mit beginnender Dämmerung werden sie lebendig, sitzen dagegen am Tage oft still vor oder in ihren Höhlen. Bachmann bericlitet (1. c, S. 26), daß die Vögel in der Nacht einen auffälligen Balzflug ausführen, wobei sie fortgesetzt vom Boden senkrecht bis zu einer Höhe von etwa 20 Metern auf- und absteigen. Dabei rufen sie in Kehltönen ein lebhaftes Kekkekuäu. Doch scheinen diese lärmenden Laute nach andern Beobachtern ziemlich zu modulieren, besonders, wenn sie viele Vögel zu gleicher Zeit anstimmen. Ich vernahm sie niemals, bewunderte aber wiederholt den sonderbaren Flug, mit dem der Sturmtaucher dicht über die Wogen hingleitet und sich taumelnd von einer Seite auf die andere legt. Auch im Schwimmen und Tauchen ist unser Vogel vollendeter Meister. 27. Puffinus gravis (O'Reilly). Großer Sturmtaucher. Puffinas major (mihi): Faber, Prodromus, 8.56(1822). — Puffinus m(iior¥ aber : Preyer (& Zirkel), Reise nacli Island, S. 415 (1862). — Newton, in Baring-Goulds Ic-elaud, p. 419 (1863). ^ Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 46 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 141 (1901). Puffinus major, Faber: CoUiii, Skandinaviens Fugle, S. 578 (1877). — Puffinus gravis (O'Reilly): Salvin, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 373 (1896). — Puffinus major Faber: Winge, Grönlands Fugle, S. 140 (1898). — Puffinus gravis (O'Reilly): Nau- mann, Vögel Mitteleuropas XII, S. 34 (1903). Isländisch: Störa (= große) Skrofa. Auch dän.: Stör Skraape. Norw.: Stör Skrui'e. Für.: Skrüpur. Die Brutplätze von Puffinus gravis sind zur Zeit noch unbekannt, die Angaben über sein Brüten im Nordatlantik wahrscheinlich auf Irrtum beruhend. Sclialow (Die Vögel der Arktis, S. 154) und andere glauben, man habe Eier unserer Art in AVest- grönland gefunden, doch weiß weder Winge noch irgend ein anderer Spezialkenner Grönlands etwas hiervon. Kapt. Johannes Hansen aus Thorshavn will unsere Art 1887 auf der kleinen, westlich von den Hebriden im Ozean gelegenen Klippe Rockall brütend gefunden haben (Harvie-Brown , Proc. Roy. Phys. Soc. Edinburgh XIII, p. 69. 1895), doch scheint dies auch ein Irrtum gewesen zu sein. Die Untersuchungen der Genitalien verschiedener Vögel, die in nördlichen Breiten erlegt wurden, ergaben, daß die Tiere außerhalb der Fortpflanzungsperiode standen (Hartert & Rothschild, in Naumann XII, S. 34). wobei nur zu hoffen ist, daß es sich nicht um jüngere Individuen handelte. Man muß wohl annehmen, wie dies Saunders, Hartert und andere tun, daß die Brut- plätze von Puffinus gravis im südlichen Teile des Atlantischen Ozeans liegen, von wo aus er nicht nur die Südspitze von Afrika uud Südamerika besucht, sondern auch außerhalb der FortpHanzungszeit, also im nördlichen Sommer, weit nach Norden streift. Unser Vogel, ein vorzüglicher Flieger, Schwimmer und Taucher, folgt gern den Fischern Piiffinus griseus. j[57 und verzehrt gierig die über Bord geworfenen Abfälle. Häufig triift man ihn an den atlantischen Küsten Nordamerikas bis hinauf nach Westgrönland, wo er besonders zwischen 63 und eS'/a" als gewöhnlicher Sommergast bekannt ist. Gelegentlich besucht er auch die Färöer, ausnahmsweise nur die Küsten Norwegens, ziemlich häufig die Britischen Inseln, wo z. B. Newton 70—100 Exemplare gleichzeitig beobachtete (in litt.). An den Küsten Islands ist der große Sturmtaucher gelegentlicher Sommer- und Herbstgast, doch sind nur dürftige Nachrichten über sein Erscheinen veröffentlicht. Faber beobachtete ihn nicht selbst, wohl aber erzählten ihm mehrmals Fischer von seinem Vorkommen. Außerdem erhielt er einen Balg aus dem Südlande (Okens Isis 1824, S. 785), nach welchem er 1822 seineu Fuffinus major aufstellte, der zweifellos mit der schon 1818 nach einem grönländischen Exemplare von O'Reilly (Greenl. and NW Passage, p. 140) beschriebenen Frocellaria gravis identisch ist. Einen weiteren Balg aus Island sah Faber im Berliner Museum (1. c). Mir wm-de auf Grimsey von der Beobachtung einer Skrofa erzählt, die nur unsere Art gewesen sein kann. Pufflnus griseus (Gm.). Dunkler Sturmtaucher. Puffinus griseus (Gmel.): Slater, Birds of Iceland, p. 142 (1901). Fuffinus griseus (Gmel.): Salvin, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 386 (1896). — Naumann, Vögel Mitteleuropas XII, S. 32 (1903). Isländisch: Dökka (= dunkle) Skrofa. Fuffinus griseus brütet an den Küsten Neuseelands, der Chatham-Inseln, Snares und anderer benachbarter Eilande. Außerhalb der Fortpflanzungsperiode (Brutzeit bes. Februar), jüngere Individuen vielleicht auch während des ganzen Jahres, schweift er überaus weit umher und scheint alle nicht arktischen Meere zu besuchen, da man ihn auf beiden Hemisphären des Atlantischen und Pazifischen Ozeans angetroffen hat. Gelegentlich kommt er bis in unsere Gegenden und wurde an den Küsten Portugals, Frankreichs, der Britischen Inseln und auch bei Helgoland erlegt. Ebenso beobachtete man ihn bei den Färöern, in Grönland aber bis jetzt noch nicht. Island besucht der dunkle Sturmtaucher wahrscheinlich auch als seltner Sommer- oder Herbstgast, doch ist zunächst kein Belegexemplar aus jenen Meeresteilen bekannt. Slater glaubt bestimmt, unsere Art bei Island gesehen zu haben, zuerst am 25. Juli 1894 südlich vom Eskifjördr (0.), dann wenige Tage später im Axarfjördr (NO.), vielleicht dasselbe Exemplar, 28. Oceanodroma leucorrlioa (Vieill.). Gabelschwänzige Sturmschwalbe. Frocellaria Leachii Temm. : Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 46 (1895). — Cymo- chorea leucorrlioa (Vieill.): Slater, Birds of Iceland, p. 144 (1901). — Oceanodroma leucorrlioa (Vieill.): Bachmann, Ornithol. Monatsschrift XXVII, S. 26 (1902). Frocellaria Leachii, Temm. : Collin, Skandinaviens Fugle, S. 575 (1877). — Oceanodroma leucorrlioa (Vieill.): Salvin, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 348 (1896). — Frocellaria leucorrlioa Vieill.: Wiuge, Grönlands Fugle, S. 138(1898). — Oceanodroma le^icorrhoa (Vieillot): Naumann, Vögel Mitteleuropas XII, S. 47 (1903). Isländisch: Sjösvala (= Seeschwalbe), Stora (= große) Sjosvala, 158 Occanodroina leucorrhoa. Oceanodroma leucorrhoa bewohnt sowohl den Nordatlantischen als auch den Nordpazifischen Ozean. In letzterem brütet sie u. a. auf Alaska, den Aleuten, Kom- mandeur-Inseln und Kurilen, an der amerikanischen Küste bis Kalifornien hinab, im Atlantik höchstwahrscheinlich an der Westküste Grönlands, sicher an verschiedenen Stellen von Nurdamerika. In Europa kennt man Brutplätze unsrer Art auf einigen Hebriden, besonders auf Hona und St. Ivilda, sowie auf Tearaght, einer der Blasket- Inseln (Hartert & Rothschild). Dagegen besucht sie die Färöer, Britischen Inseln, Holland usw. nur gelegentlieh außerhalb der Brutzeit; im Winter scheint sie bis zu den Kanarischen Inseln südwärts zu wandern. In Island brütet die gabelscbwäuzige Sturmscbwalbe nacb imseni heutigen Kenntnissen nur auf den Vestmannaeyjaru und zwar in einigen hundert Paaren, teilweise inmitten einer Kolonie von Fufjlnus jyiijßiius, auf der Halbinsel Ystaklett, sowie auf einer nördlich davon gelegeneu Klippe. Dieser IJrutplatz scheint, wenigstens in seiner jetzigen Größe, erst einige Jahrzehnte vorhanden zu sein. Der vortreffliche Faber, der im Sommer 1821 sechs Wochen lang auf Heimaey wohnte und die erwähnte Kolonie von Puf/inus imffmus auf Ystaklett genau beschreibt (Okens Isis 1824, S. 783), berichtet nichts von unserm Vogel, ja sagt an anderer Stelle ausdrücklich, es sei ihm auf seiner ganzen isländischen Reise Procellaria Learkii Temminck nie vorgekommen (1. c, S. 792). Der erste, der den Brutplatz in der Literatur anführt, ist Alf ßachmann. p]r besuchte ihn im Sommer 1900 und beschriel) ihn ausführlich (1. c). Sonst ist auch der Vogel selten an den isländischen Küsten gesehen worden — Gröndal erwähnt ihn nur einmal — , da er außer- halb der Brutzeit zum vollkommenen Meeresbewohner wird. (5' und $ ad. meiner Sammlung, Brutvögel von Ystaklett, die mir Herr Kreisarzt .Tönsson nebst andern freundlichst im Fleisch nach Reykjavik sandte, zeigen folgende Maße. Gesamtlänge i. Fl. : c. 213, 210 mm. Flügel: 159, 157. Schwanz: 98,95. Flügel -j- Schwanz: 18, 15. Schnabellänge; 16, 16. Schnabelhöhe bei den Naseuröhren : 6,5, 6,2. Tarsen: 24,5, 23. 31ittelzehe inkl. der 5,5 und 5,2 mm langen Kralle: 26, 25 mm. — Schnabel: schwarz. Füße: dunkel schwarzbraun. Unsere Sturmschwalben sind auf den Vestmannaej-jarn Zugvögel. Sie nähern sich ihren Brutplätzen meist zwischen dem 20. April und 5. Mai (Jönsson) und beginnen alsbald mit dem Baue ihrer Niströhre. Diese unterscheidet sich nicht wesentlich von solchen des Sturmtauchers, ist höchstens etwas schmaler, besitzt aber gleichfalls den charakteristischen Moschusgeruch, der ja auch Fleisch, Federn und Eiern des Vogels anhaftet. Manche Sturm- schwalben reinigen nur die vorjährigen Röhren und legen dann oft schon Ende Mai, andere graben eine neue, was Wochen in Anspruch nimmt und das Brutgeschäft außerordentlich verzögert. Die Röhren werden nach Bach- mauns Untersuchungen fast immer in weichem Boden angelegt, entweder am grasigen Plateau oder an Abhängen, führen 1 — Vj.^ m tief wagerecht in die Erde und erweitern sich am Ende höhlenartig. Hierhin bringen beide Vögel des Paares, die auch das Graben abwechselnd vornehmen sollen, Gras- halme, Wurzelfasern und andere Pfianzenstoffe, legen sie lose zu einem Neste zusammen und darauf das eine Ei. Dieses wird nach verschiedenen mir zugegangenen Mitteilungen gar nicht selten erst Mitte bis Ende Juli erzeugt. 0. Ottoßon erhielt z. B. Eier seiner Sammluno- am 25. 7. 1892. Oceanodronia leucorrboa. 159 22. 7. 1894, 22. 7. 1895 und 25. 7. 1898. Beim Aumudeu derartig später Exemplare darf man mitunter wohl un Nachgelege, nicht aber, selbst wenn sie frisch sind, an eine 2. Brut denken. Die anfäng-lich fast weißen, später rahnigelben Eier haben sehr oft am stumpfen Ende einen feinen rötlichbraunen Fleckenkranz. '6 isländische Exemplare meiner Samm- lung von Anfang Juni 1903 zeigen folgende Maße: 33,5 x 25 mm (0,6 g). 31,5x24.2 (0,5). 30,5x23 (0,5). Von Bachnuinn gesammelte Eier messen 34x26 und 33x24 mm (Vollgewicht 5 g). Nielsen gibt mir als Extreme an 35x25,2 und 30x22,5 mm. Beide Vögel des Paares brüten abwechselnd und so fest, daß sie, wenn man ihre Röhren aufgräbt, ohne weiteres erfaßt werden können. Sie drücken den Brutfleck auf das querliegeude p]i und umschließen es darauf mit den Bauchfedern, daß man oft Vogel und Ei zugleich abhebt. Die Brutdauer scheint ungefähr 5 Wochen zu betragen. Das graubraune Dunen junge wird noch länger, etwa 6 — 8 Wochen, von den Alten gefüttert. Diese würgen ihm anfänglich grauen Tran in den Schlund, wie solchen das Tierchen, wenn es einige Wochen alt ist, auch einem etwaigen Angreifer entgegen- pustet. Später bringen die Alten kleine, weiche Seetiere und tranige Fisch- abfälle. Das Füttern geschieht nach Jönssons Angaben niemals bei hellem Tage, sondern beginnt erst mit Sinken der Sonne. Unsere Sturmschwalben zeigen sich ja, wie auch die Sturmtaucher, nur in der Dämmerung wirklich lebhaft. Das Junge scheut ebenfalls das ungewohnte Tageslicht und zieht eine Nickhaut über die Augen, wenn mau es ins Freie bringt. Während der Nacht schnurren die alten Vögel wie Katzen, am Tage rufen sie ein lebhaftes Uib. Die Dunenjuugeu piepen, wenn man sie in die Hand nimmt (Bachmann). Kaum vor Ende August, mitunter auch erst im Oktober, verlassen die nun völlig befiederten Tiere die Nisthöhle, begeben sich in Begleitung der Alten auf das Meer und wählen dieses hinfort zu ihrem Aufenthalte. Anfänglich schwimmen sie viel, später aber werden sie die vorzüglichen Flieger, die scheinbar auf den Wogen hinschreitend auch im Sturme den entfesselten Elementen zu widerstehen vermögen. Die Mehrzahl der Vögel verschwindet, wie mir Herr Jöusson schrieb, zwischen dem 15. und 30. September von den Vestmannaeyjarn, einzelne, wie bemerkt, erst später. Die kälteren Monate des Jahres verbringen die Sturmschwalben auf dem freien Ozean, in der Hauptsache in südlicheren Breiten. 29. Procellaria pelagica L. Kleine Sturmschwalbe. Procellaria pelagica (Linn.): Faber, Prodromus, S. 110 (1822). — Thalassidroma pelagica Vigors: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 415 (1862). — Thalassidroma pelagica (Linn.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 419 (1863). — Procellaria pelagica (L.): Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 45 (1895). — Procellaria pelagica, Linn.: Slater, Birds of Iceland, p. 144 (1901). Procellaria pelagica, L.: Collin, Skandinaviens Fuglo, S. 573 (1877). — Salvin, Cat. Birds Brit. Mus. XXV, p. 343 (1896). — Naumann, Vögel Mitteleuropas XU, S. 39 (1903). 2(^Q Procpllaria pelagica. Isländisch: Drudi (nach Gröndal vielleicht etymologisch verwandt mit dem deutschen Drude, Druide, d. i. ein geisterhaftes Wesen), Litla Sjosvala (= Kleine Seeschwalbe). Procdlaria 2>elagica brütet im Gebiete des Nordatlantischen Ozeans, ziemlich selten an der amerikanischen Küste, wo sie nur bis Ncu-Fundland südwärts vorkommt und in Grönland ganz unbekannt ist, häufiger auf Inseln Westeuropas, besonders den Färöern, Shetland- und Orkney- Inseln, Hebriden, au den westlichen Küsten von Schottland, England und Irland, auf den Normannischen Inseln und an der Bretagne, nach Hartert & Rothschild sogar im westlichsten Mittelmeer. Außerhalb der Brutzeit hat man die Vögel südwärts bis zu den Bermuda-Inseln und Südafrika, nordwärts bis zu den Lofoten angetrofifen. Ebenso stellt Island wohl eine Nordorenze für das Wandergebiet der kleinen Sturm schwalbe dar; denn bis jetzt kennt man sie hier nur als gelegentlichen Gast. Freilich glaubt P. Nielsen (in litt.), der Vogel brüte in geringer Anzahl auf den Vestmannaeyjarn, weil er im Sommer 1890 zwei Sturmschwalbeneier von dort bekam, die nur 28x21 und 27x20 mm Größe besitzen und hierin denen unsrer Art gleichen. Ob es sich jedoch wirklich um Eier von Procellana pelagica oder nur um ausnahmsweise kleine Gelege von Oceanodroma lemorrhoa handelt, ist mir zweifelhaft. Ausgeschlossen erscheint allerdings nicht, daß sich gelegentlich einzelne Paare der kleinen Sturmschwalbe unter die größereu Verwandten mischen oder wie mir Herr IJachmanu als seine Vermutung äußerte, daß auf einer schwer zugänglichen Klippe nördlich von Heimaey sich wirklich eine bisher übersehene Kolonie der Vögel befindet. Herr Kreisarzt Jöusson, der auf meine Bitte hin noch- mals Umfrage gehalten hat, teilte mir mit, daß ihm und den Bewohnern nur eine Art Sjosvala, nämlich Oceanodroma leucoirhoa, bekannt sei. Die wenigen in der Literatur verzeichneten Beobachtungen unsers Vogels beziehen sich allerdings auf die Umgebung der Vestraannaeyjar, doch ist dieses Vorkommen durch die Lage der bekannten Brutplätze zur Genüge begründet. Im Kopenhagener Museum befindet sich ein Balg, der am 2. Februar 1831 bei den Inseln gesammelt sein soll. Preyer berichtet gleichfalls von seiner Beobachtung eines Vogels daselbst; da er jedoch in seinem Verzeichnisse Oceanodroma leucoirhoa gänzlich unerwähnt läßt, ist eine Verwechslung der Arten nicht ausgeschlossou. Ich sah am 21. April wenige Seemeilen östlich von Heimaey eine Sturmschwalbe, deren Schwanz mir bei wiederholter Besichtigung mit dem Glase durchaus gerade erschien, doch hielt sich der Vogel in ziemlicher Entfernung vom Schiffe. Verschiedene sehr zweifelliafte Literaturangaben (z. B. Ornith. Monatsschr. 1902, S. 13) lasse ich unerwähnt. Von einer sicheren, allerdings auffälligen Erbeutung berichtet Gröndal (1. c). Im Juni 1885 wurde nämlich ein verflogenes Exemplar von J'rocellaiia pelagica auf einer Wiese bei Uthlid (in der Nähe des Geysirs), etwa 60 km von der Küste entfernt, gefangen und dem Berichterstatter gebracht, der es seiner Sammlung einverleibte. — Zweifellos darf man bei der Nähe der bekannten Brutplätze unsrer Art ein etwas häufigeres Erscheinen derselben, als vorstehende Angaben es schließen lassen, wenigstens in Süd- und Ost-Island, vermuten. Siila bassana. ]G1 30. Sula bassana (L.)- Baßtölpel. Said alba (^reyci-;): Faber, Prodrouuis, S. 84 (1822). — Sula bassana: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 414 (1862). — Sula bassana (Linnö): Newton, in Baring- Goulds Iceland. p. 417 (1863). — Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 44 (1895). — Slater. Birds of Iceland. p. 37 (1901). Sula bassana (L.) : Collin, Skandinaviens Fugle, S. 703 (1877). — Ogilvie-Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XXVI, p. 425 (1898). — AVinge, Grönlands Fugle, S. 245 (1898). — Naumann, Vögel Mitteleuropas XI, 8. 35 (1903). Isländisch: Si'da (wahrscheinlich zusammenhängend mit Svala = Schwalbe), liafsüla (= Meersule). Anch deutscii: Sule. Dan.: Sule, Havsule. Norw. : Sula, Havsula. Schwad.: Hafsula. Finn.: Suula. Engl.: Souler. Auf St. Kilda: Sulais. Gäl.: Sulaire. Fär.:Sula. Suhl bassana bewohnt den Nordatlautischen Ozean. An der amerikanischen Küste brütet sie nordwärts kaum über den 50. Breitengrad hinaus, ist in Grönland nur als seltener Gast in der Davis-Straße beobachtet worden und geht im Winter bis zum Golf von Mexiko hinab. In Europa liegen ihre Brutplätze auf einer Anzahl kleiner Inseln in der Nähe von Schottland und Irland, ferner auf St. Kilda und den Färöern (Myggenäsholm). Von hier aus streifen besonders die jüngeren Vögel weit umher, nordwärts bis zur russischen und norwegischen Eismeerküste, südwärts bis Westafrika. In Island besitzt der Baßtölpel seine nördlichsten Brutplätze, von denen aber nur drei schon seit Fabers Zeiten größeren Umfang haben mögen. Diese liegen im Süden auf dem Sülasker (Vestmannaeyjar), im Südwesten auf Eldey und im Norden auf der Hafsiilastapa und dem gegenüberliegenden Teile von Grimsey. Die letztgenannte Kolonie, die etwa 50 — 70 Paare zählt uud schon im Eismeere liegt, stellt den nördlichsten bekannten Brutplatz unsers Vogels dar (Fig. 25). Im übrigen wird der Baßtölpel häufig an allen isländischen Küsten gesehen. Ein von mir am 27. Juni 1903 auf Grimsey präpariertos (5 ad., sichrer Brutvogel, zeigt folgende Maße. Gewicht i. FL: c. 3i/i kg. Gesamtlänge i. FL: c. 980 mm. Flug- breite: c. 1700. Flügel: 510. Schwanz: 350. Schwanz + Flügel: 60. Schnabel: 101. Tarsen: 64. Mittelzehe inkl. der 19 mm langen Kralle: 112 mm. — Schnabel: weißlich mit durchschimmerndem Schwarzgrau, nach der Spitze zu hornfarben, diese selbst durch- scheinend horngelblich. Nackte Stellen am Kopfe: lebhaft dunkel-schwarzblau. Hing um die Augen: himmelblau. Iris: gelblichweiß. Füße: dunkel schwarzbraun, auf der Oberseite jeder Zehe ein erhabener Streifen hellgrüner Schilder, die sich in der Mitte . Jönsson bestätigt), in der Nähe von "[^orläkshöfn ( Arness Sysla), Krisuvik (SW.), Alftanes(n. V.Reykjavik), Eyrarsveit, Ncshreppur, Stykkisholnu- (Sna-fellsnes S.), Mosvallahreppur, Reykjarfjördr, Slettuhreppur (Isafjördr S.), Ripurhreppur (Skagafjardar S.), Raudagnüpr (Melrakka Slctta) und Kelduhverfi ())ingeyrar S.). Außerhalb der Brutzeit sieht man die Vögel gelegentlich an allen Küstengebieten, auch im Osten, von wo sie Nielsen z. B. aus dem Lodmundarfjördr kennt. Die Krähenscharbe ähnelt in ihrer Lebensweise außerordentlich dem Kiirniorane, sodaß ich an dieser Stelle eine nochmalige Besclireibuug unter- lasse, da ich selbst keinen Brutplatz der Vögel besucht habe. Nestbau, l'jier und Brutgeschäft untersclieiden sich höchstens entsprechend der verschiedenen en charakteristisch zu werden. Isländische Eier meiner Sammlung zeigen folgende Maße : 64,5 x 39 mm (5.2 g). 62x42,5 (6.9). 62x37 (4,8). 61,8x39,5 (5,5). 59x39 (5,2). 59x37 (3.8). Nielsen gibt mir als Größe extremer Exemplare an: 67x41 und 62x37 mm. Die Krähenscharbe verläßt Island noch weniger als die vorige Art. Altere Individuen sind oft wahre Standvögel, die jüngeren überAviutern besonders im Südwesten der Insel. 33. MergTis merganser L. (! roßer Säger. MtrgHs invrgdiiiifr (\Ani\.): Faber, l'rodromus, S. 64(1822). — Mergus merganser L.r Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 413 (1862). — Mergus castor Linn.: Newton, in Uaring-Goulds Iceland. p. 417 (1863). — Mergus merganser L.: Gröndal, Islenzkt fuglatal. l)ls. 51 (1895). — Mergus merganser (Linn.): Slater, Birds of Iceland, p. 75 (1901). Mergus merganser. L. : GoUin. Skandinaviens Fuglo, S. 696 (1877). — Merganser rasfor (Linn.): Salvadori, C"at. Birds Brit. Mus. XXVII. ]\ 472 (1895). — Mergus merganser L.: Naumann, Vögel Mitteleuropas X, S. 290 (1902). IMergus incrgaiiser. ]^Qj Isländisch: Stüra Toppönd (= Große Schopfeute), Toppiind Cpart.), Gulönd (von guW = gelb), soltiu'i- Yatnsönd (von vatn == Wasser). Auch dän.: Gulskra-p. Schwed.: Gulskräcka. Fär. : Topändt, Topondt. Mergus merganser ist ein Bewohner der paläarktischen und einiger benachbarter Oohiete der arktischen Region. Er brütet von Island bis Kamtschatka, u. a. in Xord- rußland, Finnland. Skandinavien, Dänemark und Norddeutschland. Auf den Britischen Inseln ist er niu- in Schottland Brutvogel, auf den Färöern seltner Gast. Nordwärts wurde Mergus merganser auf Kolguew. Nowaja Semlja und AVaigatsch nachgewiesen (Schalow), in Gn'inlaiul aber nicht mit Sicherheit festgestellt. Im Innern Europas brütet der Vogel stellenweise bis Bosnien hinab, doch trifft man ihn im "Winter bis zu ilen Küsten des Mittelländischen und Schwarzen Meeres, sowie den nordindischen Gewässern bis zum 22. Grade südwärt.s (Hartert). In Island gehört der große Säger zu den verbreiteten Brutvögelu, diM-h sclieint er nirgends zahlreich vorhanden zu sein. Er bewohnt fisch- reiche Gewässer in tieferen Lagen, aber weniger die großen Binnenseen, als violiuehr Gebiete mit kleineren Teichen, sowie Inseln und Ufer von Flüssen und Strömen. Die Nähe des Meeres ist ihm angenehm. P. Nielsen bezeichnet mir (in litt.) folgende Gegenden als ilim bekannte Brutplätze der Art: Landeyjar (Kangarvalla Sysla), Ulfljotsvatn (Arnes S.), ])verärhlydahreppur (Myra S.). Stadarsyeit, Neshreppur (Sna?fellsues S.), Middalahreppnr (Dala S.). ]\Iosvallahreppur (Isafjardar S.). Kirkjuhvelshreppnr (Strandar S.), Eipur-, Hvels- und Vidvikurhreppur (Skagafjardar S.), JHiroddstada-, Presthdlahreppur, Myvatn (Sudr )">ingevjar S.), Lodmundarfjördr (Nordr Müla S.). Ein ? ad. ^meiner Sammlung aus dem Frühjahre 1902 von Saudarkrökr (N. Island) ziigt folgende 3Iaße. (-iesamtläugo: c. 590 mm. Flügel (mit Zirkel gem.): 238. Schwanz: llH. Schnabellänge: 49,2. Schuabelinihe (am Grunde): 15. Tarsen: 44. Innenzehe inkl. der 8 mm langen Kralle: 52, Mittelzeho: 62 mm. Im Frühjahre sieht man unsern Säger meist an den Meeresküsten, dneli fliegt er von hier aus gern die Ströme aufwärts, um sie dann langsam wieder hinabzuschwimmen, wie ich dies in der zweiten Hälfte des Mai ganz auffällig bei Hvammr und Blönduös beobachtete. Auch besucht er häufig Süßwasserteiche in der Nähe des Meeres, Mitte bis f]ude Mai kommen die Vögel nach den Brut orten, paaren sich und beginnen mit dem Baue des Nestes. Mir wurde ein solches erst später auf einer Insel in der Laxä (beim M;fvatn) gezeigt, das von den Jungen ))ereits verlassen war. Es befand sich gut verborgen unter einem Weidengebüsche, bestand aus Halmen und Reisern und einer Auskleidung von bräunliclien Dunen. Eigentliche Hohl- räume als Brutstätte sind unsrer Art in Island nicht unbedingtes Bedürfnis, doc-h sucht sie sich geschützte Ortlichkeiten in Erdnischen und zwischen Steinen oder inmitten hölierer I*flanzen aus. die sich meist dicht am Wasser betinden. Anfang ]»is Mitte Juni beginnt das Weibchen mit der Ablage der Eier, sodaß vollzählige Gelege gewöhnlich Ende des Monats vorhanden sind. Diese bestehen aus 7 — 12 Eiern. Pearson fand freilich am 21. Juni auch ein Nest mit 15 Stück, die vielleicht von 2 Weibchen herrührten (Ibis 1895, p. 245). Durch regelmäßige Wegnahme der Eier soll sich die Produktion derselben auf 25 — 30 steigern lassen. Isländische Exemplare meiner Sammlung von der Laxä haben folgende Größe: 70.5x45,5 mm (Gew. 6,4 g). 69x46 (6,2). 65x45,5 (6). 64,5x46,5 (6,4). 64x45,5 (5,8). 1/«^ Morgiis iiierganser. Kier vom Myvatn und von Laxamyri im Zoolog. Museum in Dresden: 70x47,2 (?). 6i»,r. X 44,5 (5,9). 68,5 x 46,5 (6,5). 67 X 45,8 ("O- 66,5 x 45 (5,7). 65,5 x 45 (5,8). — Niois.-n bezeichnete mir als extreme Maße eines Geleges (7 St.) vom 31yvatn: 71 x 4!> und 65,5x47,5 mm. — Sie unterscheiden sich durch den mehr gelblichen Ton der Schale von den Kiern von Mcrgus serrator. Die IJrutdauer mag für Island mit iiiiucfiihi- 4 Wochen richtig- angegeben sein. Das Weibchen brütet allein, das Männchen aber hält sich wenigstens dort, wo nur einzelne Paare nisten, in der Nähe auf und sucht eine Verfolgung durch scheinbares Vertrautsein auf sich zu lenken. ^Mitunter vereinigen sich auch die Erpel zu kleineu Trupps. Doch sah ich als Höchst- zahl nur einmal 5 der Vögel auf dem M^-vatn beisammen. Die zarten und ziemlich hinfälligen Dunen jungen werden von der Mutter allein geführt, die mit ängstlichem Krrr große Besorgnis für ihre Nachkommenschaft au den Tag legt. Fabers Beobachtungen zufolge sind die Vögel nach etwa 5 Wochen flugbar. Die alten Männchen ziehen sich daweilc in geschützte Buchten zurück, um hier die .Sommermauser abzu- warten. Sie nähren sich in dieser Zeit nicht nur von Fischen, sondern häufig auch von Wasserpflanzen, sind äußerst vorsichtig und suchen einer nalienden Gefahr durcli Tauchen und Schwimmen zu entgehen. In der Nähe der Seeküsten halten sich die Vögel gern au den Mündungen der Flüsse, an stillen Buchten oder iu Lagunen auf, die bei der Flut mit dem Meere in Verbindung stehen. Nach solchen Örtlichkeiten führt, spätestens im September, das alte AVeibclien zunächst auch scliwimmend oder fliegend die erwachseneu •lungen. Scharenweise streichen die Vögel von liier aus au allen zusagenden Küstengebieten umher und kommen z. B. auch nach den Ve.stmannaeyjarn. Besonders die jüngeren Individuen verlassen endlich im Oktober die Insel und wandern südwärts. Ältere Tiere aber wählen geschützte ^Meeresbuchten oder die Gebiete warmer Gewässer im Innern Islands zum Wiuteraufenthalte. Nach P'abers Untersuchungen scheint die größere Zahl unsrer Taucher im Lande zu bleiben. Doch sind sie für gewöhnlich nicht eigentliche Stand- vögel, sondern ziehen scharenweise von Gewässer zu Gewässer. In sonuen- glänzender weißer Winterlandschaft bieten dann die zart lachsfarbenen Vögel die mit hohem, klingendem Fluge rasch dahineilen, dem untenstehenden Beobaclitcr ein präciitiges Bild. :54. Mergus serrator L. Mittlerer Säger. Mergns serrator (Linn.): Faber, Prodromus, S. 64 (1822). — Mergus serrator L.: J'reyer (& Zirkel), Ki'isi- nach Island, S. 413 (1862). — Xewton. in Bariug-Goulds Iccland. ].. 417 (1863). — (InMulal. Islenzkt fuglatal, bis. .')1 (]895j. — Slater, Birds of Jccland, 1». 76 (lltOl). Mergus serrator, L. : (^oUin, Skandinaviens Kugle. S. 61)8 (1877). — Merganser serrator (Linn.): Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXVII, j). 479 (1895). — Mergus serrator L.: Wingo, (ironlands Fuglc, S. 113(1898). - - Nauuiaun. Vögel 3Iittelonropas X, S. 281 (1902). Isländisch: Litla Toppönd (= Kleine Schopfentc), Topprmd (part.). Auch dän.: Topskr;«'kko. Fär.: Topändt, Topondt. 31ergiis serrator. 169 Mergns serrator bowolint die Küstenländer im Norden des paläarktischen und nearktischen Faunengebietes, dringt aber nicht allzuweit in der arktischen Kegiou vur. Nach Schalow ist er kaum nördlicher als 74 ° gefunden worden. Er brütet von Kolguew und Waigatsch an im nördlichen Sibirien und geht im Winter bis Nordindien und .Japan südwärts, in Amerika etwa vom 45. Grade an bis Alaska und Grönland. In letzterem Gebiete bewohnt er, wenn auch nicht gerade zahlreich, die Ost- utid ^^^'st- küste, woselbst er sich bis Upernivik Hndet. Im Winter kommt er bis zu dem südlichen Teile der Vereinigten Staaten und den Bermuda -Inseln hinab. In Europa brütet Mergus serrator etwa vom 50. Grade an in Nordrußland, in Skandinavien bis zum Nordkap hinauf, in Dänemark und Norddeutschland, Irland und Schottland, sowie auf den nördlich davon liegenden kleinen Inselgruppen einschließlich den Färöern. Im Winter zieht er südwärts bis zum Kaspischen, Schwarzen und Mittelländischen Meere. Island bewohnt der mittlere Säger gleichfalls als häufiger Brutvogel und in weit größerer Anzalil als die vorige Art. Er brütet fast imnaer an stehenden Gewässern, ebensowohl an großen Seen im Innern des Landes, wie dem Myvatn und jn'ugvallavatn, als au kleineren Strandseen. Bei Hjalteyri fand ich das Nest eines einzelnen Paares auch an einer Salz- wasserlagune, die bei der Flut mit dem Meere in Verbindung stand. Viel seltner trifft man die Vögel auf buschbewachsenen Inseln inmitten von Strömen. Außerhalb der Brutzeit besuchen sie solche indes recht gern und halten sich dann auch in Meeresbuchten auf. Größere freie Wasserflächen sind ihnen jedoch immer Bedürfnis. Ein ? ad., Brutvogel, am 31. Juli 1903 von mir auf dem Myvatn gesammelt, zeigt folgende Maße. Gewicht i. FL: fast 1 kg. Gesamtlänge i. FL: c. 530 mm. Flug- breite: c. 780. Flügel (m. Zirkel gem.): 218. Schwanz: 102. Schwanz -)- Flügel: 48. Schnabellänge: 55. Schnabelhöhe am Grunde: 18,5. Tarsen: 42. Innenzehe inkl. der 10 mm langen Kralle: 54, Mittelzehe: 63,5 mm. — Iris: gelbbraun, nach außen rötlich. Obi'rschnabel (bes. auf der Firste dunkel): schwarzrot. Unterschnabel: gelbrot. Füße: lebhaft schmutzig hochrot. Hinter- und Unterseite grau angeflogen. — Beginnt zu mausern, alte Federn sehr locker. Im Mai, in der Nähe des Meeres auch schon Ende April, kommen unsere Säger nach ihren Brutplätzen. Doch trifft mau sie bereits vorher paarweise am Strande. Die Vögel begeben sich häufig laufend ans Land, verlassen dieses allerdings bei einer Verfolgung meist fliegend. Sie sind auch schon zu dieser Zeit nicht sehr scheu, sodaß man sich ihnen ohne große Schwierigkeit auf Schrotschußentfernung nähern kann. Beim Neste verhalten sie sich später oft außerordentlich zutraulich, wenigstens in Gegenden, wo mau ihre Eier nicht sammelt. Selten brüten einzelne Paare allein, meist 6 — 10 in enger Umgebung beisammen. Gewöhnlich bilden aber auch diese nicht eine selbständige Kolonie, sondern finden sich in Gesellschaft von Enten. Am Myvatn ist uuser Säger sehr zahlreich vorhanden. Das Nest findet sich in Lavahöhlen. Fels- und Erdspalten oder in Hodeuvertiefungeu unter schützenden Büschen. Es besteht aus Avenigen weichen Halmen und wird dick mit aschgrauen Dunen ausgekleidet. l-iS luit einen äußeren Durchmesser von etwa 27, einen inneren von ungefähr 17 cm. Die Ablage der Eier beginnt gewöhnlich Anfang Juni, oft auch erst etwas später. In Gegenden, wo diese planmäßig weggenommen werden, findet man bis Anfimg Juli frische Exemplare. Die Zahl beträgt selten JYQ Mergus Senator. inolir als .s — 10. in Narligolcgeii audi nur 5 — 6 Stück. Mitunter sollen •J Wc'ihchnx dasselbe, dann besonders große Nest benutzen. Einige von mir selbst präparicrtL- Eier meiner Sammlung vom 3IyvatM zeigen folgende Maße: 70 X 45,2 mm (6,") g). 68 X 45,8 (5,7). 65,5 X 45 (5,7). 65,2 x 44,5 (5,8). 65 X 45,2 (5.5). Ein Gelege (8) von HjaUeyri (14. Juni, frisch): 67 X 45,2(5,7), 66 x 45.8 (5,8), 6.5,5x45,5(5,8), 65,5x45(5,7), 64,8x45(5,4), 64,5x46,5(5,8), 64x45.5(5,7) und 64,2x47 (5,9). — J)as Yollgewicht schwankt zwischen 69 und 75 g. Das Weibchen brütet etwa 4 Wochen allein, sitzt jedoch nicht besonders fest. Die Männchen vereinigen sich daweile zu kleinen Scharen, halten sich meist an bestimmten Liebliugsplätzen auf, wo man sie leicht überraschen kann, und überstehen hier die Sommermauser. Krüper beobachtete auf dem Myvatn die ersten Duneujungeu am 11. Juli (Naumannia 1857, S. 51), ich ebendaselbst erst am 22. d. M.- Sie sind äußerst zierliche, aber sehr zarte und hinfällige Geschöpfe, die ich Ende Juli zu Dutzenden tot oder halbtot am Ufer des Myvatn fand. Die noch lebenden fülilten sich kalt an, bei vielen war die Nasenhöhle mit kleinen Blutegeln angefüllt, die sicli schwarz- rot vollgesogeu hatten. Der Grund des auffälligen Sterbens, das nach Angabe der Bewohner alljährlich fast das gleiche ist, scheint in der geringen Für- sorge der Alten zu bestehen. Vielfach scharen sich die Weibchen nach kaum vollendeter Brut zusammen, kümmern sich nur gelegentlich oder über- haupt niclit mehr um ihre Nachkommenschaft und überlassen deren Führung einigen wenigen Vögeln, die sich ihrer mütterlichen Pflicht noch bewußt .sind. Diese werden aber nun oft von den Jungen geradezu verfolgt; mehr- mals l)eobachtete ich 40— oU Stück bei einer Alten. Doch bleiben die Tierchen nicht immer bei demselben Vogel, sondern verteilen sich wieder oder ziehen sich trauernd und fröstelnd ans Land zurück, um ins Gras geduckt verlassen dem Tode entgegenzugehen. Dieses sonderbare Verhalten habe ich bei keinem andern entenartigen Vogel in so auffälliger Weise beobachtet, einigermaßen ähnlich nur noch bei den Eiderenten. Eins der kleinsten aufgefundenen IJuneujungen besaß ein Gewicht von 27 g und eine Gesamtlänge von 170 mm. Schnabellänge: 17 mm. Schnabelhöhe: 6. Tarsen: 19. Mittclzehe inkl. der 4,5 mm laugen Kralle: 26 mm. — Iris: hell grünlichgrau, nach innen dunkler. Oberschnabcl: dunkelbraun. Unterschnabel: heller rötlichbraun. Xagel an beiden: weißlich bis bräunlich. Füße: rötlichbraun, an den äußeren Seiten und unten mit schwärzlichem Anfluge. Innenzehe, sowie ein Streifen neben jeder Zehe: gelbbraun. — In der SjK iseröhre eine kleine Gastcrosteus-Art mit 2 scharfen Spitzen auf dem Kücken. J'ä-faßt man die Jungen, so lassen sie ein feines Piepen hören; die Alten dagegen haben verschiedenartige schnarrende Rufe. Im Fluge ver- nimmt mau gewöhnlich ein kurzes tiefes Rä, bei größerer Erregung ein ziemlich schnell wiederholtes Rap rap oder ein rauhes, zorniges Raup. Führt das Weibchen Junge, läßt es einzelne Raa hören, in der Angst schneller hintereinander, kürzer und lauter, andermal auch wieder tiefe Grrr, Gut usw. Mitte September verlassen die Vögel ihre Brutgebiete. Männchen, Weibchen und Junge vereinigen sich, oft zu größeren Scharen, und sti-eiclien an Binnengewässern, noch häufiger aber au den Küsten umher. Die jVIehr- zahl scheint Island im Oktober, nach Faber auch erst im November, zu ver- Anas boschas. 17J ksseu, etliche jedoch überwintern, besonders im südlichen Teile der Insel. — Wenn Gröudal sagt (Ornis ü, S. 366), es sei ihm nie ein Mergus sm-ator vorgekommen, so beruht dies wohl auf Verwechslung oder Zufall. Ich habe den Vogel in allen von mir besuchten Gegenden, wiederholt auch in der Umgebung von Reykjavik angetroÖen. 35. Anas boschas L. Stockente. A}MS hoscas (Liun.): FalnT, Prodromus, S. 76 (1822). — Anas boschas f'era L.: Pivyor (& Zirkel). Reise nach Island, S. 406 (1862). — Anas boschas Linn.: Newton, in Bai-ing-Goukls Icelaud, p. 415 (1863). — Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 48 (1895). — Anas boscas, Linn.: Slater, Birds of Iceland, p. 51 (1901). Anas boschas, L.: Collin, Skandinaviens Fugle, S. 656 (1877). — Anas boscas, Linn.: Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXVII, p. 189 (1895). — Winge, Grönlands Fugle, S. 78 (1898). — Anas boschas L.: Naumann, Vögel Mitteleuropas X, S. 16 (1902). Isländisch: Stokkönd (von stokkr = Wassergraben). Myröud (von myr = Sun)pfj, .St«'ira (= große) Stokkiind, Gnenhöfda (= grünhauptige) Und und Groenhöfda Gräöud (für das c5j' Gräönd (von grur ^ grau) und Störa Gräönd (für das ? ), Grasönd, Kilönd (von kil, kill = AVasserrinne) und Bh'ikoUsünd (von blär = blau, kollr = Kopf) im Nord- laiide, fälschlich Hi'isönd (von hüs = Haus). • — Diese und noch andere Namen werden auch, teilweise richtiger, für andere Enten gebraucht. Auch deutsch: Große Ente, Storente, Grasente, Blaukopf. Däu. & norw.: Stock- anil. Gru'sand. Graaand. Schwed.: Stockand, Gräsand, Blähais. Anas boschas ist eine der verbreitetsten und zugleich individuenreichsten Vogel- arteii. Sie bewohut den grüßten Teil der paläarktischen und nearktischen Region, kommt aber nur in Westgrönland jenseits des Polarkreises als Brutvogel vor. Die größeren grönländischen Vögel sind neuerdings von Lehn Schioler mit vollem Hechte als A. b. spilogaster abgesondert worden (Vidensk. Meddel. Kbhvn. 1905); isländische Exemplare müssen daraufhin nochmals genau untersucht werden. Südwärts geht die Art bis Nordafrika, Kaschmir und dem mittleren Teile der \'ereinigten Staaten hinab, im Winter sogar bis nach Abessinien. Zentraliudien, China und Mittelamerika. In Europa i.st sie mit Ausnahme der kältesten Gebiete überall wohlbekannt, auch auf den Färöern lind im südlichen Teile Ostgrönlands nicht seltner Brutvogel. In Island gehört die Stockente gleichfalls zu den häufigen Brut- vögeln. ZAvar findet sie sich nirgends in so großer Menge beisammen wie einige verwandte Arten, ist aber dafür über die ganze Insel ziemlich gleichmäßig verteilt. Sie brütet in allen wasserreichen Gebieteu, im Innern sowohl als in unmittelbarer Nähe des Meeres. Sobald es die Witterung im Frühjahre gestattet, begeben sich die Stockenten paarweise nach ihren Brut platzen, die sie an geeigneten Ört- lichkeiten mitunter auch während des AVinters gar nicht verlassen haben. Sie lieben sumpfige, abwechslungsvolle Graslandschaften, feuchte Wiesen- gründe und aui-li Hochmoore, in denen sich Wasserriesel, Gräben und kleine Teiche fiude)i. In solchen meist einsamen Gegenden sind die Vögel oft sehr vertraut. .Mehrmals konnte ich selbst vor der Brutzeit mich ihnen auf 15—20 m ungedeckt nähern, ehe sie laugsam fortliefen oder davonflogen. Im Abstreichen lassen sie häufiger als andere Enten ihr unmutiges Waak- waak hören. Meist trifft man nur einzelne oder wenige Paare in einem Gebiete, und auch an den hervorragend entenreicheu Seen, wie dem ]\I;fvatn, gehört die Stockente nicht zu den häufigen Arten. U2 Anas hosfhiis. Das Nest wird auf trockneu Hügcklicn iiiinittcii suiuiifiucr Wiesen, gern auch zwischeu Heidegesträuch oder unter lUischeu augehracht. Es besteht aus Reisern, Halmen, Blättern der Umgehung und nur wenigen Federn und Dunen. Seine Größe ist verschiedenartig. Die Ablage der 8 — 10 Eier richtet sich nach der Witterung, scheint aber in der Regel nicht vor Mitte Mai, im allgemeinen erst Ende des Monats, zu beginnen. Ich entdeckte am 15. Mai bei Hvamnir ein Nest mit -2 fi-ischen Eiern, fand aber noch ein schwach )»ebrütetes Gelege am 18. Juni bei Hjalteyri. Krüper sah am Myvatn bereits am 19. Juni (?) fast fiugbare Junge (Naumannia 1857. 8. 48), was als seltne Ausnahme betrachtet werden mul.'). An diesem See gibt es bis Ende Juni frische Nachgelege. Isländische Exemplare meiner Sammlung zeigen folgende 3Ialäe: 58,.5x40,5 mm (4,4 g). 58,5x40,5(4,3). 58x40(4,1). 57,5x41,2(4,5). 57,2x42(4,4). 57x42 (4,4). 57x40,5(4,5). 56,5x39.2(4,3). 54,5 x 42,2 (4,3). — 60 x 45,2 (5,5), 59 x 45 (5,2), 59 X 43,2 (4,9), 58,5 x 44,2 (5,1), 58 x 45.2 (5,1), 58 x 45 (5.2). 57.5 x 44 (5.1). 56,2 X 42,5 (4,7), 56 x 42,5 (5). In diesem (relege sehwankte das Yollgewieht der Eier zwischen 55 und 67 g. Die Brutdauer beträgt etwa -t Woclien, Das Weibchen brütet allein, doch hält sich das Männchen wenigstens in solchen Gegenden, wo nur ein- zelne Paare nisten, in der Nähe auf. Nachdem die Dunenjungen aus- geschlüpft sind, was am M;fvatn in der Regel erst Anfang bis Mitte Juli geschieht, vereinigen sich die Erpel oder ziehen sich au verborgene Plätze zurück. Selten bleiben einzelne auch in dieser Zeit bei ihrer Familie, Die alte Ente aber führt die Jungen mit dersell)eu Fürsorge, List und Vorsicht wie bei uns zulande. Die lebhaften, äußerst beweglichen und widerstands- fähigen Tierchen färben sich mitunter von eisenhaltigem Brackwasser unver- waschbar schmutzig rostbräuulich — ich besitze z, B. ein solches Dunen- junges vom Myvatn — was aucli bei andern Arten in Ishiiid ziemlich häufig vorkommt. Nach etwa 5 Wochen sind die Jungen befiedert und flugbar. fangen an, familienweise oder in größeren Scharen umherzustreifen. vereinigen sich auch gelegentlich mit andern verwandten Arten und werden nun von den Isländern in Menge geschossen. Sie verhalten sicli deswegen bald ebenso scheu wie bei uns. Der größere Teil der Vögel überwintert an warmen Quellen und offenen Wasserstellen im Innern des Landes oder auch am Meeresstraude. Einzelne Individuen werden zu wahren Standvögeln, andere streichen in Ketten von Gewässer zu Gewässer und besuchen dabei Gegenden, wo sie niemals brüten, auch die Vestmannaeyjar und Grimsey. Nur wenige scheinen über das i\Ieer nach südliclioren Ländenr zu zielien. 3G. Chaulelasmus streperus (L.). :\littelente. Anas strepera (Linu.): Eaber, Prodromus, S. 75 (1822). — Anas strcpera L.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 408 (1862). — NeAvton. in Haring-lroulds Iceland, p. 415 (1863). — GW.ndal. Islenzkt fuirlatal. bis. 49 (1895). - Slater. Birds of Iceland, p. 52 (1901). Chaulelasmus streperiis. j^yg Anas strepera, L. : Collin, Skandinaviens Fugle, S. 660 (1877). — ChauMasmus streperus (L.): Saivadori, Cat. Birds Brit. Mus. XX VII, p. 221 {IViS^b). — Anas strepera L. : ISTaumann. Vögel Mitteleuropas X, S. 68 (1902). Isländisch: Litla Uräond (= kleine Grraueute), Grräönd (part.). CfuudelasDiua streperus brütet im mittleren Teile von Nordamerika. Asien und Europa. Im Amerika bewohnt unsere Art die Vereinigten Staaten und einige Nachbar- gebiete, in Asien das südlichere Sibirien bis etwa zum 60. Grade nordwärts, ferner Nordturkestan und die weitere Umgebung des Kaspischen Meeres. In Europa kennt man ihre Brutplätze im südlichen und mittleren Rußland, in Südostschweden, Däne- mark, Nord- und 3Iitteldeutschland und England. Dagegen nistet sie in Frankreich iiml Spanien nur selten. Schottland, die Hebriden und Orkney-Inseln besucht unsere Art ziemlich regelmäßig auf dem Zuge, von den Färöern und Grönland ist sie aber nicht bekannt. Im AVinter streift sie südwärts bis Westindien, Mexiko, China, Indien, Ahes.sinien und Nubien, ja bis zum Kap der guten Hofifnung. In Islaud ist die Mittelente ein seltner Brutvog-el, geht aber hier docli weiter als sonst in Europa nordwärts. Dies ist höchstwahrscheinlich nur dem großen Reichtume der Insel an andern Enten zuzuschreiben, mit denen unser Vogel kommen mag. Von seiner Verbreitung im einzelnen kann zur Zeit keiu Bild gegeben werden. Vielleicht ist der entenbraune Erpel häufig auch als Weibchen irgend einer andern Art angesehen worden. Faber bereits glaubt, ein Paar der Vögel auf einem Inselchen im Myvatn beim Neste getroffen zu haben. Die Eier waren weiß, was bei unserer Ente auch häufig der- Fall ist. W. Proctor erhielt 1837 nicht nur Eier (Slater, 1. c. p. 52), sondern später auch ein- oder zweimal Bälge der Art aus Island (Newton, Ibis 18(M, p. 132). Krüper nennt die Mittelente gleichfalls einen seltnen Brutvogel am Myvatn, hat sie aber nicht mit eignen Augen gesehen (Naumannia 1857, S. 48). Newton berichtet, daß Fowler ein Weibchen im Sommer 1862 schoß und ihm die Eier der Art gebracht wurden (1. c). Slater teilt mit, daß in demselben Jahre Shepherd und Upcher nicht nur Eier fanden, sondern auch Weibchen und Männchen der Mittelente schössen. Der Berichterstatter erhielt 1885 selbst ein Gelege und sah den Vogel in nächster Nähe des Nestes. Auch Riemschneider beschreibt Nest und Eier unsrer Art (Ornith. Monatsschr. 1896, S. 307) und sagt, beides gliche dem von Anas boschas, nur wären die Eier von geringerer Größe. Da er aber nicht hervorhebt, die Vögel selbst gesehen zu haben, das an- gegebene Merkmal auch das am wenigsten zuverlässige ist, muß man seine (auch im Naumann kritiklos zitierte) Mitteilung für zweifelhaft erklären. Gerade diese beiden Arten ähneln in ^est und Eiern sehr wenig, wie ich hier in Sachsen genug verglichen habe und in der Literatur bestätigt finde. Ch. streperus benutzt reichlich Dunen, A. boschas ganz wenig oder gar nicht, sondern deckt die Eier mit Laub und Halmen zu; Struktur und Färbung derselben sind — bei Ch. str. mehr gelblichweiß, bei A. b. grünlich — ebenfalls charakteristisch verschieden. Gröndal berichtet von dem Balge eines weiblichen Individuums (Ornis XI, S. 455j. P. Nielsen (in litt.) hält Chaulelasmus streperus für nicht allzu selten am Mf vatn, l)ekara auch Eier von dort (?). Die Maße zweier extremer p]xemplare gibt er mit 55,5 x 39,5 und 49 x 36 mm an, was zutreffend für die Art ist. Ich selbst fand am 30. Juli einen verdorbenen, höchstwahrscheinlich von einem Jagdfalken längere Zeit vorher gekröpften Kadaver einer männlichen U^ Miucfa pfiiolopc. Mittelentp nicht woit von Reykjalid uud beobachtete wenige Tage später einen weiblichen Vogel mit Dunonjnngen bei der Insel Slutnes. Doch konnte ich ;in die vorsichtigen Vögel nicht zum Schusse kommen, da der "Wind unser Boot schlecht voi-wärts ließ. Vorstehende Fälle beziehen sirh auf den Myvatii. Müglic-h ht daher, daß einige der erwähnten Eier auf Verwechslungen mit Mar<'reiiel. l (1886) uudBirds of Iceland, p. 62 (1901). — Glaucion clangula (L.): Gröndal. islenzkt fuglatal, bis. 50 (1895). — Clangula glaucion (L.) : Stcphänsson, Nordurland, Akureyri, (-t. Okt. 1902). Glaucion clangula (L.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 682 (1877). — Clangula glaucion (L.) : Salvadori, Cat. Birds Brit. Mns. XXVII, p. 376 (1895). — Fuligula clangula (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas X, S. 156 (1902). Isländisch: Skelliönd (= Schellente), Erlend Hüsönd (= fremde Hausento). Glaucionetta clangula clangula ist eine paläarktische Spezies, die nordwärts stellen- weise bis zum Eismeere, südwärts bis Südenropa, den Kaukasusländern und Südsibirien vorgeht; ostwärts soll sie noch Kamtschatka bewohnen. Im südlichen Europa findet sie sich als Bratvogel nur hier und dort verstreut, nach Norden zu wird sie häufiger; besonders zahlreich brütet sie im nördlicheren Kußland und in Skandinavien. Zur Zugzeit wandert sie südwärts bis Japan, China, Nordindien und Nordafrika, überwintert auch zahlreich an den Küsten der Britischen Insehi und Frankreichs. Auf den Färöern vermutet man sie als seltnen Gast. — In Amerika wird Gl. cl. clangula von der etwas größeren Gl. cl. americana Bp. vertreten. Für Island kann man die Schelleute nur als Gast bezeichnen, der vielleicht gelegentlich auch daselbst brütet. Möglicherweise wird sie bei ihrer Ähnliclikeit mit Glaucionetta wlatulica öfters mit dieser verwechselt, wie es mit dem Exemplare im Reykjaviker Museum der Fall war, das von den Vestmaunaeyjarn stammt und erst von Slater richtig als unsere Art angesprochen wurde. Diesem Oruithologen gebührt überhaupt das Verdienst. frlaucionetta clangula für Island festgestellt zu haben. Am 23. Juni 1885 2QQ (iliiucionetta islaiulica. heubuclitete ci- ein raur der Enten im Delta des Heradsvatu (Skagafjörctr), das vielleicht auch daselbst geln-ütet hat. Im folgenden Winter konnte ihm St. Stefäusson zwei Schellenten — ö ad. und ö juv. — aus der Gegend des Eyjafjördrs ül>ersenden. P. Nielsen teilte mir ferner mit, daß am 20. Januar 188i) ein jüngeres und ein altes Weibchen der Art bei Eyrarbakki geschossen und ihm gebracht wurden. Er beabsichtigte, deren Bälge zu dem damals in Aussicht genommenen Wiener Ornithologen - Kongreß zu schicken. Da dieser aber nicht zu stände kam, blieben sie in Kopenhagen liegen, wurden ihm nach Jahren zurückgesandt, waren jedoch gänzlich von Motten zerfressen und nicht mehr zu verwenden. W^eitere Angaben über nnsefc-e Art scheinen mir auf Irrtümern zu beruhen. Ältere Mitteilungen gründen sich zumeist auf die Ansicht Fabers, daß Anas clangula (L.) mit .1. borealis und isfandica in Gmelins Syst. nat. identisch sei, weshalb er auch die isländische Hüsönd fälschlich als Anas clangula (L.) bezeichnete. 47. Glaucionetta islandica (Gm.). Spatelente. Anas clangula (Linn.): Faber, Prodromus, S. 71 (1822). — Fnligula Barrovi: Preyer (& Zirkel), Heise nach Island, S. 409 (1862). — Clangula islandica (Grnil.): Newton, in Haring-Goulds Iceland, S. 416 (1863). — Glauciou islandicwn J. F. Gin.: tTröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 50 (1895). — Clangula islandica (Gmelin): Slater. Birds of Iceland, p. 64 (1901). Glaucion Islandiciim (J. F. Gm.): CoUin, Skandinaviens Fugle, S. 684 (1877). — Clangula islandica (Gm.): Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XX VU, p. 383 (1895 1. — "NVinge, Grönlands Fugle, S. 90 (1898). — FuUguki islandica (Penn.): Naumann. \"i'n^e\ Mitteleuropas X, S. 168 (1902). Isländisch: Hüsönd (= Hauseute, weil gelegentlich in Ställen brütend). Claucionetta islandica brütet außer auf Island im arktischen Nordamerika, wo ihre Verbreitung aber noch ungenügend bekannt ist. Grönland bewohnt sie in ziemlich geringer Menge, findet sich als Brutvogel wohl nur in den Fjorden zwischen Nanortalik und Godthaab an der südliehen Westküste (Winge). Im Winter zieht ein Teil der V(";gel südwärts bis nach den Vereinigten Staaten. Einzelne Exemplare kommen aus- nahmsweise auch nach Norwegen, Belgien, den Färöern usw. In Island ist die Spatelente ein nicht seltner Brutvogel. Sie wählt zu ihrem Aufenthalte klare, tiefe Gewässer, am liebsten solche, die zerklüftete Lavainseln besitzen. Der Myvatn ist ihr Hauptbrutgebiet. Zwar bewohnt sie noch eine Menge andere Örtlichkeiten, findet sich aber daselbst nur in geringer Zahl. Ich traf sie auf der Laxä, auf großen Teichen bei Sveinsstadir (Hünafjördr) und auf dem ]:)iugvallavatn. Faber sagt, die Spatelente sei im Norden viel häufiger als im Süden der Insel. Gröndal meint aber, auch hier könne man sie nicht selten nennen (Ornis II. S. 365). Vielleicht denkt er dabei mehr an die Zug- und Winterzeit, wo die Vögel alle geeigneten Küstengebiete, auch die Vestmannaeyjar, gelegentlich besuchen. Immerhin ist die Verbreitung unsrer Art auf Island eine ziemlich beschränkte. Ein von mir am 29. Juli gesammeltes ? ad. vom Myvatn. sichrer Brutvogel, zeigt folgende Maße. Gewicht i. Fl.: c. 900 g. Gesamtlänge: c. 400 mm. Flugbreito: c. 700. Flügel: 212. Schwanz: 89. Schnabellängc (von der neben der Stirn am weites! en Glaucionetta islandica. ]^89 zurückspringenden Stelle an): 38. Schnabelhöhe (am Grunde): 23. Tarsen: 36. Mittel- zehe inkl. der 9 mm langen Kralle: 60 mm. — Iris: nach außen hellgelb, nach innen allmählich glänzend hellmeergrün, mit einem schmalen braunen Ringe gegen die Pupille abschließend. Schnabel: dunkel braunschwarz, Oberschnabel nach der Spitze zu, Unter- schnabel neben dem Nagel in helleres Braun übergehend. Kehlhaut des Unterschnabels: gelb mit etwas Braun gemischt. Schnabelinneres: weißlich fleischfarben. Oberseite der Tarsen und Zehen, sowie ein schmaler Streif neben diesen: lebhaft orangegelb, das übrige der Füße schwarz. — Mageninhalt: bedeutende Mengen Fischlaich. Die Spatelente ist am Myvatu und an andern nie völlig zufrierenden Gewässern 7A\m Teil Standvogel. Auch die fortgezogenen Tiere kehren schon zeitig im Frühjahre, Fabers Beobachtungen zufolge bereits Mitte März, nach ihren Brutplätzen zurück. Freilich beginnt das Weibchen trotzdem erst im Mai mit dem Baue des Nestes. Als Ortlichkeit hierfür wählt es tiefe Nischen und wagerechte Spalten in Kraterinseln oder sonstige Höhlungen in den oft außerordentlich zerklüfteten Lavafelsen am Ufer, gern in der Nähe des Wassers. Häufig teilt der Vogel solche Brutgebiete mit Mergus serrator. Mitunter befindet sich das Nest tief im Hintergrunde eines Steinloches, andermal wieder ist es vollständig sichtbar. Gewöhnlich wird es nur wenig über dem Wasserspiegel angelegt. Doch zeigte man mir einen sehr regel- mäßigen Krater an der Ostseite des Myvatn, nicht weit von der Furt beim Ausflusse der Laxä, in dessen Innern die Vögel 6 — 10 m über dem Wasser brüteten. Nicht allzu selten suchen die Spatelenten auch die Ställe und sonstigen Gebäude in der Nähe des Wassers auf, die von Lavastücken und Torf gebaut sind und im Sommer teilweise nicht benutzt werden. Hier brüten sie in Löchern der Wände, ja sogar in Futterraufen oder Ecken in dem halbdunkeln Innern, wobei sie die offene Tür als Eingang benutzen. Dies tut kaum eine andere isländische Entenart, weshalb man der unsrigen den Namen Hüsöud beigelegt hat. Nach Fabers Beobachtungen brütet der Vogel auch unter Weidengebüsch, was aber wohl nur selten vorkommt. Mitte bis Ende Mai ist das Nest vom Weibchen fertiggestellt. Es wird aus Heu und andern trocknen Pflanzenstengeln errichtet und hat je nach seiner Lage eine sehr verschiedene Größe und Gestalt. Später füttert es der Vogel reichlich mit Dunen aus, die fast weiß aussehen, was bei keiner andern isländischen Art der Fall ist. Die Ablage der Eier beginnt Ende Mai oder auch erst Anfang Juni. Sie werden wegen ihres Wohlgeschmackes eifrig gesammelt, weshalb man fiische Nachgelege bis Ende Juni findet. Die Normalzahl der Eier eines unberührten Nestes soll 10 — 1-1 Stück betragen, doch läßt sich dies selten richtig ermitteln, weil eben die meisten Gelege mehrmals geplündert werden, mitunter auch 2 Weibchen ein gemeinsames Nest benutzen und sogar fried- fertig nebeneinander brüten. Einige isländische Exemplare meiner Sammlung vom Myvatn zeigen folgende Maße: 66,2x45 mm (7,6 g). 65,5x45,2(7,7). 64,2x46(7,9). 64x48(7,9). 63,5x45,2 (7,5). 62,5x45,8 (7,8). 62,5x45 (8,2). 62x44 (6,9). 62x43,5 (6,9). 61x47,5(8). 61 X 42,2 (6,9). 60,2 x 47,5 (7,8). 56 x 45,8 (5,9). — Das Vollgewicht von 10 von mir untersuchten Exemplaren schwankte zwischen 61 und 79 g. Die Schale ist besonders dick und widerstandsfähig und deshalb auch so schwer. J90 Glaueionetta islandica. Das Woihelicii brütet etwa 4 Woclien allein. Es sitzt dabei selir fest und lälit sich audi durcli nahende Mensehen nicht so leicht vom Neste ti-eiben. Erst im letzten Augenblicke flattert oder läuft es mit einem knarrenden Rufe des Unwillens davon. Mitunter kann man es sogar anfassen, ohne daß es die Eier verläßt. Auch das Männclien hält sich zu Anfang der Brutzeit in der Nähe der Gattin auf und benimmt sich gleichfalls sehr zutraulich. Später vereinigen sich die Erpel zeitweise oder dauernd, und sind erst die Jungen ausgekommen, statten sie ihrer Familie selten einen Besuch ab. Ende Juli sah ich an der Ostseite des M^vatn langgedehnte Ketten von Spatelenterichen auf dem Wasser liegen, die aus mehreren hundert Stück bestanden. Freilich sind die Arten nie ganz rein, sondern immer mit einigen andern gemischt. Unsere Vögel werden zu dieser Zeit gesetzlich geschützt und auch von den Einheimischen nicht verfolgt. Trotzdem sind sie durchaus nicht mehr so zutraulich als am Neste, ja es hält oft schwer, sich ihnen überhaupt zu nähern. Aufgetrieben fliegen sie rasch davon und lassen mitunter dieselben schwirrenden Töne der Flügelspitzen hören, wie unsere Schellenten. Auch rufen sie häufig ein lebhaftes Gägägägärrr. Mitte bis Ende Juli verläßt die Hauptmeuge der Duneujuugen das Ei. Sie sind nicht ganz so zart wie verschiedene andere Arten, weshalb man sie nur selten tot am Ufer findet. Trotzdem beobachtete ich innerhalb von etwa 14 Tagen in einer stillen Bucht bei Eeykjalid, wie eine Ente von ihren 8 oder 9 Jungen nur ein einziges übrig behielt. Die Alte ist sehr besorgt um ihre Nachkommenschaft und nun auch recht scheu. Da sie samt den Kleinen vortrefflich taucht, kann man ihr nur beikommen, wenn man sie in eine flache Bucht treibt und ihr den Eückweg abschneidet. Öfter läßt sie dann ihr besorgtes Grrr Gärrr hören, schwimmt bis zum Halse im Wasser, flattert seltner auch ein Stück darüber hin und gibt in ihrer ganzen Unruhe und Besorgnis das Bild treuester Mutterliebe. Die Jungen sind äußerst bewegliche Tiere. Selbst am Laude können sie so hurtig laufen, daß man schnell sein muß, um sie zu ergreifen. Dabei vernimmt man ihre feine piepende Stimme. Sie werden von zahlreichen großen, raschlaufeuden Läusen geplagt, im Wasser von Blutegeln. Ich gebe, weil die Dunenjungen sehr selten in europäischen Museen vorhanden sind, eine Beschreibung nach 5 Bälgen meiner Sammlung. Gleichaltrige Exemplare, auch (5 und ? , variieren wenig. Je älter die Vögel, desto bleiche!- die Färbung. Kinn, Kehle, Halsseiteu (selten auch Unterlials und Kropfgegend), Unterseite bis zu den Uiiterschwanzdecken, sowie 8 rundliche Flecken auf der Oberseite (Mitte des Obcrflügels. auch der größte Teil des Unterfliigels, je 2 symmetrische Flecken auf dem Oberrücken etwas unterhalb der Flügelflecke, am Unterrücken und zwischen diesen an den Seiten): reiuweiß. Die in der Mitte des Unterschnabels vorspringende Kiunbefiederung, Unter- hals und Kropfgegend, sowie Seiten des Oberrückens: mehr oder weniger blaß grau- brann. Oberseite vom Schwänze bis zum Oberhalse: dunkel rauchbraun, nach den Seiten zu etwas lichter. Oberkopf, Stirn, Zügel und Ohrgegend: schwärzHch rauch- braun, dunkelste Färbung des Körpers. — Gewicht etwa 2—4 Tage alter Vögel vom 22. Juli 1903: 40—47 g. Gesamtlänge i. FL: 165—170 mm. Flügel (von der Achsel bis zum Ende der Dunen): c. 44. Schwanz: 27. Schnabellänge (von Stirnbefiederung bis Spitze): 13— 14. Schnabelhöhe (am Grunde): 7,5— 9. Tarsen: 20. Mittelzehe inkl. der 5,5 mm langen Kralle: 28— 30 mm. — Iris: dunkelgrau. Schnabel: mattschwarz bis Glandula hyeinalis. \^l bleischwarz, nach der Spitze zu schwärzlich fleischfarben, Nägel rötlichgrau. Inneres: weißlich fleischfarben. Kinnhaut am Unterschnabel: dunkel grünlichgelb. Füße: grüulich- gi-au bis schmutzig grünlichgelb, Hinterseite der Tarsen, Schwimmhäute (mit Ausnahme eines Streifens neben den Zehen) und Sohlen: schwarz. — Mageniidialt: Sehr kleine Teile von Wasserpflanzen, Reste winziger Wassertierchen, Steinchen. — Auch bei diesen Dunenjungen bleiben die Reste des Dottersackes noch längere Zeit an dem Innern Balge, c. 20 mm über dem After, als häutiges Säckchen, in dem sich ein kleiner grün- licher Knoten befindet, deutlich sichtbar. Nach 5 — 6 Wochen sind die Jungen unter der Führung der Mutter völlig herangewachsen und flugbar geworden. Mitte September beginnen sie, in Scharen umherzuwandern, besuchen nun den Eyjafjördr und andere Buchten im Norden, streichen von hier aus auch nach dem Süden und über- wintern zumeist auf der Insel. Dann sieht mau die Spateleuten an warmen Gewässern im Innern und in geschützten offnen Meeresteilen, wo sie meist außerordentlich scheu sind. Eine geringe Zahl der Vögel soll freilich auch spät im November südlicheren Gegenden zuwandern. 48. Clangula hyemalis (L.). Eiseute. Atias glacialis (Linn.): Faber, Prodromus, S. 70 (1822). — Harelda hiemalis: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 412 (1862). — Harelda glacialis (Linn.): Newton, in Baring - Groulds Iceland, p. 417 (1863). — Anas glacialis (L.): Gröndal, islenzkt fuglatal, bis. 51 (1895). — Harelda glacialis (Linn.): Slater, ßirds of Iceland, p. 66 (1901). Harelda glacialis (L.): CoUin, Skandinaviens Fugle, S. 686 (1877). — Salvadori, (Jat. Birds Brit. Mus. XXVII, p. 389 (1895). — Fagonetta glacialis (L.): Winge, Gr0n- lands Fugle, S. 87 (1898). — Harelda hyemalis (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas X, S. 199 (1902). Isländisch: Hävella, Fövella, Föella (das Verbum vella wird nach Gröndal vom Rufe des Nicmenius pliaeopus gebraucht, die Namen würden also bedeuten: die Hochschreieude; vielleicht auch abgeleitet von haf == Meer und Erla = ein lang- schwänziger Vogel (vergl. Mariu-erla), oder nur Nachbildung der Stimme). Auchdän.: Havlit, Havlyk. Norw.: Havelle. Schwed.: Haflut. Fär.: Egvedla. Clangula hyemalis bewohnt zirkumpolar die arktische Region und deren benachbarte Gebiete, südlich ungefähr bis zur Grenze des ßaumwuchses. Sie ist verbreiteter Brut- vogel an den nordasiatischen Küsten, ebenso im ganzen arktischen Amerika bis hinauf zu den Parry-Inseln, wo sie Feilden noch unter 82 *• 27 ' antraf (Schalow). Auch Grön- land bewohnt sie häufig und geht hier ebenfalls bis zum Norden vor. In Europa brütet sie außer in Island selten auf Jan Mayen und der Bären-Insel, häufiger auf Spitzbergen. Gemein ist sie auf Kolguew und Nowaja Semlja. Im Winter kommen die Vögel u. a. in Menge an die Küsten der Ost- und Nordsee, südwärts bis zum Mittelländischen, Schwarzen und Kaspischen Meere, dem Baikal-See, Nordchina und dem nördlichen Japan, in Amerika bis zum Golf von Mexiko. In Island gehört die Eisente zu den häufigen Brutvögeln. Am Myvatn ist sie nächst der Bergente die gemeinste Art. Doch bewohnt sie in Menge auch viele andre tiefe und klare Seen im Innern der Insel, gelegent- lich selbst reißende breite Ströme. Flache Teiche und träge Flußläufe im sumpfigen Tieflande besucht sie aber höchstens zur Zugzeit. Am liebsten wählt sie zu ihrem Sommeraufenthalte nicht allzuhoch gelegene Bergseeu, wobei sie Örtlichkeiten, in denen Eis und Schnee erst spät im Jahre ver- ■^C)2 Clangula hyemalis. schwinden, durchiiiis nicht scheut. Mitunter trifft man sie auch ziemlich hoch im Gcl)irge. Außerhalb der Brutzeit bewolmen die Vögel fast immer das Meeresgestade. Eine Anzahl isländischfr Exemplare meiner Sammlung, (5 «d., nicht selbst präpariert, zeigen folgende Maße. Flügel: 218— 222 mm. Schwanz: 212— 228. Schnabel: 28—30. Tarsen: 35 — 36. Mittelzehe inkl. der 9 nmi langen Kralle: 54 — 56 mm. — O ad., ßrutvögel vom Myvatn, Ende Juli 1903. Gewicht i. Fl. : 600 — 700 g. Gesamt- länge'i. FL: 31)0—395. Flugbreite: 680—700. Flügel: 205—208. Schwanz: 95—97. Sch^wanz + Flügel: 20—40. Schnabel: 26—28. Tarsen: 32,5—34. Mittolzehe inkl. der 8,5—9,5 mm langen Kralle: 53—55,5 mm. — Iris: dunkelgelbbraun. Schnabel: schwärzlich, an den Seiten grünlich. Kehlhaiit am Unterschnabel: rötlichgrau. Inneres: fleischfarben. Füße: hellbleigrau; Gelenke und Hinterseite der Tarsen: dunkler; Sohlen und Schwimmhäute: schwärzlich. — Frisch vermausert. — Mageninhalt: Fischlaich und zahlreiche Steinchen. Im Frühjahre begegnet man der Eisente überall an den Küsten. Doch sah ich bis Anfang Mai in den Buchten bei Reykjavik kleine Scharen, in denen sich die Geschlechter getrennt hielten. Vielleicht waren dies nordische Durchzügler oder nicht zur Fortpflanzung schreitende Individuen. Im all- gemeinen kommen die Vögel schon Ende April paarweise zu ihren Brüteplätzen. Sie entwickeln dann bald eine große Lebhaftigkeit und streiten sich auch recht heftig. Dabei richten sie oft die langen Schwanzfedern schräg nach oben und verfolgen sich fliegend, schwimmend und laufend. Besonders die Weibchen werden mitunter geradezu gemißhandelt. Ich beobachtete noch im Juli, wie ein Erpel ein solches derartig quälte, daß es zuletzt mit knapper Not angsterfüllt in eine Erdhöhle flüchten konnte, wo es sich ganz erschöpft niederduckte und widerstandslos von mir ergreifen ließ. Auch die Stimme der Männchen hörte ich bis weit in die Brutzeit hinein sehr häufig. Sie ist nicht unangenehm und besteht in verschiedener Zusammensetzung aus kürzeren und gezogeneu A und Au, etwa a au a. Nicht selten werden diese Töne auch mit einem hohen S-Laut untermischt. Von den Weibchen vernahm ich nur leise Wed, Wad oder Wud. Im Sommer hört man die Rufe der Vögel nicht bloß am Tage, sondern auch fast die ganze Nacht hindurch. Erst wenn die Jungen ausgeschlüpft sind, werden die Alten stiller. Das Nest wird zwischen hohen Gräsern und schützenden Pflanzen, am M;f vatn sehr gern unter Gesträuch verborgen. Das Weibchen scharrt manchmal selbst eine Mulde, andermal benutzt es eine natürliche Vertiefung oder Gesteius- spalte. In diese bringt es wenig feine Halme oder Blätter, später aber einen dicken hellbraunen Dunenbeutel. Die Zahl der p]ier beti-ägt in normalen Gelegen 5 — 8, doch sah ich auch 10 Dunenjunge bei einem Weibchen. Die Ablage erfolgt ziemlich unregelmäßig, beginnt nicht selten schon in der 2. Hälfte des Mai — Faber fand Eier im Südlande am 18. d. M. — dehnt sich aber durch natürliche Verhältnisse und Wegnahme bis Anfang Juli aus. Einige Exemplare meiner Sammlung vom Myvatn zeigen folgende Maße: 56,2 X 37,5 mm (3,4 g). 55,2 x 37,5 (3). 54,5 x 39,5 (3,3). 53,2 x 38 (3,4). 53 x 39 (3,4). 53 X 37,5 (3,1). 52 x 39 (3,1). 52 x 37.5 (3). 51,2 x 40 (2,8). 51 x 36,5 (2,9). 49,5 X 37 (3,2). 49,5 x 36,5 (2,7). 49 x 35,5 (2,6). — Das Vollgewicht von mir unter- suchter Eier schwankte zwischen 38 und 45 g. Clangula hyemalis. ]^93 Das Weibchen brütet etwa 3\!^ Wochen allein. Wohl treiben sich die Männchen vielfach in der Nähe der Nester umher, doch erkennt man dabei nicht, ob sie wirklich die Sorge um Gattin und Nachkommenschaft dahin führt. Im Juli vereinigen sich die meisten Erpel zu großen Scharen. Ich sah im nordwestlichen Teile des M^vatn Haufen von 3 — 400 auf dem Wasser liegen, unter die sich freilich einzelne Individuen anderer Arten mischen. Auch scheinen zahlreiche jüngere Vögel überhaupt nicht zur Fortpflanzung zu schreiten, sondern sich den ganzen Sommer über auf dem See umher- zutreiben. Die alten Weibchen sitzen unterdessen auf ihrem Neste und ver- lassen dieses gegen Ende der Brutzeit erst dann mit raschen Flügelschlägen, wenn man sich bis auf wenige Schritte genähert hat. Doch fallen sie sehr bald wieder ein und rufen ängstlich ihr warnendes Wetwet. Kiemschneider traf die ersten Dunenjungen schon am 22. Juni (Ornith. Monatsschr. 1896, S. 315), Krüper am 28. d. M. (Naumannia 1857, S. 46). Auch Faber und andere berichten ein derartig frühes Auskommen. Ich sah am Myvatn noch Mitte bis Ende Juli überall kaum ausgeschlüpfte Junge. Viele fand ich auch auf der Nordwestseite des Sees tot. Die Tierchen sind recht lebhaft und geschickt, tauchen gemeinsam mit ihrer Mutter und schwimmen schnell unter und auf dem Wasser. Bei Sturm und Regen führt sie die sorgliche Alte aus Land. Hier fallen sie in dem zerklüfteten Ufer mitunter in Löcher, aus denen sie nicht wieder heraus können. Einmal fand ich 3 der Tierchen in einer solchen mit Wasser gefüllten kesselartigen Ver- tiefung und die lebhaft rufende Alte mit 4 weiteren auf dem See. Ich holte die Gefangenen heraus, worauf sie eilig zu der Mutter schwammen. Ihre Stimme ist ein feines Piepen. Das Dunenjunge der Eisente hat Ähnlichkeit mit dem der Spatelente, die Unterseite ist jedoch nicht so rein weiß, die Oberseite mehr dunkel braungrau, auch fehlen die weißen Flecken. (5 und $ zeigen keinerlei auffälligen Unterschied. Das kleinste Exemplar meiner Sammlung (Eizahn noch auf der Schnabelspitze), ein cj pull, vom 2. August 1903, zeigt folgende 3Iaße. Gewicht i. Fl.: 22 g. Gesamtlänge 1. Fl.: 120 mm. Schnabellänge: 10. Schnabelhöhe: 5,5. Tarsen: 16. Mittelzehe : 21,5. — Iris: dunkelgelbbraun. Oberschnabel: schwärzlich. Nagel: braun. Nasenlöcher: länglich, dunkel. Unterschuabel: heller, teilweise lleischfarben. Schnabelinneres: weißlich fleisch- farben. Füße: schmutzig olivengrün; hintere Tarsen, Schwimmhäute (mit Ausnahme eines Streifens neben den Zehen) und Sohlen: mattschwarz. Nach ungefähr 5 Wochen sind die Jungen richtig befiedert und flugbar. Die Männchen gesellen sich nun wieder zu ihren Familien, einige Zeit noch sti-eifen die Vögel scharenweise an günstigen Stellen der Brutgewässer umher und verschwinden endlich aus der Gegend, selten später als Anfang bis Mitte September. Sie kommen nun an das Meer, besuchen oft zu Hunderten geschützte Buchten, verlassen aber zum großen Teil unsere Insel, nach Fabers Beobachtungen spätestens Mitte Oktober. Eine Anzahl überwintert freilich an der Küste. Ja Gröndal sagt, die Eisenten wären bei Reykjavik gerade im Winter häufig und würden oft daselbst erlegt (Oruis II, S. 366). Ob es sich hierbei aber um isländische Brutvögel oder um Wintergäste und Durchzügier aus Spitzbergen und Grönland handelt, ist schwer zu entscheiden. Hantzsch, Vogelwelt Islands. 13 j^g^ Histrionicus histrionicus. 49. Histrionicus histrionicus (L.)- Krageiiente. Anas histrionica (Linn.): Faber, Prodromus, S. 73 (1822). — Harelda histvionica: Prcyer (&, Zirkel), Reise nach Island, S. 411 (1862). — Histrionicus torqriatus Bonap. : Newton, in Baring-Goulds Iceland. p. 417 (1863). — Glaucion histrionicuvi (L.) : Gröndal, islenzkt fuglatal, bis. 50 (1895). — Cosmonetta histrionica (Linn.): Slater, öirds of Iceland, p. 68 (1901). Glaucion histrionicum (L.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 685 (1877). — Cosmo- netta histrionica (Linn.): Salvador!, Cat. Birds Brit. Mus. XXVII, p. 395 (1895). — Winge, Grönlands Fugle, S. 84 (1898). — Histrionicus kistrio7iiciis {L.):^a.uma.uu, Vögel 3Iittel- europas X, S. 212 (1902). Isländisch: Straumöad (vom straumr = Strom, Strömung), seltner Briraönd, Brimdüfa (von brim = Brandung, düfa = Taube). Auch deutsch: Stromente. Dan.: Stremand. Xorw. & schwed. : Strömand. Fär. : Brimondt. Histrionicris histrionicus bewohnt die nearktische Kegion, etwa bis 45° südwärts, und einige benachbarte arktische Gebiete. In Grönland brütet er nicht selten an der Westküste, wenigstens bis Upernivik nordwärts, in geringer Zahl auch au der Ostküste. In Europa soll er außer auf Island vereinzelt im Ural, im Gouvernement Yaroslaw (Sabanäeff) und bei Archangel (Henke) brütend gefunden worden sein. Sicher bewohnt unsere Art Ostsibirien von Kamtschatka bis zum Baikal-See. "Wandernde Exemplare haben sich selten in den mittleren Breiten Europas, u. a. auf den Britischen Inseln und Färöern, gezeigt, in Asien bis Japan, in Amerika bis Kalifornien hinab. In Islaud ist die Kragenente ein über die ganze Insel verbreiteter Brutvogel, der die großen, tiefen und rasch sti-ömenden Gewässer zu seinem Sommeraufenthalte wählt. Gibt es inmitten solch reißender Ströme Pflanzenreiche Inseln, so darf man sicher damit rechneu, unsere Art daselbst zu finden. Mehr als 12 — 15 Paare brüten aber auch an den günstigsten Örtlichkeiten kaum beisammen. Weniger gern bewohnen unsere Vögel die Ufer der Flüsse. Außerhalb der Brutzeit trifft man sie meist au den Mündungen der Gewässer oder im Meere selbst. Eins der von mir präpaiierten Exemplare meiner Sammlung, (5 ad.. Brutvogel vom 17. Juni 1903 (Hörgardal), zeigt folgende 3Iaße. Gewicht i. FL: c. 750 g. Gesamt- länge i. Fl.: c. 445 mm. Flügel: 200. Schwanz: 115. Schwanz -j- Flügel: 55. Tarsen: 38. Mittelzehe inkl. der 7 mm langen Kralle: 56 mm. — Iris: braun. Schnabel: bleigrau (bei jüngeren Individuen dunkler). Füße: rötlichgrau (bei jüngeren grünlichgrau), Hinterseite der Tarsen, Schwimmhäute und Sohlen: schwarz. — Mageninhalte: Spindeln und vollständige E.xemplare von Littorinideu, größere Krustaceen, zahlreiche meist un- versehrte und vielfach noch durch Kittsubstanz an einander geheftete kugelige Eier eines Knochenfisches, 2 mm im Durchmesser. Außerdem noch viele schwarze, ver- hältnismäßig große und z. T. scharfkantige Steinchen bis 6 mm Länge und 0,16 g Ge- wicht (W. Baer). Die Kragenente ist im allgemeinen Stand- oder Strichvogel in Island. Im zeitigen Frühjahre begegnet man ihr am häufigsten dort, wo ein reißender Strom ins Meer mündet. Es war mir ein reizvoller Anblick, als icli am 15. ]\Iai bei Hvammr etwa ein Dutzend der Vögel beiderlei Geschlechts an einer derartigen Stelle traf und hier zum ersten Male längere Zeit beobachten konnte. Das ganze Mündungsgebiet dos Flusses bot ein Bild wüster Unordnung. Mächtige Eisschollen, die von der Strömung mit- gebracht waren, hatte die Dünung des Meeres wieder zurückgeworfen und Histrionicus histrionicus. 195 wirr durcheinander aufgetürmt. Zwischen den im Sonnenscheine blitzenden Massen schäumte rauschend der grünliche Strom. Wie belebend wirkten da unsere Enten, die behaglich ihre Federn putzend auf den Eisschollen saßen! Eigentlich scheu fand ich die Krageneute nie. Als ich mich damals den Vögeln näherte, glitten sie zwar auch ins Wasser und schwammen und flogen sogar ein Stück davon, kaum aber weiter als auf Schrotschußentfernung. Die Fähigkeit uusrer Art, gegen starke Strömung zu schwimmen, ist mitunter ganz auffällig, bereitet aber den Vögeln scheinbar keine besonderen Schwierigkeiten. Deshalb fliegen sie auch außerhalb der Strichzeit nur selten größere Strecken und erheben sich für gewöhnlich kaum einige Meter über das Wasser. Deutlich kann man oft den allmählichen Übergang vom Schwimmen zum Fluge beobachten. Zunächst nehmen die Beinbewegungen an Schnelligkeit zu. Die Körperhaltung nähert sich der fliegenden, indem Kopf und Hals vorgestreckt und fast auf das Wasser gelegt werden. Die weit nach hinten gehaltenen Beine bewegen sich nur noch wenig, jedoch immer rascher und gleichartig, wodurch das Schwimmen ein stoßweises wird. Einige mit den Beinbewegungen entstehende Flügelzuckungen verstärken sich zu Avirklichen Flügelschlägen, doch berührt der hintere Teil des Unter- körpers noch auf Augenblicke das Wasser. Die Bewegungen der Beine nehmen in derselben Weise ab, wie sich die der Flügel vermehren und hören endlich ganz auf. Umgekehrt geschehen die Wechselbewegungen der Gliedmaßen beim Niederlassen auf dem Wasser. In der zweiten Hälfte des Mai schwimmen die Vögel die Ströme auf- wärts nach ihren Brutinseln. Die Paare halten getreulich zusammen, sind aber auch gegen andere ihresgleichen verträglich. Oft umschwimmt das Männchen seine Gattin mit lockendem Giä, wobei es den kurzen und starken Hals aufrichtet und die Federn des ebenfalls durch harte schwärzliche Fleisch- wülste im oberen und hinteren Teile bedeutend verdickten Kopfes sträubt. Das Weibchen antwortet etwas leiser mit demselben Eufe. Dazu nicken die Vögel beständig, was sie weniger auffällig auch sonst beim Schwimmen tun. Naht eine Gefahr, so rufen sie warnende feine Dtt oder weiche Da, beim Abfliegen mitunter erschi'ockene Gäg gVig gäg. Das Nest wird am liebsten unter Buschwerk in der Nähe des stark strömenden Wassers, auf kahlen, felsigen Inseln auch nur in geschützten Vertiefungen, weniger gern am grasigen Ufer errichtet. Oft brüteji in unmittelbarer Nachbarschaft noch andere Entenarten; auf einer gar nicht großen, mit Sträucheru und Angelikastaudeu bedeckten Insel in der Läxa bei dem Hofe ]:>erä beobachtete ich z. B. noch Aethya marila, Mareca pejielo2ye, Nettion crecca und Men/us serrator. Das Weibchen begibt sich meist laufend zu dem Nistplatze, wobei es immerfort sichernd ziemlich rasch und geschickt dahineilt. Das Nest selbst besteht aus Pflanzenstoffen der Umgebung, gewöhnlich aus einer nicht allzugroßen Menge von Halmen und Blättern. Später wird es reichlich mit grauen Dunen ausgekleidet, die sich natürlich mehr oder weniger stark mit den Pflanzenstoöen untermischen. Es enthält im Juni, häufig erst in der 2. Hälfte des Monats, 5—10 Eier. Doch bekam Dr. Ottoßou 13* igg Histriüiiicus histrioiiicus. ein Gelege zu 8 Stück aus der Gegend des Myvatn vom 30. Mai 1898 (in litt.). Werden die Eier weggenommen, was nicht selten geschiebt, so verlängert sicli die Zeit der Ablage bis Anfang Juli. Pearson erhielt ein noch frisches Gelege am 18. Juli (Ibis 1895, p. 244). Einige isländische Exemplare meiner Sammlung zeigen folgende Maße: 58x43 mm (3.7 g). 57,5x42,5 (3,6). 57,2x43,2 (3,4). Weitere im Zoologischen Museum zu Dresden: 58,2x43 (3,G). 58x42,5 (3,8). 56,2x41,5 (3,3). Das AVeibchen brütet etwa S'/a Wochen allein. In Gegenden, wo nur einzelne Paare leben, wie z. B. im Mündungsgebiete der Fnjdska, bleibt der Krpel regelmäßig in der Nähe der Gattin, ja er legt bei Annäherung eines Menschen durcli ängstliches Gebaren seine Besorgnis für sie au den Tag, sucht sogar durcli besondere Zutraulichkeit die Blicke auf sich zu lenken. Anderwärts vereinigen sicli die Männchen zu kleinen Scharen, verlassen aber das Brutgebiet nicht. Faber fand die ersten Dunenjungen Anfang Juli: icli sah kleinere und größere am 16. d. M. Das Weibchen führt die geschickt schwimmenden und tauchenden Tierchen an die ruhigeren Stellen im Flusse. Zwar benimmt sich die Familie nicht besonders scheu, doch ist es immerhin schwierig, der Jungen habhaft zu werden, da man im Schwimmen geschossene Exemplare selten aus der Strömung herausbekommen kann. Das Weibchen übernimmt die Führung der Jungen allein, doch zeigt sich das Männchen nicht selten, sobald ernstliche Gefahr droht. Faber gibt als Zeit für die Dunenperiode 40 Tage an, was meiner Beurteilung nach zu reichlich bemessen ist. Ich sah völlig erwachsene, scheinbar flugfähige Junge neben halb- wüclisigeu bereits am 5. August bei ]5erä au der Laxä, konnte auch trotz der Unterstützung des Hofbesitzers in der Umgebung der ßrutinsel keine Dunenjungen mehr finden, obwohl ich am 16. Juli ebendaselbst noch ganz kleine gesehen hatte. Ende August, Anfang September füliren die Weibchen, denen sich die Männchen oft wieder anschließen, ilire Nachkommenschaft allmählich sti'om- abwärts dem Meere zu. Meist verbringen die Vögel hier in kleineren Scharen den Winter, streichen auch gelegentlich ein Stück die Küsten entlang, wobei sie besonders die milderen südlicheren Teile der Insel, z. B. auch die Vest- mannaeyjar, aufsuchen. Nur wenige Exemplare scheinen Island ganz zu verlassen. 50. Somateria spoctabilis (L.). Prachteiderente. Anas spedahilis (Linn.): Faber, Prodromus, S. 67 (1822). — Somateria spectabiUs L.: Preyer (& Zirkel). Reise nach Island, S. 431 (1862). — Somaferia S2)ectabilis (L.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 417(1863). — Somatheria spcdabilis (L.): Grön- dal, islenzkt fuglatal, bis. 49 (1895). — Sotnateria spectabilis (Linn.): Slater, Birds of Icelaud, p. 73 (1901). — Somateria spectabilis L.: Ssemundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 19 (1905). Sotnateria sjyectabilis (L.): Collin, Skandinaviens Fugle. S. 693 (1877). — Salva- dori, Cat. Birds Brit. Mus. XXYII, p. 432 (1895). — Winge, Grenlands Fugle, S. 108 (1898). — Naumann, Vögel Mitteleuropas X, S. 236 (1902). Somateria spectabilis. 197 Isländisch: -^darköngur (= Eiderkönig), Elikaköngur (von bliki = Männchen des Eidervogels). Auch deutsch: Eiderköuig, Königseiderente. Dan.: Konge - Ederf ugl. Norw.: Ekonge. Erkonge. Schwed.: Aderkong. Engl. : King- Eider. Fär. :Eävekongur. Aedukongur. Somateria spectabilis bewohnt zirkumpolar die arktische Region. Als ihre Brut- gebiete kennt man Spitzbergen, Kolguew, Nowaja Semlja, Dolgoi, Waigatsch, die Insel- gruppen längs der sibirischen Küste bis Tschuktschen, ebenso auch die arktischen Gebiete Amerikas bis etwa zum 60. Grade hinab, in Grönland besonders vom Polar- kreise an nordwärts. Feilden traf unsere Art auf Grinnell-Land noch an der Floeberg- Eeach unter 82° 27' als Brutvogel (Schalow). In der kälteren Jahreszeit zeigen sich die Vögel vereinzelt an den Küsten Norwegens, Dänemarks, Deutschlands, auf den Britischen Inseln, Orkaden, Färöern, südwärts bis Italien, Virginien, Kalifornien und den Kurilen. Für Island kann die Prachteiderente nur als gelegentlicher Gast und wahrscheinlich seltner Brutvogel bezeichnet werden. Doch ist sie vielerorts bekannt, weil sie zumeist die Gesellschaft gewöhnlicher Eiderenten aufsucht und deshalb, wenigstens in männlichen Individuen, nicht so leicht übersehen wird. Mitunter zeigen sich die Vögel im Winter. So erzählt Faber, daß am 25. Dezember 1820 ein altes Männchen nach heftigem Sturme bei Eyrarbakki tot ans Land gespült wurde. Auch Gröndal berichtet von der Erlegung eines Exemplars am 2. Februar 1887 bei Reykjavik (Ornis IX, S. 89). P. Nielsen schrieb mir, daß man am 21. November 1888 ein Weibchen lebendig bei Eyrarbakki fing und ihm brachte; einige Jahre später wurde in derselben Gegend ein toter Vogel, gleichfalls ein Weibchen, ans Land getrieben. Ssemundsson beobachtete ein einzelnes Männchen, das später geschossen wurde, am 30. Dezember 1903 auf dem Strande bei Reykjavik. Gelegentlich kommt unsere Art auch während des Sommers vor, doch scheint es sich in den meisten Fällen um einzelne Individuen zu handeln, die nicht zur Fortpflanzung schreiten. Im allgemeinen werden natürlich nur die auffälligen Erpel erkannt. Nach der Ansicht vieler ungebildeter Isländer ist der Vogel überhaupt nichts anderes, als ein sehr altes Männchen der gewöhnlichen Eiderente, das, nicht mehr fortpflanzungsfähig, sein Äußeres verändert und eine herrschende Stellung in der Kolonie gewinnt. Bei meinen Erkundigungen wurde mir von verschiedenen Besitzern von Eiderbrutplätzeu im Eyjafjördr übereinstimmend versichert, daß sich in manchen Jahren ein einzelner Eiderköuig bei der Kolonie aufJiielte, der aber nicht gepaart sei, was sich sehr wohl feststellen läßt. Dabei scheint es sich fiist immer um ausgefärbte Männchen zu handeln. Auch sollen derartige Vögel mitunter jahrelang bei derselben Kolonie bleiben, sich außerdem herrschsüchtig und selbstbewußt zeigen, was auf alte Individuen schließen läßt. P. Nielsen teilte mir auch mit, daß sich bei Kollafjördr (Stranda-S^sla) sowohl im Sommer 1884 als 1885 eine ganze Anzahl Prachteiderenteu bei der gewöhnlichen Art ein- stellten. Sie kamen mitten in der Brutzeit, legten aber selbst keine Eier. Baring-Gould sah 1858 einen Balg von Somateria spectabilis in Akureyri (Iceland, p. 417). Gröndal erhielt Nachricht von einem Vorkommen der Art bei Vigur im Westlande (Ornis II, S. 306). Ich selbst beobachtete ein vollkommen ausgefärbtes Männchen am 18. Mai 1903 in dem vereisten Nordurfjörcli- (Stranda-S^sla) und ein ebensolches j^gg Somateria spectabilis. am 25. Mai hoi Hjalteyri. Auch dieses trieb sich in geringer Entfernung vom Laude unter etwa 30 Eidervögeln umher. Es zeichnete sich nicht allein durch sein Äußeres, sondern schon durcli Haltung und Bewegung von seinen Verwandten aus. Mit aufrecht getragenem, zeitweise sogar hintenübergeneigiem Kopfe und gelüfteten Flügeln schwamm es unruhig umlier, verfolgte sowohl die Weibchen, als auch die alten und selbst die jüngeren gescheckten Männchen der P]idervögel, ohne auf Widerstand zu stoßen. Seine Stimme ließ das erregte Tier mehrmals hören. Sie klang ähnlich dem behaglichen Uau der Eiderenteriche, aber kürzer, stürmischer und hölier im Tone, etwa ua. loh beobachtete den Vogel wenigstens eine Stunde lang. Ab und zu wurde er ruhiger und tauchte nahrungsuchend unter. Ein Weibchen der Art konnte ich auch hier nicht entdecken. AVeil ich vermutete, der Vogel hielte sich dauernd an einem der benachbarten Eiderbrutplätze auf, versuchte ich nicht ihn zu schießen. Leider bekam ich das Tier nicht wieder zu sehen. Vielleicht war es dasselbe Individuum, das Anfang Juni auf Grimsey erlegt und an J. V. Havsteen in Oddeyri verkauft wurde. Ab und zu werden neben den Männchen auch Weibchen der Art beob- achtet, die gelegentlich gebrütet haben sollen. Dies wurde mir im Nord- lande mehrfach versichert, doch liegen nur sehr wenige genauere Notizen hierüber vor. Faber berichtet, daß ein Paar unter den zahllosen Eiderenten der Insel Videy bei Reykjavik 1819 und 1820 sich fortpflanzte, und Thiene- mann schreibt, daß ihm Mitteilung von dem Brüten eines Paares im Sommer 1829 zugegangen sei (Fortpflanzung der Vögel Europas, V, S. 37, 1838). P. Nielsen teilte mir ebenfalls mit, daß er ab und zu von einem paarweisen Vorkommen unsers Vogels gehört habe. Im Juni 1887 z. B. hielt sich ein solches bei einer kleinen Eiderentenkolonie östlich von Eyrarbakki auf und zog wahrscheinlich Nachkommenschaft groß (in litt.). Durch Duuenjunge beglaubigte Angaben über ein Brüten von Somateria spectabilis auf unserer Insel fehlen aber bis jetzt noch völlig. 51. Somateria mollissima mollissima (L.). Eiderente. Anas mollissima (Linn.) : Faber, Pro3romus, S. 68 (1822). — Somateria mollissima Leach.: Preyer (& Zirkel), Eeise nach Island, S. -406 (1862). — Somateria mollissima (Linn.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 417 (1863). — Somatheria mollissiina L.: Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 49 (1895). — Somateria mollissima (Linn.): Slater, Birds of Iceland, p. 70 (1901). Somateria mollissima (L.): CoUin, Skandinaviens Fugle, S. G90 (1877). — Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXVII, p. 425 (1895). — Somateria mollissima (L.) typica : Wmge, Grönlands Fugle, 8.94(1898). — Somateria mollissima (L.): Naumann, Vögel Mittel- europas X, S. 223 (1902). Isländisch: JVAur (Etymologie unklar), alte Formen JEd, iEdr, (= Ader, Wasserader), Ji)darfugl, -.Edifugl; Bliki, ^Edarbliki (von blika = blinken, glänzen) für das 5 ; .^Edarkolla (vcn kollr = Koller, Kopf) für das ? ; ^Edaruugi für das Junge. Auch deutsch: Eider, Eidervogel. Dan.: Ederfugl, J&rfugl. Norw.: Efugl, Ar, Arfiigl. Schwad.: Ejder, EJderfägel, Ar. Ädra. Engl.: Eider Duck. Fär.:Eäva. ^da; Blikur (cJ). Somateria mollissima inollissima. J^99 Somateria mollissima mollissima bewohnt die Küsten des nordwestlichen Atlan- tischen Ozeans und die angrenzenden arktischen Gebiete. Ihre Verbreitung scheint von Island, vielleicht von Ost^rönland, ))is zu den Küsten des Karischen Meeres zu reichen. Die Eiderenten Spitzbergens sollen nach Malmgren eine besondere kleinere Rasse bilden (S. m. thulensis), die daselbst Standvogel ist und wahrscheinlich auch auf Franz- Joseph -Land vorkommt. Die typische Art brütet besonders auf Nowaja Semija, Waigatsch, Kolguew, der Bären-Insel, Jan 3Iayen, Mevenklint, Nordrußland, Skandinavien, Dänemark, Sylt, Schottland samt den benachbarten Inseln bis zu den Färöern. In den meisten Gegenden ist sie Stand- oder Strichvogel; einzelne Individuen wandern südwärts bis Ungarn, Italien und Südfrankreich. — An den atlantischen Küsten Nordamerikas, etwa von Maine bis Neufundland und dem südlichen Labrador, brütet S. m. dresseri Sharpe, im benachbarten arktischen Gebiete, wenigstens von Westgrönland bis zur ßepulse-Bai, S. m. borealisBrehm. Im Nordpazifischen Ozean und dem benachbarten Eismeere, vom westlichen Amerika bis weit an der sibirischen Küste entlang, findet sich S. m. v-nigra (Gray). Die genaueren Verbreitungsgrenzen der nach Bälgen doppelt schwer unterscheidbaren geographischen Formen sind noch nicht genügend festgestellt. In Island gehört die Eiderente zu den gemeinen Brutvögeln, die sich an allen geeigneten Küsten, vorzugsweise im Westen und Norden, in zahl- reichen kleinereu und größeren Kolonien findet. Zufolge des besonderen Schutzes, den man ihr überall angedeihen läßt, scheint ihre Zahl sich langsam zu vermehren. Der Export von Eiderdunen, die aus der Umgegend gebracht wurden, erstreckte sich, wie mir HeiT Konsul Thomsen in Eeykjavik freund- lichst mitteilte, im Jahre 1902 auf folgende Küstenplätze (die dahinter- stehenden Ziffern bedeuten die Pfundzahl (1 Pfund = ^2 ^^S) ^^^r exportierten Dunen): Reykjavik (841), Borgarnes (177), Ölafsvik (8)", Stykkisholmr (964), Flatey (721), Isafjörclr (328), Reykjarfjördr (220), Halmavik (700), Bordeyri (100), Hvammstangi (38), Blönduös (40), Skagaströud (113), Saudarkrökr (53), Haganesvik (81), Akureyri (35), Svalbardseyri (92), Hüsavik (218), Köpaskerva (205), Raufarhöfn (34), jMrshöfn (253), Vopnafjördr (87), Bakka- gerdi (3), Seydisfjördr (126), Eskifjördr (75), Faskrüdsfjördr (63), Berufjördr (232), Hornafjördr (99). Die von mir aus nächster Nähe lebendig, sowie die tot besichtigten isländischen Eidervögel mußte ich für S. m. mollissima bestimmen, obwohl je nach Jahreszeit und Alter die Färbung der Brust und des Schnabels bei den Männchen ein wenig wechselt. Vögel, die ich als gut charakterisierte S. m. horealis hätte ansprechen müssen, sind mir niemals vorgekommen. 2 ausgefärbte Exemplare meiner Sammlung, die ich am 7. Mai von einem Fischer bei Reykjavik frischgeschossen kaufte, kennzeichnen sich wie folgt. (5 ad. Gewicht i. Fl. : fast 3 kg. Gesamtlänge i. Fl. : c. 600 mm. Flugbreite : c. 920. Flügel : 278. Schwanz: 113. Schnabellänge: a. von der am weitesten auf der Stirn vorspringenden Be- fiederung an bis zur Spitze: 49; b. von der bis unter die Nasenlöcher vorspringenden Feder- schneppe an: 34; c. von der neben der Stirn am weitesten zurückspringenden Stelle des Oberschnabels an: 67. Tarsen: 52. Mittelzehe inkl. der 12 mm langen Kralle: 90 mm. — Iris: graubräunlich. Oberschnabel: schmutzig olivgrün, am Grunde gelblichgrün. Nägel und Unterschnabel: hornbräunlich. Füße: schmutzig gelblichgrün. Sohlen und Schwimm- häute : schwärzlich. — ? ad. Gewicht!. Fl. : reichlich2i/2 kg. Gesamtlänge i. FL: c. 580mm. Flugbreite : c. 900. Flügel: 275. Schwanz: 119. Schwanz -f- Flügel : 55. Schnabel: a. 50; b. 32; c. 65,5. Tarsen: 49. Mittelzeheinkl.der 11, 4 mm langen Kralle :78 mm. — Iris: grau. Schnabel: düster olivgrün. Füße: gelblichbraun. Sohlen und Schwimmhäute: schwärzlich. Die Eiderenten sind in Küstengebieten, die während des Winters nicht zufrieren, oft wahre Standvögel, anderwärts Strichvögel, die aber zeitig im Frühjahre nach ihren Brutplätzen zurückkehren. Als solche wählen sie 200 Somateria mollissima mollissima. Inseln und Halbinseln oder auch gewöhnliche Uferpartien, die mit Gräsern, Heidegesträuch und andern Pflanzen bedeckt sind. Selten nur brüten sie auch auf kahlen Klippen. Besonders häufig findet man Brutkolonien im Mündungsgebiete der Flüsse, mitunter auch an kleinen Lagunen und Süß- wasserteichen in der Nähe des Meeres. Die Vögel lieben ()rtlichkciten, die einen freien Ausblick gestatten und bevorzugen in der Regel solche, die nicht erheblich über den Wasserspiegel ragen. Auf Grimsey freilich bewohnen sie alle Teile des grasigen Plateaus, das ja stellenweise eine Höhe von über 100 m erreicht. Von hier aus können sie sich nur fliegend ins ]\Ieer begeben und haben zum Teil einen recht weiten AVeg dahin. Sie sind aber, wie auch viele andere Vogelarten, an gewissen seit Jahrhunderten schon benutzten Brutplätzen durchaus nicht wählerisch, während sie zalilreiche scheinbar günstige Gebiete nicht besiedeln wollen. Vielfach errichtet man inmitten Fig. 26. Kolonie von Somateria mollissima in Südwest-Island. der Kolonien Stangen, an die bunte Zeugstreifeu geheftet werden, um die Raubvögel fernzuhalten und die Enten selbst herbeizulocken (Fig. 26). Im zeitigen Frühjahre liegen unsere Vögel in der Nähe der Brutplätze auf dem Meere, schwimmen in langen Ketten den leichten Wellen entgegen und tauchen ab und zu unter, um kleine Tiere von den Seepflanzen abzulesen oder vom Grunde aufzunehmen. Ich fand im Magen der von mir präparierten Vögel große Mengen Fisclilaicli, kleine Schneckenhäuser, zumeist Littoriniden, und Stücken von Pfahlmuscheln. Mitunter richten sich einzelne Vögel flügel- schlagend im Wasser auf Dann kommt die schwarze Färbung der schmucken Männchen deutlich zum Vorscheine, die sonst nur wenig an den Seiten sichtbar ist. Häufig vernimmt man auch die Stimme der Erpel, gähnend gezogene Au, AVau, Won, Ua, üauu und ähnlich. Diese Rufe gehen häufig in ein behagliches Brummen über. Von vielen Vögeln gleichzeitig halbe Stunden lang hervorgebracht, geben die Laute einen äußerst charakteristischen Zusammenklang, der an stillen, sonnigen Frühlingstagen oft kilometerweit zu hören ist. Untereinander sind die Eiderenten vei-ti'äglich, selten, daß sich Somateria niollissima mollissiiiia. 201 die Ei-pel ein wenig herumtreiben oder durch besonders lautes Rufen ihre Erregung und Eifersucht zu erkennen geben. Lieber schwimmen sie stolz erhobenen Hauptes und mit leicht gelüfteten Flügeln den sanften braunen Weibchen nach, stimmen die wunderliche Musik au und zeigen eitel die Schönheit ihres im Sonueuscheine leuchtenden Gefieders, um freiwillig zu erhalten, was ihnen nach dem Rechte des Stärkeren schon zukommen muß. Tritt die Ebbe ein, so begeben sich alle Vögel zum Sti-ande, setzen sich bei ruhigem Wetter auf die nun trocken gelegten Klippen und Steine, bei Sturm an geschützte Lieblingsplätze weiter hinauf am Lande, putzen das Gefieder und ruhen. Überrascht man sie dann, vielleicht in einer engen Meeresbucht, so flattert die Schar erschrocken ins Wasser, kehrt aber nach kurzer Zeit mit beruhigtem Brummen wieder ans Land zurück. Im Mai sieht man die Vögel regelmäßiger und längere Zeit an ihren Brutplätzen. Das Weibchen sucht sich eine natürliche Vertiefung, die es reiuigt und wenn nötig noch erweitert. In diese bringt es, gelegentlich unter Mithilfe des Männchens, nicht allzuviele trockene Pflanzenstengel, Halme und Blätter. Doch füttert es später die Nestmulde mit einer bedeutenden Menge brauugrauer Dunen aus, die einen etwas helleren Kern besitzen. Manchmal findet man das Nest im Rasen, andermal zwischen Heidegesträuch, auf Grimsey gern auch inmitten kleiner schützender Stein- wälle, die wohl besonders für diesen Zweck hingebracht sind. Auf Videy bei Reykjavik und anderwärts sollen die sehr wenig scheuen Weibchen ihr Nest auch in unmittelbarer Nähe der Häuser, ja gelegentlich auf dem gras- bewachsenen Dache derselben errichten. An den von mir besuchten Eider- brutplätzen waren die Nester über weite Flächen verstreut und nirgends unmittelbar beieinander. Doch soll dies auf engbegrenzten Holmen auch vorkommen. Im Eyjafjördr begann 1903 die Ablage der Eier im allgemeinen Mitte Mai. Die Hauptlegezeit war zu Ende des Monats. Mitte Juni brüteten auch dort, wo einige Eier weggenommen wurden, die meisten Weibchen. Bedeutend verzögert sich das Brutgeschäft auf Grimsey. Wohl findet man hier die ersten Eier auch schon Anfang Juni, doch beobachtete ich noch T^jifang Juli legende Vögel. Diese Verspätung wird nur teilweise durch Wegnahme der Eier bedingt. Normalgelege bestehen aus 5 — 7 Stück. In Nachgelegen brüten die Vögel nicht selten auch nur 3 oder 4 Eier aus. Einige Grimseyer Exemplare meiner Sammlung zeigen folgende Maße. Gel. 4, frisch: 81,5 X 51,2 mm (voll 121, leer 9,7 g), 80x53 (119, 8,5), 79,5x52.5 (115,8,4), 77,2x52(115,8,4). — 80,5x53,5 (leer 10,8 g). 79,5x51,2 (9,4). 79x49 (7,8). 78x48,5 (8,7). 76,5x47,5 (7,7). 76,2x50,2 (8,8). 76x52 (8,8). 75,2x51 (8,5). 75 X 52 (8,7). 75x51,5 (8,5). — Das Vollgewicht von mir untersuchter frischer Exemplare schwankte zwischen 95 und 124 g. Ihr Geschmack ist etwas tranig und weniger angenehm als bei Eiern von Süßwasserenten. — Zwergeier kommen nicht selten besonders zu Anfang der Legezeit vor. Von 2 Exemplaren meiner Sammlung von der Kolonie bei dem Hofe Os im Eyjafjördr zeigt eins einen breiten Hing kleiner bläschenartiger Er- höhungen, das andre am stumpfen Ende einen angesetzten länglichen Knoten. Maße: 46,2x35(3,3). 40x28,5(2,6). 202 Somateria niollissima mollissima. Das Weibchen brütet etwa 4 Wochen allein und sitzt oft so fest, daß man sich vielerorts, z. B. auf Grimsey, in unmittelbare Nähe hinstellen kann. Mitunter heben die Leute den Vogel sogar vom Neste, rohere stoßen ihn mit dem Fuße hinweg, um nach den Eiern zu sehen. Dann läßt die Ente ein unwillig knurrendes Krrr oder Korrr hören, bleibt aber gewöhnlich in der Nähe, schüttelt und putzt sich und watschelt nach Entfernung des Menschen bald wieder zum Neste zurück. Besonders während der Nacht stellt sich der Erpel bei seiner Gattin ein, stellt geti-eulich neben ihr, verhält sich aber etwas scheuer. Mitunter ruft er l)eim Neste, wo ich auch die Begattung beo])achtete, ein lebhaftes nasales Ha oder auch ein lautes Hauwa, Hahauwa, in behaglicher Ruhe ein gezogenes Gag. Ungestört verläßt das AVeibchen die p]ier täglich nur kurze Zeit, schwimmt in der Nähe umher, in Grimsey gern auf den kleinen Süßwasserteichen im Innern, scheint aber äußerst wenig Nahrung zu sich zu nehmen. Freilich haben die Vögel vor der Brutperiode dicke Fettmassen unter der Haut und zwischen den Ein- geweiden, sodaß ihnen ein Fasten nichts schadet. Durchaus nicht alle Eiderenten schreiten zur Fortpflanzung. Im weiteren umkreise der Brutplätze ti'ifft man den ganzen Sommer über Scharen beiderlei Geschlechts, die augenscheinlich aus jüngeren Individuen bestehen. Derartige Vögel wandern mitunter auch ein Stück die Ströme aufwärts. So beobachtete ich am 2. Juni 3 Ei-pel und 1 Weibchen an einer ruhigen Stelle der Fnjöskä, wenigstens 5 km vom Meere entfernt. Selbst den Myvatn sollen sie aus- nahmsweise besuchen. In Hjalteyri sah ich von Ende Mai bis Mitte Juni einzelne nicht gepaarte Männchen, die stark mauserten und ein verschieden- artig dunkel und weiß geschecktes Gefieder tingen. Ich vermutete darin einjährige Vögel, die erstmalig das Prachtkleid anlegten, sah aber Anfang August an derselben Örtlichkeit große Scharen von Eiderenten aus nächster Nähe, unter denen sich nur Männchen im ausgemauserten Sommerkleide befanden, die höchstens unter den Flügeln noch etwas Weiß zeigten. Ich muß deshalb annehmen, daß die im Mai so auffällig gefleckten Vögel bereits in die Sommertracht ummauserten. Da das isländische Gesetz betreffend den Schutz der Eiderenten von den Bewohnern eifersüchtig überwacht wird, war es mir leider unmöglich, die verschiedenen interessanten Färbungen an getöteten Vögeln zu untersuchen. Im Sommerkleide kennzeichnen sich übrigens die Erpel immer noch recht gut. Ihr Gefieder erscheint weit lebhafter gemustert, die Schulterfedern sind dunkler und die Brustfederu heller als bei den mehr einfarbigen, abgeblaßten Weibchen. Die ersten 5 Dunen jungen sah ich am 10. Juni bei Hjalteyri, von der Mitte des Älonats an allmählich mehr, auf Grimsey erst am 6. Juli, zu welcher Zeit daselbst noch frische Eier vorhanden waren. Die grauen, unter- seits helleren Tierchen werden von der Mutter nach günstigen, oft ziemlich weit entfernten Küstenplätzen geführt. Nach Hjalteyri kommen die meisten Familien von Laufas, wo etwa 2000 Paare brüten, über den ganzen Eyja- iQördi- weggeschwommen, eine Entfernung, die etwa 10 km Luftlinie beträgt. Die zutraulichen Jungen sind auf und im Wasser vom ersten Tage ihres I Somateria mollissima moUissima. 203 Lebens an zu Hause, sterben aber doch nicht selten bei Sturm und feucht- kalter Witterung. Ich fand auch größere Individuen tot in der Nähe des Strandes. Das Weibchen übernimmt die Führung allein, nachdem sich der Erpel meist schon vorher 7Airückgezogen hat. Kommen mehrere Familien längere Zeit zusammen, so verwechseln die Jungen häufig ihre eigentliche Mutter und schwimmen irgend einem Weibchen nach, sobald sie das lockende harte Korrr hören. Deshalb sieht man dieselben Vögel zeitweilig gänzlich verlassen, andermal wieder mit 20 und noch mehr Dunenjungeu im Gefolge. Derartige Szenen spielten sich vor meinem Fenster in Hjalteyri, wo sich immer zahlreiche Eiderenten aufhielten, täglich ab. Nach 6 — 7 Wochen sind die Jungen flugbar. Sie sehen unscheinbar dunkelbraun aus und haben wenig Musterzeichuung auf ihren Federn. Am 6. August bemerkte ich im Eyjafjördr schon sehr viele derartige Tiere, die freilich noch bedeutend schmächtiger waren als die alten. Um diese Zeit tragen fast alle Eidervögel ein ähnliches braunes Kleid. Die verschiedenen Altersstufen und Geschlechter scharen sich an günstigen Futterplätzen zusammen und sind außerordentlich gefräßig. Sie suchen dicht am Wasser hinlaufend oder am Rande hinschwimmend den Strand ab und prüfen die unglaublichsten Dinge auf ihre Genießbarkeit hin. Die Weichteile der von mir abgebalgten Vogelkadaver, die ich ins Meer warf, wurden z. B. gern von ihnen verzehrt. Als aber Anfang August bedeutende Mengen von Heringen bei Hjalteyri gefangen und ganze Haufen der herausgezogenen Fischmagen ins Wasser geschüttet wurden, liefen Dutzende von Eidervögeln vor den Füßen der Leute umher, lasen, natürlich unbehindert, gierig die Abfälle auf, würgten sie im Ganzen hinter und stopften sich bis an den Hals damit voll. Diese Nahrung schien den Vögeln so zuzusagen, daß sie alle Scheu auf- gaben und den Eindruck gezähmter Hausenten machten. Je nach Örtlichkeit, Witterung und Nahrungsmenge scharen sich die Vögel Mher oder später im Herbste zusammen. Etliche sollen Island ver- lassen; die meisten aber überwintern daselbst, halten sich bei ruhigem Wetter nicht allzuweit vom Lande auf freiem Meere, bei heftigem Sturme in geschützten, offnen Buchten, sind aber nun weit scheuer als im Sommer. Ihre Stimme hört man immer noch häufig, und Faber sagt, der Zusammen- klang der vielen Eufe ließe in der Ferne glauben, es rede eine große Ver- sammlung von Menschen. Da die Eidervögel äußerst geschickte Schwimmer und Taucher, in bezug auf ihre Nahrung aber keine Kostverächter sind, leiden sie auch im Winter selten Not. 52. Oidemia nigra nigra (L.). Trauei-ente. Anas nigra (Linn.): Faber, Prodromus, S. 67 (1822). — (Edemia nigra: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 412 (1862). — Oedemia nigra (Linn.): Newton, inBaring- Gonlds Iceland, p. 417 (1863). — Anas nigra L.: Gröndal, Islonzkt fuglatal, bis. 50 (1895). — (Edemia nigra (Linn.) : Slater, Birds of Iceland, p. 74 (1901). 204: Oideniia nigra nigra. Oidemiu nigra (L.): Collin. Skandinaviens Fugle, S. 678 (1877). — Oedemia nigra (Linn.): Snlvadori, Cat. Birds ßrit. 3Ius. XXVII, p. 401 (1895). — Oidemia nigra (L.): Naumann, Vügel Mitteleuropas X, S. 24-1 (1!»02). Isländisch: Hrafiisönd (= Kabeiientej; Di'iköud, iJuggönd (= Duckente, Tauchente) partim. Oidemia nigra nigra bewohnt die uördliche paläarktische und einige angrenzende Teile der arktischen Region, von Island bis etwa zur Taimyr- Halbinsel. Sie brütet ungefähr vom 74. Grade an. überschreitet aber südwärts den Polarkreis nur an wenigen Stellen. Sie ist Brutvogel in Nordwestsibirien, auf Nowaja Semlja, Waigatsch und Kolguew. in Nordrußland, Skandinavien und vereinzelt auch auf den Britischen Inseln. Die Färöer besucht sie nur als seltner Gast. In Grönland ist sie noch unbekannt. Im Winter streichen die Vögel gelegentlich bis zu den Azoren und Nordafrika hinab. — Im uearktischen und in dem angrenzenden arktischen Gebiete wird unsere Form durch die sehr ähnliche 0. n. amerieana Sw. vertreten. In Island ist die Trauereute ein nicht seltner Brutvogel. Sie bewohnt viele stehende Gewässer im nördlichen Teile der Insel, besonders den Myvatn und einige Seen der Umgebung. Preyer, Slater u. a. trafen sie in dem einsamen und wasserreichen Gebiete der Arnarvatnsheidi. Ich selbst fand ein totes Dunenjunges am Miklavatn (Skagafjördr) und beo))achtete mehrere Paare der Vögel auf Teichen bei Sveinsstadir (Hünafjördr). "Wegen ihrer ziemlich versteckten und scheuen Lebensweise und ihrer wenig auf- fälligen Färbung wird unsere Art gewiß vielfach übersehen, scheint a)»er im Südlande tatsächlich nur eine geringe Verbreitung zu besitzen. Bachmann fand sie zur Brutzeit auf dem j^invallavatn (Ornith. Monatsschr. 1902, S. 17). Die Trauerente ist im wesentlichen ein Zugvogel auf Island. Sie zeigt sich im April an den Küsten, kommt Anfaug Mai nach dem Myvatn und den andern Brutgewässern, beginnt aber erst spät mit dem Fort- pflanzungsgeschäfte. Größere, tiefe Seen, die versteckte Buchten und in der Umgebung schützendes Gesträuch aufweisen, sind unsern Vögeln am liebsten. Gelegentlich bewohnen sie aber auch die Ufer und Inseln au Strömen, z. B. die Laxa beim Myvatn und den Sog beim ]5ingvallavatn. Am Myvatn selbst traf ich sie nur im nordwestlichen Teile, von Grimstadir bis zum Ausflusse der Laxä, häufig an. Schon Krüper bezeichnete 1856 diese Gegend als das Hauptbrutgebiet unsrer Art (Naumanuia 1857, S. 47). Die Inseln sind den immer etwas scheuen Vögeln weniger zusagend als stille Plätze am Ufer, wo sie nicht so leicht belästigt werden. Das Nest befindet sich gewöhnlich unter Gesträuch, zwischen Angelikastauden oder schützenden Gräsern. Riem- schneider sah freilich auch ein solches ganz ungedeckt auf dem Uferhange in unmittelbarer Nähe des Wassers. Es besteht fast immer nur aus einer geringen Menge trockncr Pflanzenstoffe, wird aber später reichlich mit großen dunkelgi-auen Dunen ausgekleidet. Die Zahl der Eier schwankt zwischen 7 und 10 Stück. Ihre Ablage beginnt selten Anfang Juni, gewöhnlich erst in der Mitte des Monats. Frische Nachgelege findet man bis in den Juli hinein. Etliche Exemplare meiner Sammlung vom Myvatn zeigen folgende Maße: 67,8 X 45,5 mm (6 g). 67 x 45 (6). 66 x 46 (5.8). 65.5 X 44 (5.3). 65,2 x 45 (5,5). 65 X 45,5 (5,4). 64,2 x 46 (5,7). 64 x 44 (4,8). 63 x 46,5 (5.5). 62,2 x 45.2 (5,3). 60.5x45,2 (5,2). — Das Vollgewicht einiger von mir untersuchter Eier schwankte zwischen 74 und 63 g. üidemia nigra nigra. 205 Das Weibchen brütet 4 AYochen allein, verläßt aber gewöhnlich recht- zeitig das Nest, wenn man sich diesem nähert. Es begibt sich wenn möglich unter Deckung auf das Wasser, dreht sich hier voller Besorgnis hin und her und ruft dabei leise warnende Wak. Wartet man in schützendem Verstecke, vielleicht hinter dichtem Gestrüpp, so verharrt der Vogel noch lange auf dem Wasser und kehrt endlich vorsichtig laufend nach dem Neste zurück. Die Erpel bleiben anfänglich in der Umgebung der brütenden Weibchen, ziehen sich aber bei stärker werdender Sommermauser auf den offnen Myvatu zurück, wo ich Ende Juli in der Nähe des Vindbelgjarfjall Scharen von 50 — 100 Stück beisammeutraf. Diese halten sich weit ab vom Ufer und lassen auch ein Boot kaum auf Schußentfernung herankommen. Die ersten 7 Dunenjungen traf ich am 18. Juli in dem erwähnten Gebiete. Am 23. d. M. sah ich daselbst wenigstens ein Dutzend Mütter ihre Nachkommenschaft führen. Doch fand ich im Grase und in den durch die Pferde getretenen tiefen Wegriunen im langsamen Vorbeireiten auch 8 tote Junge, die teilweise schon mehrere Tage gelegen hatten, außer diesen hier nur noch Exemplare von Clangula hyemalis. Nachdem ich mein Pferd mehr- mals angehalten hatte und abgesprungen war, blieb das kluge Tier von selbst stehen, sobald es ein Entchen in der Wegrinne liegen sah. Einige Dunenjunge meiner Sammlung kennzeichnen sich wie folgt. Ganze Ober- seite: düster rauchschwärzlich, Oberkopf und Unterrücken am dunkelsten. Zügel, hintere Halsseiten, Kropfgegend, Unterschwanz und Körperseiten: matt rauchbräunlich. Unter- seite: noch heller, mit durchschimmerndem Weiß. Kinn, Mitte der Kehle (bei ver- schiedenen Individuen mehr oder weniger ausgeprägt), Wangen und vorderste Hals- seiten, (manchmal auch) Brustmitte; w^eißlich. — Ein cj pull., etwa 3 Tage alt, zeigt folgende Maße. Gewicht i. Fl. : 32 g. Gesamtlänge i. Fl. : c. 150 mm. Schnabellänge: 17. Schnabelbreite (nach vorn nur wenig schmäler): 9. Schnabelhöhe (am Grunde): 8,5. Tarsen: 19. Mittelzehe inkl. der 4 mm langen Kralle: 27 mm. — Iris: duukelgrau. Oberschnabel: schwarz. (Die länglichrunden) Nasenlöcher: gelblich. Nagel: schwarz- braun. Unterschnabel, besonders Kinnhaut: grünlichbraun, Xagel: rötlichbraun. Schnabel- inneres: gelb. Füße: glänzend dunkel moosgrün, ein Streifen neben den Zehen: heller gelb- grün. Hinterseite der Tarsen, Mitte der Schwimmhäute und ganze Sohlen: mattschwarz. 6 — 7 Wochen hindurch werden die Jungen von der Mutter geführt, bis sie befiedert und flugbar sind. Die Kufe, die ich in dieser Zeit von den Alten hörte, waren helle und fast glockenartige, nicht besonders rasch hervorgebrachte Wak Wak, manchmal auch taucherartige kürzere Gaga Gaga, nicht so breit schnarrend wie bei andern Enten. Mitunter führt die Alte ihre Nachkommenschaft ganz allmählich die Flüsse abwärts, sonst verlassen die Familien nach Flugbarwerdeu der Jungen das Brutgebiet. Meist scharen sich mehrere zusammen, denen sich nach Fabers Beobachtungen auch die Erpel wieder anschließen. Spätestens Anfang September verschwinden die Trauerenten vom Myvatu. Sie streichen nun noch einige Wochen an den Küsten umher, kommen allmählich nach dem Südlande, besuchen regelmäßig auch die Vestmaunaeyjar (Jönsson) und ziehen im Oktober aus Island fort. Von einem Überwintern daselbst ist nichts bekannt, doch wäre auch möglich, daß man die Vögel ilirer Scheuheit wiegen iu der kalten Jahreszeit bloß selten beobachtet und erlegt. 2Q(J Casarca casarca. — Tadorna tadorna. 53. Casarca casarca (L.)- Rostente. Tadorna casarca (L.): Wiiige, Vidensk. Meddel. 1893, S. 77 og 1894, S. 68. — Anas rufila Fall.: Gröiidal. Islcnzkt fuglatal, bis. 50 (1895). — Tadorna casarca (Linn.): Slater, Birds of Icelaiid, p. 51 (1901). Casarca rutila (Fall.): Salvador!, Cat. Birds Brit. Mus. XX VU, p. 177 (1895). — Tadorna casarca (L.): ]Saumann. Vögel Mitteleuropas IX, S. 394 (1902). Isländisch: Rydönd (= liostente). Auch däü. & norw. : liustand. Schwed.: Rostand. Casarca casarca bewohnt den südlichen Teil der paläarktischen Region. Sie brütet von Japan und China durch ganz Mittelasien bis Südrußland und Rumänien, auch in Nordafrika bis 31arokko und vereinzelt in Spanien. Nordwärts geht sie bis zum Amurtalc, dem Baikal-See und Südwestsibirieu vor. Im Winter streicht sie nicht allzuweit südwärts. Mitteleuropa besucht sie nur selten. — Um so auffälliger ist eine nordwestliche AVanderung zahlreicher Vögel in den Jahren 1892 — 93, die u.a. Däne- mark, Norwegen, Großbritannien und Island berührte und sogar "Westgrönland erreichte. Am 20. Juli 1892 wurden bei Eyrarbakki aus einer Schar von Rost- enten 3 Exemplare geschossen und eins davon durch P. Nielsen dem Kopen- hagener Museum, ein anderes der Reykjaviker Sammlung übergeben. Auch im Eyjafjördr zeigten sich Ende Juli 4 Rostenten, von denen eine erlegt und durch J. V. Havsteen gleichfalls nach Kopenhagen gesandt wurde. Die andern 3 Vögel blieben noch bis Anfang August in der Gegend. Weitere Mitteilungen über das Aufti-eten unserer Art in Island sind nicht bekannt. 54. Tadorna tadorna (L.). Brandgans. Anas tadorna L. : Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 49 (1895). — Tadorna cornuta (S. G. Gml.): Slater, Birds of Iceland, p. 50 (1901). Tadorna vnlpanser, Flm. : Collin, Skandinaviens Fugle, S. 652 (1877). — Tadorna cormita (S. G. Gm.) : Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXVII, p. 171 (1895). — Tadorna tadorna (L.) : Naumann, Vögel Mitteleuropas IX, S. 382 (1902). Isländisch: Brandgäs. Auch dän.: Brandgaas. Schwed.: Brandgäs. Tadorna tadorna bewohnt vorzugsweise Meeresküsten und Salzseen der paläarktischen Region, vom Atlantischen bis zum Pazifischen Ozean. Ihre nördliche Brutgrenze reicht in Norwegen etwa bis 69, an der Ostsee bis 60, im Ural bis 56, in Sibirien stellenweise bis 600n. Br. Südwärts brütet sie bis zur Mongolei, Turkestan, dem Kaspischen und Schwarzen Meere. Im Winter besucht sie Japan, Südchina, Nordindien, Nordafrika, sowie das südliche und westliche Europa. Auf den Britischen Inseln brütet unsre Art, auf den Färöern ist sie einige Male beobachtet worden, von Grönland dagegen unbekannt. Für Island kann die ßrandgans auch nur als seltner Gast bezeichnet werden. Ein verirrtes einzelnes Exemplar wurde am 27, Januar 1894 nicht weit von Reykjavik, bei Öseyri im Hafnarfjördr, erlegt und für das Reykjaviker ]\Iuseum präpariert. Vorher schon hatte sich ein gleicher Vogel, vielleicht dasselbe Individuum, etwas weiter nördlich, in der M;fra-Sysla, gezeigt (Gröndal, Ornis XI, p. 455). Au anderer Stelle freilich sagt derselbe Berichterstatter, diese Beobachtung habe im August 1894 stattgefunden (Islenzkt fuglatal, bis. 49). Ältere Angaben über das Vorkommen der Brandgans in Island (z. B. Brüunich, Ornith. Bor., p. 12, 1764) erscheinen sehr fraglich. Chen hyperborea hyperborea. 207 55. Chen hyperborea hyperborea (Fall.). Sebüeegaus. Anser hyperborcus (Fall.): Gröndal, Ornis XI. S. 455 (1901). Chen hypcrhoreus (Fall.) : Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXVII, p. 82 (1895). — Anser hyperhoreus Fall, typicus: Winge, Grönlands Fugle, S. 118 (1898). — Chen hyperboreus (Fall.): Naumann, Vögel Mitteleuropas IX. S. 270 (1902). Isländisch: Snjögajs, Snjögäs. Auch dän. : Snegaas. Schwed. : Snögas. Engl. : Snowgaase. Die Verbreitungs- und ßrutgebiete der Schneegansfornien sind noch ungenügend bekannt. Die größte Rasse, Chen hyperborea nivalis (Forst.), bewohnt nach Salvadori die arktischen Teile des östlichen Nordamerilcas, die etwas kleinere Ch. h. hyperborea (Fall.) die Gebiete des Nordpazifischen Ozeans und des benachbarten Eismeers vom westlichen Nordamerika bis Nordasien, die kleinste, Ch. h. rossii (Cass.), wahrscheinlich nur die sich an Nordamerika anschließenden höchsten Breiten der arktischen üegion. Von Asien aus erstreckt sich der Herbstzug der Schneegänse auf bedeutende Entfernung nach Westen. Die in Europa zur Beobachtung gelaugten Vögel scheinen, vielleicht mit Aus- nahme einiger atlantischer Exemplare, sämtlich unserer Form anzugehören. Man hat solche u. a. in Norwegen, Dänemark und Großbritannien erlegt. Winge führt aus, daß auch die 4 Bälge des Kopenhagener Museums von Grönland zu unserer ßasse gezogen werden müssen. Diese scheint sogar ab und zu im nordwestlichen Teile der Insel zu brüten. Von Island kennt man nur ein einmaliges Vorkommen unsrer Art. Ob es sich dabei um einen nordasiatisclien oder einen grönländischen Vogel handelt, muß zunächst dahingestellt bleiben. Dieses einzelne Exemplar wurde Ende des Jahres 1896 bei Grindavik im Südlande erlegt und befindet sich nun im Kejkjaviker Museum. Es ist ein älteres, weißes Individuum, das nur am Kopfe noch ein wenig helles Grau zeigt. Herr Adjunkt Sa^mundsson war so freundlich, mir folgende Maße des Stückes mitzuteilen. Schnabellänge: 57 mm. Tarsen: 80. Längste Schwanzfeder außerhalb der Haut: 130. Flügel: 420. Hiernach gehört der Vogel zu 67/. h. hyperborea, wenn er auch ein wenig größer ist als die Kopenhagener Bälge aus Grönland. 56. Anser albifrons albifrons (Gm.). Anser albifrons (ßechst.): Faber, Frodromus, S. 79 (1822). — Anser albifrons Bechst.: Freyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 405 (1862). — Anser albifrons (Linn.): Newton, in Bariug-Goulds Iceland, p. 414 (1863). — Anser albifrons (Gm.): Gröndal, islenzkt fuglatal. bis. 46 (1895). — Anser albifrons (Scop.): Slater, Birds of Iceland, p. 42 (1901). Anser albifrons (Gm.): CoUin, Skandinaviens Fugle, S. 638 (1877). — A^iser albifrons (Scop.): Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXVII, p. 92 (1895). — Winge, Grönlands Fugle, S. 116 (1898). — Anser albifrons (Scop.) & Anser intermedius Naum.: Naumann, Vögel Mitteleuropas IX, S. 309 und S. 318 (1902). Isländisch: Grägses, Grägäs (part.), Helsingi (fälschlich), Blesugses, Blesugäs, (= Bläßgans). Auch dän. & norw. : Blisgaas. Schwed. : Bläsgäs. Ich führe die isländische Bläßgans unter obigem Namen auf, wenngleich ich aus Mangel an Belegmaterial von der Richtigkeit der Angabe nicht völlig überzeugt bin. Der paläarktische Anser albifrons albifrons (Gm.) wird so vielfach mit dem nearktischen A. a. gambeli (Hartl.), sowie dem osteuropäisch-asiatischen A. erythropus (L.) zusammen- 208 Anser albifrons albifrons. geworfen, daß man nach der Literatur seine Verbreitimgsgrenzen nicht sicher angeben kann. Unsere Form soll von Grönland oder Island an bis weit in das nördliche Sibirien hinein brüten. In Wcstgröidand ist die Bläßgans häufiger Sommcrvogel, in Ostgiönlaud dagegen nur wenige Male erlegt worden. Die Färöer besucht sie bloß als gelegent- licher Gast. Auf den Britischen Inseln überwintert sie zahlreich. In Skandinavien kennt man sie nur als Zugvogel, doch scheint sie im nördlichen Kußland, auf Xowaja Semlja und Kolguew zu brüten. Im nördlichen Westasien, bis wenigstens zur Taimyr- Halbinsel hin, bewohnt sie stellenweise dieselben Gebiete wie der kleinere Anser erythropus; nach Osten zu wird sie immer seltner, dieser aber häufiger. Die angedeutete lückenhafte Verbreitung, die zwischen Island und dem äußersten Rußland kein verbindendes Brutgebiet zu haben scheint, legt die Möglichkeit nahe, daß die Bläßgans Islands von A. a. albifrons getrennt und mit der Grönlands, vielleicht sogar Nordamerikas, vereinigt werden muß. Faber, der unsere Art in der Arness- und Kangarvalla-Sysla traf, wo sie in den Niederungen, besonders im Delta der Flüsse brütete, erklärte später Naumann gegenüber, dessen Anser intermedius sei bestimmt identisch mit der isländischen Bläßgans. Naumann aber kennzeichnete (1842) seinen Anser intermedius, von dem er nun- mehr glaubte, er habe seine Heimat nur in Island, folgendermaßen: Schon der junge Vogel trägt eine kleine weiße Blässe, der alte drei große weiße Flecken an und neben der Stirn, die aber nicht, Avie die zusammenhängende Blässe bei Anser albifrons, bis an den Scheitel reichen. Körper größer und gedrungener, Fußwurzeln niedriger als bei dieser Art. Der größere Schnabel wird im Alter mehr oder weniger mit Schwarz bezeichnet, wovon sich bei A. albifrons nichts findet. Maße für ^-1. intermedius (dahinter für A. albifrons) nach Naumanns Typus. Länge: 683 mm (659). Flügel: 436 (436). Schnabellänge: 56 (50). Schnabelhöhe: 31 (26). Schnabelbreite: 23,9(23,5). Tarsen: 65 (71). Mittelzehe mit Kralle: 73,6 (74,3). Ob diese Charakteristik auch für Winges grönländische Vögel einigermaßen zu- treffend ist, läßt sich nicht ersehen, doch sind die Maße der Bälge ziemlich groß. Immerhin darf man vermuten, daß die isländische Bläßgans der asiatischen nicht näher steht, als der ostgrönländischen. Die Blüßgaus gehört in Island clm-chaus nicht zu den häufigen Brutvögoln. In den von mir besuchten Gegenden habe ich sie nirgends angetroffen. Faber beobachtete sie, wie erwähnt, auch nur im Mündungs- gebiete der ))verd, (Südland) brütend. Thieneniann aber erlegte melirere Vögel, sammelte selbst und erhielt später noch zahlreiche Eier aus dem Nordlande, wo seinen Angaben zufolge die Bläßgans an Bergwässern in der Nähe von Teichen ihr Nest baut. Derartige, teilweise von Thienemann selbst beschriebene Eier, jetzt in meiner Sammlung (Mai 1822), zeigen folgende Maße: 92x54 mm (14,4 g). 86x57,2 (15,5). 84x57,5(16,5). 83,5x57,2(14). 83 x 56,5 (17,4). 81 x 58 (15,5). 81x55(14,5). 79,5 X 52,5 (14,7). — Ein weiteres Gelege aus der Sammlung Thienemann, gesammelt 1855, jetzt im Zoologischen Museum in Dresden : 85 x 52,5 (9), 81 x 54 (10,5), 80 X 52,8 (11,8), 75,5x57 (14). — P. Nielsen bezeichnete mir für wahrscheinlich echte Eier vom Myvatn: 83 x: 51, 81 x 51,5, 78 X 50 mm. — Eine Nachprüfung, ob die erwähnten Eier wirklich unserer oder einer verwandten Gänseart angehört haben, ist natürlich unmöglich. Newton sah am 11. Mai 1858 einige geschossene Bläßgäuse in Reykjavik, Slater ein frisch erlegtes Exemplar am 30. Juli 1885 beim Skälfandafljöt im Nordlaude. Gröndal kennt die Art hingegen nicht, Nielsen scheint sie auch nie mit Sicherheit beobachtet zu haben. J. V. Havsteen in Oddeyri meint, Anser albifrons sei zwar seltner als Anser fabalis, werde aber doch Ansor fabalis. 209 in den tieferen Lagen des Nordlaudes, besonders an Flußmündungen, brütend angetroffen. 57. Anser fabalis (Lath.). .Saatgans. Anser segetum (Meyer): Faber, Prodroraus, S. 78 (1822). — Anser segetum ileyer: Freyer (& Zirkel), Reise nach Islaud, S. 405 (I8ö2). — Anser segetum (Gmelin): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 414 (1863). — GröndaK Islenzkt luglatal. bis. 4« (1895). — Slater, JBirds of Iceland, p. 44 (1901). Anser segetum (Gm.): Colliu, Skandinaviens Fugle, S. 641 (1877). — Anser fabalis (Latli.): Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXVII, i^. 99 (1895). — Naumann, Vöooj Mitteleuropas IX, S. 322 (1902). Isländisch: Grägjes, Grägäs (partim); Sadgtes. Auch dän. &nor\v.: Sa^dgaas. Schwed.: Sädgäs. Anser fabalis bewohnt den Norden der paläarktischen Kegion, jedenfalls von Island bis Kamtschatka. Er scheint zwar auch feststehende geographische Rassen zu bilden — A. f. arvensis (Brehm) in Nordeuropa, A. f. middendorffi Sevortz. in Ostsibirien — • da mir aber nicht genügendes isländisches Material vorgelegen hat, unterlasse ich die Besprechung der Subspezies. Die Saatgans brütet in den Tundren Nordasiens bis hinauf zur Taimyr-Halbinsel stellenweise recht häufig, nicht selten auch auf Nowaja Seralja, Kolguew und Waigatsch. ferner in Nordrußland, Lappland und dem nördlichen Skandinavien. Im Winter streicht sie bis China, Nordindien, dem Xaspischcn See, Nordafrika, Madeira und ganz Süd- und Westeuropa. Auf den Britischen Inseln samt Irland überwintert sie in beträchtlicher Zahl. Auf den Färöern zeigt sie sich als gelegentlicher Gast. V^on üstgrönland ist dagegen nur Anser brachyrhynclius Baill. bekannt, den Winge unsrer Art angliedert. In Island gehört die Saatgans angeblicli zu den nicht seltnen Brut- vögeln, doch widersprechen sich die Berichte hierüber, weil die Gänsearten mit eineinander verwechselt werden. Nach Faber brütet unser Vogel vorzugs- weise im nördlichen Teile der Insel. Tliienemann sagt dagegen, die ihm in Gelegen von 6 — 8 Stück zugesandten Eier gehörten einer Variation, Anser brevirostris, an (Fortpflanzung der Vögel Europas V, S. 28. 1838). Eine genauere Diagnose dieser neu aufgestellten Form finde ich nicht. Eins der Eier, das Thienemann selbst als „Ansei- brevir. ? Myvatn" beschrieben hat. vom Mai 1821, besitze ich in meiner Sammlung. Es zeigt als Maße 91 x 59 mm und ein Gewicht von c. 19,5 g, was für den typischen Anser fabalis sehr groß wäre. Preyer gibt als Maße isländischer Eier der Saatgans 88,3—88,5 x 63 — 63,4 mm an, was ebenfalls auf eine große Spezies schließen läßt. Newton teilte 1864 in der Ibis (p. 132) mit, daß Proctor 3 oder 4 sichere Bälge von Anser segetum aus Island erhalten habe. Gröndal unterscheidet die Gänsearten nicht genau, hält aber Anser fabalis für die häufigste auf der Insel (z. B. OrnisII, S. 3G3), Dasselbe behauptet Nielsen, Er gibt als Maße für isländische Eier der Art 82x53, 84x58, 92x61,5 mm (in litt.), wovon wenigstens das letzte nicht auf den typischen Anser fabalK schließen läßt. Konsul J. V. Havsteen hält Anser fabalis und Anser albifrons für die einzigen Brutvögel der Gattung in Island. Nach seinen mir mündlich gemachten ^Mitteilungen soll die Saatgans an verschiedenen Orten des Nordlandes, besonders zahlreich am Vikingavatn (AxarQördr) brüten. Nach isländischen Eiern, auch wenn Hantzs(Mi, Vosehvelt I.slamls. 14: 210 Anser bracliyrhynchus. sie sich in berühmten Sammlungen befinden (z. B. Nehrkorns Katalog Nr. 3406, S. 242. 1899). das Vorhandensein der Art anerkennen zu wollen, ist unbe- rechtigt. Mehrere Keisende, besonders Slater (1. c), Pearson (Ibis 1895, p. 247) und Coburn (Zoologist 1901, p. 408) leugnen durchaus das regelmäßige Vor- kommen von Anser fabalis in Island. Ich selbst bekam die Art auch nicht zu Gesicht, erhielt aber von Herrn Snorri Jonannsson auf Merkigili bei Saudärkrökr (Skagafjördr) die Köpfe und Füße zweier Gänse gesandt, die am 10. Mai 1905 in der Gegend erlegt waren, und die ich nach Gestalt, Größe und Färbung als Ansei- fabalis arvensis (Brehm) anspreche. Es scheint sich um ein Brutpaar zu handeln. Die Schnäbel zeigen viel Hot. nur der Spitzenteil neben dem Nagel und die Stirngegend der Firste sind schwärzlich. Schnabellänge: 60 mm, vom Schnabclwinkel aus last dasselbe. Höhe am Grunde: B5, 35,5. Breite am Grunde: 30, 31, am Ansätze des Nagels: 14. Länge des Nagels am Oberschnabel: 15, 16, Breite: 15,5, 15. Breite des Unterschnabels am Grunde: 23,24, beim Nagel: 14. Zahl der deutlich sichtbaren Lamellen des Oberschnabels: 23. Ent- fernung der Nasenlöcher von einander: II, 12,5, ihr äußerstes Ende von der Schnabel- spitze: 30, 31. — Tarsen: 81, 86. 3Iittelzehe inkl. der c. 11 mm langen Kralle: 83, 91 mm. — Es ist dringend wünschenswert, den isländischen Gänsen besondere Auf- merksamkeit zu schenken. 58. Anser brachyrliynclius Baill. Kurzschnäblige Gans. Anser brachyrhynchus, Baillon: Newton, in Bariug-Goulds Iceland, p. 414 (1863) & Ibis VI, p. 132 (l'864). — Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 48 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 44 (1901). Anser brachyi-liynchus, Baill.: Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXVII, p. 103 (1895). — Anser segetum{Linie\.)var. brachyrhynchus Baill.-.'Wmge, Grönlands Fugle, S. 1 15 (1898). — Anser brachyrhynchus Baill.: Naumann, Vögel Mitteleuropas IX, S. 354 (1902). Isländisch: Stuttnefja Gas, Stuttnefjud Gas. Auch dän. & norw. : Kortnfebet Gaas. Schwed.: Xortnäbbad Gas. Anser brachyrhynchus brütet in größerer Anzahl wohl nur auf Spitzbergen, in geringer Menge vielleicht auf Franz-Joseph-Land und sicher auch an der Ostküste Grönlands, wo Helms ihn bis hinab in die Breiten Islands als Brutvogel bezeichnet. Im Winter streicht unsere Art nach gemäßigteren Gegenden, jedoch nur ausnahmsweise südlicher als Mitteleuropa. Für Island kann die kurzschnäblige Gans zunächst nur als Durch- zügler betrachtet werden, obwohl mau ihr Brüten daselbst vermutet. Gerade die der Ostküste Grönlands gegenüberliegende Halbinsel ist so wenig unter- sucht, daß man hier z. B. noch interessante Vorkommnisse erwarten darf. Newton sah c. 1863 ein Exemplar von Anser hracltyrliynclmsim Universitäts- museum von Durham, das nebst einigen andern gleichartigen Bälgen dem Ornithologen Proctor aus Island geschickt worden war. Proctor versicherte auch, gemeinsam mit einem am Neste geschossenen alten Weibchen Eier der Spezies erhalten zu haben, Slater sah im August 1894 drei Exemplare der kurzschnäbligen Gaus bei dem Farmer von ]5ingey, am Unterlaufe des Skälfandafljöt (N.), Diese Vögel waren in halb flugunfähigem Zustande geschossen worden, als sie sich scheinbar auf dem Wege nach dem Meere befanden. Leider gibt Slater Anser fcrus Ccnis. 211 keine genauen Maße der seltnen Exemplare, die freilich nicht in seinen Besitz kamen. Auch ist fraglich, ob es sich um halbwüchsige junge oder um mausende ältere Individuen gehandelt hat In Sommervögeln immer Brutvögel sehen zu wollen, ist natürlich in unserm Falle unrichtig, da freilebende Gänse sich im 2. Lebensjahre nicht fortpflanzen. Eine dritte Beobachtung koimte ich selbst anstellen. Am 15. Mai 190:j unternahm ich vom Schiffe aus eine mehrstündige Fußexkursion ohne Gewehr bei Hvammr, im Innern des Hvammsfjördrs (W.). PJin reißender Strom nebst dem vorgelagerten Meeresstrande beherbergte eine ungewöhnliche Menge von Wasservögeln. Als ich das Flußtal aufwärts ging, bemerkte ich hinter Eisschollen am Ufer 2 Gänse, die mit langgestrecktem Halse schon nach mir äugten. Ihr kurzer Schnabel, die lebhaft rosenrot gefärbten Füße und die gedrungene Gestalt ließen mir keinen Zweifel, Anser brachyrhymims vor mir zu haben. Ich bückte mich sofort und konnte die Vögel lange Zeit aus verhältnismäßig geringer Entfernung mit dem Glase beobachten. Endlich kamen 2 Siugschwäne stromaufwärts geflogen, denen sich die Gänse mit leichten Flügelschlägen, aber ohne ihre Stimme auszustoßen, anschlössen. Ich beabsichtigte nun, die Fußspuren zu messen. Das Terrain war aber so unterhöhlt und Schnee und Eis daselbst weich und locker, daß ich mehrmals einbrach. Weil ich niemand bei mir hatte, gab ich weitere Versuche auf. Diese 2 Exemplare befanden sich möglicherweise auf dem Zuge nach Grön- land oder Spitzbergen. Grröiidals Beschreibung eines fraglichen Anser hracliyrhynchus (1. c.) hat wenig \^'e^t, weil die Angabe von Maßen fehlt. AVahrscheinlich soll sich auch Thienemanns Anser brevirostris (Fortpflanzung der Vögel Europas V, S. 28. 1838) — auf einer Üriginaletikette von Eiern im Zoologischen Museum in Dresden schreibt Thienemanu A7iscr segetum var. brevirostris Th. — auf unsere Art beziehen. Ein im Dresdener Museum befindliches Ei der Thienemannschen Sammlung unter der Bezeichnung „Anser brachyrhynchus von Island" mißt 83 x 57 mm (Gew. 18,9 g); ein zweifellos echtes Exemplar aus dem Berliner Zoologischen Garten 77 x 55,5 (13,5). ein solches von Spitzbergen 85x56 (20.5). 59. Anser ferus ferus Schaeff. Graugans. Anser ferus (Gmelin): Newton, in Baring - Goulds Iceland, p. 414 (1863) und Ibis VI, p. 132 (1864). — Anser cinereus, Meyer: Slater, Birds of Icelaud, p. 40 (1901). Anser ferus, Steph. : CoUin, Skandinaviens Fugle, S. 643 (1877). — Anser ferus, Schaeff.: Salvador). Cat. Birds Brit. Mus. XXVII, p. 89 (1895). — Anser anser (L.): Naumann, Vögel Mittoleuropas IX, S. 284 (1902). Isländisch: Gräga-s, ältere Form (irägäs (ursprünglich Einzahl, ersteres Mehrzahl). Auch dän. & norw.: Graagaas. Schwed.: Grägäs. Holl.: Grauwegans. Engl.: Grey lag goose, Grey goose. Fär. : Grägäs. Anser ferus ferus bewohnt Europa und das angrenzende Asien. Er wird in den meisten zusagenden Gebieten, z. B. auch in Nordrußland (bis etwa zum Polarkreise), in Skandinavien (bis zum Norden) und auf den Britischen Inseln brütend gefunden. Die Färöer besucht er regelmäßig auf dem Durchzuge. In Grönland wurde er aber 14* 212 Anser fonis l'onis. noch nicht eripfjft. Die Hauptmenge der Vögel überwintert an den Küsten der Nordsee, des nnschlieüenden Atlantischen Ozeans, sowie des Mittelländischen, Schwarzen und Kaspischen Meeres. — Im paläarktischen Asien wird unsere Form durch den größeren A. /". rubrirostris Hodg. vertreten. Die Grenzen beider Subspezies sind noch ungenügend festgestellt. In Island gcliört die Onmj^^iins /u den nicht lifuilioen Briitvöo(>ln. Newton gab die erste Mitteilung ihres Vorkonjinens daselbst. Kr erhielt von Fowler den Kopf eines im Nurdlande bei seinen Jungen erlegten Exemplars und berichtete ferner, daß rroctor ebenfalls 3 oder 4 Bälge unsver Art von Island besitze (Ibis 1864, p. IS^). Späterhin leugnete man wieder das Vor- kommen der Graugans, weil Faber sie nicht anführt. xVuch Gröndal erwähnt sie nicht. Dagegen sagen die beiden Pearson ausdrücklicli (Ibis 189.5, p. 247), daß es die einzige Ansej-Spezwn sei, die sie in Island beobi-.chtet hätten. Am 3. Juli 1894 erlegte H. .1. Pearson ein Exemplar beim Neste, das sicli auf einer Insel in der ])jörsä (SW.) befand. In dieser Gegend war die Art ziemlich häutig. Man entdeckte am 1., 2. und 3. Juli mehrere Nester mit stark bebrüteten oder einzelnen tauben Eiern, doch sah man auch schon junge Vögel. Slater vertritt gleichfalls die Ansicht, daß Amer firus die ver- breitetste Spezies der Gattung in Island darstellt, die er in verschiedenen Gegenden der Insel beobachtete. P. Nielsen teilte mir mit, daß man am 13. Mai 1895 eine Gans tot bei ihrem Neste auf einer kleinen Insel in der ]">jörsä gefunden und ihm gebracht habe. Das Nest enthielt nur ein Ei von 88,5 X 58 mm Größe. Der Vogel war äußerst fett und augenscheinlich au Legenot eingegangen. Er zeigte durchaus die Artkennzeichen von Amer ferns. Die mitgeteilten sehr kleineu Maße lassen dies freilich nicht erkennen. (Sclinabellänge: 52 mm, vom liintern Ende des Nasenloclies bis zur Spitze: 38, vom vordem: 29, Länge des Nagels am Oberschnabel: 14, Breite: 15; am Untcrschnabel: 11 bez. 10. Tarsen: 58. Mittelzehe inkl. der 7 mm langen Kralle: 82 mm). Diese Gänseart soll nack Nielseus Angabe nicht selten im Mündungsgebiete der erwähnten ])jörsa brüten (in litt.). Ich selbst beobachtete vom 1.— 8. Mai wiederholt kleinere Gänsescharen auf Moorwiesen bei Keykjavik, die sich aber außerordentlich selten zeigten. Es gelang mir nicht, ein Exemplar davon zu erlegen, zumal Vieh und Menschen in der Umgebung mir die Benutzung meiner Mantelgeschosse fast unmöglich machten. Meist steckten die Gänse hinter den zahlreichen Erdhügeln und flogen auf weite Entfernung hin auf, wenn man sich der Gegend näherte. Die 4—9 Exemplare ordneten sich gewöhnlich rasch in "einer geraden Reilie hintereinander, ließen dabei ein lebhaftes, ziemlich gebundenes Gagagak, das sehr an die Stimme der Hausgänse erinnerte, hören oder auch ein weicheres Dädüdü, Dädüdüa, lälülü. Einige Male kamen die Vögel an mir vorüber, daß ich sie mit dem Glase gut sehen und mit ziemlicher Gewißheit als unsere Art ansprechen koniite. Glaubten sie sich unbeobachtet, so durcli- suchten sie die schlammigen Gänge und Wasseradern zwischen den Erd- hügelchon und hinterließen natürlich zahlreiche Fußspuren. Die Länge des Abdruckes der j\Iittelzehe ergab nach vielen Messungen 87 — 90 mm (ohne Nagel), was jedenfalls auf An-'^'V ferns am besten paßt. Kranta borniola boriiicla. 213 ]\Iit yrölkrer Sicherlieit stellte ich unsere Art Anfany Juni bei Laufiis an der Mündung der Fnjöska in den Eyjafjördr lest, wo sich 4 Exemplare, scheinbar 2 Paare, aufhielten. Sie nisteten irgendwo inmitten der dortigen Eiderentenkolonie, auf einer Insel oder am Kandc des Flusses, brüteten a)>er am 8. Juni noch keinesfalls fest. Leider konnte ich hier wieder nicht die Erlaubnis zum Abschießen eines l']xemplars erhalten. Die Fußabdrücke vou einem der Vögel zeigten als Eänge der Mittelzehe 90 mm. Ein vom Jahre vorher stammeudes großes Ei wurde mir vom Pfarrer in Laufas gezeigt. Anderwärts ist mir unsere Art nirgends vorgekommen. Die Graugänse scheinen, vielleicht mit g«(ringcn Ausnahmen, Zug- vögel auf Island zu sein. Sie kommen gleichzeitig mit den verwandten Arten im April scharenweise nach der Insel, treiben sich noch längere Zeit in der Nähe der Küste umher und ziehen sich im Mai nach den Hrutgebieten zurück. Ende September, Anfang Oktober verlassen sie die Insel wieder. 60. Branta bernicla bernicla ( E.). Riugelgans. Anser torquatus (Frisch): Faber, Prodronuis, S. 80 (1822). — Anser bernicla: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 406 (ISüS). — Bernicla brenta (Linn.): Xewton, in Baring-Goulds Iceland, p. 415 (1863). — Anser torquatus Frisch: Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 46 (1800). — Bernicla brenta (Fall.): Slater, Birds of Iceland. p. 46 (1901). — Anser torquatus Frisch: Sasnumdsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 18 (lOOvö). Bernicla brenta (Fall.).: Collin, Skandinaviens Fngle, S. 647 (1877). — Branta hernicla (L.): Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXVII, j). HO (180;")). - Anser torqvatus Frisch typicus: VVinge, Grönlands Fugle. S. 120 (1808). — Branta bernicla (L.): Nau- mann, Vögel Mitteleuropas IX, S. 360 (1002). Isländisch: Margäs, Margaes {= J\leergans), Hrotgäs, Hrotgajs, Hrota, ältere Form Hrodgäs (Etymologie unklar, vielleicht \ on hrjöta = schnarchen, wegen der Stimme). Auch deutsch: 3Icergans, Roftgans, Rottgoos, Rotges, Hrota. l)än.: Radgaas. Hol!.: Rotgans. Branta bernicla hernicla bewohnt die arktische Region nördlich von Europa und Westasien.' Häufig brütet sie auf Spitzborgen, wahrscheinlich auch auf Franz- Jüseph-Land, ferner auf Nowaja Semlja, Waigatsch und im Mordwesten der Taimyr- Halbinsel. Ostlich der Lena wird sie durch die ähnliche B. b. nigricans (Lawr.) ver- treten, die auch das westliche arktische Amerika bewohnt, zwischen den Parry-Inseln und Westgrönland aber durch B. b. glancogaster (Brehm). Schalow hält nicht für ausgeschlossen (Vögel der Arktis, S. 178). daß die Ringelgänse von Ostgrönland und Jan Mayen, wenn in letzterem (-iebiele die Art überhaupt brütet, zu B. h. glaucogaster gehören, in welchem Falle diese Form sich zweifellos auch auf Island zeigen würde. Die 2 Ringclgänse im Reykjaviker Museum, die allerdings jüngere Tiere sind, mußte ich als zu B. b. bernicla gehörig betrachten. Im Winter ziehen die Vögel gelegentlich bis zu den Wendekreisen südwärts und besuchen auch Skandinavien, die Britischen Inseln, F'äröer usw. Nach Island kommt die Pingelgans nur als unbeständiger und nicht häufiger Durchzugsvogel. Gewöhnlich trift't man sie in Gesellschaft der viel zahlreicher auftretenden Urania Icacopsis. Im Frülijahre erscheinen die Vögel etwa Mitte April und verschwinden Mitte J\lai. Im Herbste zeigen sich einzelne schon Anfang September und bleiben bei günstiger Witterung bis zum November im Lande. Faber nennt die Art selten, erfuhr aber, 214 liraiita beriiicla hornicla. daß im Oktober 1820 einige I-iXeinplare in Siidisland geschossen wurden. P. Nielsen erlegte einen einzelnen jungen Vogel am 20, Oktober 1878. der durchaus nicht scheu war und den Schützen auf 20 Schritt lierankommen lieB. Hin altes Männchen erhielt Nielsen am 28. September 1880. das eben- falls bei Kyrarbakki geschossen war und 3.65 Pfund wog. Später bekam er noch Exemplare am 8. Mai 1881 und 20, Oktober 19o:? aus der Gegend von Selvog (in litt.). Auch St. Stcfänsson, .]. V. Havsteen u. a. versicliorten mir. daß im Oktober sich fast alljährlich einige der Vögel im Eyjatjördr zeigen. Sa3mundsson kennt unsere Art von der Halbinsel Reykjanes. Auch sah er 2 Exemplare in Reykjavik, die Ende November 1900 in der Nähe des Hofes Hvaleyri im Hafnarfjördr erlegt wurden. 12 Stück schoß man Mitte November 1903 bei Myrar am BorgarQördr und sandte sie zum Ver- kaufe nach Reykjavik (Sferaundsson, 1. c). Wiederholt hat man die Vermutung ausgesprochen, ßranta bendda brüte iu Island. Zur Zeit fehlen aber noch sichere Angaben hierüber. Die beiden besten Oologen der Insel, P. Nielsen in Eyrarbakki und J. V. Havsteen in Oddeyri. die in vielen Teilen des Landes Sammler haben und alljährlich große Mengen von Eiern erhalten, bezweifeln das Brüten der Ringelgans in Island. Dagegen berichtet schon Eggert Ölafsson, daß zweimal ein Individuum mit vollkommen legereifem Ei geschossen worden sei (Reise I, S. 34) und daß die Bauern im Ostlande vermuteten, der Vogel brüte auf unzugänglichen Klippen in der Müla-S^-sla (II. S. 118). Auch Faber erzählt, man habe im Frühjahre 1821 eine Riugelgaus mit großen Eidottern bei Keflavik (SW.) erlegt und außerdem auf einer Wiese im Innern des Eyjafjördrs Ende Juni 1819 das Nest einer Gans gefunden, die nach der Beschreibung unserer Bratita bernida glich. Die 6 Eier des Geleges (4 ist normal), die man ihm In'achte, waren an Größe und Gestalt denen von Sonuiterla tnolUmma ähnlich. Das betreffende Weibchen soll zahm um das Nest gelaufen seiu, was andere Gänse kaum tun (1. c). Die Bewohner am Myvatn versiclierten Bariug- Gould 1858, daß unsere Margds, wie auch noch drei andere Gänsearten, gelegentlich auf den Inseln des Sees brüten. Newton, der dies mitteilt (1. c), bezweifelt aber mit Recht die Angabe. Immerhin ist nicht ausgeschlossen, daß unser Vogel noch einmal brütend auf Island gefunden wird. Am wahr- scheinlichsten dürfte dies auf der nordwestlichen Halbinsel der Fall sein. 61. Branta leucopsis (Bebst.). Weißwangengans. Auser leitcopais (Bechst.): Kaber, Prodromus, S. 80 (1822). — A)iser leucopsis Bechst.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 406 (1862). • Bernida leucopsis (Teiiim.): Newton, in Haring-lxoulds Iceland, p. 414 (1863). — Anser leucopsis Be:c\\si.: (irröiidal, islenzkt fiighital, bis. 46 (1895). - Bernida leucopsis (Bechst.): 81ater. Birds of Icelaud, p. 46 (1901). Bernida leucopsis (Bechst.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 645 (1877). -- Bratitu leucopsis (Bechst.): Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXVII, p. 117 (1855). — Anser leucopsis Bechst.: Winge, (ironlands Fugle, 8. 122 (1898). — Branta leucopsis (Bechst.): Naumann. Viigel Mitteleuropas TX, S. 367 (1902). Branta Toiicopsis. . yjK Isländisch: Helsingi (nachSt. Steiänsson von Hals = Hals, wegen der schwarzen Färbung dieses Teils im Gegensatze zu den Graugänsen: wahrscheinlich nach Gröndal von helsi = Halsband. Der Name entspräche dann dem deutschen „Ringelgans" und würde sich ursprünglich auf die vorige Art bezogen haben, wie dies auf den Färöern noch jetzt geschieht : Helsingagaas). ältere Form Helsingr. Auch schwed. : Helsing. Zur Zeit kennt man als sichere Brutplätze von Branta leucopsis nur Spitzbergen und Ostgröuland. Einige Vögel sollen auch auf Kolguew brüten (Battye) und aus- nahmsweise ein Paar auf einer der Lofoten sich fortgepflanzt haben (CoUett). Die Angaben über ihr Vorkommen auf Nowaja Semlja (Nordenskiöld) und der Taimyr- Halbinsel (Westerlund) sind dagegen zweifelhaft. Doch scheinen die Vögel ziemlich unbeständig in ihren Sonimerwohnsitzen zu sein. Im Herbste wandern sie südwärts nach den Küsten Jlittel- und Westeuropas, wo sie mitunter in bedeutenden Scharen auftreten. Die Färöer besuchen sie ziemlich regelmäßig. x\ucli iu Island erscheint die Weißwangengaiis als regelmäßiger Durchzugsvügel. Jedenfalls stammt die Mehrzahl solcher AYanderer aus Ostgröuland, wo unsere Art " in den Küstengebieten am Scoresby- Sunde (c, 70*^ n. Br.) nach den Angaben Kolthoffs u. a. sehr zahlreich brütet. Faber sagt, uuser Vogel zeige sich besonders häufig auf der südwest- lichen Seite von Island und nicht selten auch im Norden. Doch kennt man ihn heutzutage von allen Küstengebieten. Auf den Vestmaunaeyjarn erscheint die Weißwangengaus fast jeden Herbst (Jönsson). Bei Eyrarbakki wird sie im April und September in Menge gesehen und bleibt beide Male 2 — 3 Wochen in der Gegend (Nielsen). Bei Reykjavik ist sie nach Gröndal auch nicht selten (Ornis II, S. 362), und au der Westküste Islands tritt sie nach meinen Erkundigungen au Ort und Stelle mitunter sehr zahlreich auf. Noch am 15. Mai beobachtete ich selbst 4 Exemplare bei der Insel Flatey im Breidifjördr, die in schräger Linie nach Norden flogen. In den Eyjafjördr kommt unsere Gans jeden Herbst in ansehnlichen Scharen, wird häufig erlegt und in Akureyri auf den Markt gebracht (J. V. Havsteen, St. Stefdusson). Auch in Grimsey ist sie wohlbekannt. Im Frühjahre zeigen sich die Vögel von Mitte April an. Sie halten sieb in der Nähe des Meeres auf, fressen besonders Seepflanzen und das Gras der Wiesen, ferner auch kleine Seetiere, nach denen sie den Meeres- boden mit untergetauchtem Halse absuchen, bleiben oft bis Ende Mai (23. IVIai 1889, Gröndal) im Lande und verschwinden dann plötzlich. Anfang September erscheinen sie abermals, gewöhnlich noch weit zahlreicher, werden vielfach zu Nahrungszwecken erlegt, zumal sie nicht allzu scheu sind, und wenden sich oft erst im November südlicheren Gegenden zu (Gröndal, Ornis II, S. 362). Vielleicht ist die Weißwaugengans auch gelegentlicher Brutvogel auf Island, obwohl sichere Angaben hierüber bis jetzt nicht vorliegen. Verschiedene Literaturberichte entsprechen nicht den Tatsachen, z. B. Nehrkorns Eierkatalog Nr. 3414, S. 243 (1899). Zeitschrift für Oologie XI, S. 28 (1901). Die erwähnten Eier, als deren ürsprungsgebiet die Bezeiclmung Island willkürlich gewählt wurde, entstammen, wie ich mich genau erkundigt habe, zoologischen Gärten. Faber erklärt ausdrücklich, man sähe unsern Vogel niemals im Sommer auf der Insel, und aucli Nielsen bezweifelt sein Brüten daselbst 21 G Cygnus cy^iius. (iu litt). Duili eizäliltc mir Horr Alf Baclimauu aus Müufbeii, ev habe am 22. Juni 19(»4 auf einem Schiil'e bei Blönduös (N.) 4 tote Weißwann^eugänse gesehen und auch photographiert, die kurz vorher auf einem in den Skaga- fjördr mündenden Flusse erlegt worden seien. Die Leute behaupteten, die Margies würde hier alljährlich im Sommer angetroffen und brüte sicherlich auch im Gebiete. Die Wahrheit dieser Angabe beruht vielleicht auch nur darauf, daß ab und zu jüngere, noch nicht zur Fortpflanzung schreitende Individuen in der Gegend den Sommer zubringen. Eine Sektion der betreffenden Exemplare hätte Klarheit schaffen können. Bei der Nähe der ostgrönläudischen Brutgebiete ist freilich ein gelegentliches Brüten der Vögel im gegenüberliegenden Teile Islands keineswegs ausgeschlossen. G'j. Cygnus cygnus (L.). Singschwan. Cygnus musicus (Bechst.): Faber, Prodromus. S. 81 (1822j. — Cyynns miisicus Sechst,: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island. S. 404 (1862). — Cygnus f'erus Leach; Newton, in ßariug-Goulds Iceland, p. 414 (1863). — Cygnus musicus Bechst.: Gröndal, islenzkt fuglata], bis. 48 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 47 (1901). Cygnus musicus, Bechst.: Collin, Skandinaviens Fugle, S. 632 (1877). — Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XX\' II, p. 26 (1895). — Winge. Grönlands Fugle, S. 81 (1898). — Cygmis cygnus (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas IX, S. 251 (1902j. Isländisch: Alft, Alpt (nacli Gröndal entweder von Alp = Elbe. Wa.ssergeist oder von albus = weiß), Svanur (poetisch). Auch dän. & norvv. : Svane. Schwed.: Svan. Engl.: Swan. Fär. : Sveänur, Svanur. Cygnus cygnus bewohnt die nördliche paläarktische Region, von Island bis Ostasien. In den eigentlich arktischen Gebieten brütet er aber nicht mehr, besucht diese höchstens gelegentlich. So soll er z. B. auf Spitzbergen vorgekommen sein (Biaiichi). In Europa bewohnt er Nordrußland. Finnland (bis zu etwa 62'* hinab), Lappland und das nörd- liche Skandinavien. Im südliehen Grönland hat der Singschwan früher wahrscheinlich regelmäßig gebrütet, ist aber später durch die Eskimos ausgerottet worden und kommt heutzutage nur noch gelegentlich von Island herüber. Es handelt sich bestimmt um unsere, nicht etwa um eine ähnliche amerikanische Art, wie Winge und Helms hervor- heben. Im AVinter streichen die Vögel südwärts bis Japan, China. Zentralasien und zum Mittelmeere. Auf den Britischen Inseln überwintern viele, nach den Färöern kommen sie besonders auf dem Frühjahrszug«'. In Island ist der Singschwan ein im Innern weit verbreiteter Brut- vogel, der freilich an /^ahl zurückzugehen scheint. Er bewohnt im Sommer die zwischen wilden Berggipfeln versteckten klaren Gebirgsseen, tiudet sich daselbst meist in einzelnen oder nur in wenigen Paaren und bildet einen reizvollen Schmuck der au und für sicli schon landschaftlich eigenartigen Gebiete. Gewöhnlich schwimmen die scharfsichtigen Vögel bei Annäherung von Menschen in die Mitte des Gewässers oder auf die entgegengesetzte Seite, und nur bei nebligem, kaltem Wetter oder im Grauen der Sommer- nacht gelingt es, sich auf Schußnähe anzupirschen. Die isländischen Schwäne gehören meiner Ansicht nach ans.schließlich zu Cygnus cygnus, variieren aber individuell nicht unbedeutend und bilden in Ausnahmefällen sogar scheinbare Übergänge zu verwandten Arten. Cygniis cygiuis. 217 Ein (5 ad. iiiciiier Sammlung, erlegt am 12. 3lai liiü3 im Kollafjördr bei Keykjavik. in Island Überwintertor Vogel, charakterisiert sieh l'olgenderinaßen. Oberseite weiß l)ei5. sehwaeh gelblichweiß. Unterseite vom Aufenthalte in eisenhaltigem warmen Brack- wasser schön rostgelb, welche Färbung an der Brust und noch mehr am Halse und Kopfe intensiver hervortritt. Stirn und Oberkopf gleicliuiäßig glänzend rostbraun. Gewicht i. Fl.: S'/a kg. Gesamtlänge i. Fl. : 13r)0 mm. Flugbreite: c. ii200. Flügel: ."jTO. Schwanz: 185. Tarsen: 110. Mittelzehe inkl. der l(j mm langen Xralle: 146 mm. Hinterzehe inkl. der 10 mm langen Kralle : 27 mm. Schnabellänge: 95. Schnabelhöhe am Grunde: 35. Schnabelbreite am Grunde: 3-i,5, beim Beginn des Nagels: 30. -- Am. Grunde der Schnabelfirste ein schwarzer, 8 mm breiter Stirntleck, der teilweise mit kurzen Federstoppeln besetzt ist. Die eigentliche schwarze Färbung des Oberschnabels reicht von der Spitze c. 70 mm die Firste hinauf, nur ein c. 17 mm breites Stück der- selben bleibt rötlichgelb gefärbt. In der Nähe der Schnabelränder geht das seitliche Gelbrot in ein düsteres Trübrot über, das wahrscheinlich ebenfalls durch mineralische Einwirkung verdunkelt ist. Das Gelbrot springt vom Schnabelwinkcl Hl nun am Schnabel vor, d. i. 8 mm weiter als das Ende der Nasenlöcher. Ein ganz schmaler Streifen am Spitzenende der Schnabelränder zeigt schwarze Färbung. Schnabelspalt vom Winkel bis zur Oberschnabelspitze: 97 mm. Ünterschnabel mit Ausnahme des Grundes: schwarz, Kehlhaut: schmutzig rotgelb. Iris: hellgrau. Füße: "schmutzig braunschwarz, an den Gelenken und Schwinmihäuten fast schwärzlich. Brehms Absonderung des isländischen Singschwans als Cyijnus islandicus (1H81) entbehrt der Begründung. Am Abend des 15. Mai beobiicbtete icb auf dem Hvamiusfjördr (W.) etwa 130 Siiigschwäne. Zweifellos bandelte es sieb dabei um Vögel, die unlängst von der Reise zurttckgekebrt waren; denn icb erblickte kein ein- ziges Exemplar darunter, das jenes cbarakteii-tiscbe Rostbraun überwinterter Stücke aufwies. Sie schwammen in breiter Reihe parallel zum Ufer, die Brust dem Winde und den leichten Wellen zugewandt. Kilometerweit leuchteten die weißen Gestalten und ähnelten in der Ferne treibenden Eis- schollen. Nachdem ich mich durch Schlamm und Schneeschlicker den Schwänen auf 60—100 m genähert hatte, begannen sie lebhaft ihre Doppel- töne Ang-Hä zu rufen und setzten dies ohne Unterbrechung fort, solange icb am Strande weilte. Mit dem Glase konnte ich die großen Tiere recht genau beobachten. Einige waren an Kopf und Hals mit Grau überflogen^ die meisten aber rein weiß gefärbt. Sie trugen die Flügel angelegt oder schwach gelüftet, den Hals gerade und aufrecht. Nur vor dem Untertauchen beugten sie ihn. Manche Exemplare schwammen dicht beieinander, eine streng paarweise Absonderung war indes nicht zu bemerken. In kleinen Trupps kam es mitunter zu Reibereien, indem ein Vogel dem andern nach Schwanz und Füßen biß. Doch schien dies mehr aus Spielerei als aus Feindschaft zu geschehen. In ihrer Größe variierten die Vögel nur unwesentlich, bedeu- tender aber in bezug auf Schnabelfärbung. Bei manciien Individuen, augen- scheinlich bei den jüngeren, war das Gelb sehr blaß, bei andern leuchtend orange, die Ausdehnung dieser Färbung ebenfalls nicht die gleiche, doch immerhin ziemlich weit vorspringend. Das Schwarz auf der Schnabelfirste ging bei einigen Vögeln bis an die Stirn, bei andern viel weniger weit. Eine sichere Übereinstimmung zwischen Größen- und Farbenverschiedenlieiten konnte icb nicht bemerken. Doch scliien es mir, als zeigten die jüngeren Exemplare, bei denen das Gelb blasser und Kopf und Hals grauer waren, •218 Cvgniis cygiius. mehr Schwarz am Schnabel. Alle Vögel charakterisierten sich al^ wahre Cygum ci/3 (1901). — Stelan.s.son. Nordnrland, Akureyri (4. Okt. 1902). Ardetta minuta (L.): Naumann, Vögel Jlittelenropas VI, S. 247 (1897). — Sharpe, Cat. Birds Brit. 31us. XXVI, p. 222 (1898). Isländisch: Litli Hegri (= kleiner Reiher). Ardetta minuta minuta bewohnt das wärmere Europa und die benachbarten Teile von Afrika und Asien. Sie ist in vielen wasserreichen Gegenden Südeuropas häufig, in Deutschland und Holland schon weit seltner und in Livland, dem südlichen 222 t'icoiiia ciconia. -- J'lpgadis aiitunmalis. Schweden und in- England nur noch vereinzelter Bnitvogel. Gelegentlich hat sich unsre Art auch nördlicher gezeigt, z. B. im Petersburger Gouvernement und auf den Färöeni. — Weiter südlich in Afrika ^vird sie durch A. m. pusilla (Vieill.) vertreten. Selbst von Island ist ein einmaliges Vorkommen der kleinen Rohr- dommel bekannt, das freilich weit zurückliegt. Am 20. Mai 1821} wurde ein totes Exemplar bei Keflavik (SW.) auf den Strand gespült und gefunden. Mau fertigte einen Balg davon und sandte diesen an das Zoologische Museum in Kopenhagen, wie Collin mitteilt. Ciconia ciconia (L.). Weißer Storch. Ciconia ciconia (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas VI, S. '601 (18t<7j. -- Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXVI, p. 299 (1898). Isländisch: Storkur. Auch dän., norw., schwed., holl., engl.: Stork. Ciconia ciconia bewohnt die wärmeren Teile der westlichen paläarktischen Kegion einschließlich der 31ittelmeergebiete, geht aber im Norden nur ausnahmsweise bis zum Polarkreise vor. In Livland brütet unsro Art etwa bis zum 59. Grade hinauf. Sie bewohnt auch das südliche Schweden und Dänemark, weiter im Westen jedoch nur die Länder, des Festlandes. Vereinzelte Wanderer haben sich gelegentlich im Peters- burger Gouvei-nement. in Finnland, in Torneä (HÖ") usw. gezeigt. Auf den Britischen Inseln gehört der Vogel ebenfalls zu den seltneren Ersclieinungen. Von den Färöern und Grönland ist er gar nicht bekannt. In Island soll der weiße Storch einmal als Irrgast beobachtet worden sein. Ein alter Einwohner Gri'mseys, Yugvar Gudmundsson, der mir nicht imr als der beste Vogelkeuuer der Insel, sondern auch als durchaus glaubwürdig hingestellt wurde, versicherte mir, im Frühjahre 185G ein einzelnes Exemplar unsrer Art auf Grimsey (66" 35'n. Br.) beobachtet zuhaben, das allerdings bald wieder verschwunden sei. Eine Verwechslung mit dem Fischreiher scheint nicht vorzuliegen, weshalb ich die Mitteilung wiedergebe. Zweifellos lockt die weithin sichtbare, isolierte Ipsel als ein isländisches Helgoland manclien verschlagenen Wanderer heran. 65. Plegadis antumnalis (Hasselq.). Brauner Sichler. Z6is/'aicmeK«s(Gm.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 491 (1877). — Gröndal.Islenzkt fuglatal, bis. 42 (1895). — Plegadis falcinellus (Linn.j : Slater, Birds of Icelaud, p. 39 (1901). Plegadis falcinellus (Linn.j: Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXVI, p. 29 (1898). — Naumann, Vögel Mitteleuropas VII, S. 16 (1899). Isländisch: Svartur Ibis (= schwarzer, dunkler Ibis), Svartur Spöi. Auch deutsch: Dunkler Ibis. Dän. & norw.: Sortibis. Schwed.: Svartibis. Fär.: Svartm- Spegvi. Plegadis autumnalis bewohnt die südliche Hälfte Europas, besonders in ihren östlichen Gebieten, ferner Nordafrika, von wo aus die Vögel bis zum Süden dieses Erdteils vordringen. Häufig brüten sie auch in Zentral- und Südasien und streifen bis Ceylon, zu den Sunda-Inseln, Neu-Guinea und Australien hinab. Selbst im Osten der Vereinigten Staaten von Nordamerika, südwärts bis zum Golf von Mexiko, wird die Art gefunden. Nordwärts gehört sie schon in Mittel- und Norddeutschland zu den seltnen Gästen, wandert aber gelegentlich uach dem südlichen Schweden, Dänemark, Holland und England. Auch für die Färöer ist sie nachgewiesen, für Grönland allerdings nicht. Rallus aquaticus. 223^ Für Island keunt man nur ein ausuahmsweises Vorkommen des- braunen Sichlers 1824, in welchem Jahre eine vielerorts beobachtete nord- westliche Wanderung der Art stattfand. Von den Färöern aus gelang-te eiE Schwärm von 10 — 12 Stück nach Südisland. 5 hiervon erlegte Pkemplare^ darunter ausgeßirbte alte Vögel, wurden als Bälge nach dem Kopenhagener Museum gesandt, wo sich jetzt noch einige dersel))en befinden. GH. Rallus aquaticus L. "Wasserralle. Rallus aquaticus (Linn.): Faber, Proclromus. S. 31 (18ii2). — Rallus aquaticus L. Preyer (& Zirkel), Heise nach Island, S. 396 (1862). — Rallus aquaticus (Linn.): Newton, in ISaring-Goulds leeland, p. 410 (1863). — Rallus aquaticus L.: (iröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 42 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 79 (1901). — Sfeuuindsson, Zoolog. Meddel. fra Island. S. 16 (1905). Rallus aquaticus, L. : CoUin, Skandinaviens Fnglo, S. 547 (1877). — Sliarpe,. Cat. Birds Brit. Mus. XXIJI, p. 20 (1894). - Naumann, Vögel ]\litteleuroi)as VII. S. 191 (1899). Isländisch: Keldusvin (von kelda = Sun^pt' und svin = Schwein, vielleicht nach dem Balzgeschrei); nur in der Literatur gebraucht: La-kjakräka (von Itekr = Bach und kräka = Krähe), Jardsmuga (= Erdloch) und Riiidilfvari (Eytm. unklar). Rallus aquaticus bewohnt die westliche paläarktische Hegion von Island bia AVestsibirien, Turkestan und Afghanistan. Im südlichen und mittleren Europa brütet unsre Art fast in allen geeigneten Gebieten, kommt aber nordwärts kaum bis zum Polarkreise vor. h\ Xurland und Livland ist sie schon selten, in Finnland bloß noch gelegentlicher (iast. In Schweden bewohnt sie nur den Süden, geht aber in Norwegen bis zum Trondhjem-Fjord (64**). Auf den Britischen Inseln findet sie sich bis Schott- land hinauf. Die Färöer besucht sie von Island aus als Wiutergast. Einmal ist ein Exemplar auf Jan Mayen gefangen worden. Im Winter ziehen die "\'ögcl südwärts bis Nordafrika und Nordindieu. In Island ist die AVasserralle ein nicht häufiger Brutvogel, kommt aber au geeigneten Ortlichkeiten in allen Teilen der Insel vor. Am zahl- reichsten scheint sie die ßangarvalla-Sysla (SW.) zu bewohnen, von wo Nielsen ihre Eier aus vielen Gebieten der wasserreichen und fruchtbaren Wiesenlandschaften zwischen Markarfljöt und Hvitä erhielt. Nielsen zählt aber auch Gegenden im West-, Nord- und Ostlande auf, wo der Vogel beob- achtet worden ist (Ornis II, S. 430). J. V. Havsteeu und St. Stefänsson (Nordurland, Akureyri, 4. Okt. 1902) teilten mir mit, daß sie wiederholt von dem Vorkommen der Wasserralle im Gebiete des Eyjafjördrs Kenntnis erhalten hätten. In verschiedenen Gegenden des Westlandes versicherten mir die Leute gleichfalls, unsern Vogel gesehen zu haben. Ich selbst beob- achtete freilich nur zweimal auf Island einzelne Individuen: am 24. Juni an einem Tümpel bei üpsir (Eyjafjördr) und am 20. August in einer Wasser- rinne bei Ölafsvellir (SW.). Die Wasserralle bewohnt auch auf unsrer Insel sumpfiges und von Gräben und Tümpeln durchsetztes Flachland, das kräftigen Pflanzenwuchs zeigt und reichliche Schlupfwinkel bietet. Da Island solche Örtlichkeiten in gi'oßer Ausdehnung besitzt, darf man wohl annehmen, daß der so überaus versteckt lebende Voael häufiger ist, als es den Anschein hat. 224 (Tallinula chlornpus. Nielsen gibt (1. c.) iDteressiiute Notizen über die Rrntzeit unsrer Ralle, von der er allein in den Jahren 1880—85 70 Gelege erhalten hat. Die Kier wurden, soweit Daten bekannt sind, zwischen dem 29, Mai und 10. September gefunden und zwar Ende Mai und 1. Hälfte Juni: 11 I3ruten: 2. Hälfte Juni: 19; 1. Hälfte Juli: 18; 2. Hälfte Juli: 8; August und September: 8 Brüten. — Der Vogel legt also selbst im Siidhinde, auf das sich die Angaben beziehen, recht spät. Von 2 normalen Brüten eines Sommers kann natürlich trotz der verschiedenen Daten keine Rede sein. Bei den spätgefundenen Eiern handelt es sich um Nachgelege' von Paaren, denen die ersten Eier durch Raubmöven, weidendes Vieh. Menschen usw. zerstört wurden. Die allerletzten Brüten sind entweder schon verlassen gewesen oder wären doch kaum zur Entwicklung gelangt. Das kunstlos aus Halmen errichtete Nest befindet sich in dichten Grasbüscheln, am liebsten auf kleinen, von Sumpf umgebenen Kaupen. Die Zahl der Eier soll " 7 — 13 betragen. Bei einer großen Menge von Nielsen untersuchter Exemplare schwankten die Maße zwischen 34 — 40, ausnahmsweise bis 45x25 — 27 mm. — Genaueres über das Brutgeschäft unseres Vogels auf Island ist von niemand mitgeteilt worden. Die Wasserrallen sind teilweise Standvögel auf der Insel, die sich im Winter an warmen Quellen und offenen Gräben aufhalten und dann weit häufiger als im Sommer gesehen und wohl auch gefangen oder geschossen werden. Bei hohem Schnee und großer Kälte nähern sich die Vögel mit- unter sogar den Wohnhäusern und Vichställeu und geben ihre Scheu soweit auf, daß man sie gelegentlicli schon mit Händen ergriffen hat. Es scheint sich bei solchen überwinternden Exemplaren nicht nur um junge Tiere später Brüten, die zur Zugzeit noch nicht völlig flugbar waren, zu handeln, sondern auch um alte Individuen, die freiwillig an den zahlreichen offenen Wasser- stellen bleiben und bei normaler AVitterung genügend Nahrung daselbst finden. Das aber alle isländischen Wasserrallen Stand- oder höchstens Strich- Yögel wären, dürfte kaum den Tatsachen entsprechen. Nicht nur daß unsere Art im Spätherbste auf den Vestmannaeyjaru beobachtet worden ist (Jönsson), zeigt sie sich auch im Winter auf den Färöern, wo sie nicht brütet (Andersen), -sondern zweifellos von Island lierüberkoramt. 67. Gallinula cliloropus (L.). Teichliuhn. Gallinula chloropus {h.): Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 43 (1895). -- Slater, Birds oi Iceland, p. 80 (1901). — Gallinula chloropiis L.: Sa>muiidsson. Zoolog-. SIeddel. fra Island. S. 16 (1905). Gallinula cliloropus (L.): Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXIII, p. 109 (1894). — Naumann, Vögel Mitteleuropas VII, S. 142 (1899). Isländisch: Vatnsha?na (= Wasserhuhji) partim, Sjohaena (= Seehuhn). Auch deutsch: Wasserhuhn. Dan. & norw. : Vandhöne. Schwed. : Vasshöua. Hol).: Waterhoeutje. Engl.: Watcrhen. Gallinula cliloropus bewohnt die gemäßigten und warmen Gebiete der Alten Welt bis hinab nach Südafrika und Siidasien, nordwärts von Japan bis zum Baikal-See, •den russischen Ostseeprovinzen und dem mittleren Skandinavien. Ausnahmsweise ist Fiilica atra. 225 unser Vogel auch in Finnland und in Norwegen bis zum Nordkup hinauf vorgekommen. Auf den Britischen Inseln brütet er stellenweise recht häufig. Die Färöer besucht er wenigstens ab und zu. In Grönland wurde er dagegen noch nicht beobachtet. In Island hat sich das Teichhuhn als gelegentlicher Gast gezeigt. Am 3. Apiil 1882 erhielt P. Nielsen ein lebendiges Exemplar, das man in einem Heuschober bei Eyrarbakki gefangen hatte (Ornis III, S. 157). Zwei Tage darauf tiüeb ein totes Individuum auf Heimaey (Vestmannaeyjar) aus Land, das wahrscheinlich gemeinsam mit dem ersten nach Island gekommen w^ar. Jetzt befindet sich dieses letztere in der Sammlung des Gymnasiums zu Reykjavik (Gröudal, Ornis XI, S. 455). Auf den Vestmannaeyjarn wurden im Spätjahre 1903 wiederum 2 Vögel unserer Art beobachtet, aber nicht erlegt (Jönsson). Das Museum in Reykjavik besitzt gleichfalls 2 Präparate, eins von unbekannter Herkunft, das andere aus dem Jahre 1896 von Laxamyri im Nordlande (Ssemundsson, 1. c). Endlich sah auch Slater den Balg eines Vogels, der im Frülijahre 1898 in halbtotem Zustande von dem Bauern in Hnausir (Hünavatus-Sysla) gefaugen worden war. 68. Fulica atra L. Bläßhuhn. Fulica atra (Linn.): Faber, Prodromus, S. 63 (1822). — Fulica atra L. : Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 429 (18H2). — Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 411 (1863). — Gröndal, Islenzkt fuglatal,bls. 43 (1895). — Slater, Birds of Jceland, p. 81 (1901). Fulica atra, L.: Collin, Skandinaviens Fugle, S. 556 (1877). — Sharpe, Uat. Birds Brit. Mus. XXIII, p. 210 (1894). — Winge, Grönlands Fugle, S. 146 (1898). — Naumaim, Vögel Mitteleuropas VII, S. 122 (1899). Isländisch: Bhsönd, Bleshsena, Vatnshaena (part.). Auch deutsch: Bläßente, Wasserhuhn. Dan.: Blisand, Blishune. Norw. : Bliss- höne. Sc'hwed. & finn.: Yattenhöna, Sothäna. Fär. : Sjohöna. Fulica atra bewohnt den größten Teil Europas und Asiens. Im Winter geht sie bis Nordafrika, Indien und zu den Sunda-Inseln südwärts. Doch meidet sie die arktischen Gebiete. In Sibirien brütet sie stellenweise bis zum Polarkreise, im europäischen Rußland etwa bis ßöo, in Finnland bis 61, in Skandinavien bis 63». Einzelne Exemplare wurden gelegentlich auch nördlicher angetroffen. Auf den Britischen Inseln ist das Bläßhuhn häufiger Standvogel, bewohnt auch die äußeren Hebriden und Orkney-Inseln^ während es die Shetland-Inseln und Färöer nur zufällig, besonders im Herbste und Winter, aufsucht. Selbst in Westgrönland wurde es einige Male beobachtet, neben ihm freilich auch Fulica americana Gm. In Island ist das Bläßhuhn nicht seltner Gast und sogar gelegent- licher Brutvogel. Am häutigsten scheint es sich in den Wintermonaten einzustellen oder wenigstens zu dieser Zeit beobachtet zu werden. Man hat es ebensowohl im Nord- als im Südlande angetroffen. Faber berichtet, daß ein Paar im Spätjahre 1819 bei Reykjavik geschossen und im April 1821 ein einzelnes Exemplar im Meere bei Grindavik (SW.) gefangen wurde. Krüper hörte von einem ebenfalls bei Reykjavik zu Anfang des Jahres 1856 erlegten Vogel, der in den Besitz eines Engländers über- ging (Naumannia 1857, S. 21). Newton erhielt 1858 einen Balg aus Utskäla, und Slater sah deren mehrere an verschiedenen Stellen des Nordlandes. Auch J. V. Havsteen in Oddeyri und p. Jönsson auf Heimaey teilten mir Hantzsch, Vogelwelt Islands. ^^ 226 C'ryniopliiliis fulicarius. rait. (hiß man die Art wiederholt iu der Umgegend des EyjaQördrs und auf den Vestmannaeyjarn beobachtet und erlegt hätte. Verschiedene andere Isländer, die ich nach dem Vogel fragte, kannten diesen ebenfalls. Im Reykjaviker Museum befinden sich 2 Präparate, darunter ein junges Männchen vom 21. Dezember 1882. Gröudal versichert, das Bläßhuhn käme jetzt oft vor. Mehrmals seien ihm Exemplare aus der Umgegend von Reykjavik zum Kaufe angeboten worden (Ornis II, S. 360), doch hätte er auch von dem Auftreten des Vogels im Ostlande gehört (Ornis XI, S. 453). Über das Brüten des Bläßhuhns auf Island liegen zwei sichere Mit- teilungen vor. J. V. Havsteen in Oddeyri erhielt nämlich 1889 nicht nur den Vogel, sondern auch dessen Eier vom Vikingavatn, einem Strandsee in der Nähe des Axarfjördrs (c. G6" 7' n. Br.). Von derselben Stelle bekam auch P. Nielsen ein Gelege von 7 Stück, die aus einem im See schwimmenden Neste des Vogels genommen wurden. Es sind wahrsclieinlich diesc-lben Eier, die sich jetzt im Reykjaviker Museum befinden. Man darf wohl annehmen, daß die erwähnten Gelege nicht die einzigen im Lande gewesen sind. 69. Crymophilus fulicarius (E.). Breitschnäbliger Wassertreter. l'halaropuH platyrhincus (Temm.): Faber, Prodrom us, S. 38 (1822). — Fhalaropus platyrhynchus Tern.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island. S. 404 (1862). — Phalaropus fulicarius (Linn.): Newton, in Jiaring-Goulds Iceland, p. 411 (18(53). — Gröndal, Islenzkt fuglatal. bis. 43 (1895). - Slater, Birds of Iceland, p. 89 (1901). Fhalaropus fulicarius (L.):Collin, Skandinaviens Fugle, S. 561 (1877). — Crymo- philus fulicarius (L.): Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXIV, p. 693 (1896). — Fhalaropus fulicarius (L.): Winge, Grenlands Fugle, S. 174 (1898). — Naumann, Vögel Mittel- europas VIII, S. 167 (1902). Isländisch: pörshani (= Thorshalin) ; seltner flatnefjadur Sundhani (= flach- schnäbliger Schwimnihahn), Kaudbrystingur (= Rotbrüstiger) partim. Auch dän. : Tliorshane. Crymophilus fulicarius bewohnt zirkumpolar die arktische Region. 31an fand ihn brütend in verschiedenen Küstengebieten Nordasiens, besonders auf der Herald- Insel, auf Wrangel-Land, im Lenadelta und auf der Taimyr-Halbinsel, ferner auf Spitz- bergen, in Grönland, besonders im nördlichen Teile der Westküste, auf Grinneli-Land, den Parry -Inseln, der Melville- Halbinsel und in verschiedenen Gegenden Nordwest- amerikas bis Alaska. In Ostgrönland und auf Jan Mayen hat man ihn bis jetzt wahr- scheinlich nur übersehen. Nordwärts fand Svordrnp die Art auf Spitzbergen bis 83** l'; ihre südlichsten europäischen Brutplätzo liegen auf Island. Im Winter besucht sie unter anderem die Britischen Inseln und Skandinavien und geht gelegentlich bis Südeuropa, Transkaspien, Indien, Neuseeland und in Amerika bis wenigstens zu 40" n. Br. hinab. In Island gehört der breitschnäblige Wassertreter zu den seltnen Brut vögeln. Am zahlreichsten findet er sich noch in den Küstengel)ieten der westlichen Inselhälfte. Da er jedoch ein stilles und wenig auifälliges Leben führt, ist es möglich, daß er mitunter übersehen oder auch mit dem häufigen P/talaropus lobatns verwechselt worden ist, dem er in seinem Wesen außerordentlich ähnelt. Faber traf unsere Vögel an einigen Stellen der südwestlichen Halbinsel Islands, besonders bei dem Hofe Sangjar in der Nähe von Keflavik und an Crymophilns fiilicarius. 227 der Südküste bis Eyvarbakki liin. Später erhielt er auch ein Miinncheii aus dem Mündungsgebiete der j'jörsä, das er Chr. L. Brehin sandte. Der damalige Stiftsaratmann Graf Moltke fand unsere Art auf kleinen Inseln bei Reykjavik brütend. Von ihm stammte das schöne Paar, das Faber im Herliste 1823' im Zoologischen Museum in Berlin sah (Okens Isis 1824, S. 461). Newton schreibt (1. c), daß 1858 die Fischer im Südwesten Islands den Vogel sehr gut kannten und beobachtete selbst 2 Paare au einem dortigen Teiche. Diese waren freilich nach einigen Tagen verschwunden und brüteten jedenfalls anderswo. I8H2 erhielt Newton ein sicheres Gelege von 4 Eiern aus dieser Gegend. Gröudal kennt unsere Art gleichfalls als seltnen Brutvogel in der Nähe von Reykjavik (Ornis IX, S. 93) und sagt sogar, er habe ihn oft an Wassergräben in den Morästen des Südlandes gesehen und erlegt (Ornis II, S. 362). Nielsen kennt die Brutplätze des breitschnäbligen Wassertreters bei Stakkseyri (SW.), Eyrarbakki, auf der Insel Akurey bei Reykjavik, bei Blönduös (NW.) und an einigen andern Orten, meint aber, daß überall nur wenige Paare vorhanden wären (in litt.). Bachmaun beobaclitete 1904 eben- falls einige Vögel zur Brutzeit bei Eyrarbakki (mündl. Mitteilung). Ich selbst sah am 11. Mai 3 Exemplare im Skerjafjörctr bei Reykjavik und am 21. j\Iai 2 Paare bei Blönduös. Letztere hielten sich inmitten zahlreicher Alpen- strandläufer und Saudregeupfeifer. In der Umgegend dieses Ortes sollen alljährlich etliche Vögel unsrer Art brüten, und ich bekam auch ein Gelege von dort gesandt, in dessen Nähe der Sammler uusern Wassertreter beob- aclitet hatte. Den Maßen- und Größenverhältnisseu zufolge handelt es sich dabei jedoch um Eier von l-'/ialai-opus lohatns. Übrigens war der Vogel auch an der Westküste vielen Leuten, die ich darum fragte, wohl bekannt, ein Beweis, daß er nicht ganz so selten ist, als man oft annimmt. Stef. Stefänsson berichtet ebenfalls, unsre Art 1893 im Westlande gesehen zu haben (Nordurland, Akureyri, 4. Okt. 1902). Am Mj'vatn dagegen dürfte der breitschnäblige Wassertreter kaum vorkommen, wohingegen die schmalschnäblige Art daselbst sehr häufig ist. Das in Naumanns V'ögeln Mitteleuropas VIII, S. 170, Nr. 16 angeführte und auf S. 168 beschriebene Difnenjunge, das im Juli 18.56 von Krüper am Myvatn gesammelt wurde und sich jetzt im Braun- schweiger Museum befindet, gehört wahrscheinlich der kleineren Art an. Wenigsten paßt die Beschreibung reclit gut auf ein Dunenjuuges meiner Sammlung von Pli. lol/afns (L.). Außerdem sagt Krüper in seiner Publikation über die Vögel des ^Myvatn (Naumannia 1857, S. 60): ,,Die zweite Wassertreter- Art, der flachschnäblige Fhalaropus lohatus, Brunn., s. platyrhynchus, Temm., findet sich nicht am Myvatn und ist auf Island überhaupt sehr selten." Unsere Art ist ein Zugvogel in Island, der ziemlich spät im Jahre, gewöhnlich erst im Mai, nach der Insel kommt. Wenn Gröndal freilich sagt, im Juni (Ornis IX, S. 93), dürfte diese Angabe kaum jemals der Wirklichkeit entsprechen. Anfänglich leben die Vögel paarweise oder in kleinen Scharen auf dem Meere, halten sich zwar oft ziemlich dicht bei der Küste, gehen aber in dieser Zeit selten ans Land. Nur wenn sie ruhen wollen, lassen sie sich bisweilen auf Steinen nieder, ducken sich zusammen und ziehen den Hals ein. Trifft man sie in Gemeinschaft mit Strandläufern, so schwimmen sie auch fast immer in unmittelbarer Nähe des Ufers, während 15* 228 Cryinopliiliis fulicarius. jene /u FiiLki die Küste ubsiuhen. Doch erheben sie sich oft gleichzeitig mit den andern Vögeln in bedentender Entfernung, wohingegen sie für sich allein sehr zutraulich sind. Ihr Flug ist rasch, aber nicht ganz so leicht als der des schmalschnäbligen Wassertreters. Ich sah sie auch nur kurze Strecken fliegen und sicli alsbald von neuem auf dem Meere niederlassen. Beim Schwimmen nicken sie ebenfalls. Werden sie von den Wellen ans Land getragen, so erheben sie sich und fliegen wieder ein Stück auf das Meer hinaus. Mitunter trippeln sie auch am Ufer hin, benehmen sich aber dabei nicht ganz so rasch und geschickt wie die kleinere Art. In der Nähe der Hrutplätze sieht man sie später viel häufiger umherlaufen und den Boden absuchen. Ihr Ruf, den sie besonders im Fluge hervorbringen, ist ein gezogenes Piep, dem sich mitunter auch ein kurzes Ga anscliließt. Man vernimmt diese Laute sehr häutig. Ende Mai, Anfang Juni kommen die Vögel nach ihren Brutplätzen. Diese bettuden sich auf grasigen Inseln am Meeresstrande oder an kleinen Süßwasserteichen, nicht allzuweit von der Küste. Gebirge scheinen sie zu meiden. Das Meer besuchen sie wenn möglich auch während der Brut- periode. Das Nest wird auf einer Kaupe im Sumpfe oder in einer Vertiefung des grasigen Ufers errichtet, besteht aber nur aus wenig Halmen. Nielsen erhielt Eier von Stakkseyri, die an folgenden Daten gesammelt wurden: 16. Juni 1880, 4. Juni 1881, 3. Juli 1883, 10. Juni 1886, 12. Juni 1887, 15. Juni 1888, 16. Juni 1889, 20. Juni 1890, 17. Juni 1891, 28. Juni 1892, 29. Juni 1893 (in litt.). Das Normalgelege besteht immer aus 4 Stück. Die Eier ähneln denen von Ph. lohatus außerordentlich, sind aber etwas größer und vor allem schwerer als diese. Sichere grönländische Exemplare der Sammlung Ottoßon zeigen folgende Maße: 32,3x22.2 mm (0,435 g), 32,1x22,3(0,44), 32x23,2 (0,435), 31,6x22,8 (0,45). - 32x23 (0,41), 32x22,5 (0,415), 32x22 (0,417), 31x21,5 (0,375). — Nielsen bezeichnet mir als extreme Maße isländischer Exemplare 33x23 und 30,5x21,5 mm. Beide Vögel des Paares brüten abwechselnd 14 — 16 Tage lang, obwohl nur das Männchen zwei deutlich ausgeprägte Brüteflecken haben soll. Faber fand kleine Dunenjuuge am 9. Juli 1821. Die zarten Tierchen können sehr schnell laufen und drücken sich hinter ein Hügolchen oder in eine Vertiefung, wenn ernstere Gefahr droht, während die Alten in großer Besorgnis den Platz umfliegen. Nach 16 — 20 Tagen sind die Jungen flügge, werden auf das Meer geführt und wählen dieses von nun an zum ausschließlichen Aufenthalte. Ende September verlassen die Vögel in kleineu Scliaren, die sich nicht selten unter die häufigeren schmalschnäbligen Wassertreter mischen, unsere Insel, um südlichere Winterquartiere zu beziehen. Nordische Durch- zügler mögen ihre Stelle bis in den Oktober hinein ausfüllen. 70. Phalaropus lobatus (L.). Seh m alsch n äbliger W assertreter. Phalaropus einereus (Briss.): Faber, Prodromus, S. 37 (1822). — Phalaropus cinerens Briss.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island. S. 403 (1862). — Phalarojms Phalai-opiis lobatiis. 229 Jtyperboreus (Liiin.): Newton, in Baring-Goulcls Icelancl, p. 412 (1863). — Phalarojnis hyperboreus L. : Grönclal, Islenzkt fuglatal, bis. 4;5 (1895). — Fkalaropus hyperhoreus (Linn.): Slaler, Birds of Icoland, p. 92 (1901). Fhularopiis hyperboreus (L.) : Collin, Skandinaviens Fugle, S. 'i'>{) (1877). — Sharpe. Cat. Biids Brit. Mus. XXIV, \). (598 (1896). — Winge, (irenlands Fugle, S. 171 (1898). — Fhalaropus lobatus (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas VIII, S. 161 (1902). Isländisch: üditishani (= Odinshalin), Sundhani (von sund = schwimmen); im Volkshumore Land)?ingisskril"ari (von landping = Landesversammlung und skrifari = Schreiher, weil der Vogel beim Schwimmen fortgesetzt nickt und dabei gewissermaßen mit dem Schnabel auf dem Wasser schreibt), Torfgrafar- .\lpt (von torf = Torf, grafar von grüf = Gräber, Alpt = Schwan, also Schwan der Torfgräber). Auch deutsch: üdinshuhn. Dan.: Odinshane. Phalaropus lobatus ist eine zirkumpolare Art, die aber nordwärts kaum den 74. Grad zu überschreiten scheint. Sie brütet im nördlichen Asien von Tschuktschen und Kamtschatka bis zum südlichen Nowaja Semlja, ferner in Nordrußland. Lappland und in Skandinavien etwa bis 00** hinab, selten auch auf einigen Hebriden, den Ork- ney- und Shetland-lnseln, sowie den Färöern. In Amerika ist sie Brutvogel nordwärts etwa bis Upcrnivik in Westgrönland und dem Kotzebue-Sunde, südwärts stellenweise bis wenigstens zum 5'). Grade. Auch in Ostgrönland hat man sie gefunden. Im Winter begibt sie sich regelmäßig nach Süden, besucht unter andern) die Gebiete der Nord- und Ostsee und wandert südwärts bis Neuguinea, zu dem Malayischen Archipel. Nord- indien, Persien, Nordafrika, den Westindischen Inseln und Mittelamcrika. lu Island gehört der schmalschuäblige Wassertreter zu den häufigen Brutvögeln, der während des Sommers in allen geeigneten Gebieten im Innern, außerhalb der Fortpflanzungsperiode aber an den Küsten getroffen wird. Das Weibchen dieser Art ist ebenfalls größer als das Männchen und deutlich von ihm unterschieden. Es zeigt auf der Oberseite viel mehr einfarbiges Aschgrau, als gelbe und schwarze ]\Iusterung. (5 und $ ad. meiner Sammlung, Brutvögel, am 1. Juni 1903 bei Hjalteyri erlegt, zeigen folgende Maße. Gewicht i. Fl.: 34, -41 g. Gesamtlänge i. Fl.: 180, 192 mm. Flügel: 107, 114. Schwanz: 51. 62. Schwanz -|- Flügel: 3. Schnabel: 20, 22. Tarsen: 19,5, 21. Mittelzehe inkl. der 3 mm langen Kralle: 22. 23 mm. — Iris: dunkel braungrau. Schnabel: schwarz. Füße: hell bleigrau. - Mageninhalt: Krustaceeu. Der schmalschnäblige Wassertreter ist ein Zugvogel für Island, der erst im Mai auf der Insel erscheint. Nacli den Vestmannaeyjarn kommt er zwischen dem 20. April und 5. Mai (Jöusson), hält sich wochenlang auf, brütet aber nicht daselbst. Im Nordlande zeigt er sich gewöhnlich erst Ende Mai. In kleinen Scharen sieht man nun die Vögel in der Nähe der Küste auf dem Meere, seltner am Ufer. Ihr zutrauliches, liebenswürdiges Wesen fesselt den Beobachter; ihre große Gewandtheit im Fliegen und Schwimmen setzt ihn oftmals geradezu in Erstaunen. Mit zierlichem Kopf- nicken bewegen sich die Tierchen auf dem Wasser dahin. Meist halten sie eng zusammen, besonders die Paare; in ruhigen Buchten und Lagunen aber zerstreuen sie sich auch, locken freilich dann fortwährend mit einem feinen, kurzen, etwas grätschenden Pit, das verschiedene Klangfarbe hat. Häufig verbinden sie die Rufe als Pitpit oder setzen sie unregelmäßig fort: pipitipit, pitpitipit. Mitunter schwimmt das Männchen erhobenen Kopfes hinter dem Weibchen her, indem es die feinen Stimmlaute so rasch in langer Reihe verbindet, daß sie wie ein zwitschernder Gesang- klingen, den die Gefährtin in 230 riialaroj)us lobatus. ähnliclier Weise beantwortet. Verliält man sich still, kommen die zutraulichen Vögel oft auf 2 — :} m heran. Gemeinsam fliegt endlich die ganze Schar, zum mindesten jedes einzelne Paar, vom Wasser auf; blitzschnell erheben sie sich und eilen mit schvvalbenartigcm Fluge unter raschen Wendungen über das Meer, wobei sie eifrig ihren Lockruf hören lassen, der nun etwas hastiger und schärfer wie gät gilt klingt. Plötzlich sitzen sie wiederum auf dem Wasser, nicken und picken von neuem und lesen die winzigen See- tierchen von der Oberfläche ab. Tauchen sieht man sie aber nicht. Je nach der Lage des Brutplatzes nähern sich die Wassertreter diesem Ende Mai bis Mitte Juni. Am M^vatn erscheinen sie gewöhnlich in der letzten Maiwoche. Gröndal bezeichnet aber als Aukunftstermin in der Müla-Sysla für das Jahr 1887 erst den 24. Juni (Ornis IX, S. 9G). Die Vögel wählen zum Sommeraufeuthalte sumpfige Wieseiiflächen und Moore, die Tümpel, Teiche und Gräben besitzen. Sie bevorzugen wasserreiche breite Täler, sauftwelliges Hügelland oder Hochmoore, meiden aber eigentliche Gebirge. Kräftiger Pflauzenwuchs ist ihnen sehr willkommen, obwohl sie auch mit Heidelandschafteu fürlieb nehmen. Auf Grimsey brüten sie an den geschützten kleinen Süßwasserbecken im Iimern und sind hier ganz besonders zutraulich. Das Nest wird von beiden Gatten hergestellt, ist nianclimal dick, rund und künstlich in einer durch Pflanzen verdeckten Bodenvertiefung angelegt, andermal steckt es ziemlich offen am moosigen üferrande und zeigt als Ausfütterung nur wenige Halme und Blättchen. Gelegentlich knicken und biegen die Vögel auch nur das Gras der Umgebung nieder. In günstigen Lagen, wie am Myvatu. brüten oft 7 — 12 Paare kolonienweise dicht bei einander auf kleinen Inseln, doch traf ich an verschiedenen Stellen des Nordlaudes auch einzelne Paare für sich allein. Die Vögel sind zur Zeit des Nestbaues besonders lebhaft und treiben sich unter blitzschnellen Wendungen durch die Luft, wobei sie gelegentlich ziemlich hoch empor- steigen. Unablässig hört man dann das kurze Pit, Pt oder ein sclieltendes Trp. Die Begattung erfolgt in der Regel auf dem Wasser, doch beobachtete ich sie bei Hjalteyri auch auf dem Neste. Die Ablage der 4 Eier findet im Juni statt, recht häufig erst in der 2. Hälfte des Monats. Bei 7 frischen Gelegen aus dem Nordlande schwankte sie zwischen dem 6. und 28. Juni. Spätere Funde kommen unter besonders ungünstigen Verhältnissen vor oder sind als Nachgelege zu betrachten, zumal nicht nur räuberische Vögel, sondern, z. B. am Myvatn, auch die Menschen die Eier wegnehmen. Krüper erhielt daselbst ein ziemlich frisches Gelege noch am 14. Juli (Naumannia 1857, S. 59). Einige typische Gelege meiner Sammlung zeigen folgende Maße: 31,2x20,6 mm (0,38 g), 30x20.9 (0,37), 30x20,5 (0,37), 29.9x20,2 (0,37). — 30,9x21,4 (0.37), 30.6x21,9 (0,36), 30,2x21 (0,87), 30x21 (0.35). — 29,1x21 (0,35), 29x21,2 (0,40), 28,3x21,1 (0,38), 28,2x21 (0,39). — Voll wiegen die Eier ungefähr 6 g. Das Brutgeschäft dauert etwa 2 Wochen. Beide Vögel des Paares beteiligen sich daran, sitzen aber nicht allzu fest auf den Eiern. Merk- würdigerweise hat nur das Männchen 2 Brüteflecken. Der nicht beschäftigte Phalaropus lobutus. 231 Teil hält getreulich in der Nähe des Nestes Wacht und umfliegt sofort den Eindringling mit surrendem Trp Trp oder scheltendem Pit Tit oder auch einem ängstlich gezogenen Tone, den ich als püirt und züip notierte. Daweile schleicht der andere Vogel ein Stück vom Neste fort, erhebt sich dann gleichfalls in die Luft und stimmt dieselben Laute an. Mitunter vernahm ich in solchen Fällen auch noch ein kurzes helles Dili. Ist Wasser in unmittelbarer Nähe, fallen die Vögel für Augenblicke darauf ein, erheben sich blitzsclmell wieder, durcheilen hastig die Luft, laufen ein Stück am grasigen Ufer dahin, fliegen abermals und drücken so ihre lebhafteste Unruhe aus. Nisten mehrere Paare dicht beieinander, so kann man den äußerst gewandten Flug der raschen Vögel besonders gut beobacliten. Sind die Jungen ausgeschlüpft, was in der Kegel Ende Juni bis Anfang Juli geschieht, so legen die Alten fast noch größere Besorgnis an den Tag. Auf Grimsey hielten sie oft auf 2 bis 3 m vor mir aus oder flogen ängstlich rufend dicht um meinen Kopf. Die zierlichen Diineujungen können recht schnell laufen, schwimmen aber nicht gern in kaltem Wasser, Will man sie fangen, was ich mehrmals tat, um das Benehmen der Alten dabei zu studieren, so muß mau sie ein Stück davoneilen lassen. Hochbeinig und mit vorgestrecktem Körper laufen sie dann über das Moos und kurze Gras, wobei sie immer nach dem Verfolger Umschau halten. Plötzlich ducken sie sich in eine Vertiefung oder hinter einen Hügel und sind nicht so leicht zu entdecken. Merkt man sich aber die Stelle genau und nähert sich ihr langsam und im Bogen, so gelingt es gewöhnlich, das Tierchen zu ergreifen. Die lel)hafte Besorgnis der Alten ist dann oft rührend, groß aber auch die Freude, weun man das Vögelchen wieder frei läßt. Die Dunenjungen sind recht zart und steiben oft bei kalter Witterung. Auf Grimsey beobachtete ich 2 Familien mit je 4 Jungen, von denen die eine alle 4, die andere 3 im zartesten Alter verlor. Einige davon fand ich tot. Ein präpariertes derartiges Exemplar meiner Sammlung vom 4. .luli. cj pull., c. 2 Tage alt, zeigt folgende Maße. Gewicht i. ¥].: ."ig. Gesamtlänge i. Fl.: (iO mm. Schnabel: 8,2 mm. Tarsen: 17. Mittelzehe inkl. der 2 mm langen Kralle: 19 mm. — Iris: triibdunkelbraun. Schnabel: schwärzlich, am Grunde fleischfarben. Füße: hell fleischfarben, Hinterzehe weißlich, Außenseite schwärzlich angeflogen. Nach 18 — 20 Tagen sind die Jungen herangewachsen, eine Woche später bereits ebenso geschickt im Pliegen, Schwimmen und Laufen wie ihre Eltern, aber fast noch zutraulicher als diese. Es ist ein hübscher Anblick, auf den kleinen pflanzenreicheu Inseln des M^vatn Ende Juli die Menge der Vögelclien zu beobachten, die sich zwar aucli gern in den hohen Angelika- stauden und Gräsern verstecken, für gewöhnlich jedoch Nahrung suchend am Rande schwimmen. Die Wassertreter leben hier, wie ich mich wieder- holt überzeugte, vorzugsweise von den winzigen Mücken, die in zahlloser Menge ans Ufer gespült werden. Übrigens scheuen unsere Vögel das warme Wasser gewisser Quellengebiete weniger, als die meisten andern Arten, obwohl sie natürlich unfähig sind, auf kochendheißen Flächen zu scliwimmen. Bald nach dem Flugbarwerden der Jungen, selten später als Anfang, höchstens Mitte August, verlassen die Vögel scharenweise das Brutgebiet 232 Gallinago gallinago gallinago. und hogeben sich an die Meeresküste. Hier streifen sie geineinsani umher, schlieLkMi sich gelegentlich auch verwandten Arten an und verlassen endlich die Insel, um südlichere Gegenden aufzusuchen. Faber, Gröndal u. a. bezeichnen Ende August als Abzugstermin, ]). Jönsson schrieb mir jedoch, daß die Wassertreter zwischen dem 20. September und 10. Oktober von den Vest- mannaeyjarn verschwänden, was wohl das Richtigere ist. Von einem Über- wintern der Art in Island hat man indes nichts gehört. 71. Gallinago gallinago gallinago (L.). Gemeine Bekassine. Scolopax gallinago (Linn.): Faber, Prodromus, S. 30 (1822). — Scoloj)ax gallinago L. : Preyer (& Zirkel), Reise nach Island. S. 399 (1862). — Gallinago media (Leach) : Newton, in Baring-Goiilds Iceland, p. 413 (1863). — Scolopax gallinago L.: (iröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 41 (1895). -- Gallinago ccelestis (Frenzel): Slater, Birds of Iceland. p. 94 (1901). — Scolopax gallinago L. : Sfenmndsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 14 (1905). Gallinago media (Leach): Collin, Skandinaviens Fiigle, S. ü42 (1877). — Gallinago gallinago (L.): Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXIV'. p. 633 (1896). — Gallinago ^colo- pacina Bonap. typica: Winge, Grönlands Fiigle, S. 175 (1898). — Gallinago gallinago (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas IX, S. 177 (1902). Isländisch: Hrossagaukur (= Roßkuckuck, nach dem wiehernden (leräusche), Myrisnipa (= Moorschnepfe), davon wahrscheinlich mißverstanden gebildet und selten angewendet M^riskitur (skitur = Nasenschleim), My-rispita (spita = Spieß, Pfahl, an- geblich des Schnabels halber). Auch deutsch: Moorschnepfe. D&n.: Horsegjog. Norw. : Rossegauk, Myrsnipe. ^chwed. : Horsgök, Russgauk, Rösselgök, Myrsnipa. Schott.: Miresnipe. Fär. : MjTusnipa. Mujresnujpa. Gallinago gallinago gallinago brütet im größten Teile der paläarktisclien Region von Island bis Kamtschatka und Japan. Nordwärts geht sie stellenweise bis etwa zu 69" hinauf. Im Winter bewohnt sie Südeuropa. Nordafrika, Südasien bis zu den Sunda- Inseln, einzelne dringen noch weiter südwärts vor. Sie ist als Brutvogel unter anderem häufig in Nordrußland, Finnland, dem mittleren Schweden und auf den Britischen Inseln, nicht selten auch auf den Hebriden, Orkney-Inseln und J^äröcrn. In Grönland hat sie sich nur wenige Male als Gast gezeigt, neben ihr auch die äußerst ähnliche nordameriknnische G. g. delicata (Ord). In Island ist die Bekassine ein häufiger Brutvogel. Sie findet sich in allen wasserreichen Gebieten, besonders in den stillen Mooren, die abwechslungs- volle Bodenbeschaft'enheit, genügenden Pflanzenwuchs, Gräben, Wasserlachen und versteckte Schlammflächen zeigen. In den Gebirgen geht sie regel- mäßig weit hinauf. Da unser Vogel schwer zu schießen ist, wird ihm nicht allzusehr nachgestellt, zumal der Isländer selten Hunde zur Jagd verwendet, die in solch mühseligem Terrain sehr nötig sind. Im allgemeinen ist die Bekassine ein Zugvogel für Island, der Mitte bis Ende April nach der Insel zurückkehrt. Am 23. dieses Monats hörte ich bei Reykjavik schon mehrere Männchen lebhaft balzen, vom Mai an überall auf den moorigen Wiesen. Sie sind Charaktervögel derartiger Land- schaften und beleben diese unwegsamen Gebiete durch ihre weithin hörbare, eigenartige „Instrumentalmusik"' auf das stimmungsvollste. Zu allen Tages- zeiten vernimmt man bis in den Juli hinein das auffällise Meckern, das Gallinac^o p;alliiu\go gallitiago. • 233 nur die Männclien hervorbringen, während die eigentlichen Stimmlaute beiden Geschlechtern geraein sind (zu vergl. mein Artikel in den Oruith. Monats- berichten 1904, S. 173), Besonders an stillen, trüben Morgen und Abenden zeigen sich die Vögel recht lebhaft. Dann jagen sich die Paare mit sausendem Fluge über dem Boden dahin, rufen scharf das taktmäßige Pitepitepit, bis sie am heimlichen Moorgraben einfallen und nur noch ein leises, zärtliclies Geflüster hören lassen. Bald darauf wieder steigt das Männchen hoch in die Luft empor, stürzt sich in krampfhaft steifer Körperhaltung ein Stück abwärts, um sich freilich sofort von neuem aufzuschwingen. Daweile lockt unten im Grase das Weibchen sein langsames Pitepit, das oftmals auch nur als abgebrochenes Pi-pi-pi zu hören ist. Das scharfe ängstliche Krätsch beim Abfliegen aufgetriebener Exemplare vernahm ich von isländischen Vögeln um diese Jahreszeit nur ausnahmsweise. Meist entfernen sich die Tiere ganz still, manchmal beginnen sie mit dem gleichmäßigen Tacken, mitunter bringen sie auch einen leise schnurrenden l'on hervor, der nicht weit hörbar ist. Im allgemeinen verhält sich die Bekassine in Island viel weniger scheu als anderwärts. Recht liäufig läßt sie den Besucher der mit zahllosen Hügelchen besetzten Graslandschaften bis auf 2 — 3 m herankommen, fliegt manchmal tatsächlich erst unter den Füßen heraus, um gleich darauf wieder einzufallen und sich nun, äußerst geschickt die vortreffliche Deckung benutzend, durch Laufen zu entfernen. Im übrigen ähneln aber die isländischen Vögel denen anderer Länder, weshalb ich bei der Häuttgkeit unsrer Art mich im folgenden kurz fasse. Bald nach ihrer Ankunft begeben sich unsere Schnepfen nach den Brutplätzen. Früher oder später im Mai beginnen sie mit der Anlage des kunstlosen Nestes, das sieb auf einer grasbewachsenen Kaupe inmitten von Sumpfland oder zwischen Heidesträuchern der Hochmoore befindet. Im gebirgigen Teile der Müla-Sysla kamen die Vögel 1887 freilich erst am 7. Juni an (Gröndal, Ornis IX, S. 96). Das Nest ist gewöhnlich gut ver- steckt und besteht nur aus niedergedrückten Halmen oder einigen Stengeln und Blättern. Die Ablage der Eier erfolgt in der Regel im Juni. Vom Nordlande sind mir 6 Daten bekannt aus der Zeit zwischen dem 4. und 21. d. M. Krüper fand aber in der Nähe von ])ingeyjar (N.) schon am 26. Mai ein vollständiges frisches Gelege (Naumaunia 1857, II, S. 13), Pearson ein ebensolches noch am 15. Juli (Ibis 1895, p. 245), wobei es sich im letzteren Falle um ein verlassenes oder verspätetes Nachgelege, aber kaum um eine 2. Brut handeln dürfte. Die Zahl der Eier beträgt immer 4, in einem 2. Gelege . wohl auch nur 3 Stück. Einige isländische Exemplare meiner Sammlung zeigen folgende Maße: 41x26 mm (0,8 g), 40,5 X 28 (0,8.0), 40,5 x 27.5 (0.8), 40.2 x 27,5 (0,8). — 41,2 x 27.2 (0,8), 40x^7,5(0,82), 39,8x27.5(0,80), 39,5x27.5(0,82). ~- 41,5x29 (0,72), 41,5x29(0,7), 40 X 28 (0,67), 39,5 x 28,2 (0,69). — Das Vollgewicht der Eier eines schwach bebrütc-ten Geleges vom 7. Juni 1903 schwankte zwischen 13,5 und 14,5 g. Das Weibchen brütet 18—20 Tage auf den Feiern, wird aber gelegentlich, wenn auch selten und unregelmäßig, vom Männchen darin abgelöst. In 234 Scolopax riisticola. allen Fällen bleibt dieses wenigstens in der Nähe des Nestes, bewacht die Umgebung und zeigt eine Gefahr der Gattin rechtzeitig an. Diese läuft nun mit vorgestrecktem Kopfe tiefniedergeducitt ein Stück davon, verbirgt sich liinter einem Hügel und lugt aus sicherem Verstecke ungeselien hervor, fliegt aber wenn irgend möglich nicht von dort heraus. Auch wenn man die Eier findet und wegnimmt, zeigen sicli die Vögel selten. Die Jungen verlassen das Nest sehr bald, um sich bei jeder auf- fälligen Erscheinung in eine Vertiefung zu drücken und regungslos daselbst zu verharren. Ihre großen dunkeln Augen entdeckt man nocli am ehesten. Doch kommt man nicht häufig zur Beobaclitung der Tierchen. Die Eltern bleiben bei ihnen und führen sie an Plätze, wo sie im weichen, warmen Boden AVürmer und Larven finden. Nach 3—4 Wochen sind sie befiedert und fangen an zu fliegen. Am 16. .Tuli bemerkte ich am moorigen Rande eines Wasserrieseis im Birken walde bei Hals (Fnjöskä-Tal) auf 8 — 10 m Entfernung vor mir 3 halbwüchsige Sumpfschnepfen, die mit ihrem noch kurzen Schnäbelchen schon eifrig nach Würmern staclien. Ein alter Vogel war nicht zu sehen. Plötzlich lockte eine wachsame Rotdrossel, um derent- willen ich micli ins Dickicht begeben hatte, die Tierchen verschwanden blitz- schnell im schützenden Strauchwerke und konnten, trotzdem ich den Anblick der sich fest auf die Kvde drückenden Jungen wohl kenne, nicht gefunden werden. Oben in der Luft aber erklang hastig das Tacken und jVIeckern der besorgten Alten. Sind die Vögelchen selbständig geworden, was J^nde Juli, Anfang August der Fall ist, werden sie gewöhnlich von den Alten verlassen, bleiben aber oft noch in losem Verbände untereinander. Etliche Bekassinen überwintern auch an warmen Wasserstellen im Innern der Insel, leben allerdings in dieser Zeit so still und verstet;kt, daß sie nicht allzuhäufig beobachtet und noch seltner erlegt werden. Faber sah am S.Februar 1821 auf dem Südlande 3 Exemplare bei starkem Froste fliegen. Auch Sa?mundssou berichtet (L c), daß er am 21. März 1897 eine Sumpf- schuepfe an der warmen Quelle bei Reykjavik erblickt habe und daß eine andere im Januar 1903 bei einer Wasserrinne in der Stadt beobachtet wurde. 72. Scolopax rasticola L. Waldschiiejife. Scoloj}ax rusticuki L.: Sa-inundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 13 (1905). Scolopax rusiiciila, L. ; Sliarpo, Cat. Birds Urit. Mus. XXIV, p. 671 (1896). — Naumanu, Vögel Mitteleuropas IX, S. 201 (1902). Isländisch: Skögsnipa (= Waldschnepfe). Auch Dan.: Skovsncppe. Hol!.: Woudsnep. Scolopax rasticola bewohnt die jjaläarktische Region, soweit sich Wald oder wenigstens Buschgebicte finden, von Großbritannien bis Japan. Nordwärts geht sie bis etwa zum Polarkreise vor, südwärts brütet sie legelmäßig nur bis zu den Pyrenäen, Alpen, dem Balkan, Kaukasus und Himalaya hinab. Auch bewot.nt sie die nordwest- afrikanischen Inseln. Im Winter besucht sie Südeuropa, Nordafrika, Indien, China und ganz selten auch das östliche Nordamerika. Auf den Färöern hat sie sich ausnahms- weise gezeigt, von Grönland aber ist sie noch nicht bekannt. Tringa canutus. 235 In Island ist die Waldschnepfo ein seltner Gast. Nur zwei Mit- teilungen über ihr Auftreten daselbst liegen zAir Zeit vor. Im Herbste 1897 schoß Fridrek ]>orgrimsson bei Akureyri (N.) eine ihm unbekannte Schnepfenart, die er als Balg zubereitete und die später von dem Botaniker Stefan Stefänsson in Mödruvellir zum Ausstopfen ans Kopenhagener Museum gesandt wurde. Als ich Herrn Stefdnsson des Vogels wegen aufsuchte, hatte er diesen noch nicht zurückerhalten. Später erfuhr ich, daß es sich dabei um eine Scolopa.v rust'n-ola gehandelt habe, die jetzt präpariert nach Island zurückgegangen ist. B. ScTmundsson erhielt ein weiteres Exemplar der Waldschnepfe durch Konsul Zimsen in Reykjavik. Dieses war in den ersten Tagen des Dezembers 1903 im Biskupstungur (SW.) tot, aber ganz unbeschädigt gefunden worden (1. c, S. 14). 73. Tringa canutus L. Isländischer Strandläufer, Tringa cinerea (Linn.): Faber, Prodromus, S. '27 (1822). — Tringa canuta L.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, 8.402(1862). — Tringa canutus Linn.: Newton, in Barinof-Croulds Iceland, p. 412 (1863). — Tringa islandica L.: Gröndal, Islenzkt fLiglatal. bis. 41 (1895). — Tringa canuttis, Linn.: Slater, Birds of Iceland, p. 100 (1901). — ScTemundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 14 (1905). Tringa canutus, L. : CoWin, Skandinaviens Fiigle. S. 499 (1877). - Sharpe, Cat. Birds lirit. Mus. XXIV, p. 593 (1896). — Wingc, Grenlands Fugle. S. 167 (1898). — Naumann, Vögel 31itteleuropas VIII, S. 239 (1902). Isländisch: Kaudbrystingur (= Rotbrüstiger). Auch deutsch: Rotbrüstiger Strandläufer. Dan.: Redbrystet Ryle. Tringa canutus brütet zirkurapolar in hohen nördlichen Breiten. So wohlbekannt aber der Vogel zur Zugzeit ist, so wenig weiß man bis jetzt über sein Brutgeschäft. Man fand Eier oder Dunenjunge in verschiedenen l-Jegenden des arktischen Amerikas, z. B. in Nordgrönland, Grinnell-Land, an der Cambridge- Bai, an der Hundson-Bai angeblich bis 55° hinab, auf der Melville - Halbinsel und Melville -Insel, auf Alaska, in Asien mit Sicherheit nur auf der Taimyr- Halbinsel. Nehrkorii besitzt ein Ei aus Lappland, das unsrer Art angehören soll (Katalog S. 217, Nr. 3062. 1899), aber höchst- wahrsclieinlich falsch bestimmt ist. Auf dem Zuge trifft man die Vögel unter anderem an den Küsten Norwegens bis zum Nordkap hinauf, an den Britischen Insolu und auf den nördlich davon liegenden kleineren Gruppen bis zu den Färöern. Auf Spitzbei-gen dürften sie nur seltene Gäste sein. Südwärts scheint l'ringa canutus bis in die antarktischen Gebiete vorzudringen. Plate fand ihn im Februar 1895 gemein auf Feuerland (Schalow, Zool. Jahrbücher, Suppl. IV, 3. Heft, S. 660. 1898). Kuschel erhielt aus Südpatagonien 2 Eier, die er zufolge der Mitteilungen des zuverlässigen Sammlers und nach Literalur- vergleichen als unserer Art angehörend bestimmte. Herr Polizeirat Kuschel ordnete sie deshalb in seiner vortrefflichen Sammlung, die sich jetzt im Dresdener Zoologischen Museum befindet, als solche von T. canutus ein. Ich halte dies nicht für richtig, schon da die 3Iaße — 35.1 x 24,6 mm (0,65 g) und 3 1,5^< 23,8 (0,^5) — für unsere Art viel zu gering sind und zur Zeit keine einzige Vogelspezies bekannt ist, die gleichzeitig in der arktischen und antarktischen Region brütet, ohne subspezifisch abzuändern. In Island gehört uuser Strandläufer zu den nicht häufigen Durcli- zugsvögeln, die besonders im Mai und August-September die Insel berühren. Newton beobachtete Ende Mai 1858 eine große Schar bei Kirkjuvogr (SW.), die freilich nach einer Woche zum Hauptteile verschwunden war, Gröndal am 14; Mai 1886 einen Trupp von mehreren hundert Exemplaren auf einer nackten Felseninsel in der Nähe von Reykjavik (Ornis II, S. Gll). ich selbst 236 Triiipa camitiia. eine Schar von etwa 30 Stück am 8. Mai am Strande bei Reykjavik, die sich ziemlich scheu zeif>ften. Nach J. V. Havsteen und anderen soll der Vo^ifel am häutigsten die Westküste besuclien, in Nordisland aber nur unbeständig auftreten (Mündl. Mitteilung), Nielsen kennt ihn als Durchzügler für die Gegend von Eyi'iH'bakki (in litt.), Thienemann traf ihn auf der Insel Papey (0., Reise S. 299). Immerliin ist die Art ziemlich bekannt und deshalb wahr- scheinlich nicht allzu selten. Gröndal meint, daß der isländische Strandläufer zum Teil Standvogel auf unsrer Insel sei, weil man ihn auch im Winter gelegentlich an den Küsten beobachte (Ornis II, S. 36). S;emundsson berichtet tatsächlich, daß ein großer Schwärm der Vögel auf einer kleinen Insel bei Reykjavik gegen Neujahr 1902 bemerkt wurde, von denen er eins (tot oder lel)endig?) zu. sehen bekam (1. c). Unseren jetzigen Kenfitnissen zufolge dürften derartige Exemplare freilich hochnordische Gäste sein, die ihr Winterquartier schon in Island aufschlagen. Als Brutvogel scheint die Art nur in geringer Zahl oder überhaupt bloß unregelmäßig in Island zu bleiben. Faber vermutet, daß sie auf den hohen Bergebeuen im Innern brüte, fand aber niemals selbst ein Nest. Thienemann sagt, daß die Vögel während des Sommers die öden Strecken des Landes bewohnen. Er will ein Gelege der Art von 4 Stück aus dem Ostlaude erhalten haben, das man in einem dünnen Grasbusche ohne sonstige Nestunterlage fand (Reise, S. 299). Eins dieser Eier dürfte es sein, das^ sorgfältig als Tiinga camitiis beschrieben, sich jetzt in meiner Sammlung befindet. Es zeigt eine Größe von 42 x 29,8 mm und ein Gewiciit von 0,9 g und scheint richtig bestimmt zu sein. Doch hat kein Ornitholog selbst jemals den Vogel in Island brütend gefunden. Auch P. Nielsens Angaben sind nicht einwandfrei. Er glaubt nämlich, dreimal die Eier des isländischen Strandläufers erhalten zu haben. Der 1. Fund vom 26. Juni 1884, ein Ei mit vollständig entwickeltem Embryo von Kaldadarnes, zeigt eine Größe von nur 34x25 mm und dürfte hiernacli keinesfalls unsrer Art augehören. Ferner wurden zwei fragliche Eier am 21. Juni 1888 bei Hamar, etwas östlich von Eyrarbakki, gesammelt. Sie haben eine Größe von 39.8 x 30 und 39,2x29,2 mm und könnten darnach wirklich von unserm Vogel herrühren. 3 weitere Eier bekam Nielsen am 20. Juni 1889 wieder aus der Gegend von Kaldadarnes ; ein Exemplar des Vierergelcges war zerbrochen. 2 davon befinden sich in Walter Raines Sammlung (Toronto, Canada) und wurden von diesem in Bird-Nesting in Northwest Canada. p. 187 (Toronto 1892), beschrieben und abgebildet, ferner besprochen in The Oölogist XXII, p. 37 (Albiou, N. Y., 1905). In letzterein Artikel erwähnt Raine auch ein weiteres wahrscheinlich echtes isländisches Gelege von 7'. canutus. das am 13. Juni 1901 gesammelt wurde und sich jetzt im Besitze von Wallis (Weymouth, England) befindet. Leider fehlen Angaben über Maß und Gewicht der immerhin zweifelhaften Eier. Ein nach gewissenhaftester Prüfung als echt befundenes Gelege besitzt endlich 0. Ottoßon von der Insel Hri'sey im Eyjafjördi-, gesammelt am 17. Juni 1898 (Zeitschr. für Oologie XIV, S. 45). Die von Arquiitella iiiaritiina maritima. 237 H. Goehel ausgesprochenen Zweifel über die Echtheit der I':ier (1. c, S. IG^) sind nicht zu teilen, da der Verfasser die näheren Umstände, insbesondere die örtlichen Veriiältnisse, weder kennt, noch berücksichtigt (vergl. 1. c. XV, S. 4 f.). Herr Dr. med. Ottoßon teilte mir über die Eier folgendes mit (S. auch Ornith. Jalirbucii 1905, S. 72). Der Sammler, E. Möller mit Namen, der leider jetzt gestorben ist, hat 12—15 .lahre sehr sorgfältig für ihn, vorher schon ebensolange für Apotheker Benzon in Kopenhagen Eier geliefert. Er kannte T. c3). — Calidris arenaria Ij. : Gröndal. isleuzkt fiiglatal, bis. 42 (1895). — Calidris arenaria (L.): Slater. Birds of Iceland, p. 101 (1901). Calidris arenaria (Ij.): Collin. Skandinaviens Fiigle, S. 513 (1877). — Sharpe, Cat. Birds Brit. 3Ius. XXIV, p. 526 (189«). — AVinge, Grenlands Fugle, S. 170 (1898). — Naumann, Vögel Mitteleuropas VllI, S. 174 (1902). Isländisch: Sanderia (Lehnwort aus dem Englisclien). Auch dän.: Selning, Sandleber. Norw.: Sandlöber. Schwed.: Sandlöpare. Engl. & Iranz.: Sanderling. Calidris arenaria brütet in den arktischen Gebieten der Neuen und der Alten Welt, ist aber außerhalb der Fortpflanzungszeit beinahe an allen Küsten der Erde und auch im Innern der Kontinente beobachtet worden, bis hinab zum Süden Afrikas und Asiens, auch bis Australien und Chile. In den nördlicheren Gegenden Europas tritt der Vogel zur Zugzeit mehr oder weniger regelmäßig, jedoch niemals in größeren Scharen auf. Er ist unter anderem von den skandinavischen Küsten, sowie von den Britischen und den mirdlich davon liegenden Inseln i)is zu den Färöern hin bekannt. Sichere Brutplätze des Vogels sind zur Zeit lestgestellt auf der Taimyr-Halbinsel, auf Alaska, an der Franklin-Bai, der Repulse-Bai, auf den Parry-Inseln, auf Grinnell-Land (bis 82" 33' n. i^r.) und an den verschiedenen Küsten Grönlands, jedoch kaum südlicher als ^8**. Von Nowaja Semlja, Franz-Joseph-Land, Spitzbergen und Jan Mayen kennt man Calidris arenaria aber bis jetzt nur als gelegentlichen Gast. Island besucht der Sanderling auch nur als ziemlich seltener Durch- zügler. Er erscheint hier ebenfalls nicht regelmäßig und immer nur in geringer Zaiil. Der erfalirene Nielsen sah die Art niemals (in litt). Andere Calidris arenaria. 247 Isländer und fremde Reisende glauben wohl oft irrtüniliilierwcise, den Vogel beobachtet zu haben (vergl. z. B. Ornith. :\Ionatsschiift 1902, S. 19). Faber traf ihn ein einziges Mal in wenigen Exemplaren, nämlich im Juni 1820, auf Grimsey. Kr nahm an, daß die Vögel dort brüteten. Thicnemann, der 1821 Grimsey zu ungefälir derselben Jahreszeit besuchte, versichert im Gegensatze ausdrücklich, trotz eifrigen Nachforschens keine Spur des Sander- lings entdeckt zu haben (Fortpflanzung der Vögel Furopns, IV. Heft, S. 10. 1830). Proctor beobachtete ihn jedoch 1837 wiederum auf der Insel und hat später sogar angebliche Eier des Vogels erhalten, deren Echtheit allerdings höchst fraglich erscheint (Slater. 1. c, p. 103). Ein derartig unbeständiges Auftreten des Sanderliugs, selbst als IJrutvogel. ist freilich auch anderwärts beobachtet. Krüper betont (Xaumauuia 1857. II, S. 18), daß die Bewohner Grimseys unsere Art nicht kennten. IMan hätte ihnen seit Jahren eine gute Belohnung für den Vogel versprochen, doch brächten sie nur den Sendlingur (Arquatella maritima). Wenn l'reyer wieder behauptet (1. c), es sei ihm 1860 in Akureyri ein Ei der Art augeboten worden, so darf man wohl mit Recht an der richtigen Bestimmung desselben zweifeln. Newton sah im Frühjahre 1858 einige Sanderlinge im Südwesten Islands und schoß am 21. Mai ein Weibchen mit entwickeltem Eierstocke bei Baejasker. Fowler beobachtete 1862 gleich- falls etliche Vögel auf Akranes (Newton, 1. c). Gröndal hat unsere Art nie zu Gesicht bekommen. J. V. Havsteen sagte mir, daß mehrmals einzelne Exemplare im Nordlande erlegt, Eier ihm jedoch nie gebracht worden seien. Ein altes Männchen aus Island, im April gesammelt, findet sich im Äluseum Rothschild in Tring (Naumann VIII, S. 177). Howard Saunders meint übrigens, unsere Art brüte zweifellos in einigen Distrikten Islands (Slater, 1. c), ebenso Dresser (Manual, p. 780. 1903). Im Britischen Museum existiert ein angeblich echtes Ei des Vogels von Island, dessen Größe 34,8x25,4 mm beträgt (Naumann VIII, S. 179). Die wertvollste Beobachtung über das Brüten des Sanderliugs auf unsrer Insel machte Slater, indem er im Juli 1885 selbst ein Paar im Nordlande antraf und das zweifellos diesen zugehörige Nest mit schwer bebrüteten Eiern fand, deren Echtheit auch durch spätere ein- gehende Prüfungen erwiesen wurde (Ibis 1886, p. 50). Immerhin dürfte Calidris arenaria nur als au suah ms weiser Brut vogel Islands zu bezeichnen sein. Ich selbst habe die Art weder auf Grimsey, wo sie lieutzutage gänzlich unbekannt ist. noch anderswo in Island getroffen. 77. Limosa liniosa (L.). Schwarzschwäuzige Uferschnepfe. Limosa mtlamira (Leisl.): Faber, Prodrcuius, 8.25(1822). — Limosa mdanura Leisl.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, 8.398 (18H2). — Limosa aegocephala (Linn.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p.412 (18(>3). — Limosa vielanura: Nielsen. Ornis II, S. 429 (188b). — Limosa aegocephala, L.: (iröndal, Islenzkt t'uglatal. bis. 40 (1895). — Limosa helgica (Gmel.): Slater, ßirds of Iceland, p. 105 (1901). Liniosa aegocephala (L.): Collin. Skandinaviens Fugle, 8.532(1877).— Limosa limosa (L.): Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXIV, p. 381 (1896). — Limosa aegocephala 248 LimosiX liinosa. [L.): Winge, Grönlands Fugle, S. 1()0 (1898). — Limosa limosa (L.): Nauraaim, Vögel Mitteleuropas IX, S. 111 (1902). Isländisch: .ladrakan. Jardreka, .ladrcki (nach Gröndal. Ornis 111. S. 599, von dem gälischen Adharcon = ^'anellus = der Gehörnte; unrichtig ist die Ableitung von jörd = Erde und roka = Schaufel oder von jact = Rand und reki = der Treibende); altertümlich Jadrakarn. Limosa li))iosa bewohnt den mittleren Teil der paläarktischen Kegion. Nord- wärts geht sie in Sibirien bis etwa zum 60. Breitengrade, in Europa bis zum Polar- kreise hinauf. Im Winter besucht sie Siideuropa, Nordafrika und Südasien, gelegentlich wohl auch Nordaustralien. Sie brütet unter anderem im nördlichen Rußland und in Finnland, nicht besonders häufig in Skandinavien, wo sie bis zu HS''.:*^ beobachtet wurde. Auf den Britischen Inseln ist sie zwar früher Brutvogel gewesen, besucht diese aber jetzt nur noch als Durchzügler und Wintergast. Dasselbe gilt von den Färöern, wo sie keineswegs häufig gesehen wird. Die Angaben über ihr mehrmaliges Vorkommen in Südgrönland sind fraglich, da ßelcgmaterial fehlt und eine Verwechslung mit der amerikanischen Limosa haemastica (L.) vorliegen könnte. In Island ist die schwafzschwänzige Uferschnepfe nur Brutvogel im grasigen Teile des Südwestlaudes. Nach Nielsens genauen Angaben (1. c.) brütet sie in der Arness- und Rängärvalla-S;fshi zwischen den Höhenrücken westlich der Hvittl und dem Eyjafjalla- Jökull, nordwärts bis hinauf zum Gej'sir, wo ich die Art selbst antraf. Sie bevorzugt die tiefliegenden sumpfigen Wiesenflächen, die teilweise für Menschen kaum zugänglich sind, ist aller in dem bezeichneten Gebiete auch nicht tiberall häufig. Ich sah Mitte August wiederholt kleine Scharen unsrer Vögel, die sich immer ziemlich scheu benahmen. Mit einsilbigem Flöten beobachteten sie schon auf weithin den Reiter und entfernten sich rechtzeitig. Bei Ölafsvellir umflogen mich am 20. August 8 — 10 Uferschnepfen mit lebhaftem Locken. Ein höheres Pit wechselte hierbei mit einem weichen Djod ab, was recht angenehm klingt. In ihrem Wesen hat unsere Art große Ähnlichkeit mit Numenius phaeopus, dem sie auch in ihrer Flugweise nahekommt. Die Vögel sind schöne und auffällige Gestalten, die im Frühliuge viel zur Belebung der einsamen Landschaften beitragen mögen. Die Uferschnepfen gehören zu den Zugvögeln Islands. Sie kommen Ende April (Grimsnes, 20. April 1885, Nielsen) oder in den ersten Tagen des Mai in kleinen Scharen zu ihren Brutplätzen, nachdem sie sich vorher einige Tage an der Meeresküste aufgehalten haben. Nun verteilen sicli die einzelnen Paare, doch wohnen fast immer mehrere in der Nachbarschaft. Das Nest wird inmitten der Grasflächen angelegt, die Nestmulde selbst nur dürftig mit Halmen ausgekleidet. Die Ablage der 4 Eier erfolgt Ende Mai (27. Mai 1885, Nielsen) oder gewöhnlich Anfang Juni. Isländische Exemplare meiner Sammlung zeigen folgende Maße: H0,2 x 38,8 mm (2,35 g). 57 X 36,5 (2,2). 56,5 x 39 (2,6). 56,5 x 37,8 (1,95). 55,2 x 37,5 (2,3). 54,5x39(2,6). 54,5x38(2,3). 54,5x36,2(1,9). 54x38.5(2,1). 54x38(2.2). 53x39,2 (2,3). 52.5x36,2 (1,95). — Nielsen bezeichnet als Größe von ihm unter- suchter Eier: 50—60 X 35,5 x 40 mm. Das Weibchen scheint allein, nach Faber ungefähr 24 Tage, zu brüten. Doch bleibt das Männchen in der Umgebung des Nestes und legt durch lebhaftes Flöten und ängstliches Umherfliegen seine Besorgnis für die Brut J'avoncella i)uq;nax. 24i> au den Tag. Sind die Diiiienjungoii ausgeschlüpft, so werden sie von l)eideu Eltern treulich geführt und bewacht. Sie ducken sich ins Gras, können sich freilich wegen ihrer Größe nicht immer genügend verbergen. Am 20. August sah ich 10 Schritt vor mir einen Steinfalken abtiiegen und erkannte, als ich nach der Stelle hinritt, die Überreste einer jun»>en, von diesem gekröpften Uferschnepfe. Sind die Vögel flugbar, was selten vor Anfang August eintreten mag, vereinigen sich die Familien zu kleinen Scharen. Alte unij Junge bleiben zweifellos wenigstens anfänglich beisammen» was ich in verscliiedenen Fällen sicher beobachtete. Nielsen sah l<]nde August in der fruchtl)aren Graslandschaft Flöi Schwärme von 20 — 30 Uferschnepfen. Diese streifen zunächst in der Gegend umher, verlassen sie Anfang September, bleiben mitunter noch einige Tage in der Nähe des Meeres und verschwinden Ende des Monats von der Insel. Von einem Überwintern daselbst ist nichts ])ekannt. 78. Pavoncella pugnax (L.). Kampfläufer. Tringa puynax [L'iun.]: Faber, Prodromus, S. 30 (182i). — Machetes [/ugnax L. : Preyor (& Zirkel), Reise uucli Island, S. 429 (I862j. — Philomachus pugnax (Liun.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 412 (ISHü). — Machetes pugnax Cuv. : Gröndal,. islenzkt fiiglatal. bis. 40 (1895). — Machetes pngnnx (Linn.) : Slater, Birds of Iceland. p. 103 (1901). — Machetes pugnax L.: Saemundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 14 (1905). Philomachus pugnax (h.): Collin, Skandinaviens Fugle. S. 516 (1877). — Favon- cella pugnax (L.): Sharpe. Cat. Birds Brit. Mus. XXIV, p. 500 (1896). — Machetes pugnax (L.): Winge, Grönlands Fugle, S. 161 (1898). — Philomachus pugnax (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas VIII, 8. 250 (1902). Isländisch: Kragi, At'lngakragi (von ätiog = Kampf, Streit, und Uragi = Kragen, Halsbedeckung). Pavoncella pugnax bewohnt die paläarktische Kegion von England bis zum oberen Amurgebiete. Nordwärts brütet sie noch in den Küstengegenden Nordeuropas und Nordasiens, z. B. in Skandinavien bis zum Nordkap, auch auf Kolguew, Dolgoi, Waigatsch, sowie auf Taimyr-Land Ihre südliche Brutgrenze mag sich etwa vom Donautale nach der Kirgisensteppe erstrecken. Doch streicht sie weit undier, südwärts bis Südafrika, Indien und zu den Sundu-Inseln ; ausnahmsweise wurde sie im Osten Nordamerikas und einmal in Südgrönland erlegt. In England brütet sie nur selten im südlichen Teile, kommt aber gelegentlich auch nach anderen Gegenden der Briti-^chen Inseln und vereinzelt sogar nach den Färöern. Für Island kann man den Kampfläufer nur als seltnen Gast bezeichnen, der die Insel ausnahmsweise besucht. Sollte er dies, was anzunehmen ist, auf dem Herbstzuge tun, so dürfte er nicht so leicht erkannt und wohl eher mit verwandten Arten, besonders mit Totanas totanus, verwechselt werden. Doch berichtet Faber, daß Anfang September 1820 ein Weibchen des Kampfläufers bei Reykjavik geschossen worden sei. Die weitere Mitteilung Sai'muudssons dagegen, stud. theol. L. )?orarensen habe im November 1902 ein männliches Individuum bei dem Hofe Störholt im Breidifjördr (W.) gesehen, scheint auf Irrtum zu beruhen. Der Vogel soll so dicht vorbei- gekommen sein und sich dann in der Nähe des Beobachters niedergelassen haben, daß dieser deutlich den Kragen erkannte. Nach den Untersuchungen 250 Totaiius totanus. Naumanns (Vögel Mitteleuropas VIII, S. 258 f.) und nach iiioinen eignen Beobachtungen im Dresdner Zoologisclien Garten beginnen aber den älteren Münuchen die Federn des Halskragens schon Knde Juni auszufallen, den jüngeren kaum später als Ende August. Am 15. September 1904 z. B. hatten von etwa 12 Kampfhähnen im hiesigen Garten nur zwei noch wenige kurze Kragenfedern, bei den andern war gar nichts mehr davon zu sehen. Ende September tragen die Vögel hierzulande fast immer das fertige Winterkleid, und es ist mir höchst unwahrscheinlich, daß sich noch im November ein Exemplar mit deutlich sichtbarem Halskragen finden sollte. Vielleiclit beruht aber in obiger Mitteilung imr die Monatsangabe auf einem Versehen, 79. Totanus totanus (L.). Rotscheukliger Wasserläufer. Totanus calidris (Bechst.): Faber, Prodroraus, S. 25 (1822). — Totanus calidris Beeilst. : Preyei- (& Zirkel), Reise nach Island, S. 399 (1862). — Totanus calidris (Linn.) : Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 412 (18H3). ■ Totanus calidris L.: Gröndal. islenzkt fuglatal, bis. '69 (189")). -- Totanus calidris (Linn.): Slater, Birds of iceland, p. 104 (1901). — Totanus calidris L. : Sfemundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 14 (1905). Totanus calidris (L.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 523 (1877). — Sharps, Cat. Birds Brit. Mus. XXIV, p. 414 (1896). — Totamis totanus (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas IX, S. 55 (1902). Isländisch: Stelkur (P]tymologie unklar, wahrscheinlich verwandt mit stilkur = Stiel, sowie dem deutschen stellen, stehen). Auch dän.: Tolk. Norw.: Stilk. Sehwed.: Tolk, Stolk, Stulk. Fär. : Stelkur. Totanus totanus ist häufiger Brutvogel der ganzen paläarktischen Region ein- schließlich des ]\Iittelmeergebietes. Nordwärts geht er stellenweise bis zum Polarkreise hinan, in Europa sogar bis zur Kola-Halbinsel und zum Nordkap. Seine südliche Brutgrenze reicht vom mittleren Asien über Persien nach Nordairika. Auf dem Zuge kommt er bis zu den Sunda-Inseln, Ceylon, Südafrika und den Kanarischen Inseln. Er brütet unter anderem zahlreich in den Küstengebieten Finnlands und in Skandi- navien, auf den Britischen Inseln, den llebriden und Orkney-Inseln. Spärlich bewohnt er dagegen Shetland, noch seltener die Färöer, ist al)er zur Zngzeit häufiger. In Grönland hat man ihn noch nicht beobachtet. In Island geliört der Rotscheukel zu den liäufigen Brutvögeln, der zur Zugzeit überall an den Küsten getroffen wird, im Sommer aber die wasserreichen, fruchtbaren Niederungen bewohnt. In allen Teilen der Insel findet man kleine Kolonien unserer Art, an den großen Seen tief im Innern ebensowohl, als dicht am Me'ere. Doch traf ich die Vögel niemals in den höheren, pflanzenarmen Gebirgslagen. Isländische Brutvögel meiner Sammlung, cj und $ ad., gepaartes Paar, am 18. Juni 1903 bei Hjalteyri erlegt, zeigen folgende Maße. Gewicht i. Fl.: 146, 164 g. Gesamtlänge i. Fl.: 275, 295 mm. l'lugbreite: 495, 530. Flügel: 160, 169. Schwanz: 81, 77 (abgestoßen). Schwanz + Flügel: 5, 10. Sclinabel: 38, 39. Tarsen: 45,5, 50. Mittelzehe inkl. der 4.5 bezw. 5,5 mm langen Kralle: 32, 35 mm. — Iris braun, cj ist nicht nur kleiner als $ , sondern dunkler gefärbt, das Weiß des Unterrückens und Bauches weniger ausgedehnt, Fleckung der Brust und Kropfgegend dichter und gröber. (5: Schnabelgruud orangerot. Schnabelspitzc schwarz. ?: Schnabelgrund rötlichschwarz, vordere Schnabelhälfte schwarz. (5: Füßo lebhaft orangerot. $: Füße blaßorange. — ^lageninhalt der beiden Vögel: sehr kleine Insekten. Totanus totanus. 251 Diese weitverbreitete und auch in Mitteleuropa häufige Art zeigt in Island ganz dasselbe Benehmen wie liierzulande. weshalb ich mich im folgenden kurz fasse. Der Kotscheukel ist im allgemeinen ein Zugvogel auf der Insel, der in der 2. oder 3. Woche des April ankommt. Sa-mundsson hat während der letzten 10 Jahre als Ankunftstermiu für Keykjavik die Zeit vom 8. bis 19. April festgestellt (1. c). Schon auf meiner ersten Exkursion am 22. dieses Monats traf ich ihn allerorts am Meeresstrande, wo er die häutigste, auf- fälligste und unruhigste Vogeiart darstellte, die außerordentlich zur Belebung der ziemlich eintönigen Landschaft beitrug. Er ist zugleich der scheueste Küstenbesucher, der nicht nur für seine eigne Sicherlieit unablässig Sorge trägt und deshalb bei mangelnder Deckung kaum erlegt werden kann, sondern der auch andere Vögel warnt und rechtzeitig zum Abfliegen bringt. Die pfeifenden Lockrufe sind sehr charakteristisch, weithin hörbar und recht wohllautend. Sie lassen sich als Tu, Tütü, Dili, Dideli wiedergeben. Gegen Abend versammeln sich die zu einem Schwärme gehörigen Vögel, laufen balzend am Strande umher und unterhalten sich mit weithin hörbarem Geschrei, in dem auLkr den Locktönen auch ein schwirrender, manchmal nicht unmelodischer Triller vorklingt. Es ist äußerst anziehend, den beweg- lichen, lebhaften Tieren aus einem Verstecke zuzuschauen und ihr Hassen und Lieben zu beobachten. Hier tänzeln zwei Nebenbuhler laut schreiend vor einander her oder jagen sich blitzschnell über dem Wasser. Dort folgt ein Freier langsam und schrittweise seiner Auserwählten, indem er die Flügel über dem Rücken zusammenhält und zitternd ein wenig bewegt. Dabei läßt er ein leises, zwitschermles Trillern unablässig hören, das vom Weibchen mit kurzen Tönen eitlen Wohlgefallens beantwortet wird. Endlich aber bleibt die Gefeierte stehen, dreht sich um, zetert einen ähnlichen Triller, es kommt zu einigen xlnseinandcrsetzungeu mit dem Schnabel, worauf der Liebhaber entweder Erhörung findet oder energisch vom Platze getrieben und verfolgt wird. Andere, nüchteruere Individuen der Gesellschaft denken daweile an die Abendmahlzeit. Hochbeinig waten sie bis au den Leib in das stille Wasser, laufen schnell darin umher und nehmen mit zierlichen Bewegungen winzige Seetiere auf. Bis in die dunkelnde Nacht herrscht Leben und Tätigkeit, und am frühen Morgen sind unsere Vögel wieder die ersten. Vom 8. Mai an beobachtete ich, daß die meisten Paare sich zusaramen- gefuuden hatten. Die ganze Schar zieht nun nach dem Brutgebiete, besucht aber das Meer noch regelmäßig, sobald es nicht allzu fern liegt. Als Brut- plätze wählen die Vögel sumpfige Wiesen und Moore, in denen sie kolouien- weise zu etwa 6 — 20 Paaren nicht allzu eng bei einander wohnen. Hier geht es nun erst recht lebhaft zu, und besonders an stillen Morgen und Abenden machen sich die Tiere auf eine halbe Stunde weit durch ihr Trillern, Schnarren und Flöten bemerkbar. Ich fimd auf Island nur 2 Nester des Rotschenkels, beide auf Kaupen inmitten sumpfiger Wiesen. Die hohen Grashalme der Umgebung waren künstlich zusammengebogen, sodaß die Eier durchaus nicht gesehen werden konnten. Die Nestmulde zeigte eine hübsche Rundung; das Nest selbst bestand aus wenigen feinen Halmen. Die Ablage 252 Tf)taiuis totanus. der Eier erfolgt in der itegel Ende Mai, nicht selten aber auch erst Anfang Juni. Das Normalgelege enthält 4 Stück. Doch fand ich am 18. Juni in einem Neste nur 3 zum Ausfallen fertig behrütete Eier. Um ein Nach- gelege, iu dem die Dreizahl ))ei allen Totaniden luiufig vorkommt, dürfte es sich hierbei kaum handeln. Die Größe zweier isländischer (ielege meiner Saiiiniiung beträgt: 4H x jJÜ mm, 45,5 X b0,5, 45,5 X 30,5 (besci)ädigt). 44,5 x 31,5 (1,14 g), 44 x 31,5 (1,11), 44 X 30,5 (1,12), 44x30.5 (LH). (Tewic-ht aller Eier (bebrütet) c. 17,5 g. Das Weibchen brütet scheinbar allein, nach Faber etwa 18 Tage. Einige Männchen der Kolonie halten aber beständig Wacht und verfolgen lüsterne Raubmöven und Raben auf das heftigste. Mit unablässigem Tüh Tüh und erregtem Tjüptjüp umfliegen sie auch den Mensclien. der in das Gebiet ein- dringt, wobei sie oft auf bequeme Schußentfernung näher kommen. Daweile verlassen die Weibchen ihre Eier, biegen die Grashalme rasch über diesen zusammen oder schlüpfen so geschickt unter der Haube hinweg, daß ich an den beiden erwähnten Nestern keinerlei Eingang bemerkte, während ich hierzulande die Eier auch ganz ofien auf kurzgrasigen Wiesen fand. Nun fliegen die Weibchen elienfalls mit umher. Es gibt wenige andere Vogelarten, die so viel ängstlichen Lärm anstimmen, wenn man das Brutgebiet lietritt. Sind die Jungen ausgekrochen, so laufen sie selir bald aus dem Neste, verstecken sich äußerst geschickt im hohen Grase und sind schwer zu finden. Faber sah die ersten Duuenjungen bereits am 9. Juni. Beim Myvatn gibt es solche gewöhnlich nicht vor der zweiten Hälfte des Monats. Nach etwa 4 Wochen sind die Tierchen befiedert und fangen an zu fliegen. Die ganze Gesellschaft bleibt nur noch kurze Zeit im Brutgebiete, verläßt dieses gegen F]nde Juli oder Anfang August und begibt sicli allmählicli nach dem Meeres- strande. Hier ti*eiben sich die Vögel in losem Verbände umher und sind nach wie vor scheu, lebhaft und laut, weshalb sie dem Schützen oft durch Vertreibung anderen Federwildes Ärger bereiten. Ende September, Anfang Oktober verschwinden die meisten Rotschenkel von der Insel. H. Jöusson bezeichnet mir als Zeit ihres Durchzuges auf den Vestmannaeyjarn den 20. September bis 10. Oktober (in litt.). Etliche Vögel überwintern jedoch an geschützten Küstenstrichen, besonders auf dem Südlande. Schon Faber berichtet, daß er einige Individuen im November und Dezember 1820 beobaclitete, und Stemundsson gibt neuere Mitteilungen für die Gegend von Reykjavik (1. c). Er bemerkte am 28. Oktober 1908 ein Exemplar am Strande; ein anderes hatte er schon am 24. November 1902 dicht vor der Stadt gesehen. Ein drittes fand er halbtot und stark ab- gemagert am 2. Januar 1903 ebenfalls an der Küste bei Reykjavik. Höchst- wahrsclieinlicli überwintert aber unsere Art viel häufiger auf Island, als nach diesen dürftigen Berichten zu scliließen ist. Totanus oehropus (L). Punktierter \\'asserläufer. Tringa oehropus 'ieni.: Preyer (& Zirkel), Heise nach Island, S. 4Ul (IHtiSi. — Totanns oehropus (L.j: Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 39 (1895). Niimenius luulsoiiicus. 253 Totanus ochrojms (L.): C^ollin, Skandinaviens Fiigle, S. 525 (1877). Hehdromva ochropus (Temm.): Sharpe, Cat. Birds Brit. 3Ius. XXIV. p. 437 (1896). — Totanus ochropus (L.): Xaiimann, Vögel Mitteleuropas IX, S. 43 (1902). Isländisch: Grät'a^tt Snipa (= Graufuß-Sehnepfe), Svöliisnipa (= Schwalbeii- schnepfe). Auch deutsch: Sohwalbenschuepfe. J)iiu.: Graabenet, Svalesneppe. Xorw.: Graabenet Sneppe. Schwed.: Gräbeim. Totamis ochropus bewohnt die paläarktische Region bis etwa zum Polarkreise hinauf, im Winter auch ganz Afrika und Südasicu. Unter anderem brütet er in ^'ord- rußland, Finnland und Norwegen. Auf den Britischen Inseln hat man ihn zwar in den verschiedensten Monaten beobachtet, doch ist sein Brüten daselbst fraglich. Nord- schottland besucht or nur ausnahmsweise, und von den kleinen nördlich gelegenen Inseln, insbesondere von den Färöern. sind mir keine Angaben seines Vorkommens bekannt, ebensowenig von Grönland. Doch hat sich der Vogel auf Neu-Schottland gezeigt. Für Island ist das Auftreten des punktierten Wasserläufers durch keinerlei Material belegt. Ich führe die Art nur an, weil Treyer behauptet, Tutanus ochropus wäre zweifellos der Vogel, den Eggert Olafsson unter dem isländischen Namen hvkja- dudra beschreibe, was ich durchaus nicht annehmen kann. Zunächst redet Olafsson von einem Erutvogel, was Totanus ochropus kaum jemals in Island gewesen sein dürfte. Aus der folgenden Beschreibung geht vielmehr hervor, daß Olafsson diese auf Rallus aquaticus bezieht. Er erzählt nämlich (Reise, deutsche Ausg., II, § 89ö J, S. 202): „Läkiadura, ein gleichfalls noch unbekannter Vogel, ist Tringa, tota supra fusca, maculis albis. Man sieht ihn sehr selten, weil er sich meistens an Bächen, an sumpfigen ()rtern, in (jräben und in Höhlen aufhält, wo er sich von Insekten und Würmern nährt. Man meint, daß er auch hier überwintere. Aus dem, was wir einmal von diesem Vogel zu sehen kriegten, schlössen wir, daß er mit dem Fu. Su. 151 sehr übereinkomme; an Größe kommt er dem von uns §677b beschriebenen \ogel{--= Änthus pratensis, d. \.) sehr nahe, und höchstens ist er etwas größer. Der Schnabel ist schwarz, schmal und gerade. Die Zehen sind etwas länger als der Schnabel, mit einer schlichten Haut eingefaßt (Lobati), oben miteinander verbunden, und haben eine dunkelgraue Farbe. Der obere Teil des Vogels ist braunrot, mit weißen und schwarzen Streifen, unter dem Bauche aber ist er weiß:irau mit denselben Streifen.-' Numenius budsonicus liath. Am erikaiiischer Regeul)nicb vogel. Numenius borealis Wils.: Kjaerbelling, Naumannia IV, S. SOS (ISöi). — Numenius hudsonicus Jjath. : Newton, in Baring-Goulds Tceland, p. 413(18H3). -Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 40 (1895). — Slater, Birds of Icoland. p. 109 (1901). Numenkis borealis, Lath. & Numenius phacoptts (L.): ('ollin, Skandinaviens Fugle, S. 496 (1877). — Numenius hudsouicus, Lath.: Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXIV, p.364 (1896). — Winge, Grönlands F.igle, S. 159 (1898). Isländisch: Ameriskur Spöi. Diese Numenius phaeopus nahestehende Art, die sich bekanntermaßen am auf- fälligsten durch die rötlichen Unterflügeldeckfedern von ihrem europäischen Verwandten unterscheidet, bewohnt einen großen Teil Nordamerikas, brütet in den arktischen Ge- bieten und zieht im Winter südwärts, mitunter bis Südamerika. Nach Sharpes Angabe ist die Art in Europa nur einmal, nämlich in Spanien, erlegt worden. Von Island ist das Vovkoramen des amerikanischen Regen bva ob vogels zweifelhaft. Kja^rbolling veröffentlichte 1854 (I.e.) die kurze Mitteilung er habe einen Balg von Xunienms borealis Wils. aus Island erhalten, wobei nicht völlig klar ist, welche Art er hierunter meinte, zumal jede genauere. Angabe fehlt und der fragliche Balg, soweit meine Erkundigungen reichten, 254 Niiinonitis phiioopiis phaeopiis. nicht mehr vorhaudeu zu sein scheint. Wilson selbst (American (»rnithology II, p. 313. 1832) bezeichnete unter Scolopax boreuUx allem Anscheine nach Lat/iaiiis Xtiinetiiiis hmlsoniciis (nach Anm. p. 315: Schnabellänge 4:\'^ inches = 114,3 mm; bei Lathaim N. borexdis 2 inches) und nicht etwa dessen .V. horealis = N. horeaUs (Forst.). Audi die auf Blatt 56 des Wilsonschen Atlasses gegebene Abbildung entspricht am besten A', huhonicHs Lath. Kja?rb0lling redet ferner ausdrücklicli von einer großen Ähnlichkeit des besagten Vogels mit \. jJtaeopns, vermutet freilich, er werde in Island nur mit diesem verwechselt und deshalb übersehen, ja brüte möglicherweise sogar neben A'. p/uK^opas anf der Insel. Trotzdem glaube ich, ebenso wie Newton (1. c), daß Kj?erb0lling ein Exemplar von A'. Iiudsoidcus Lath. erhalten hat; A'. horealis (Forst.) kann mit A'. phaeopiis kaum verwechselt werden. Collin (1. c.) und mit ihm Winge (in litt.) sind jedoch nach Besichtigung der Ab- bildung, die Kjserbolling von dem Exemplare im 2. Supplement zu seinem Atlas über die skandinavischen Vögel (1. Aufl.) gegeben hat, der Überzeugung, daß es sich überhaupt bloß um einen Xumeniiis p>haeopus handelt, was ich nicht annehmen möchte. Da nicht nur A'. horealis (Forst.), sondern auch A'. /ludsomnm Lath. sich mehrmals in Süd- und Nordgrönland gezeigt haben, ist das Vorkommen der einen oder der anderen Art für Island nicht ausgeschlossen. Anmerkung. Die Vermutung Riemsclineiders, er habe Numenius tenuirostris Vieill. in Island gesehen (Ornith. Monatsschrift 1896, S. 'd'6\) beruht sicher auf Irrtum. Diese Art bewohnt Xordafrika und Südeuropa und ist schon in Mitteleuropa eine seltene Erscheinung. 80. Numenius phaeopus phaeopus (L.). Regenbrachvogel. Numenius phaeopus (Lath.): Fuber, Prodromus, S. 24 (1822). — Xumeuius minor Brehm: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 400 (1862). — Xumenixis phaeopus (Linn.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 413 (1863). — Numenius phaeopus L.: Gröndal, islenzkt fuglatal, bis. 39 (1895). — Numenius phaeopus {\A\\\\.): Slater, Birds of Iceland, p. 107 (1901). Numenius phaeopus (L.): Collin, Skandinaviens Fugle, 8.496(1877). — Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXIV, p. 355 (1896). — Ntimenius phaeopus (L.): Winge, Gren- lands Fugle, S. 158 (1898). — Numenius phaeopus (L.): Naumann. Vögel 3Iitteleuropas IX, S. 151 (1902). Isländisch: Spoi (Etymologie unklar), litli Spöi. Auch dän.: Lille Spove. Norw. : Smaaspov. Schwed. : Smäspof. F^inn.: Kuovi. Fär. : Spöi, Spoggvi. Numenius 2)haeopus phaeopus bewohnt den Norden der westlichen paläarktischen Region, während er in Ostasieu durch N. ph. variegatus (Scop.) vertreten wird. Nord- wärts geht er als Brutvogel bis etwa zum Polarkreise hinauf, ist häufig in den Tundren des mittleren Sibiriens, in Zentral rußland, Finnland, Schweden und Norwegen bis zu den Lofoten. Auf den Britischen Inseln brütet er nur vereinzelt im Norden, dagegen bewohnt er häufiger die Orkney-Inseln. Shetland und die Färöer. Von Spitzbergen und der Bären-Insel ist er als ausnahmsweiser Irrgast bekannt, auf .Jan 3Iayen wurde er dagegen auch zur Brutzeit angetroffen. Von Grönland liegen zahlreiche Nachrichten seines Vorkommens besonders an der Südwestküste vor. und es ist anzunehmen, daß er wenigstens ab und zu daselbst brütet. Im Winter besuchen die Vögel Mittel- und Südeuropa und wandern südwärts bis zu den Kanarischen Inseln. Südafrika und Südasien. Niimenius phacopiis phaeopus. 255 Für Island kann der Regenbracbvogel als ein liünfiger lirutvugel bezeichnet werden. Er bewohnt alle grasbewachsenen Niederungen, die Heiden, Buschgebiete und H(X'liraoore, ohne freilich in eigentlichen Gebirgs- partien zu brüten. Wegen seiner Größe und Lebhaftigkeit ist er neben dem Goldregenpfeifer der auffälligste Vogel derartiger Landschaften, zu deren Belebung er außerordentlich beiträgt. y isländische Unitvögel meiner Sammlung von Jüjalteyri. ans der Zeit vom 28. Mai bis 20. Juni, 2 (5 und 1 ? ad., charakterisieren sich wie folgt. Gewicht i. Fl.:^ c. 500, 600 g. Gesamtlänge i. Fl. (von der Kinubefiederung bis zum Schwänzende): 360—375, 390 mm. Flügel: 249-251, 253. Schwanz: 118—124, 117. Schnabel: 77—84, 94. Tarsen: 57—59, 63. Mittelzehe inkl. der 7 mm langen Kralle: 37—38, 42,5 mm. — Iris: dunkelbraun. Oberschnabel: schwarz. Unterschnabel, besonders am Grunde: grünlichgrau. Füße: grünlich hellgrau bis gelblichgrau, Zehen dunkler bis schwärzlich. — Entgegen der Ansicht Naumanns (Vögel Mitteleuropas IX, S. 153) muß bemerkt werden, daß nicht das Männchen, sondern das Weibchen die größeren 3Iaße zeigt; besonders der Schnabel ist wesentlich länger und stärker. Auch im (tc- fieder kennzeichnet sich das Weibchen, entsprechend zahlreichen verwandten Arten, durch geringere und schmalere Fleckung an der Brust und ausgedehnteres fleckenloses Weiß auf den Unterflügeln, am Bauche und Unterrücken. Brutvögel sind auch ohne anatomische Untersuchung ziemlich sicher nach dem Geschlcchte zu bestimmen. • Mageninhalte: Zahlreiche etwa 3 mm lange, rundliche, blauschwarze Käfer, Kaupen einer Spannerart, Fliegen, Samenkörner von Beeren. Sand und Steinchen bis zu 4 mm Durchmesser. Unsere Art ist in der Hauptsache Zugvogel für Island, die in kleinen Scharen Ende April, Anfang Mai auf dein Südlande erscheint. Jöusson ))e- zeichnet mir als Durchzugstermin für die Vestmaunaeyjar den 20. April bis 5. Mai (in litt.); Gunulaugsson beobachtete 1886 auf Eeykjanes die ersten am 29. April (Ornis VHI, S. 344), Gröndal 1888 bei Reykjavik am 2. Mai (Oruis IX, S. 90). Ich selbst sah bis zum 12. d. M. kein Exemplar in der Umgebung der Stadt; erst am 19. Mai traf icli solche bei Steiugrimsfjördr (N.). Die Vögel besuchen zunächst die schneefreien, nassen Wiesenflächen in der Nähe des Meeres, sind äußerst vorsichtig und lebhaft, laufen und fliegen unruhig hin und her und beobachten einen nahenden ]\Ienschen auf bedeutende Entfernung. Gern setzen sie sich auf erhöhte Plätze, Steine und Grashügel, wo man sie von weitem kaum entdeckt, weil ihre Färbung iius- gezeichuet zu dem Gelblu'aun des Grases paßt. Sobald als möglich kommen die Brachvögel nacli ihren Brutplätzen, wo sie sich sofort durch ihre auffälligen Stimm laute bemerkbar machen. Sie fliegen anfänglich in einem großen Reviere umher und scheuen trotz ihrer Vorsicht die Nähe von Ortschaften und Bauernhöfen durchaus nicht. Wochenlang hörte ich in Hjalteyri bis spät in die Nacht hinein ihre Rufe, wenn ich in der Stube präparierte. Immer wieder interessant aber ist es, an sonnigen, stillen Morgen die Vögel im Nistbezirke zu beobachten. Da sitzt das dünnschnäblige Männchen auf seinem Lieblingshügel, öfluet weit den Schnabel und trillert ein rollendes Dididi..., das in der Ferne oft wie Unkenschnurren klingt. Nun fliegt es auf! Die langen Füße werden zurück- genommen und bald aneinandergelegt, Kopf und Hals vorgesti-eckt. Mit 256 Niunenius phacopus phaeopns. flatteruden, sehr schnellen Flügelscliliigen orhel)t sich der Vogel hocli in die klare Luft, so hoch, daß man ihn bisweilen kaum mehr sehen kann. Dabei läßt er tiefe, gezogene und weiche Flötentöue (du du du) oft minutenlang hintereinander gleichmüßig vernehmen. Dann folgen einige wenige höher aufsteigende und etwas schneller vorgetragene Laute, denen sich endlicli ein scliöner, perlender, weicher Triller anschließt. Kr ist kräftiger, wohllautender und auch etwas schneller als der oft zur selben Zeit hörbare Triller des Goldregenpfeifers. Mitunter wird er sehr lange ausgehalten. Der Vogel schwebt dabei gewöhnlich in einer Schraubenlinie nach dem Nistorte abwärts, um dann von neuem wieder flatternd emporzusteigen. Dieser Balzflug ist nur dem Männchen eigen, auch den schönen Triller vermag das Weibchen bloß in einfacherer Form hervorzubringen. Wenn aber die Paare sich über dem Nistplatze umhertreiben, ist ihr Pipipüpüpüpüüü . . . nicht von einander zu unterscheiden. Anfang Juni ist das kunstlose Nest, besonders vom Weibchen, fertig gestellt. Fs befindet sich am häufigsten inmitten ebener Wiesen oder auch zwischen Heidepflanzen. Die von mir gefundeneu Nester waren wenig ver- deckt oder ganz offen, die Eier in allen Fällen sofort sichtbar. Eine aus- gescharrte Vertiefung wird nur dünn mit Halmen und Blättcheu belegt. Die Nestmulde zeigt einen Durchmesser von 18 — 20 cm und eine Tiefe von etwa 3 cm. Die Ablage der Eier erfolgt in der ersten Hälfte des Juni. 15 Gelege meiner Sammlung vom Nordlande (1903 und 1904) stammen aus der Zeit vom 4. bis zum 2L d.M.. die letzten waren aber schon stark bebrütet. Manchmal gibt es bereits Ende Mai Eier, im Südlande wahrschein- lich nicht selten. Krüper sah die ersten am 30. d. M. (Naumannia 1857, II, S. 14). Die Zahl beträgt in der Regel 4, in Nachgelegen auch nur 3 Stück. Doch erhielt ich als Ausnahme ein sicher zusammengehöriges, charakteristisches Gelege von 5 Eiern ; leider war ein Exemplar durch das ungeschickte Tragen des Finders stark beschädigt. Einige isländische Gelege meiner Sammlung kennzeichnen sich wie folgt: 63,5x41 ,2 mm (3 g), «'2x43(3,2), 61 x 42,2 (2,9). — 61,5 x 43.2 (3,15), 60,5x42,8 (3,1), 60,5x42,5 (3,1), 59,5x44 (3,2). — 61,5x42,2 (3,1), 61,2x42,2 (3,2), 60,5x41,2 (3), 60x42,2 (2,95). ^- 59,5x44 (3), 59x41,5 (3), 57x43 (2.9), 57 X 42 (2,8). — 56,5 X 44,2 (2,7), 56,5x42,8(3), 56x43(2,8). 54,0x41(2,7). -- 52x:40 (2,6). — Das Vollgewiclit einer größeren Zahl von mir untersuchter frischer Exemplare schwankte zwischen 46 und 57 g. Die Brutdauer beträgt 3 bis 3^2 Woche. Für gewöhnlich brütet das Weibchen, wird jedoch gelegentlich, besonders am Abende, vom Männchen darin abgelöst. Sonst streift dieses in dem großen Nistreviere umher, ver- einigt sich aber nur vorübergehend mit Nachbarvögeln. Naht dem Neste eine Gefahr, so entdeckt sie das Männchen rechtzeitig und warnt das Weibchen mit tiefem Du oder höherem Du. Dann erhebt es sich und fliegt dem Eindringlinge entgegen, wobei es besorgt einen harten, langsamen Koller ausstößt : pipipüpüpü . . . , titititütütü .... Daweile läuft das Weibchen in nieder- geduckter Haltung rasch vom Neste, zeigt sich erst weit davon entfernt und tut. als wäre nichts geschehen, sodaß man leicht glaubt, die Eier befänden Xunienius phaoopiis pliaeo|)iis. 257 sich ;in dieser Stelle. Verläßt m;in das Brutgehiet nicht, so tliei^en dio besorgten Tiere mit ängstlichem Geschrei umher, kommen aber uiclit immer auf Schußnähe au den j\Iensclien heran, ^lehrmals überraschte ich freilicii auch den brütenden Vogel auf dem Neste. Man erkennt dies sofort an seinem ersclu-ockenen Abfliegen und findet natürlicli die Hier nun sehr leicht. Sonst wird man oft von den klugen Tieren recht irre geführt. Durchstreifen beutesucliende Raubmöven, Raben oder Falken die Gegend, so fliegen unsre Brachvögel erregt hinter ihneji her und verfolgen sie mit unablässigem Rufen große Strecken weit, ohne freilich immer iliren Zweck zu erreichen. Ihre Fluggewandtheit kann man bewundern, wenn sich eine ganzo Schar um einen Jagdfalken versammelt, vor dem die meisten andern Vögel sich angst- erfüllt verstecken. Schon Krüper berichtet ü[»er zwei derartige Beobachtung«'!! (1. c, S. 15), und ich selbst hatte das unvergleichliche Schauspiel am 16. August nördlich von Hiedarsteiun. Langsam flatternd zog der Falke dahin, während etwa 20 Brachvögel sich hoch in der Luft über ihm hielten und mit fort- währendem Geschrei durcheinander wogten. Plötzlich ein gewaltiger Schwung des Räubers, der ihn im Augenblicke zu seinen widerstandslosen Verfolgern bringt, die wild auseinanderstieben, ein kurzer Flug, ein rascher Stoß, und der nächste Vogel schreit unter den Fängen des Siegers! Von den ührii^en weiter verfolgt, entschwindet der Falke meinen Blicken. Sind die Dunenjungen ausgeschlüptt, so wagen sich die Alten näher an den Menschen heran. Sie breiten den Schwanz etwas fächerförmig aus und laufen ängstlich mit geducktem Kopfe und Oberkörper umher, wobei sie eifrig locken. Reitet mau nicht allzu laugsam vorüber, so bleiben sie oft in einer Entfernung von wenigen Metern stehen, kommt mau zu Fuße, verhalten sie sicli nicht ganz so zutraulich. Die Jungen liegen unterdessen festgedrückt auf der Erde, rühren sich nicht von der Stelle, solange die Alten ihre Warnrufe ausstoßen, und sind deshalb schwer zu entdecken. Die Familien verlassen auch bald die Wieseuflächen, falls solche ihr Brutgebiet darstellten, und ziehen sich nach Gegenden hin, wo niederes Strauchwerk den Boden bedeckt. Unter den Zwergbirken, Heidekräutern und AVeidenbüschen flnden nun die Jungen viel besseren Schutz, und es gelingt dann nur zufällig, eins der vorsiclitigeu Tierchen habhaft zu werden. In den buschbewaclisenen Hügellandschaften am Nordrande des Myvatn z. B. sieht man im Juli zahl- reiche alte Braclivögel, während die jungen äußerst selten zum Vorscheine kommen. Gelegentlich überrascht man sie noch auf freien Plätzen, wenn man wachsamen Auges schnell daliinreitet. So erblickte ich am 16. Juli einen halbwüchsigen Vogel auf einer Heidefläche beim Gödafalle. Rasch sprang ich ab vom Pferde, konnte aber das hochbeinig dahineilende Tierchen erst auf 20— -30 m einholen. Nachdem ich es ergriffen hatte, umflogen mich die beiden Alten auf wenige Meter Entfernung und stießen kläglich kreischende Töne aus, die man sonst nicht hört. Es versammelten sich bald noch andere Brachvögel um mich und meinen Führer, der etwas hinter mir geritten war. Obwohl ich das Junge wieder freiließ, begleitete uns die ganze Schar noch ein großes Stück mit erregtem Schelten, als wir unsere Reise fortsetzten. HantzscU, Vogel weit Islands. '■' 258 Nurneiiius arqiiatiis ar(|iiatiis. Nach spätestens 4 Wochen sind die Jungen flugbar. Die Familien vereinigen sich nun, etwa Anfang August, zu Scharen, die sich mit leisem, wenig anhaltendem Bübübibibibi, Bibibiibübüb zusaniraenlocken. Dann ist der Sommer für Island vorüber, und ein Gefühl der Trauer erfaßt den Reisenden, wenn er die Vögel, die seine Gefährten waren vom Frühlinge her, hoch über sich in der Luft fliegen sieht und ihre Abschiedsrufe vernimmt. Bald vergrößern sich die Scharen. Ich beobachtete schon in der 2. Hälfte des August mehr als hundert Vögel beieinander. So streifen sie im Lande umher, besuchen alle geeigneten Gebiete im Innern und später an den Küsten, kommen gelegentlich auch nach Grimsey, fangen aber von Mitte September an, Island zu verlassen. Gunnlaugsson sah 1886 die letzten auf Reykjanes am 27. September (Ornis VIII, S. 344). Die Vestmannaoyjar berühren sie gewöhnlich in der Zeit vom 20. d. M. bis zum 10. Oktober (Jönsson, in litt.). Kleine Scharen sollen jedoch ausnahmsweise in Island überwintern. Schon Ölafsson berichtet dies (Reise I, S. 308), und mir wurde von mehreren Personen in Hjalteyri erzählt, daß sich im AVintcr 1899 zu 1900 etliche Brachvögel bei der Schule im benachbarten Mödruvellir zeigten, die von vielen Schülern gesehen wurden. 81. Numenius arquatus arquatus (L.). Großer Brachvogel. Numenkis arquata (Lath.): Faber, Prodromus, S. 24 (1822). — Numenius arquatus L.: Preyer («& Zirkel), Reise nach Island, 8.429(1862). — Numenius arquahis (Linn.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 413 (1863). — Numenius arcuata L.: Gröndal, islenzkt fuglatal, bis. 40 (1895). — Numeni^is arquata (Linn.): Slater, Birds of Tceland, p. 106 (1901). Numenius arquata (L.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 494 (1877). — Numenius arquatus (L.): Sharpe. Cat. Birds Brit. Mus. XXIY, p. 341 (1896). — Niimenius arcuatus L.): Nanraann, Vögel Mitteleuropas IX, S. 140 (1902). Isländisch: Störi Spöi (= großer Spöi ), nef beginn Spoi (= bogenschnäbliger Sp6i), Auch dän. & norw. : Storspove. Schwed.: Storspof. Fär.: Spöi, Spoggvi. Numenius arquatus arquatus ist Brutvogel in der westlichen paläarktischen Kegion, während er im mittleren Sibirien, ostwärts etwa bis Daurien hin, von dem nahe verwandten N. a. lineatus Cuv. vertreten wird. Nordwärts brütet er bis gegen den Polarkreis hinauf, unter anderem im nördlichen Ilußland, in Fiimland, Schweden und Norwegen; auch auf den Britischen Inseln ist er nicht selten; die kleinen Gruppen bis zu den Färöern berührt er aber nur auf dem Zuge. Von Grönland und dem arktischen Europa kennt man ihn nicht. Im Winter kommt er bis nach den Azoren, dem Kaplande und Madagaskar hinab. In Island hat sich der große Brachvogel auch nur als gelegent- licher Gast, besonders im Herbste, gezeigt. Schon Faber teilt mit, daß am 6. September 1819 ein Exemplar bei Reykjavik erlegt wurde, und auch Krüper hörte von einem Lehrer au der Lateinschule, daß man im Herbste 1855 seclis getötete Vögel unsrer Art nach Reykjavik gebracht habe (Nau- mannia 1857, II, S, 15), Gröndal berichtet ein weiteres Vorkommen von mehreren großen Brachvögeln im Herbste 1876 auf Alftaues (W.); ein Individiuum wurde erlegt und befindet sich jetzt neben einem anderen im Vaiielliis vanelhis. 259 Keykjavikor Museum. 1890 erschienen wieder etliche Vögel im Südlande, von denen ebenfalls 2 oder 3 erbeutet wurden (Ornis XI, S. 453). V. Nielsen teilte mir mit (auch Ornis III, S. 157), er habe vor längeren Jahren 10 Stück bei Eyrarbakki beobachtet, und J. V. Havstcen erzälilte mir von dem Vor- kommen unsrer Art im Kyjafjördr. 82. Vanellus vanellus (L.). Kiel)itz. Vanellus ciistatus (J\Ieyer): Fabor, Prodromus, S. 2(i (1822). Vanellus criistafus Temm.: Prej-er (& Zirkel), Heise nach Island, S. 429 (1862). — Vanellus cristatus (Meyer): Newton, in ßaring-Goulds Iceland, p. 411 (1863). — Vanellus cristatus Mey, & Wolf: Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 39 (1895). — Vanellus vulgaris, Bechst.: Slater, Birds of Iceland, p. 8r> (1901). — Vanellus cristatus Meyer: Ssemundssoii, Zoolog Meddel. fra Island, S. 15 (1905). Vanellus cristatus Mey. & Wolf: Collin. Skandinaviens Fugle, S. 452 (1877). — Vanellus vaneUus (L.): Sharpo, Cat. Birds Erit. Jlhis. XXIV, p. 166 (1896). — Vanellus cristatus Meyer: Winge. Grönlands Fugle. S. 147 (1898). — Vanellus vanellus (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas VIII, S. 3 (1902). Isländisch: Vepja (nach Gröndal neueres Lehnwort), Isakräka (= Eiskrähe). Auch dän. & uorw.: Vibe (des Rufes wegen). Schwed.: Vipa. Fär. : Vipa, Vujpa. Vanellus vaiiellus bewohnt die ganze paläarktischc Region einschließlich der Mittelraeergebiete. In Asien mag er als ßrutvogel 55 ^ nordwärts nicht wesentlich überschreiten, in Europa jedoch dringt er bis an den Polarkreis vor und in Norwegen sogar noch höher. Südwärts brütet er bis China, Turkestan, Nordpersien und ge- legentlich Nordafrika. Während des Winters ziehen sich die Vögel in den südlichen Gegenden und in den westeuropäischen Küstenländern zusammen. Der Kiebitz brütet unter anderem häufig im nördlichen Rußland, Finnland und Skandinavien, sowie auf den Britischen Inseln, wo er zahlreich überwintert. Von hier aus besucht er die kleinen Gruppen nordwärts bis zu den Färöern als Gast. Auch von Jan Mayen und dem westlichen Grönland ist er als solcher bekannt. Ebenso kommt der Kiebitz als gelegentlicher Gast nach Island, am häufigsten wohl im Spätjahre. Die Wanderer irren oft monatelang an den Küsten der Insel umher, verschwinden aber gewöhnlich im Frühjahre. Doch versichert Gröndal, daß man ihm zu allen Jahreszeiten, aucli im Sommer, Kiebitze zum Kaufe angeboten hätte (Ornis XI, S. 453). Einige genauere Notizen über das Auftreten der Art mögen folgen! Schon Faber berichtet (1. c), daß je ein Exemplar 1818 bei Hafnarfjörrtr und 1820 auf den Vestmannaeyjarn gefangen wurde. Nach Jönssou beob- achtet man den Kiebitz auf diesen Inseln nicht allzu selten (in litt.). Eine Reihe weitere Angaben macht S?emundsson (1. c). Er sagt, daß sich die Vepja wiederholt an den Küsten der Skaptafells-Sysla (SO.), besonders häufig im Spätjahre 1902. gezeigt habe. Um dieselbe Zeit kamen Scharen der Vögel nach Grindavik (SW.), wo Ssemundsson bereits früher zu wiederholten Malen die Art feststellte, ferner nach Akranes (SW.) und am 12. Dezember in die Nähe von Reykjavik. Im Januar 1903 erhielt der Berichterstatter ein getötetes Exemplar von Hafnarfjördr und ein weiteres von Keflavik (SW.). In demselben Winter ti-af man einen Kiebitz bei Kolsholt in der Landschaft 17* 260 S(|iiatur()Ia liclvetica. Flöi (S.); ein anderer wurde tun die Neujahrs/.eit in der Nähe von Hriiiiii bei Reykjavik erlegt. Auch von den übrigen Küsten Islands hat man Naeli- ricliteu über das Vorkommen unserer Art. Im Eyjafjördr zeigte sie sich wiederholt im Winter. Melirere I^xemplare wurden daselbst erlegt und J. V. Havsteen gebracht (mündl. Mitteilung). Ein Träparat vom Februar 1902 z. B., gesammelt bei Svalbardeyri, befindet sich im Museum von Kopenhagen, neben diesem auch ein anderes vom Februar 1879 ohne genaue Fundorts- angabe, l'jin Exemplar in der Reykjaviker Sammlung stammt gleichfalls aus dem Eyjafjördr; es wurde im März 1901 bei ])elamörk erlegt und von Havsteen eingesandt. Ebenso schreibt St. Stefiinsson, daß man mehrere Kiebitze im Spätjahre 1900 am Eyjafjördr beobachtete, die bis tief in den Winter daselbst blieben (Nordurland. Akureyri, 4. Okt. 1902). Im September und Oktober 1903 zeigte sich nach Angabe desselben Berichterstatters wiederum eine Schar der Vögel. Sogar auf Grimsey hat man die Art einmal im Herbste beob- achtet (Matthias Eggertssou), und Gröndal und andere verbürgen ihr Vorkommen im Ostlande. So sah man 1897 einExemplarbeiFlj6tsdalsht''rad(Sa3mundsson,l.c.). Tiefer ins Innere des Landes scheint sich der Kiebitz nicht zu begeben, und aucli von einem Brüten auf der Insel liegen keine Berichte vor. 83. Squatarola helvetica (L.). Kiebitzregenpfeifer. Squatarola helvetica L. : Gröndal, islenzkt fiiolatal. bis. 39 (1895). — Squatarola helvetica (Limi.): Slater, Birils of Iceland, p. 85 (1901). Squatarola Helvetica (Ij.): Collin, Skandinaviens Fiig:Ie, S. 450 (1877). — Squata- rola helvetica (L.): Sharpe, Cat. Birds Brit. ]\Iiis. XXIV, p. 182 (1896). — Charadrius sqvatarola L. : Winge, (Irenlands Fiigle, S. 148 (1898). — CJiaradrhis squatarola (L.) : Naumann, Vögel Mitteleuropas VIII, S. 35 (1902). Isländisch: Strandlöa (Loa = Charadrius aj)ricariusj. Auch dän.: Strandlijejle. Norw.: Strandlo. Squatarola helvetica brütet zirkumpolar in den südlicheren Teilen der arktischen Region, besonders in den Tundren Sibiriens bis hinauf zur TaimjT-Halbinsel. ferner auf Kolguew, Dolgoi und wahrscheinlich auf Nowaja Semlja, sowie im äußersten Xord- rußland. In Amerika fand man ihre Brutplätze im Gebiete der Franklin-Bai und auf der Melville-Halbinsel. In Westgrönland hat sich unsere Art wiederholt gezeigt, scheint aber nicht daselbst zu brüten; von Jan Mayen und Spitzbergen keimt man sie noch gar nicht. Zur Zugzeit kommen die Vögel, besonders an den Küsten, nach den meisten Ländern der Erde, bis hinab zum Süden der Kontinente. Alsdann sind sie unter anderem auch nicht selten im ganzen Gebiete der Ost- und Nordsee. Island besucht der Kiebitzregenpfeifer ebenfalls als gelegentlicher Gast. Freilich Hegen bis jetzt nur wenige sichere Angaben hierüber vor, was wohl darauf zurückzuführen ist. daß unsere Art für einen etwas ab- weichend gefärbten Goldregenpfeifer angesehen wird. Gröndal erhielt sie jedoch mehrmals (Ornis XI, S. 453). Zwei Belegexemplare befinden sich im Reykjaviker Museum, von denen das eine aus der Umgegend der Stadt stammen soll, das andere aber am 25. September 1892 von Nielsen bei Eyrarbakki gesammelt wurde. Auch J. V. Havsteen versicherte mir. daß die Art melirraals im Nordlande beobachtet und ihm gebracht worden sei. Cliaradriiis ain-icaiiii.s. 261 84. Cliaradrius apricarius I.. Goldregenpfeifer. CharadriHS pluvialis (f.inn.): Faber, Prodroimis, 8. 22 (1822). — riuviulis apricarius Bonap. : Prcyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. JüMi (18()2). — Cliaradrius pluvialis Linu.: Newton, in Baring-Üoiilds Jceland. p. 411 (18«y) — (Ti-Öndal, Islcnzkt fuglatiil, bis. 38 (1895). — Sluter, liird.s of Iccland. p. 83 (l!)Ol). — Sajnmndsson'. Zuoldg. Meddel. IVa Island, 8. 15 (1905). Cliaradrius jünvialis, L. : Collin. 8kandinaviens Fn>-k', 8.441 (1877). - 81iarpc, Cat Birds Brit. Mus. XXIV, p. 191 (189(3). — Cliaradrius jüttvialis L. typicus: \\ui(ro, Grönlands Fugle, S. 148 (1898). — Cliaradrius plucinlis L. : Naumann. Vögel Mittel- europas VIII, 8. 21 (1902). Isländisch: Heidlo (von heidi = Heide; Etymologie von Lö. Loa ist unklar, nach (inindai, Ornis IX, 8. 88, von lö = Loden, 8pit2enhaare zottigen Wollgewebes, ursprünglich KoUektivum l'iir einen ganzen 8chwarni die Heide bedeckender Vögel), Heilö, Heilöa oder Heylö, Heylöa (Zusanimenziehung oder wahrscheinlicher abgeleitet von hey = Heu, weil sich die Vögel zur Heuernte in ]\Ienge auf den \\'iesen umher- treiben), häufig nur Lö, Loa. Auch dän.: Hjeile, Hjejle, Ilelungur, Heilung. Norw.: Hejh», Ilelo, Helun. Fär. : Lego, Logo, Logo, Lo, La. Cliaradrius apricarius bewohnt den Norden der westlichen paläarktischen Hegion etwa zwischen 53" n. Br. und dem Polarkreise, von Island bis zum Jenissei. Er brütet unter anderem in Nordrußland. Finnland, Lappland und in ganz Skandinavien bis zum Nordkap, auf den Britischen Inseln besonders in den schottischen Jlooreu. endlich auch auf den kleinen Inselgruppen nordwärts bis zu den FärÖern. Sein gelegentliches Brüten in Ostgrönland und vielleicht sogar auf Jan 3Iayen ist nicht ausgeschlossen. In Westgrönland hat sich unsere Art wiederholt gezeigt, neben ihr freilich auch der verwandte Cliaradrius dominicus 3Iüll. — Auf dem Zuge kommt Cli. apricarius bis hinab nach Madeira, dem Kaplando und Nordindien. Id Island ist der Goldregeupfeifer ein sehr häufiger Brutvogel auf allen mit dürftigem Pflanzenwuchse bedeckten Gebieten. Am zahlreiclistcu bewohnt er die Heiden und die trockneren Graslandschaften, sowohl die in der Nähe des Meeres als auch in höheren Gebirgslagen. Völlig kahles, felsiges und allzu sumpfiges Terrain meidet er dagegen. Kr ist einer der auffälligsten, charakteristischsten und deslialb auch bekanntesten aller islän- dischen Landvögel. 4 (5 ad. meiner Sammlung, Brutvögel von Hjalteyri aus der Zeit vom 27. Mai bis 20. Juni 1903, zeigen folgende 31aße. Gewicht i. Fl.: 195— 218 g. Gesamtlänge i. Fl.: 252-267 mm. Flugbreite : c. 570. Flügel: 179— 185. Schwanz: 79— 89. Schwanz = Flügel. Schnabel: 21—22,5. Tarsen : 40—42. i\littelzehc inkl. der 8—9.5 mm langen Kralle: 32.5—35 mm. — ? ad., Brutvogel vom 28. Jlai 1903, Hjalteyri. Gewicht i. Fl.: 275 g (mit fast legereifem Ei). Gesaratlänge i. Fl.: 282 mm. Flügel: 191. Schwanz: 84. Schnabel : 23. Tarsen : 42. Mittelzehe inkl. der 7 mm langen Kralle : 32. - - Das Weihchen unterscheidet sich vom Männchen im Sonnnerkleide am auffälligsten durch gelbliche Mischung der Kopfseiten, größeren weißen Kinnticck, nuitteres, unreineres Schwarz an der Kehle, schmaleren, gelblichweißen Augenstreifen. Größenunterschied bei dieser Art weniger hervortretend. - Iris: dunkelbraun. Schnabel: scJiwarz. Füße: grünlichgrau bis schwarzgrau, Zehen ijumer dunkler. — Mageninhalte: sehr kleine Insekten, liart- gchalige kleine Schnecken. Der Goldregenpfeifer ist ein Zugvogel für Island, der gewöhnlich gegen Mitte April erscheint. Nach Scpraundssons Ki jährigen Beobachtungen zeigten sich die ersten Exemplare bei Reykjavik zwischen dem 7. und 20. April 2f)2 Cliaradriiis apricarius. (1. c.) Gröndal neimt als zeitigsten Termin den 10. d. M. (Ornis IX, S. 89), Jöusson als Hauptdurehzug für die Vestinannaeyjar den 20. bis 30. April (in litt.). Zu dieser letztgenannten Zeit mag wolil auf Island selbst auch erst die Menge der Vögel ankommen. Ich l)eobachtete unsere Art nicht vor dem 26. April bei Reykjavik. Anfänglich sieht man die Goldregenpfeifer in größeren Scharen beieinander. Schnell laufen die Tiere auf schneeft-eien Grasflächen umher, untenielimen gemeinsame kleine Umflüge, wobei sie nur ganz feine Lockrufe liören lassen, und fallen bald wieder an benachbarter Stelle ein. Dann scliauen die schönen, nun bereits recht sciiwarz))äuchigen Vögel unverwandt auf den Menschen in der Nähe, um sich bei ernstlicher Gefahr noch weiter fortzubegeben. Es ist in dieser Jahreszeit gar nicht leiclit, den Tieren scliußmäßig anzukommen. Bereits einige Tage nach ihrer Ankunft zerstreuen sich die Scharen. Nun vernimmt man zwar in den ein- samen Heidon häutig genug das traurige Du oder auch schon das sommer- liche Didüli. didüli. bekommt aber den Rufer selbst kaum zu Gesiclit. Sehr rascli eilt dieser zwischen den Erdhügelchen dahin und hält sich immer in angemessener Entfernung von seinem Verfolger. Schon Ende April beob- achtete ich überall bei Reykjavik das Balzen der Männchen. Besser aber noch kann man die Flugspiele der Vögel und die Mannigfaltigkeit ihrer Stimmen an den eigentlichen Brutplätzeu kennen lernen. Ende Mai bei Hjalteyri! Die Morgensouue flimmert in der klaren, leicht vom Winde bewegten Luft. Neues Leben strömt machtvoll durch alle Adern der Natur. Da steigt frohbewegt auch unser Goldregenpfeifer- männchen empor. Seine ganze Seele legt er hinein in das hundertmal wiederholte feierliche Tü-tü-tüdiü-tfldiü-tidüi-tidtti, das ab und zu in einen langanhaltenden, wolilklingenden Roller übergeht. Dabei beschreibt der Vogel oben am Himmel schöne Kreise, bewegt die Flügel meist langsam und gleichmäßig, schwebt aber auch zeitweilig, fängt plötzlich schnell zu flattern an, trillert und senkt sich zum Schlüsse steil auf den Boden herab. Ermüdet von der Anstrengung läuft er absatzweise zu dem Weibchen, das ihn mit einzelnen lieimlichen Tü-Lauten willkommen heißt. Haben mehrere Paare dicht beieinander ihren Nistbezirk. so suchen sich die Männchen oft mit Flug- künsten und unablässigem Flöten und Trillern zu überbieten. Da der Goldregenpfeifer aber im allgemeinen ein sanftes, verträgliches Temperament besitzt, kommt es selten zu Streitigkeiten. Im Gegenteil sieht man die Vögel der Nachbarschaft sogar während der Brutzeit liäuflg beisammen, und auch der kleine Alpenstrandläufer hält gute Freundschaft mit dem größeren Verwandten. Ende Mai ist das Nest fertiggestellt. Es befindet sich auf einem flachen Hügel oder auch inmitten einer trocknen Berglehne, oft zwischen strauchartigen Gewächsen, manchmal jedoch ganz frei im Grase. Die "Unterlage ist zwar nicht dick, aber fest und sorgfältig in die muldenartige Vertiefung gebaut. Sie besteht aus Grashalmen der Umgebung, einigen kleinen Blättchen und seltner auch etlichen Federn. Der Durchmesser des Nestes beträgt ungefähr 14, seine Tiefe 5 cm. Die Ablage der Eier beginnt im Nordlande kaum vor Ende Mai. Krüper fand ein volles Gelege am (Jhiu-adi iCy'i 28. d. M. (Naiimiiimia 1857, II, S. 19), auch Faber ueiiat diesen Termin, l^reyer hingegen sah am 22. Juni bei lUngvellir schon fast erwachsene Junge, was er indes selbst für einen Ausnahmefall hält (1. c, S. 397). 13 nord- isländisclie Gelege meiner Sammlung stammen aus der Zeit vom 2. bis 29. Juni; die nach dem 10. gesammelten waren mehr oder weniger bebrütet. Nur ein fast frisches, wahrscheinlich ein Nachgelege, erhielt ich noch am 21. Juni in der Gegend von Hjalteyri, sowie ein wenig bebrütetes am 26. Juni auf Grimsey. Gröndal sagt freilich, daß unsere Art im gebirgigen Teile der Müla-S.fsla erst im Juli brüte (Ornis IX, S. 96). Die Zahl der Eier beträgt fast immer 4, in Nachgelegen mitunter 3. Als Seltenheit erhielt ich auf Grimsey ein Gelege von ö sicher zusammengehörigen Eiern. Auf dieser Insel brütet der Vogel so vereinzelt, daß ein Zusammenlegen aucli ohne die charakteristisclie Ähnlichkeit der Eier niclit anzunehmen ist. Einige isländische Gelege meiner Sammlung zeigen folgende 3Iaße: 53,2x3,5 mm (1.65 g), 53x35,5 (1,75), 52x36 (1,7), 51,5x35,8 (1.7). — 52,2x34,5 (1,55), 51,5x35 (1,55), 51,5x3-1,5 (1,55), 51x34,2 (1,55). — 52x34,8 (1,6), 51,5x35,2 (1,6), 50 X 34.5 (1,5), 49 x 35,2 (1,55). — 52,2 x 35.2 (1,6). 51,2 x 34,5 (1,6), 50,2 x 35 (1.6), 49,5 X 35,2 (1,6). — 49,2 x 34 (1,65), 48.2 x 36 (1.65). 48 x 33,2 (1.5), 47,8 x 34 (1,65). — Das VoUgewiflit einer größeren Reihe von mir untersiu-hter Exemplare schwankte zwischen 28 und 33 g. — Eidotter hellgelb. Das Brutgeschäft dauert etwa 3 Wocheu, nach Faber 20 Tage. Ich fand am 3. Juni dicht bei Hjalteyri ein Gelege von 3 Eiern, die ich zu beobachten beschloß. Am 14., 20., 22. und 24. Juni fand ich 4 Eier vor. Am 25. früh war ein Junges ausgeschlüpft, ein anderes zerbrach eben die Schale. Die Alten lockten unablässig, schienen aber meine Ungefährlichkeit und zugleich meine Bemühungen zu würdigen. Weitere Beobaclitungen an dem Neste konnte ich leider nicht anstellen, da ich nach Grimsey fuhr. Das 1. Junge war also nach 21 Tagen ausgefallen. Das Weibchen sclieint allein zu brüten. Wenigstens habe ich, soweit sich die Geschlechter mit Sicherheit im Leben unterscheiden lassen, niemals das Männchen auf den Eiern gefunden. Dieses bleibt aber in der Nähe des Nestes und bewacht die Gegend. Zeigt sich irgend eine verdächtige Erscheinung, etwa ein Reiter, so läuft der Vogel diesem bis über die Grenze seines Reviers entgegen, stellt sich dort auf einen Grashügel und ruft eintönig ti-ti, tü-tü, dilü-dilü. Er begleitet nun den Reiter mit traurigem Rufen sohmge, bis dieser den Nist- bezirk verlassen hat. Gewöhnlich linden sich aber alle Grenznaclibarn ein, sodaß man bei langsamer Durchquerung der Heiden oft stundenlang von Goldregenpfeifern umgeben wird. Kommt man zu Fuß, sind die Vögel noch besorgter. Doch ist es schwer, in den ausgedelinten Gebieten das Nest eines bestimmten Paares finden zu wollen. Am besten reitet man langsam auf gut Glück zu, ohne sich viel nach den begleitenden Vögeln umzuscimuen. Nähert man sich einem Neste, so werden die Lockrufe lebhafter. Das bloße Du geht in Didüli Didiili über, was in der Erregung auch ohne Unterbrechung aneinandergereiht wird, etwa so schnell, wie man mittelmäßig spricht. Läßt man nun seine Blicke aufmerksam über die nähere Umgebung gleiten, so sieht man im günstigen Falle irgendwo einen Vogel aufstehen und mit 264 Cliarailriu.s apriciiriiis. bilngendeii Flügeln tiefniedorgeduckt fortlaufeu. Au dieser Stelle befindet sich dann das Nest. Erst 10 — 20 ni abseits fliegt das Weibchen mit einigen hohen, scharfen Ti ti ti davon. Nun erliebt sich das .Männchen, das wenige Meter nebeuherläuft. gewöhulicli gleirlil'alls in die Jjuft, vereinigt sich mit dem AYeibchen, worauf beide gemeinsam den Störenfried verfolgen. Die Kier werden erst dann wieder angenommen, wenn völlige Ruhe eingetreten ist. In einigen Fällen scheuchte ich in zerrissenem Heideterrain die Vögel auch wenige Meter vor mir vom Neste auf, einmal selbst von ganz frischen Eiern. Dies geschieht besonders bei lieftigem Sturme. Dann flattert das Weibchen mit merkwürdigen Flügelbewegungen ein großes Stück über dem Boden hin und kommt nicht gleich wieder zum Vorscheine. Die Dunenjungen verlassen nach wenigen Stunden das Nest und verstecken sich zwischen den Heidepflanzen. Trotzdem sah ich sie häuflger als verwandte Arten umherlaufen und sich nicht immer sogleich in eine Ver- tiefung drücken. Sie machen in ihrem goldiggelb und schwarz gefleckten Kleide einen äußerst schmucken Eindruck und werden von beiden Eltern mit treuer Sorge geführt. Ihre Flügelfedern wachsen sehr rasch, sodaß die Tierchen schon nach 10—14 Tagen ein wenig flattern können. Bis zur völligen Befiederung vergelien etwa 4 Wochen. Ende Juli, Anfang August fangen die Familien an, die weitere Umgebung des Brutplatzes zu besuchen. Sie bilden zunächst kleine Scharen von 10 — 20 Stück, die immer noch zutraulich, aber viel stiller als im ' Frülijahre umherlaufen oder in raschen Schwenkungen die Luft durclieilen. Sic rüsten sich allmählich zur Herbst- reise und führen, von sichtbarer Unruhe getrieben, oft halbe Stunden lang Flugproben aus. Gern lassen sie sich endlich auf einei- abgemähten Wiesen- fläche nieder, wo sie der Landbevölkerung als die ,.Heuvögel'' wohlbekannte Erscheinungen sind. Von Mitte August an traf ich auch auf öden, fast pflanzenlosen Kiesflächen viele Hunderte von Goldregenpfeiferu. Bei den Alten beginnt nun das Schwarz der Unterseite auch allmähli(,-]i zu ver- schwinden. Um diese Zeit werden die Vögel wegen ihres schmackhaften Fleisches in Menge geschossen. Ende September bis Anfang Oktober ver- lassen die übriggebliebenen unsere Insel, um südlichere Winterquartiere zu beziehen. Jönsson gibt als Hauptdurchzugstermin für die Vcstmannaeyjar die Zeit vom 20. September bis 10. Oktober (in litt). S?emundsson sah in 10 Jahren den letzten am 22. Oktober bei Reykjavik (1. c), Gunnlaugssou auf Reykjanes am 27. d. M. (Ornis VIII, S. 344.) Doch versuchen einige Vögel, wenn der Herbst warm ist, auf Island zu überwintern. Faber schoß 2 p]xemplare in den letzten Tagen des Dezembers 1820 (1, c), und Gröndal berichtet (Ornis IX, S. 88), daß in dem milden Winter von 1887 zu 88 dauernd eine Anzahl Goldregeupfeifer auf Reykjanes beobachtet wurden. 85. Aegialitis hiaticula (L.). Sandregenpfeifer. Charadriiis hiaticula (Linii.): Faber, Prodromiis, S. 22 (1822). — CJiaradrins hiaticula L. : Prever (& Zirkel), Keise nach Island, S. 3J)7 (1862). — Aegialitis hiaticuki Aegialitis hiaticiila. 265 (Linn.): Newton, in iJaring-Goiilds Iceland, p. 411 (1863). — C'Äarw/rms hiaücula L. : Gröndal, Islenzkt fiiglatal, bis. 38 (1895). — Mjialitis hialicula (Linn.): Slater. Kirds of Iceland. p. 81 (1901). Charadritts hinikula^L.: Collin, Skandinaviens Fngle, 8.445 0877). — M(jiaUtis hiaÜcola (L.): Sharpo. Cat. Birds ßrit. Mus. XXIV, p. 256 (1896). -~ .Egialitis hiaücula (L.): Winge, Grönlands Fuglc, S. 152 (1898). — Charadrius hlat'mda L.: Naumann, Vögel .Mitteleuropas VIII, 8. 59 (1902). Isländisch: Sandlöa (von sandr = Sand, loa = Regenpfeifer), verkürzt Sandlü. Auch dän.: Sandborro. Xorw. : Sandmyla. Schwed.: Sandrulling. Aegkdiüs hiaücula bewohnt die westliche paläarktische und die benachbarte arktische Kegion, etwa zwischen Grönland und den Neusibirischen Inseln. In Siid- westeuropa brütet sie nur selten, häufig aber auf den Britischen und den nordwärts liegenden kleinen Inseln bis zu den Färöern, von Norddeutschland an durch ganz Skandinavien, Lappland, Finnland und Nordrußland, in Sibirien bis Daurien. Nord- wärts fand man sie brütend auf TainijT, Nowaja Semlja, Dolgoi und Waigatsch; auf Spitzbergen traf sie Nansen noch unter 82" 59' n. ßr. Ferner brütet unsere Art auf .lan Mayen und angeblich im ganzen grönländischen Gebiete bis zur Nordküste, wahr- scheinlich auch auf Grinnell-Land. Selten nur haben sich etliche Vögel im östlichen Nordamerika und an der Tschuktschen-Küste gezeigt; südwärts wandern sie regebnäliig durch ganz Afrika und ausnahmsweise bis Australien. In Island ist der Sandregenpfeifer ein nicht seltner Brut vogel, der unfruchtbare oder auch völlig pflanzenlose Kiesflächen und steinige Ebenen bewohnt, am häutigsten solche, die von einem fließenden Gewässer durch- schnitten werden. In den Gebirgen des Innern geht er ziemlich hoch hinauf, brütet aber auch in- der Nähe des Meeres und auf Gestadeinseln, z. B. den Vestmannaeyjarn und Grimsey. Zwei isländische Brutpaare meiner Sammlung vom 7. und 2U. Mai, sowie ein 3. nicht präpariertes, vom 29. Mai 1903, zeigen folgende Maße. (S'dd. Gewicht i. Fl.: 55— 68 g. Gesamtlänge i. Fl.: 170— 173 mm. Flugbreite: c. 375. Flügel: 127—131. Schwanz: 65— 68. Flügel -j- Schwanz: 0—10. Schnabel: 13. Tarsen : 24. Mittelzche inkl. der 4— 5 mm langen Kralle: 19 — 20 mm. — ?ad. Gewicht i. Fl.: 55- 70 g. Gesamtlänge i. Fl : 170-180. Flugbreite: c. 420. Flügel: 127—133. Schwanz: 64—68. Schnabel: 13-13,8. Tarsen: 23,5—24. Mittelzehe inkl. der 4— 5 mm langen Kralle: 19 — 19.5 mm. — Iris: dunkelbraun. Schnabelgrund: lebhaft orangegelb (cJ) oder trüb- orange ($). Füße: rötlichgelb, mit schwachem Schimmer ins Graue, was an den Gelenken und besonders an den Spitzen der Zehen dunkler ist. - - Bei dem Weibchen ist die schwarze Hals- und Stirnbinde nicht so breit und dunkel, vor allem aber die Ohrengegend nie schwarz, sondern heller oder dunkler braun — 2 Mageninhalte (die Vögel wurden am 5. und 7. Mai am Strande bei Reykjavik erlegt) zeigten außer scharf- kantigen Steinchen und Resten von Käfern, bes. Rüsselkäfern, zahllose flach sichel- förmige, 1—1,5 mm lange Chitinstückchen mit gczähnelten Schneiden. Diese bilden offenbar die einzigen unverdaulichen Reste sonst leicht verdaulicher Nahrung und stammen zweifellos von kiefertragenden Borstenwürmern (l'olychaeUw). Die Vögel müssen wochenlang den freilebenden Raubannelidon (Errunüa) nachgegangen sein, da sich deren winzige Kiefern in solcher Menge angesammelt haben (W. ßaer). Der Sandregenpfeifer ist ein Zugvogel für Island. Faber bezeichnet als Zeit seiner Ankunft den 22. bis 28. April (1. c). Jönsson als Hauptdurch- zugstermin für die Vestmannaeyjar den 20. bis 30. d. M. (in litt.). Gröndal den Mai (Ornis IX, S. 92), Ich sah die ersten am 26. April bei Keykjavik. Anfänglich halten sich die schon gepaarten Vögel an den Küsten oder in deren Nähe auf und vereinigen sich oft mit andern iiiresgleichen oder ver- 26(3 Aegialitis hiaticiila. wandten Arten. Dom Menschen gegenüber sind sie nicht besonders scheu, laufen aber bei seiner Annäherung rasch davon, um erst in angemessener Entfernung Halt zu machen. Sind keine Kiesflächen am Strande, fliegen die Vögel eher auf. Ihr Flug ist äußerst schnell und leicht, selten grad- linig, mitunter ganz schwalben artig über dem Wasser gaukelnd. Dabei rufen sie kurze D, D, Gik, Gik. im Laufen ein wohlklingendes Tüi, das dann und wann in der Erregung zu einem langsamen Triller: tüitüi... verbunden wird, der den Balzgesaug darstellt. Diese Töne ähneln oft der Stimme von Totaniis tolanus, liegen aber meist tiefer und sind niclit so klangvoll. Mit- unter hört mau auch rauhe Diub uud ein unterhaltendes Geckern. Mitte bis Ende ]\Iai begeben sich die Sandiegenpfeifer nach ihren Brutplätzen. Gewöhnlich halten sich mehrere Paare dicht beieinander auf, gelegentlich trifft man aber auch völlig vereinzelte, die dann doppelt zutraulich sind. An stillen Abenden vernimmt man imn häufig ein langsam trillerndes Düledüledü. mit dem sich die Gatten antworten. Betritt man die Steinhalde, die den Nistbezirk darstellt, so kann man die Vögel große Strecken vor sich hertreiben, wobei man häufig auf 4 bis 5 Meter an sie heran- kommt. Schießt man den einen Teil des Paares, so verläßt der andere selten den Platz, sondern klagt so lebhaft, daß man sich veranlaßt sieht, ebenfalls auf ihn anzulegen. Ein eigentliches Nest errichten die Vögel nicht. Die 4, selten 3 Eier werden in- eine unbedeutende Vertiefung inmitten der Kies- oder Sandfläche gelegt und sind wegen ihrer vortrefflichen Schutz- färbung schwer zu finden. Die Vögel brüten durchaus nicht blos in der Nähe des Meeres; ich traf sie auch überall im Innern, z. B. auf dem Hölasandr. in der Umgebung des Myvatn, bei Nordtunga (W.), beim ]')ingvallavatn. Die Ablage der Eier erfolgt im Juni, nicht selten erst in der 2. Hälfte des Monats. Ich fand nur ein einziges Gelege am 4. Juli auf Grimsey, in dem die Jungen völlig entwickelt waren. Von der gebirgigen Müla-Sysla hat Gröndal Nachricht, daß unser Vogel hier erst in der letzten Hälfte des Juli brüte (Ornis IX, S. 96), was als Regel unwahrscheinlich ist. Isländische Eier meiner Sammlung zeigen folgende MalJe: 3 (1877). — Arenaria interpres (L.): Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXIV, p. 92 (1896). — Strepsilas interpres (L.): Winge, Granlands Fugle, S. 155 (1898). — Arenaria interpres (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas VIII, S. 82 (1902). Isländisch: Tildra (Etymologie unklar; Gröndal hält das Wort für eine Femininform von Tjaldr = Haematopus: Yorbum tildra = aufeinanderlegen, darnach ähnlicher Sinn wie der deutsche Name). Auch dän.: Stenvender. Norw.: Stenva^lter. Engl.: 'J'urnstone. Fär. : 'jjaldurs- grälingur. Arenaria interpres brütet zirkumpolar in den Küstenländern der arktischen Region und einiger benachbarter Gebiete, ist aber als eine der verbreitetston Vogel- arten an fast allen Meeren der Erde, bis hinab zum Süden der Kontinente, beobachtet worden. Brütend fand man sie vielerorts im nördlichen Nordamerika, besonders im Gebiete der Uavis-Straße, nordwärts bis Nordgrönland und Grinnell-Land, wo sie Feilden noch unter 82'* 30' antraf, aber auch an den übrigen Küsten Grönlands, ferner in Nordsibirien bis hinauf zu den Neusibirischen Inseln, Taimyr und dem südlichen ßan-nts-Meer. Auf Nowaja Semlja brütet sie nicht häufig, und von Franz-Joseph- Land. Spitzbergen, der Bären-Insel und Jan Mayen ist dies überhaupt noch nicht nachgewiesen. Wohl aber kennt man ihre Brutplätze im nördlichen Rußland, Finnland und in Skandinavien bis zum Nordkap hinauf, südwärts in geringer Zahl bis zur deutscheu Ost- und Nordsee. Die Britischen Inseln scheint sie nur auf dem Zuge und im Winter zu besuchen, auf den Färöern auch nur vereinzelt zu brüten. Für Island kann man den Steinwälzer als einen nicht seltnen Brnt-, Stand- und Winter vo gel bezeichnen, doch scheint nur ein kleiner Teil der an den Küsten lebenden Individuen auf der Insel zur Fortpflanzung zu schreiten. Audi dürfte die Häufigkeit ilires Vorkommens in verschiedenen Arenaria interpres. -tnu Jahren eiiiehlichon Voräiideninoen uiitenvorCcn sein. Ktliclic Boobiu-litor. wie Preyer und Krüper, trafen die Art gar nicht oder sehr selten, andere, wie Faber, Gröndal und icii selbst, recht zahlreich an. Einige von mir präparierte isländische Bälge meiner Sammlung zeigen iolgende 3Iaße. 3(5 ad. vom 7. 31ai 1903, Keykjavik, die 2 letzten fast ausgefärbte Exemplare. Oewicht i. Fl.: 112— 124 g. Gesamtlänge i. Fl.: 213— 228 mm. Flugbreite: 405—487. Flügel: 149—153. Schwanz: 70-78. Schwanz -f Flügel: 5. überschnabel (von der Stirnbefiederung an): 21,5. Tarsen: 25,5—26. Mittelzehe inkl. der fj— 7 mm langen Kralle: 26— 27 mm. — 4$ ad., 2 vom 5. Mai, Reykjavik, 2 vom 29. Mai, Hjalteyri. Gew. i. FL: 121— 158 g. Gesamtlänge i. FL: 225—233. Flugbroite: 480—495. Flügel: 150—157. Schwanz: 73—74. Schwanz -f- Flügel: 0—4. Schnabel: 21 — 23. Tarsen: 24,5—26. Mittelzehe inkl. der 5 mm langen Kralle: 25 26. — Iris: dunkelbraun. Schnabel: dunkel grünlichschwarz. Unterschnabel oft mit helleren rötlichgelben Flecken. Füße: hellorangegelb bis dunkel zinnoberrot, an den Gelenken, beson^ders an den Zehen, oft starker schwärzlicher Anflug. - Das alte Männchen ist nicht nur ein wenig kleiner als das alte Weibchen, sondern unterscheidet sich von diesem durch das Weiß des Oberkopfes und das ausgedehntere Rostbraun des Kückens. — 5 Mageninhalte: Yögel erlegt vom 5. — 7. Mai am Strande bei Reykjavik, zeigen sämtlich, teilweise in bedeutender Menge. Schalenstücke von Balaniden (Seepocken); Skuta und Terga vielfach wohlerhalten, erstere 5 mm lang; ferner Spindeln von Littoiiniden (Strandschnecken). Nur ein Magen lieferte einige Reste von Dipteren, die ihrem wohlerhaltenen Flügel- geäder nach zur Unterfamilie der Scatophaginae gehörten und zwar wahrscheinlich zur Gattung Fucellia (W. Baer). Bei der, Melu-zahl der in Island zur Beobachtuug kommenden Stein- wälzer dürfte es sich um Durchzügler handeln, die gewöhnlich Ende April erscheinen. Ich sah vom 1. Mai an täglich Scharen zu 20 — 4<) Stück an den Flachküsten bei Reykjavik, denen sich nur selten einzelne andere Strand- läufer beigesellt hatten. Die Vögel verhielten sich nicht besonders scheu, sodaß ich mit einiger Vorsicht fast immer auf 30— 40 m, mehrmals sogar auf 10 — 15 m herankommen konnte. Zur Zeit der Flut sitzen die Scharen dicht beisammen auf großen Steinen im Wasser oder auch am üfer. Gelegent- lich suchen sich die Tiere gegenseitig zu verdrängen, wobei sie ein eigen- tümliches schnarrendes Brrrr hören lassen. Der wirkliche Lockruf ist ein kurzes, oft vielmals wiederholtes Bri. Beim Abfliegen verwandelt sich dieses häufig in ein finkenartiges Birui oder Dileri. Der Schwärm fliegt gemeinsam auf, schwenkt eilig durch die Luft und läßt sich bald au benachbarter Ufer- stelle von neuem nieder. Schießt man, so kehren die unverletzten Vögel gewöhnlich zu den getöteten Genossen zurück. Flügellahm suchen sie sich durch langsames Schwimmen zu retten. Zur Zeit der Ebbe laufen unsere Steinwälzer emsig zwischen dem Strandgeröll dahin, lesen kleine Muscheln und andere Seetierchen auf und hacken mit dem starken Schnabel die See- pocken von den Steinen. Da sie niemals Mangel an solcher Nahrung haben, werden sie überaus fett und setzen mitunter eine dicke weißliche Schicht unter der Haut an. Im allgemeinen fand icli die Tiere auch nicht besonders lebhaft, in ihren Bewegungen mehr kraftvoll als zierlich, in ihrem Wesen ruhig und gesetzt. Die meisten dieser durchziehenden Vögel scheinen Mitte bis Ende Mai weiter nach Grönland zu wandern, da man vom Juni an nur selten noch Steinwälzer erblickt. 270 Haeinatopus ostralegus. Über das Brüten unsrer Art in Island liegen nur dürftige Mitteilungen vor. Faber fand, wie er im Prodroraus hervorhebt (8. 27), nie ein Nest des Vogels, scheint aber später Eier vom Nordlande erhalten zu haben (Collin, 1. c, S. 457). Thieneraann besaß gleichfalls Hxeiuplare aus Island, hat sie aber wahrscheinlich auch nicht selbst mitgebracht; 4 davon befinden sich jetzt in meiner Sammlung und zeigen als Maße: 43,8x29 mm (1 g). 42,9x29 (1), 42,2x29 (1,05), 42x28,2 (0,95). Sie sind bekanntlich für die Art gut charakterisiert. Proctor erhielt ebenfalls sichere Eier aus Nordisland (Newton, 1. c.) und in neuerer Zeit Slater (1. c). Havsteen bezeichnete mir den Stein- wälzer nur als gelegentlichen Brutvogel im Gebiete des Eyjafjördrs. Ich selbst habe leider unsere Art niemals am Neste getroffen, was vielleicht auf Zufall beruht. Das Brutgeschäft vollzieht sich äußerst verborgen, wenn auch in ähnlicher Weise wie bei den verwandten Arten. Kleinere Scharen bleiben während des Sommers am Sti'ande, ohne sich fortzupflanzen, wie dies der Steiuwälzer in allen Teilen der Erde tut. Am 29. Mai erlegte ich bei Hjalteyri 2 derartige Weibchen, die allein am Ufer umherliefen. Der Eierstock des einen Vogels war gar nicht, der des anderen nur schwach entwickelt. Von Ende August an zeigen sich Scliareu alter und junger Individuen an den Küsten. Ob dies freilich isländische Brutvögel oder grönländische Herbst wander er sind, ist zweifelhaft. Die Mehrzahl verschwindet Ende September wieder von Island. Doch trifft man auch im Winter regelmäßig Steinwälzer im Süden des Landes. Bei diesen ist natürlich ebenso fraglich, ob es isländische Standvögel sind, wie Gröudal vermutet (Ornis II, S. 360), oder bloß nordische Gäste, beziehentlich AVintervögel aus höheren Breiten. Faber schoß ein Exemplar am 11. Dezember 1820 bei Reykjavik; Gröndal sagt, daß unsere Art häufig im Winter erlegt würde (l. c), und Ssemundsson teilt sogar mit (1. c), daß die Vögel in den letzten 10 Jahren regelmäßige Wintergäste am Strande bei Reykjavik gewesen seien, fast ebenso zahlreich als Arqnatdla mantimu. Er hat sie im Januar und Februar. 1899 — 1900 den ganzen Winter über beobachtet. 87. Haematopus ostralegus L. Austernfischer. Hcematopus ostralegus (Linn.): Faber, Prodromus, S. 21 (1822). - Hcematopus ostrealegus h. Preyer: (& Zirkel), Keise nach Island, S. 398 (1862). — Haematopus ostralegus (Linn.): Newton, in ßaring-Goulds Iceland, p. 411 (1863). -- Haematopus ostralegus L. : Gröndal, Jslenzkt fuglatal, bis. 39 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 88 (1901). Haematopus ostralegus, L.: Collin, Skandinaviens Fugle, S. 458 (1877). — Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXIV, j). 107 (1896). — Hmnatopus ostreologus L.: Winge, Granlands Fugle, S. 157 (1898). — Haematopus ostrilegus L. : Xaumanu, Vögel ilittel- europas VIII, S. 91 (1902). Isländisch: Tjaldur (Etymologie unklar, ursprünglich wohl vom Kufe abgeleitet). Auch dän. & norw. : Tjeld, Kjeld. Schwed. : Tjäll. Fär. : Tjaldur, Tjäldur, Kjakdur. Haematopus ostralegus bewohnt die paläarktische Region von Island bis Zentral- asien und geht auf dem Zuge bis Nordindien, Südwestasien und in den Küstengebieten Haeiiiatopus ostralepus. 271 Afrikas bis Mozambique und SeneRambien hiiial). Er brütet nur stellenweise an den südlichen Gestaden Europas, häufig im mittleren Teile, besonders an der Nord- und Ostsee, auf den Britischen Jnseln, den Färöern und in ganz Sliandinavien bis zum Norden des Erdteils. Von den arktischen Gebieten kennt nnin ihn nicht; nur in Grönland hat er sich wiederholt im Südwesten gezeigt. Island bewohnt der Austernfischer als nicht seltner Brut- und größtenteils Standvogel. Er ist im Süden der Insel weit häufiger als im Norden, wo er stellenweise ganz fehlt. Für gewöhnlich trifft man ihn am Meeresstrande. Nach Faber und l'reyer brütet er aber auch hin und wieder am Ufer größerer Flüsse und Seen, die eine bequeme Verbindung mit dem Meere haben. So traf ihn Preyer zur Brutzeit am ))iogvallavatn. Ein 9 ad. meiner Sammhing, Brutvogel, erlegt am 29. Mai 1903 bei Hjaltcyri. zeigt folgende Maße. Gewicht i. FL: c. 750 g. Gesamtlänge i. Fl. (vom Beginn der Kinnbefiederung an): 370 mm. Flügel: 259. Schwanz: 130. Schnabel: 69. Tarsen : 49. Mittelzehe inkl. der 6,5mm langen Kralle: 89. — Iris: gelbrot. Schnabel: lebhaft orange, nach der Spitze zu gelblich. Füße: schmutzig rötlichgrau. — Mageninhalt: Zahlreiche Spindeln von Littoriniden, kleine Krustaceen, Steinchen bis zur Größe von 2 mm. Der x4usternfisclier ist ein so auffälliger und biologisch gut bekannter Küstenbewohuer, daß ich mich im folgenden kurz fasse. Nur ein geringer Teil der isländischen Tiere sind Zugvögel. Jönsson beobaclitete ihr Er- scheinen auf den Vestraannaeyjarn gewöhulicli in der Zeit vom 1. — 20. April (in litt.). Vom 22. d. M. an sah ich sie recht häufig und überall schon paarweise am Strande von Reykjavik. Die Vögel benahmen sich fast immer sehr vorsichtig und flogen auf große Entfernung mit kurzem Ti Titi davon, wodurch sie' auch andere Vögel warnten. Anfang Mai fand ich sie etwas abseits vom Meere auf kahlem, steinigem Terrain, das ihr Brut gebiet dar- stellt. Sie lassen den Menschen hier nun schon näher kommen und um- fliegen ihn oft in bequemer Schußweite. Vom 7. Mai an verkündete das klägliche Geschrei den eigentlichen Beginn des Brutgeschäftes. Mit gleich- mäßigen, nicht besonders schnellen Flügelschlägen nähern sich die Vögel dem Menschen, wobei sie ein sehr hohes, langgezogenes Wiep, dann auch eiu kurzes, scharfes Bib oder ein erregtes Bitwübit ausstoßen. Nun hört man auch öfters das laute, anhaltende Trillern des Männchens: Bikbikbikbrrr... . Der Vogel steht dabei gern auf einem freien Platze, streckt Kopf und Hals weit von sich und öffnet den Schnabel. Die Ablage der meist 3 Eier erfolgt im allgemeinen Mitte Mai, gelegentlich schon zu Anfang des Monats, im Nordlande gewöhnlich Ende desselben oder seltner auch erst Anfang Juni. Die Eier werden ohne jede Nestunterlage auf steinigen Boden, eine Kiesfläche oder inmitten dürftigen Graswuchses gelegt und sind nicht immer leicht zu finden. Doch verraten die Vögel den Nistplatz durch besorgtes Umherfliegen und lebhaftes Locken. Isländische Eier meiner Sammlung zeigen folgende Maße: 60 X 40 nun (3,55 g"). 59x40 (3,5). 58x40 (3,5). 58x39 (3,4). 57,5x39 (3). Die Brutdauer beträgt nach Faber 24 Tage. In der Regel sitzt das Weibchen auf den Eiern, wird aber gelegentlich von dem treue Wacht haltenden Männchen abgelöst. An warmen, sonnigen Nachmittagsstunden 272 Lagopus rupestris islan(l()riin\. siebt man mitunter beide Vögel die Eier verlassen und in der Nähe umher- laufen. Aber auch sonst brütet das Weibchen selten fest. Schon auf weite Entfernung hin erhebt es sich vom Neste, um absatzweise fortzulaufen oder scliwankenden Fluges davonzufliegen. Die unscheinl)aron Dunenjungen werden freilich von den Alten sehr geliebt und nahende Feinde mit lebhaftem Geschrei, oft in großer Nähe, umflogen. Die Tierchen verbergen sich anfangs zwischen Steinen und sonstigen Vertiefungen, suchen sich späteren Ver- folgungen durcli Laufen und Schwimmen zu entzielien und sind nach etwa 4 Wochen beüedert und flugbar. Von Ende Juli an scharen sich die Familien am Meeresufer zusammen und bevorzugen zum Aufenthalte sclilammige Sandflächen, an welchen icli sie Mitte August zu Dutzenden im Siklwestlande traf Ihre Hauptnal)rung bilden hier die in Unmenge vorhandenen Sand- würmer (Areiiiroiidae), die sie geschickt mit dem langem Schnabel hervor- ziehen. Oft waten die Vögel auch bis an den Leib im Wasser umlier und schwimmen sogar gelegentlich. Anfang September sollen die nordisländischen Brutvögel allmählich nach den Küsten des Südlandes streifen und hier zum größten Teile über- wintern. Nur eine kleinere Zahl verläßt unsere Insel und wendet sich südlicheren Gestaden zu. Jöussou stellte als Häuptzeit für den Herbstdurch- zug auf den Vestmannaeyjarn den 20. September bis 10. Oktober fest (in litt.). Faber sagt, daß man die Austernfischer während des Winters in gToßeu Scharen im Südiande anträfe, was Gröndal bestätigt (Ornis II, S. 360), Hierbei dürfte es sich ausschließlich um isländische Brutvögel handeln. 88. Lagopus rupestris islandoruni (Faber). Isländisches Schiieehulin. Tetrao Islundorum (mihi): Faber, Prodtomiis. S. 6 (1822). — Lagopus islandorutu : l'reyer (& Zirkel). Reise nach Island, S. 395 (18(i2). — Lagopus islandoruni (Faber): Newton, in Baring-Goiilds Iceland, j), 410 (1863). — Lagopus alpinus Nilss. : Gröndal, islenzkt fuglatal, bis. 38 (1895). — Lagopns rupestris (Gmelin): Slater, Birds of Iceland, p. 77 (1901). Lagopus alpina Nilss.: CoUin, Skandinaviens Fiigle, S. 419 (1877). — Lagopus rupestris (Gm.): Ugilvie-(Jrant, Cat. Birds Brit. ]\Jus. XXII. ]). 48 (1893). — Lagopus rupestris {= Islandorum): Naumann, Vögel Mitteleuropas VI, 8. 58 (1897). — Lagopus mutus (Mont.) var. rupjestris (Gmel.): Winge, Grönlands Fugle, S. 124 (1898). Isländisch: Rjüpa (Etymologie unsicher, entweder verwandt mit ropa = rülpsen, der Stimme wegen, oder mit ripr = Felsen. Berg), Bjüpkarri, ältere Form Rjüpkeri (für das (5, des Balzrufes wegen). Auch dän.: Rype, Fjeldrype. Norw. : Rjupa, Fieldrype. Schwed.: Ripa, Fjällripa. Lagopiis rupestris islandorum dürfte die Island eigentümliche Lokalrasse des Felseuschneehuhnes darstellen. In Grönland wird sie durch den sehr ähnlichen L. r. reinhardti (Brehm, Lehrb. Eur. Vög., S. 440. 1823) vertreten, von dem sie aber doch wohl, schon einer etwas bedeutenderen Größe wegen, subspezifisch getrennt werden muß. Im andern Falle hätte wenigstens unser Name, als der ältere, den A'orrang. Das übrige Nordamerika, sowie Nordsibirien, bewohnt L. r. rupestris (Gm). Zur Zeit lassen sich sichere Diagnosen für die einzelnen Subspezies nicht geben. Der schwarze Zügelstreif, den auch das Weibchen vom Januar bis Mai trägt, dürfte das sicherste Kennzeichen der Art sein. Lagopus rupestris islandorum. 970 Das isländische Schneebubu ist ein häufiger Brut- und Standvogel in allen Gegenden der Insel, wo niedriges oder höheres Gesträuch sich findet, in der Nälie des Meeres ebensowohl, als hoch oben im Gebh-ge. Es bewohnt die Heiden. Hochmoore und Bruchgebicte, aber aueli zerklüftete Lavafelder und Bergbänge, die nur dürftige Bedeckung von Betula nana. Kricaceen, Vaccinien und anderen Arten niederer Sträucher besitzen. Stellenweise ist es überaus häufig, anderwärts seltner, vollständig fehlen dürfte es aber in keinem Teile Islands, wo Gebiete wie die bezeichneten sich finden. Unsere Art variiert bedeutend in Färbung und Größe, schon nach der verschiedenen Entwicklung des Sommer- und Winterkleides, weshalb grolie Serien ausgefärbter VJigel notwendig sind, um sichere Formenunterschiede aufzustellen. Faber hat im Prodromus eine ausfüiirliche Besehreibung der einzelnen Kleider des isländischen Schneehuhns gegeben, die freilich für gewisse Individuen auch nicht ganz zutreffend ist. Ich besitze nur 7 alte Vögel in meiner Sammlung, sah noch eine Reihe in Museen und große Mengen im Winter erlegter Exemplare in Reykjavik. Die Mäimchen sind im allgemeinen etwas größer, haben einen stärkeren Kopf und einen ausgeprägteren schwarzen Zügel als die Weibchen, bei denen dieser vom Juni bis Dezember oft nur angedeutet ist. Das Weibchen erhält die Sommertracht viel eher, sodaß man schon Anfang Juni aus- gefärbte Exemplare findet, während das Männchen überhaupt selten alles Weiß im Kleingefieder verliert. Im April fallen die langen, schaufelföruiigen Nägel ab, nachdem sich darunter die neuen, kurzen und dicken Krallen gebildet haben. — Etwa 20 von mir im Fleische untersuchte Exemplare zeigten folgende Maße. Uewicht: 550— 700 g. Gesamtlänge: 335— 380 mm. Flugbreite: c. 600. Flügel (mit Zirkel gern): 181—200. Schwanz: 112 — 128. Schwanz -|- Flügel : 50 — HO. Schnabel (von der bei den Nasen- löchern am weitesten vorspringenden Befiederung bis zur Spitze): 9 — 11. Schnabel- höhe (an der entsprechenden Stelle): 7 — 9. Tarsen: 31 — 35. Mittelzehe inkl. der 7 — 18 mm langen Kralle: 30 — 40 mm. — Iris: dunkelbraun. Schnabel: schwarz. Füße (im Soramerkleide): grau, Sohlen mehr gelblich. Nackte Augenwulst : lebhaft zinnober- rot {(S) oder blaßrot (?). — Kropf und 31agen enthalten c. 1 cm lange abgebissene Stengelstücke von Ericaceen, Vaccinien, Betula nana, Knospen derselben, harte über- winterte Blätter verschiedener Pflanzen, zarte kleine Blüten, Beeren, Steiuchen. Ein Kropfinhalt wog 30 g. Das isländische Schneehuhn ist ein Standvogel auf unserer Insel, verweilt freilich dauernd nur an einigen besonders günstigen Örtlichkeiten. Zeitig im Frühjahre, gewöhnlich im April, ziehen sich die Paare nach ihren Brutplätzen zurück, die nicht selten auch in geringer Höhe über dem Meere oder sogar ganz in dessen Nähe liegen. Wenn dann im Mai der Schnee mehr und mehr schwindet und das Gesträuch neue Knospen und Blätter treibt, beginnt das Männchen mit Balzen. Besonders gegen Abend durch- eilt der Vogel in ki-aftvollem, fast taubenartigem Fluge die einsame und schweigende Heide. Oft 20—30 ra hoch bewegt er sich mit gleichmäßigen Flügelschlägen oder auch in langem schönen Schweben dahin, senkt sich dann in raschem Schwünge gegen die Erde nieder, wobei er ein kurzes, stark knarrendes, lautes und tiefes Korrr (Zungen-R, ganz ähnlich wie das Knarren eines sog. Waldteufels) hervorbringt, das einen Kilometer weit hörbar ist. Sofort erhebt er sich aber zur vorigen Höhe, schwebt dann abermals mit dem rasselnden Schnarren ubwärts und so fort, bis er sich endlich auf dem Boden niederläßt. Der harte, in der Nähe oft erschreckende Balzruf, nach dem das Männchen seinen isländischen Namen trägt, ist überaus 18 Hantzsch, Vogel weit Islands. 274 Lagopus rupestris islnndornm. charaktevistisch und mit keiner anderen Vogelstimrae zu verwechseln. Ende Mai sieht man die Paare meist dicht beisammen. Sie benehmen sicli dem Menschen gegenüber so zutraulich, daß man sie leicht beobachten kann. Wenn man in ihre Nähe kommt, stellt sich das weiße Männchen, von dem zu dieser Zeit gewölnilich erst der Kopf braun gefärbt ist, regungslos auf einen Grashiigel oder Stcinblock. Lebhaft leuchten seine roten Kämme über den Augen. Das viel braunere AVeibchen hält sich gewöhnlich mehr verborgen. Erst auf 10 m fliegen oft die Schneehühner mit raschem Fluge davon, wobei das Männchen nicht selten ein kurzes, scheltendes Knarren hören läßt. Einmal schoß ich, noch ehe die Vögel Eier hatten, ein Männchen tot, worauf das Weibchen nur ein paar Schritte weiter lief, stehen blieb und nun in aller Ruhe gleichfalls erlegt werden konnte. Anfang Juni scharrt das Weibchen eine flache Nestgrube, am liebsten unter Gesträuch oder zwischen Felsbrocken und Erdhügelchen, kleidet sie dürftig mit harten Blättern, manchmal auch noch mit etwas Moos und einigen Federn aus und beginnt mit der Ablage der Eier. Volle Gelege findet man gewöhnlich Mitte Juni. Gröndal sagt freilich, daß in der gebirgigen Müla-S;fsla unsere Vögel erst spät im Juli brüteten (Ornis IX, S. 96), was aber kaum die Regel sein dürfte. 7 nordisländische Gelege meiner Sammlung stammen aus der Zeit vom 11. — 19. Juni, ein Nachgelege von 4 Stück noch vom 30. Juni. Sie enthalten 7, 9, 10, 10, 11, 11 und 12 Eier. Doch hat Faber bis 14 Stück in einem Neste gefunden (1. c, S. 12), während Thienemann die Zahl mit 6 — 10 angibt (Portpflanzung, S. 38). Zwei Gelege meiner Sammlung zeigen folgende Maße: 46 x 29,8 mm (1,5 g), 44x30,8 (1,4), 44xb0,5 (1,4), 44x28,5 (1,4), 43,2x30,8 (1,55), 43,2x29,5 (1,45), 43 X 30,2 (1,52), 43 x 30,8 (1,45), 43 x 30,2 (1,45), 42,5 x 30,2 (1,45), 42 x 30,5 (1,45), 42 X 29,5 (1,4). — 43,2 x 30 (1,4), 43 x 29,5 (1,45), 42,5 x 30 (1,45), 42,5 x 29,5 (1,3), 42,2x30 (1,4), 42,2x30 (1,35). 42x30 (1,45), 41x30 (1,45), 41x30 (1,4), 40,5 x 30 (1,45). Das Weibchen brütet 3 7.3 Woche allein, sitzt oft außerordentlich fest und verläßt das Nest gewöhnlich erst im letzten Augenblicke, um mit hängenden Flügeln ein Stück fortzulaufen. Das Männchen hält sich in der Nähe auf, zeigt sich bei Gefahr nicht selten auf erhöhten Plätzen und lenkt dadurch die Aufmerksamkeit vom Neste ab. Gelegentlich fliegt es aber auch, bisher im Gesträuche verborgen, plötzlich in die Höhe, wobei es laut knarrt. Sind die Dunenjungen Mitte Juli ausgeschlüpft, so verhalten sich die Eltern noch besorgter. Während die Tierchen zwischen dem niederen Strauch- werke dahineilen oder sich regungslos still verhalten, läuft das Weibchen, jede Deckung verschmähend, mit niedergebeugtem Körper vor dem Menschen her, wobei es Schwanz und Flügel tief hängen läßt und angstvoll warnend gok gok ruft. Oft kann man so den Vogel auf 6 — 10 m vor sich hertreiben. Nähert man sich zufällig den verstecktliegenden Jungen oder erfaßt sogar eins derselben, so wird die Alte immer ängstlicher, schleift mit Flügeln und Schwanz auf der Erde, rutscht wie gelähmt am Boden hin und ruft klagend Kur, Kr. Nun fliegt das Männchen, das sich in der Nähe ver- borgen hielt, mit kurzem Knarren in die Höhe, um freilich sogleich wieder Lagopus rupestris isLandoriini. 275 einzufallen. Hat das Weibchen aber den Feind glücklich fortgelockt, so erhebt es sich ebenfalls mit einem dumpfen Hahaha... oder Kokoko... der Be- friedigung-. Die Dunenjungen erlialten schon nach wenigen Tagen richtig befiederte Flügel, mit denen sie etwas flattern können. Eine Woche alt fliegen sie bereits rasch und hoch, wie ein Schwärm Drosseln, durch die Luft. Ein etwa 4—5 Tage alter Vogel meiner Sammlung, (5, vom IH. Juli 1903 aus der Gegend vom Myvatn, zeigt folgende ]\Iaßt>. Gewicht i. Fl.: 39 g. Gesamtlänge i. Fl.: 105mm. J'lugbreite: 240. Flügel: 69. Schwanz: 14. Flügel = Schwanz. Schnabel (von der am weitesten vorspringenden Befiederung bis zur Spitze): 5,5. Sehnabolhöhe: 5. Tarsen: 18. Mittelzehe inkl. der 5 mm langen Kralle: 17 mm. — Iris: dunkelbraun. Schnabel: dunkel schwarzgrau, Unterschnabel am Grunde schmutzig fleischfarben. Sohlen: gelblich. — Mageninhalt: Blüten von Vaccinium uliginosum und weiche, zarte Blättchen. Ein etwa 12 Tage altes ? pull, meiner Sammlung hatte mehrere Rüssel- käfer und Fliegen, sowie Blüten einer Polyijonum- Avi in Kropf und Magen. Bei diesem Individuum zeigte sich schon eine schmale, blaßrote Ilautstelle über den Augen. Werden die Jungen älter, so kümmert sich das Männchen allmählich lebhafter um sie. Mit schnarrendem Korrr, manchmal auch mit hartem RopropropkriT, fliegt es der Familie voran, die ihm mit äußerst raschen Flügelschlägen, ohne jedoch ein auffälliges Geräusch hervorzubringen, folgt. Die Flügel tief abwärtsgebogen schwebt der Vogel endlicli als erster auf die Erde nieder, läuft zu Fuße weiter und knarrt gelegentlich noch. Kommt einer der alten Vögel ums Leben, so führt der andere Teil die Nachkommen- schaft, verwaisen die Jungen vollständig, so helfen sie sich notdürftig auch allein. Etliche Male traf ich solche führerlose Scharen, die sehr schnell über die Heide liefen und sich recht gut zu verbergen wußten. Nach 3 bis spätestens 4 Wochen sind die Vögel vollständig befiedert; zuletzt verlieren sie den Flaum an den Kopfseiten und am Halse. Dem Menschen gegen- über sind sie nun fast noch vertrauensseliger und törichter als die Alten; auf 3 — 4 m lassen sie ihn zu Pferde oft herankommen. Daweile warnen die Eltern mit rauhem Watwat, Wutwut zur Vorsicht. Sobald die Jungen halberwachsen sind, schlagen sich mehrere Familien zusammen. Schon Anfang August sah ich Scharen von 40—50 Stück beieinander, die eilig dahinliefen. Doch fand ich zu derselben Zeit auch noch sehr kleine Vögel beim Myvatn. Später im Jahre vereinigen sich oft Hunderte von Schnee- hübnern. Diese streifen im Lande umher und kommen besonders nach solchen Gegenden, wo kräftiger Heidewuchs oder Buschwald vorhanden ist. Hier finden sie während des Winters njcht nur Nahrung an Beeren, Blättern, Knospen und Stengelstücken, sondern auch etwas Schutz. Kälte und Schnee scheuen die Vögel im allgemeinen nicht, überwintern deshalb auch häufig hoch oben im Gebirge, wenn sich nur reichlicher Heidewuchs daselbst findet. Dann graben sie Gänge unter dem Schnee, um nach den Pflanzen zu gelangen, wobei ihnen die spateiförmigen Nägel vortreft"licho Dienste leisten. Zu Tausenden erlegt man die zutraulichen Vögel in günstigen Eevieren, da ihr bitteres, mageres Fleisch gern gegessen wird und einen nicht unwichtigen Handelsartikel darstellt. Hunderte müssen auch unter den Fängen von Jagdfalken und Polarfüchsen ihr Leben lassen. Bei allzu- großer Verfolgung oder besonders ungünstigen Witteruugsverhältnissen kommea 18* 276 Columha pülumbus. die Schneehühner an die Meeresküste hinab, besuchen dann sogar ausnahms- weise die Vestmannaeyjar und Grimsey, dürften aber das isländische Gebiet im weiteren Sinne Icaum jemals verlassen. Es ist deshalb wohl erklärlich, daß sich im Laufe der Zeit eine dem Lande eigentümliche Lokalrasse ge- bildet hat. 89. Columba palumbus L. Ringeltaube. Columha palumbus, Linn. : Salvador!, Oat. JBirds Brit. Mus. XXI, |). 299 (1893). — Naumann, Vögel Mitteleuropas VI, S. 17 (1897). Isländisch: Hringdüfa. Auch dän. & norw. : Ringdue, Schwed.: liingdufva. HoIL: Kingduif. Engl.: Ringdove. Columha palumbus bewohnt das paläarktische Europa und einige benachbarte Gebiete im südwestlichsten Asien und in Nordafrika. In Rußland geht sie bis zum Weißen Meere nordwärts, brütet auch häufig in Süd- und Mittelfinnland, in Skandinavien bis etwa zum 65. Grade hinauf. Gemein ist sie in allen Teilen der Britischen Inseln, wo sie sogar zahlreich überwintert. Auf den Färöern zeigte sie sich als gelegentlicher Gast, in Grönland allerdings noch nicht. Von Island ist mir auch nm- ein einmaliges Vorkommen der Ringel- taube bekannt. P. Nielsen erhielt nämlich FJnde Dezember 1901 ein bei Eyrarbakki erlegtes Exemplar (in litt.). 90. Haliaetus albicilla (L.). Seeadler. Falco albicilla (Lath.): Faber, Prodromus, S. 1 (1822). — Haliaetos albicilla Selby: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. ^84 (1862). — Haliaetus albicilla (Linn.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 407 (1863). — Haliaetus albicilla L.: Gröndal, islenzkt fuglatal, bis. 32 (1895). — Haliaetus albicilla (Linn.): Slater, Birds of Iceland, p. 28 (1901). Haliaetus albicillus, L.: Sharpe, ('at. Birds Brit. Mus. I, p. 302 (1874). — Hali- aetus albicilla (L.): Collhi, Skandinaviens Fugle, S. 13 (1877). — Winge, Grönlands Fugle, S. 259 (1898). — Naumann, Vögel Mitteleuropas V, S. 162 (1899). Isländisch: Orn (= Adler), Sjöörn, Sseörn (^ Seeadler), alter Name Ari, davon ■gebildet Assa, das noch gebraucht wird. In einigen Gegenden des Ostlandes auch Lodbrök, verkürzt Lobba (von lodinn = zottig, brök = Hose, der laugen Schenkel- federn wegen). Auch dän.: Orn, Havern. Norw.: Orn, Söörn. Schwed.: Orn, Hafsöru, Arn. HoU.: Zeearend. Engl.: Erne. Fär. : Orn. Haliaetus albicilla bewohnt Europa, besonders im südlichen und östlichen Teile, ferner das untere Ägypten, Kleiuasien und Asien südlich bis zum Jangtsekiang, östlich bis Kamtschatka. Hauptsächlich die jüngeren Vögel wandern im Winter südwärts bis zu den Kanarischen Inseln, Nordafrika, Persien und wahrscheinlich Nordindien, Süd- china und Japan. In Europa brütet Haliaetus albicilla bis hinauf nach Nowaja Semlja und in ganz Skandinavien, selten in Großbritannien, auf den Färöern heutzutage über- haupt nicht mehr, dagegen recht häufig in Grönland. — Die verwandte weißköpfige amerikanische Art (H. leucocepJialus) hat man dagegen weder in Grönland, noch irgendwo in Europa mit Sicherheit festgestellt. In Island gehört der Seeadler heutigentags nur noch zu den seltenen Brutvögeln, wenn auch an seine Ausrottung auf der Insel ti'otz aller Haliaetus albicilla. 277 VerfolgiiDgeii iiiclit so bald zu dciikcu ist. p]r bewohnt steile Felsen in der Nähe von Vogelkolonien, gewöhnlich am Meeresgestade, weniger oft in der Umgebung größerer Binnenseen und Ströme. Früher brütete z. IJ. ein Paar regelmäßig beim M^vatn, ist aber jetzt von dort verschwunden. Allerdings besucht der Adler diesen See, wie auch alle andern vogclreichen Gebiete der Insel, von Zeit zu Zeit. Ich selbst hatte nur dreimal Gelegenheit, den Vogel auf Island zu beobachten, zuerst am 23. April an einer Meeresbucht dicht bei Reykjavik, wo eine Menge Seevögel sich tummelten. Der Adler, ein jüngeres, dunkel- schwänziges Exemplar, saß anfangs auf einem mit Tang bedeckten, von der Ebbe bloßgelegten Steine und war so wenig scheu, daß ich fast ungedeckt auf 80 — 100 m herankommen konnte. Leider hatte ich gerade an diesem Tage keine Kugelpatronen bei mir. Endlich erhob sich der Vogel mit langsamen Flügelschlägen, überflog mich mehrmals und ließ sich dann von neuem schwebend am Wasser nieder. Er schien eben reichliche Mahlzeit gehalten zu haben. Die Enten, Austernfischer und Rotschenkel in der Nähe eilten zwar lockend ein Stück davon, kehrten aber recht bald zurück. Auch einige Schafe zogen bis auf wenige Meter au den Adler heran, ohne daß sich dieser gerührt hätte. Zwei Raben jedoch, die zufällig durch die Luft kamen, umflogen ihn krächzend, ließen aber auch bald wieder von ihm ab, weil sie keine Beute bei dem Vogel bemerkten. Zwei andere Seeadler beob- achtete ich am Abend des 16. Mai IM Cap Nord. Sie zogen wundervolle Kreise über dem schimmernden Meere und horsteten sicher in der Nähe. Endlich sah ich Mitte Juni einen Seeadler am Eyjafjördr, der die Eider- kolonien von Laufäs und Umgegend täglich heimsuchte, bis er angeschossen wurde und nun ausblieb. Im allgemeinen sind die Seeadler, wenigstens die älteren Paare, Stand- vögel auf Island. Zeitig im Frühlinge beginnen sie mit der Ausbesserung oder dem Neubau des Horstes, der aus festen Tangwurzeln und Reisern hergestellt wird und sich meist in schwer zugänglichen Nischen, breiten wagerechten Spalten oder auf Vorsprüngen steiler Felsen befindet, mitunter aber auch auf dem freien Plateau eines Vogelberges angebracht ist. Die Vögel hängen, selbst ohne ersichtlichen Grund, zäh an alten Brutstätten. So erzählt Faber. daß, auf einer isolierten Klippe bei Löndrängar (südl. vom Snsefells), auf der schon Eggert Ölafsson 1750 einen Seeadlerhorst bemerkte, im Jahre 1820 noch immer ein solcher vorhanden war. Als ich am 14. Mai 1903 nicht weit von der Stelle vorüberfuhr, konnte ich freilich nichts von Adlern erblicken. Unser Vogel legt im April, spätestens Anfang Mai, 2, mitunter auch 3 Eier. Ich besitze zwar zahlreiche Exemplare ans andern Ländern, konnte aber keins aus Island erhalten. Solehe scheinen an Größe, wie vielleicht der ganze Vogel über- haupt, die südosteuropäischen zu übertreffen und den grönländischen zu ähneln. 12 Eier meiner Sammlung aus Südrußland zeigen als Maximum 77x57.6 bez. 76 X 59,1 mm, ihr Durchschnittsgewicht beträgt etwa 13 g. Grönländische Exemplare messen nach Rey (Naumann V, S. 169) im Maximum 83,8 X 61 mm, im Gewicht durchschnittlich 14,8 g. Preyer bezeichnet als Maß eines isländischen Stückes 81 X 60 mm. 278 Ilierofali'o gyrfalco gyrfalco. Die Brutzeit beträgt nach Faber 35, die Dunenperiode etwa 50 Tage. Selten entwickelt sich mehr als ein Junges, das die Alten zwar reichlich mit Futter versorgen, dem Menschen gegenüber aber kaum jemals verteidigen. Am 25. Juni 1821 bestieg Faber einen Horst im Südwestlande, der 2 Junge im FLiumgetieder enthielt, von denen das kleinere tot war. In einem anderen Horste fand er am 5, Juli desselben Jahres neben einem tauben Ei ein fast flügges Junges. In beiden Nestern lagen Gewölle und Überreste, die als Nahrung der Adler Ca)ds lotjopus, Uria, Cepphus, liii^sa, Fulmanis und See- fische erkennen ließen. Häufig stellen unsere Vögel auch den Lachsen und größeren Forellen in Flüssen und Seen nach, wobei sie freilich mitunter selbst zu Schaden kommen. Mehrere Berichte liegen z. B. vom Myvatn vor, daß ein ertrunkener Seeadler im Fischnetze gefunden wurde, in das er sich beim Stoßen nacli darin gefangener Beute verwickelt hatte. Gelegentlich schlagen die Vögel auch junge Schafe. Ja ich sah bei Hjalteyri ein Mutter- schaf, das jedenfalls bei der Verteidigung seines ganz unverletzten Lammes von dem Adler derart am Halse gerissen wurde, daß es zwar noch in die Nälie des Ortes flüchten konnte, wohin sich der Räuber wahrscheinlich nicht wagte, kurze Zeit darauf aber verblutete. 91. Hierofalco gyrfalco gyrfalco (L.). Kleiner Jagdfalke. Falco Lanarius (Liiin.): Faber, Prodromus, 8. 3 (1822). — Falco lanarius Linn.: Faber, Okens Isis XX, S. 68 (1827). — IFalco laniarius L. : Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 427 (1862). — Falco lanarius (Linn.): Newton, in Earing-Goulds Iceland, p. 407 (1863). — Falco lanarius: Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 34 (1895).] Falco lanarius & Falco gyrfalco: Linne, Syst. Nat. Ed. X, n. 20 (? partim) und n. 22 (1758). — Hierofalco gyrfalco, L. : Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. I, p. 416 (1874). — Falco gyrfalco, L.: Collin, Skandinaviens Fugle, S. 32 (1877). — Falco gyrfalco L. typicus: Winge, Grrenlands Fugle, S. 249 (1898). — Falco gyrfalco L. : Naumann, Vögel Mitteleuropas V, S. 81 (1899). — Hierofalco rusticolus gyrfalco (Linn.): Schalow, Vögel der Arktis, S. 222 (1904). Isländisch: Fälki, Valur, Haukur (partim). Auch dän. & norw. : Falk, Jagtf'alk. Schwed. : Falk. Fiiui.: Haukka. Lappl.:- Falle, Falli. Der Mittelpunkt des Verbreitungsgebietes von Hierofalco gyrfalco Hegt in Skandi- navien und Lappland. Doch kommt unsere Form nach Schalows Aulfassung (1. c.) von der westlichen Küste Grönlands und den gegenüberliegenden Länderstrecken der Davis-Straße, Baifins-Bai und des Smith-Sundes östlich bis an die Gestade der Norden- skiöld-See vor. Das Britische Museum besitzt sogar Bälge von Labrador und Kalifornien- Winge betont (1. c, S. 251), daß sich unter den 57 grönländischen Jagdfalken des Kopenhagener Museums 2 alte und 1 junger Vogel von Falco gyrfalco typicus befänden, die sich von skandinavischen Exemplaren durchaus nicht unterscheiden ließen. Ob diese Ähnlichkeit bloß eine scheinbare ist und ob es sich bei den betreffenden Bälgen um Bratvögel oder gelegentliche Gäste gehandelt hat, muß dahingestellt bleiben. Die auf Spitzbergen und Franz-Joseph-Land beobachteten Falken dürften nach Schalow ebenfalls unserer Form angehöi-en, wahrscheinlich auch die von Nowaja Semlja und vielleicht die von Jan Mayen. — Solange mau nicht Serien von sicher dem Geschlechte nach bestimmten Brutvögeln der einzelnen Gebiete besitzt, ist die Berechtigung der Formen und damit ihre Verbreitung noch immer zweifelhaft. Hierofalco gyrfalco gyrfalco. 279 Für Island möchte ich den kleinen Jagdfalken als gelegentlichen Gast bezeichnen, der sich ab und zu nach unsrer Insel verfliegt. Ich nclimo ihn auch nur mit Vorbehalt in das Verzeichnis auf, besonders im Hinblicke auf Winges Angaben für Grönland. Unter den zahlreichen in Island erlegten Jagdfalken, die ich untersuchte, befanden sich zwar etliche, die in der Färbung außerordentlich H. g. gyrfalco gleicliknmen, docli maii ich als geringste Flügellänge 370 mm, während Klcinschmidt für männliclie Vögel unsrer Form ungefähr 360 mm angibt (Naumann V, S. 82). Bei einer Reihe von mir untersuchter skandinavisclier Vögel fand ich freilicli als geringstes Maß auch nur ;566 mm (Zool. Mus. in Dresden). Ich bin deshalb bei der bedeutenden Färbungs Variation der Art zweifelhaft geblieben, zu welcher Subspezies mau die fraglichen Exemplare rechnen sollte, zumal diese weder Geschlechtsbezeichnung, noch Datum der Erlegung trugen. Höchstwahrscheinlich ist aber Fabers ^^Falco lanarins L.", den er am 18. Sept. 1819 in Akureyri schoß, als der Vogel auf Haustauben stieß, zu unserer Form zu ziehen. Leider ging der Balg des fraglichen Exemplars mit derselben Sendung, in der sich die geheimnisvolle „Fringi/la idandicu'- befand, verloren. Doch dürfte kaum anzunehmen sein, daß es sich um einen Falco sacer Gm. (= Falco lanarius L., partim) handelte, da diese Art dem Südosten Europas und Mittelasien angehört. Nach der Beschreibung, die Faber an Ort und Stelle von dem fraglichen Vogel, einem jungen Weibchen, entworfen und die er später in Okens Isis (1. c.) veröffentlicht hat, läßt sich zwar die Artzugehörigkeit nicht mit völliger Sicherheit fest- stellen, doch passen die angegebenen Maße sehr gut auf //. g. gyrfaU-o. Auch hebt Faber hervor (1. c, S. 69), daß er mehrmals Falken, die besagtem Exemplare ähnlich waren, auf Island beobachtete, was von Falco mcer Gm. ausgeschlossen ist. Auf Falco ■peregrinus Tunst. paßt die Beschreibung keinesfalls. Faber sagt z. B. ausdrücklich, daß „die Füße des Vogels bis unter den mittleren Teil der Fußwurzel" befiedert waren. Eher noch könnte es sich um ein kleines Exemplar von H. g. idandus (Brunn.) gehandelt haben. 92. Hierofalco gyrfalco islandus (Brunn.). Großer Jagdfalke. Falco islandicuH (Lath.): Faber, Prodromus, S. 2 (1822). — Falco arcticus Holböll, Blasiiis & Falco candicans Blasius: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 385 und 388 (1862). — Falco islandicus Gmel. & Falco candicans (rmel.: Newton, in Baring-Cxoulds Iceland, p. 407 (1863). — Falco islandicus L.: Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 32 (1895). — Falco candicans, Gmel. & Falco islandus, Gmel.: Slater, Birds of Iceland, p. 29 and 30 (1901). Hierofalco candicans, Gm. & Hierofalco islandus, Gm.: Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. I, p. 411 and 414 (1874). — Falco gyrfalco, L.: Collin, Skandinaviens Fugle, S. 32 (1877). — Falco gyrfalco var. islandicus Gmel. ex Briss. & var. candicans Gmel.: AN'inge, Grönlands Fugle,' 8. 249 (1898). — Falco gyrfalco islandus (Brunn.): Kleinschmidt, in Naumanns Vögel Mitteleuropas V, S. 83 (1899). Isländisch: Fälki; eddisch Valr, noch heutzutage gebraucht, dann besser Valur geschrieben (wahrscheinlich Abkürzung von Valfugl = Vogel der Walstati, allgemeinere Bezeichnung für Raubvögel); Haukur (= Habicht); genauer Veiditälki (= Jagdfalke) und Hvitifälki (= Weißfalke). 280 Hierofulco gyrfalco islandus. Auch dän. & norw. : Jagtfalk, Hvidfalk. Schwod.: .lagtfalk, Hvitfalk. Engl.: White Jerfalkon. Fär. : Falkur. U. g. islandus ist nach meiner Auffassung der Brutvogel Islands und (iröidaiids. Daß er auch im nordöstlichen Amerika, südwärts bis Labrador, brütend, nicht nur als Gast vorkommt, möchte ich mit Kleinschmidt vermuten. Wahrscheinlich gehören auch die Jagdfalken Nordgrönlands und ürinnell-Lands zu unsrer und nicht zu der vorher- gehenden Rasse. Gelegentlich zeigt sich H. g. islandus auf den Färöern, den Britischen Inseln und an der Küste Nordfrankreichs. Island bewohnt der große Jagdfalke zwar niclit als liäufiger. aber doch weitverbreiteter Brutvogel. Zufolge des beträchtlichen Schadens, den er an Eiderenten, Schneehühnern, sogenannten Felseuvögeln und anderen nützlichen Arten anrichtet, wird er stellenweise eifrig verfolgt und wäre, da er wenigstens zur Winterszeit nicht sehr scheu ist, wahrscheinlich noch viel seltner, wenn nicht seine Eier zu Sammlungszwecken und gelegentlich auch die lebendigen Dunenjungen teuer bezahlt würden. Im allgemeinen bewohnt der Falke die höheren, wildzerklüfteten Gebirgspartieu, sowohl in der Nähe des Meeres, als tief im Innern des Landes. Am liebsten siedelt er sich in der Nachbarschaft von Vogelkolouien an, die er dann regelmäßig brandschatzt. Anderwärts bestreicht er auf seinen täglichen Beutezügen große Gebiete, sodaß man ihn gelegentlich überall, selbst in den Städten, zu sehen bekommt. Ich begegnete Jagdfalken in allen von mir bereisten Örtlichkeiten mit Aus- nahme von Grimsey, wo unser Vogel nicht brütet und nur außerhalb seiner Fortpflanzungszeit häufiger erscheint. Die isländischen Jagdfalken variieren in der Größe nicht allzusehr. 21 von mir gemessene Exemplare, zum Teil in den Museen von Kopenhagen, Reykjavik und Dresden, zeigen eine Flügellärige von 370 — 420 mm, die scheinbaren Männchen durch- schnittlich '61ö, die Weibchen 410 mm, was völlig mit den Angaben Kleinschmidts übereinstimmt (Naumann, I. c). Schwanz: 205 — 2H0, Tarsen: 57 — 67 mm. — Das kleinste Exemplar meiner Sammlung, (5 juv.. Akureyri, Oktober 1902, zeigt folgende Maße. Gesamtlänge: c. 580 mm. Flügel: 374. Schwanz: 237. Tarsen: 57. Mittel- zehe inkl. der 22 mm langen Kralle: 75 mm. Schnabel (von der Wachshaut bis zur Spitze): 24. — Schnabel und Fänge bei den helleren Exemplaren oft recht hell, erstere nach der Spitze zu matt graublau, am Grunde, besonders am Unterschnabel gelblichgrau bis gelblichweiß, letztere bei alten Exemplaren sehr hellgelb, auch die Krallen hell; bei dunkel gefärbten Vögeln weit dunkler, Krallen mitunter fast schwarz. — In der Befiederung variieren die isländischen Falken bedeutend. Man trifft alle 4 Phasen, in denen nach Kleinschmidt (1. c, S. 84) unsere Form überhaupt abändert. Die weiße Phase ist nicht häufig, ganz ungefleckte Exemplare kommen bloß ausnahmsweise vor. Ein recht helles, nur an Rückeu und Flügeln wenig schwärzlich geflecktes Individuum findet sich z. B. im Reykjaviker Museum. Daß aber auch die dunkelste Labrador- Phase in Island auftritt, beweist ein derartiges Exemplar von Öfjord (Akureyri) im Tring-Museum (Kleinschmidt, 1. c, S. 85). Die mittelhellen Phasen werden am häufigsten gefunden. Die Mehrzahl der isländischen Vögel zeigt hellere Gesamtfärbung als skandi- navische. — Die Färbung ist individuell, wird aber im Alter reiner und schärfer, das Weiß tritt mehr hervor. Daß die jungen Vögel längsgestreift, die alten mehr quer- gebändert und mit herzförmigen Flecken bedeckt sind, hat schon Faber in seinen genauen Beschreibungen (ükeiis Isis 1827, S. 62 — 64) deutlich genug hervorgehoben. Auch wußte Horrebow bereits, daß sich mitunter in einem Neste weiße, halbweiße und graue Junge fänden (Efterretninger om Island, S. 147), und Faber stimmt dem voll- kommen bei (1. c.,S. 65). Mir wurde diese Tatsache ebenfalls von verschiedenen glaubhaften Leuten in Island mitgeteilt. Auch paaren sich helle und dunkle Vögel gar nicht selten. Hiorofidco gyrfalco islaiulus. 281 Die Diagnosen für die Subspezies candicans (Gm.) und obsolctus (Gm.) nur nach der Färbung dürften unhaltbar sein. Der Jagdfalke ist in der Hauptsache Standvogel auf Island. Sobald die Frühjahrswitteruug es erlaubt, treffen sich die alten Paare bei ihrem vorjährigen Nistplatze, den sie mit großer Zäliigkeit beibehalten und der, auch wenn mau beide Vögel wegschießt, immer wieder von anderen benutzt wird. Der flache, breite Horst aus wenig Reisern und anderen harten Pflanzenstengeln befindet sich im oberen Teile einer schwer zugänglichen, senkrechten Felswand, zumeist in höheren Gebirgspartieu. Später im Jahre wird die Felsnisclie durch den weißen Unrat der Vögel oft weithin siclitbar und deshalb nicht selten gefunden. Horrebow behauptet, daß den Falkeu- fängern seiner Zeit fast alle Horste im Lande bekannt gewesen wären. Die Besteigung des Platzes ist freilich immer mit Schwierigkeit verbunden. Ende April beginnt die Ablage der Eier. Alte Paare haben unter günstigen Verhältnissen ab und zu schon im letzten Drittel dieses Monats volle Gelege, in der Regel jedoch werden die Eier in der ersten Hälfte des Mai gezeitigt. 6 nordisländische Gelege der Sammlung Ottoßon stammen aus der Zeit vom 3. — 15. Mai (in litt.), ein wahrscheinlich unfertiges meiner Sammlung aus den letzten Tagen des April. Werden den Vögeln die frischen Eier genommen, so legen sie gewöhnlich noch einmal. Derartige Eier findet man unbebrütet bis Ende Mai. Das Normalgelege besteht aus 4 Stück; 5 Eier kommen nicht allzu selten, 3 noch häufiger, besonders in Nach- gelegen, vor. Ein Gelege meiner »Saniiiilung zeigt folgende Maße: 61,5x47 mm (7,15 g), 61,4x46,8 (7,1), 60,8x47,7 (7). — 6 weitere der Sammlung Ottoßon: 64,5x48,3 (7,7), 64,5x48(7,0.5), 63,7x48,3(7,05), 63,7x47,8 (6,98). - 64,1x46 (6,66), 62,8x47.5(6,8), 61,6x46,5(7,35), 59,5 x 47,3 (6,6). — 62,8 X 51 (7,96), 62,3x49 (7,11), 62,3x49 (7,28), 62 x 50.5 (8,33). — 60 x 46,4; 59,7x47,4; 59,4x46,3; 58,2 X 46,6. — 58,9 X 44,6 (6,07), 58,8 x 46,6 (7,25), 58,2 x 45,7 (6,51), 58 x 47,3 (6,9). — 57,2x45,5 (6,2), 57,1x46,6 (6,55), 57x46,4 (6,1), 56,7x46,4 (6,35). Im allgemeinen mag das Weibchen brüten, doch wird es nach Faber regelmäßig vom Männchen dabei abgelöst, das sich auch sonst selten weit vom Horstplatze entfernt. Die Brutdauer dürfte S'/o— 4 Wochen währen. Anfänglich verlassen oft beide Vögel, besonders an sonnigen Vormittagen, die Eier auf einige Stunden und schweben wie zur Paarungszeit in wunder- vollem Bogenfluge himmelhoch über dem Brutbezirke. Wol)l sieht man das Kreisen auch später im Jahre von dem beutesuchenden Vogel, doch ist es dann weniger vollkommen und fast immer mit langsamen Flügelbewegungen oder sogar dem hastigen, raschen Flattern verbunden, das im geradegehenden Fluge zumeist angewendet wird. Endlich schrauben sich die Falken nach dem Horste hinab, treiben sich häufig und jagen wild durcheinander, was ich am 23. Mai bei Saudärkrökr aus ziemlicher Nähe beobachten konnte. Dabei riefen beide Vögel fortgesetzt ihr durchdringendes Kjak, das an gewisse Rufe des Wanderfalken und auch des Hühncrhabiclits erinnert, seltner ein höheres Gik, das sich etliche Male zu einem jauchzenden Triller: Giii... verband. Ölafsson und Faber erzählen auch, daß unser Falke ein gellendes 282 Hierotalco gyrfak-o islaiidus. Geschrei ausstößt, wean er Beute gemacht hat. Später im Jahre verhalten sich die Vögel abseits vom Horstplatze meist sehr still. Selbst wenn sie von Raben verfolgl; werden, was recht häutig geschieht, geben sie kaum einen auf gi'ößere Entfernung hin hörbaren Ton von sich. Nur am Horst- platze sind sie lebhafter. Gegen Ende der Brutzeit sitzt das Weibchen ziemlich fest, während das Männchen bereits Nahrung herbeischleppt. Diese dürfte mit seltnen Ausnahmen aus größeren Vögeln bestehen. Faber hebt mit Recht hervor, daß der Jagdfalke in der Regel weder Säugetiere, noch Fische, noch Aas verzehre. Seine Lieblingsnahrung bilden die Sclineehühner, die ihren Feind auch sehr wohl kennen, aber zu ungcscliickt sind, sich gehörig vor ihm zu schützen. Wiederholt fand ich die Überreste solcher und anderer Beutevögel, denen fast immer der Kopf vollständig fehlt. Im übrigen frißt der Falke, nach dürftiger Entfernung der Federn, nur Ein- geweide und Brustfleisch. Unrichtig ist die Ansicht, daß unser Vogel seine Beute ausschließlich in der Luft erhasche. Er scheint im Gegenteil recht häufig solche vom Boden aufzunehmen, wie ich selbst beobachtete. Gerade den wenig fliegenden Schneehühnern dürfte er sonst nicht mit so gutem Erfolge nachstellen. Schon die alten Falken fänger befestigten den zum Anködern dienenden Vogel auf der Erde und erzielten die besten Resultate damit (1., S. 12). Mehrfach erzählte man mir in Island, daß bei den winter- lichen Schneehuhnjagden der erlegte Vogel nicht selten von einem Falken vom Bodeu weggenommen würde, ehe noch der Jäger zur Stelle geeilt sei. Oft müßte freilich der Räuber seine Dreistigkeit auch mit dem Tode büßen. Der Falke stößt in solchen Fällen schräg von oben und durchaus nicht mit allzugroßer Wucht auf das Beutetier, trägt es aber nur dann hinweg, wenn ihm die Gegend unsicher erscheint. Gelegentlich fertigt man in Island, wie auch hierzulande, hölzerne, weißaugestrichene Nachbildungen von Vögeln, besonders Eiderentericheu, aus denen man ziemlich lange, scharfe Eisen- spitzen vorragen läßt, wie ich dies z. B. auf dem Dache des Pfarrhauses von Laufds (Eyjafjördr) sah. Ab und zu sollen Jagdfalken, auch Steiufalken und selbst Seeadler auf diese Nachbildungen herabstoßen und sich dabei verletzen. Die weißflaumigen Dunenjungeu schlüpfen etwa Anfang Juni aus. Riemschneider traf beim Myvatn 3 halbwüchsige Tiere am 27. d. M., die am 17. Juli fast völlig befiedert waren (Ornithol. Monatsschrift 1896. S. 305). Krüper erhielt am 29. Juni schon 2 flugbare Junge (Naumannia 18.57, S. 29). Faber fand am 6. Juli ein Nest mit 3 ebenfalls flüggen Falken. Preyer 2 fast flügge am 2. Juli. Ich selbst beobachtete eine Familie mit 3 völlig flug- baren Jungen am 12. Juli bei Ölafsfjördr. Die Tiere werden von beiden Alten mehr als nötig mit Nahrung versorgt und ängstlich bewacht. Die Dunenperiode dürfte, wie schon Faber meint, etwa einen Monat betragen. Selten wachsen aber mehr als 2 oder 3 der Vögel heran. In dieser Zeit ist der Falkenhorst nicht schwer zu finden, da der Unrat der Jungen die Umgebung überzieht und die Tiere selbst mit zeterndem Locken den Platz verraten. Nähert man sich, so fliegen die Alten unter ängstlichem Kjak Hierofalco gyrfalco islandus. 283 Kjak Giü... umher, wobei sie nicht selten auf 20— 30 ni an den Menschen herankommen. Die flugbaren Jungen sind noch viel weniger scheu und haken, wenn man sich gedeckt hält, oft in geringer Entfernung auf. Zunächst halten sich die Familien in der Nähe des Horstes; die Jungen schhifeu anfänglich auf demselben, die Alten pflegen stundenlang auf ihren Lieblings- felszacken der Ruhe. Im August wird der Verband loser; die Vögel zerstreuen sich allmählich und streifen beutesuchend weiter umher. Finden sie geeignete Nahrung, insbesondere Schneehühner, bleiben sie freilich auch während des Winters auf ihren heimatlichen Bergen; sonst kommen sie zu warmen Quell- gebieten oder an das Meer, wo sie den Wasservögeln nachstellen. Gar nicht selten besuchen sie auch einzelne Gehöfte und sogar die Städte — ich sah zweimal Jagdfalken dicht über lleykjavik fliegen — setzen sich auf Häuser und Stangen und verfolgen die Tauben. Vor allem die jüngeren Vögel sind bei solcher Gelegenheit leicht zu schießen. Nur eine geringe Zahl isländischer Jagdfalken scheint die Insel während des Winters zu verlassen, da nur wenige in südlicheren Gebieten beobachtet werden. Ebenso mag der Zuzug von Grönland kein allzu starker sein, wenngleich die scharf- sichtigen, hoch und weit fliegenden Vögel den Weg zwischen Island und Ostgrönland bald finden dürften. Ob die besonders im Winter beobachteten sehr hellen Falken immer grönländische Gäste sind, ist bis jetzt nicht erwiesen, wenn auch die alten Falkenfänger, die vortreffliche Beobachter unseres VoR-els waren, dies annahmen. 93. Falco merillus (Gerini). Steinfalke. Falco ccesius (Meyer): Faber, Prodromus, S. 3 (1822). — Falco c(esius Mey. : Preyer (& Zirkel), Keise nach Island, S. 388 (1862). — Falco aesalon Linn.: Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 407 (1863). — Oröndal, Islenzkt l'uglatal, bis. 34 (1895). — Falco aesalon. Tunstall: Slater, ßirds of Iceland, p. 33 (1901). Falco reguhis, Pall.: Sharpe. Cat. Birds Brit. Mus. I, p. 406 (1874). — Falco aesa- lon L.: CoUin, Skandinaviens Fugle, S. 38 (1877). — Falco wsalon Tunst. typicus: Wingc, Grönlands Fugle, S. 246 (1898). — Falco aesalon Tunst.: Naumann, Vögel Mitteleuropas V, S. 111 (1899). Isländisch: Sinirill (Etyinologiscli verwandt mit menila), gekürzte Form Smirl ; auch Dvergialki. Deutsch gleichfalls: Merlin, Schmerl. Dan.: Dvergfalk. Norw.: Dvsergfalk. Schwed.: Dvärgfalk. HolL: Smelleken. Engl.: Merlin. Fär.: Smiril. Franz.: Eme- rillon. Span.: Esmerejon. Ital.: Smeriglo, Smerlo. Falco merillus brütet im Norden der paläarktischen Kegion. In Sibirien scheint er stellenweise bis etwa zum 70. Grade, vielleicht noch nördlicher vorzukommen, in Europa ebenfalls bis in die höchsten Breiten, südwärts ungefähr bis zum 55. Grade. Er bewohnt unter anderem Nordrußland, Finnland, Lappland, Schweden, Norwegen, auch Nordengland und Schottland. Auf den Färöern dürfte er heutzutage nur aus- nahmsweise noch brüten, besucht die Inseln aber regelmäßig zur Zugzeit. In Grön- land ist er mit Sicherheit bloß einmal im Süden erlegt worden. Im Winter streift unsere Art südwärts bis Nordafrika, Nubien, Nordindien und Südchina. In Island gehört der Steiufalke zu den nicht seltenen Brutvögeln. Da mau ihm verhältnismäßig wenig nachstellt, ist er unter den Raubvogel- 284 Falco merillus. arten noch die häufigste und verbreitetste. Ich traf ihn bei Reykjavik und Eyrarbakki, wie auch in allen Teilen des Nordlaudes, die ich eingehender untersuchte. Man begegnet ihm sowohl in unmittelbarer Nähe der Ortschaften und Gehöfte, als in der tiefen flinsamkeit wilder Gebirge. Mit Hilfe seines raschen Fluges vermag er täglich große Gebiete nach Reute abzusuchen, weshalb man ihn häufig auch in vogelreichen Buschwäldern, Gras- und selbst Sumpilandschaften antrifft. Der Steiufi/lke ist ein Zugvogel für Island, der Anfang April auf der Insel erscheint. f]nde des Monats kommen die Paare nach ihren Brut- plätzen, die sich in einsamen, felsigen Gebirgen und Lavafeldern befinden. Bald darauf beginnen die Vögel mit der Ausbesserung oder dem Neubau des Horstes, der aus holzigen Pflanzenstengeln und Reisern hergestellt und mit Halmen ausgepolstert wird. Er befindet sich in Nischen oder auf Vor- sprüngen steiler, jedoch nicht immer hoher Felsen, recht häufig an Fluß- tälern. Mit prächtigen Bogenlinien kreisen nun die Falken an soimigen Morgen hoch über dem Horste, wie ich es am 21. Mai bei Blönduös beob- achtete. Für gewöhnlich haben sie einen dem Turmfalken sehr ähnlichen, flatternden Flug oder schweben nur auf kürzere Strecken. Die Ablage der Eier erfolgt Ende Mai oder Anfang Juni. 4 nordisländische Gelege meiner Sammlung wurden in der Zeit vom 24. Mai bis 15. Juni genommen; das letzte davon war bebrütet. In normalen Fällen beträgt die Anzahl 4, nicht selten auch 5, ausnahmsweise 6. in Nachgelegen häufig nur 3 Stück. Isländische Exemplare meiner Sammlung zeigen folgende Maße: 42,8x31,1 mm (1,65 g), 42,8x31 (1,6), 41,2x31 (1,6), 40,2x81,1 (1,55). — 41,8x31 (1,55), 40,7x31,1 (1,6), 40,6x31,3 (1,55), 40,1x31,2 (1,65). — 40,4x31 (1,9), 39,9 x 30,5 (1,7), 39x30,5 (1,75). — 40,1x30 (1,58), 39,6x30 (1,58), 39x30,1 (1,5), 38x30,2 (1,5). Am 21. Mai bemerkte ich nicht weit von Blönduös ein Paar Stein- falken, deren Horst sich auf einer unzugänglichen steilen Insel in der Blauda befand. Als ich mich näherte, entdeckte mich das Männchen sofort und begann lebhaft zu schreien. Die scharfen, lauten Rufe unsrer Vögel, die ich bis in den August hinein öfters hörte, ähneln denen des Turmfalken, sind aber etwas weniger hell und klirrend, ungefähr kikikiki oder klikliklikli, je nach Stimmung höher oder tiefer. Andere Laute vernahm ich nicht. Im erwähnten Falle kam das Männchen, ein schön ausgefärbtes Exemplar, auf mich losgeflogen, rüttelte über mir und umflatterte mich mit fortwährendem Geschrei. Endlich stieß es sogar mit rasclien Wendungen bis auf wenige Meter von vorn auf mich herab, ohne sich durch das Schwingen meines Stockes beirren zu lassen. Ein Gewehr hatte ich nicht bei mir. Das Weibchen saß unterdessen auf einem Felsen und rief ab und zu gleichfalls, doch weniger lebhaft und ziemlich teilnahmlos. Es mochte erst frische oder überhaupt noch keine Eier haben. Nach einigen Minuten wurden die An- griffe des Männchens seltner. Beide Vögel setzten sich auf die Spitzen kleiner Felsvorsprünge oder Grashügel, die sie immer wieder benutzten. Auf einer kahlen Steinplatte in unmittelbarer Nähe meines Standortes be- merkte ich die Überreste einer Arquatella vutritima, sowie eine ganz frische Falco uierillus. 285 Maus (Arvicola oeronoiniis?), die zweifellos von der Mahlzeit der Vögel herrührten. Vielleicht benahm sich gerade deshalb der männliche Falke so angriffslustig und aufgeregt, weil ich auf diesem Platze stand. Als idi mich nachmittags mit dem Gewehre an die Stelle begab, zeigten sicli die Vögel recht gleicligültig und näherten sich nicht auf Schußentfernung. Wie ich erfuhr, hatte das Paar schon 19(J2 in dem etwa 25 m hohen Horste gelirütet und glücklich Junge großgezogen. Die Dauer des Brutgeschäftes beträgt nach Faber 20 Tage. Das Weibchen scheint in der Hauptsache allein zu brüten, doch hält sich das Männchen viel in der Nähe des Horstplatzes auf, bringt Futter herbei und über- wacht die Gegend. Umherstreifende Kaben werden von dem kleinen, mutigen Vogel heftig angegriffen, wobei es gelegentlich zu erbitterten Kämpfen kommt, wie ich einen solchen am frühen Morgen des 9. Juni im Fnjöskätale beob- achtete. Es war ein interessantes Schauspiel hoch oben in der Luft, be- gleitet von dem zornigen Korrr des Raben und dem durchdringenden Gezeter des Steinfalkeu. Leider verschwanden die Streitenden bald hinter einem Bergrücken. Sind endlicli die weißflaumigen Jungen ausgeschlüpft, so werden die Alten zu einer furchtbaren Geißel für die Kleinvögel der Umgegend, die fast ihre ausschließliche Nahrung bilden. Einige Male überrasclite ich den Steinfalken beim Kröpfen seiner Beute; viel öfter noch fand ich Kadaver, die allem Anscheine nach von seiner Mahlzeit herrührten. Besonders stellt er Steinschmätzern und Schneeammern nach, gern auch Wiesenpiepern und Bachstelzen, etwas seltener Leinfinken und Rotdrosseln, um derentwillen er die Buschwälder besucht. Weiter fängt er Wassertreter, Goldregenpfeifer, Rotschenkel und andere kleine Strandvögel, ziemlich häufig sogar die streit- baren, gewandten Seeschwalben. Größeren Arten, wie Brachvögeln, Schnee- hühnern und Enten raubt er die halbwüchsigen Jungen. Nach kleineren Vögeln stößt er meist nur in der Luft, indem er solange über der Gegend hin und her fliegt oder auch rüttelt, bis sie endlich ein Stück davonflattern. Größere fängt er aucli vom Boden, wie ich bei einem jungen Brachvogel selbst beobachtete, mitunter sogar vom Wasser (Faber, Okens Isis 1827, S. 72). Der Steinfalke ist ein wilder, äußerst lebhafter Räuber, der seine Beute mit lautem Preudengeschrei wegträgt und beim gierigen Kröpfen derselben oft seine sonstige Vorsicht vergißt. Die kleineren Vögel verbergen sich, sobald sie ihren Feind rechtzeitig erblicken, die größeren lassen erregt ihre Stimme hören oder verfolgen ihn, wobei sie versuchen, sich im Fluge über ihm zu halten. Die jungen Steinfalken verraten das Nest durch weithin hörbares Zetern. Flügge Vögel traf ich erst am 9. August auf der Hjaltadalsheicti in der Skagafjardar-Sysla, doch mag es solche oft schon früher geben. Anfangs halten die Familien zusammen. Spätestens im September aber zerstreuen sie sich, streifen überall im Lande umher und kommen gelegentlich sogar in die Ortschaften. Ende September oder Anfang Oktober verschwinden sie jedoch aus Island. Einzelne scheinen indes im Lande zu überwintern. So berichtet Gröndal (1. c), daß am 20. Januar 1895 ein Exemplar auf dem Kirkjusandr (SW.) erlegt worden sei. 286 Cerchneis tinnuncula. 94. Cerchneis tinnuncula (L.). Turmfalke. Falco tinnunculus: Grötuial, Islenzkt l'iiglatal, bis. 34 (1895). — Falco tinnwi- culus Jj. : Ssemundssoti, Zoolog. Meddel. fra Island, j). 13 (1905). Cerchneis tinmmcida, L. : Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. I, p. 425 (1874). — Falco tinnunculus: AVinge, Grönlands Fugle, 8.315(1898). — Tinnuncuhis tiriminctdns (L.): Naumann, Vögel 31itteleuropas V, S. 116 (1899j. Isländisch: Turnfälki. Auch dän. & norw. : 'J'aarnfalk. Schwed. : Tärnfalk. Finn. : Tornihaukka. Cerchneis tinnuncula bewohnt die paläarktische Region, brütet besonders in den mittleren Teilen, wurde aber auch bis Nordsibirien und Lappland hinauf angetroffen. In Skandinavien und auf den Britischen Inseln ist der Vogel, wenigstens im Süden, nicht selten, die Färöer besucht er nur als gelegentlicher Gast, bei Grönland zeigte er sich einmal weit ab vom Lande südlich von Cap Farvel. Im Winter streift er südwärts bis zu den Kanarischen Inseln, Abessinien, Nordindien und China. Von Island könnt man den Turmfalken imr als seltenen Gast. Gröndal berichtet, daß ihm der Arzt ]:)orv'ardur Kjerülf, ein guter Vogelkenuer, Mit- teilung über einen kleinen Raubvogel machte, den er auf dem Ostlande beobachtete und für Cerchneis tinnuncula ansprechen mußte. Ein sicheres Exemplar zeigte sich Mitte Oktober 1903 mehrere Tage hindurch westlich von Eyrarbakki (S.), verschwand darauf, wurde jedoch am 21. Oktober tot in dem Nebengebäude eines Hofes gefunden und P. Nielsen gebracht. Der Vogel war sehr abgemagert und augenscheinlich vor Hunger gestorben (Nielsen, in litt.). Sein Balg soll in das Reykjaviker Museum kommen. 95. Asio otus (L.). Waldohreule. Otus vulgaris: Newton, Ibis VI, p. 132 (1864). — Otus vulgaris Flem.: Gröndal, Ornis XI, p. 451 (1901). — Asio otus (Linn.): Slater, Birds of Iceland, p. 25(1901). — Asio otus: Stefänsson, in Nordurland (4. Okt. 1902). Asio otus, L.: Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. II, p. 227 (1875). — Asio otus (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas V, S. 54 (1899). Isländisch: Ugla, Trjäugla (= Holzeule, Waldeule), Eyrugla (= (3hreule) partim. Auch deutsch: Holzeule, ühreule. Dän. &norw. : Hornugle. Schwed.: Hornuggla. Asio otus ist eine paläarktische Spezies, die freilich den Polarkreis nirgends zu erreichen scheint. In Asien geht sie bis Südsibirien, im Ural bis etwa zu 59 °, in Finnland und Skandinavien bis 6'6^ nordwärts. Auf den Britischen Inseln brütet sie bis hinauf nach Schottland; auf den Färöern zeigte sie sich nur ausnahmsweise als Gast; in Grönland wurde sie noch nicht beobachtet. Auf dem Zuge geht sie süd- wärts bis nach Nordindien, Nordafrika und den Kanarischen Inseln. Island besucht die Waldohreule als seltner Gast, besonders in den kälteren Monaten des Jahres. Zufälligerweise liegen Berichte über ihr Er- scheinen nur aus dem Nordlande vor. Zuerst veröffentlichte Newton die Mitteilung, daß W. Proctor ein Exemplar unsrer Art erhalten habe. Gröndal berichtet, daß 1896 eine Waldohreule im Eyjafjördr erlegt wurde und ver- mutet, derartige Vögel kämen mit Schiffen. Ich glaube freilich, daß sie diese nur gelegentlich zum Ausruhen benutzen, wobei sie in der dunkeln Winterzeit wenig beobachtet werden dürften; sonst setzen sie sich wohl Asio otus. 287 auch auf Eisschollou im Meere. Als Nahrung mögen den verirrten Wanderern kleine Seetiere und Fische dienen, die unsere Art auch sonst fiingt. Das erwähnte Exemplar befindet sich in der Reykjaviker Sammlung. Slaters Mitteilung, daß eine Waldohreule 1897 im Eyjaijördr geschossen wurde, dürfte sich auf den vorstehenden Fall beziehen. Stefdn Stefänsson berichtet aber, daß ein weiteres Exemplar im Dezember 1899 bei Kelduhverfi erlegt worden sei, das sich jetzt ebenfalls im Reykjaviker Museum befindet. 96. Asio accipitrinus (PalL). Sumpfohreule. Otus brachyotus Cuv. : Preyer (& Zirkel), Heise nach Island, S. 427 (1862). — Otus brachyotus (Gmel.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 408 (1863). — Otus brachyotus Gm.: Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 34 (1895). — Asio accipitrinus (Fall.): Slater, ßirds of icelaiid. p. 26 (1901). Asio accipitrinus, Pall.: Sharpe, Cat. Birds Erit. Mus. II, p. 234 (1875). — OtxiS brachyotus (Forst.): Winge, Granlands Fugle, S. 263 (1898). — Asio accipitrinus (Pall.): Naumann, Vögel Mitteleuropas V, S. 58 (1899). Isländisch: Ugla, Eyrugla (= Ohreule), Trjäugla (= Holzcule, Waideule), Myriugla (= Surapfeule), ßrandugla. Auch deutsch: Mooreule, ßrandeule. Dan. & norw.: Sumphornuglo. Schwed.: Jorduggla. Asio accipitrinus hat eine bedeutende zirkumpolare Verbreitung, nordwärts im allgemeinen bis etwa zum 70. Grade. In Europa trilTt man sie fast in allen Ländern, wenigstens auf dem Zuge, doch meidet sie höhere Gebirge und ausgedehnte Waldungen. In Skandinavien und auf den Britischen Inseln findet sie sich stellenweise recht häufig. Die Färöer besucht sie nicht selten als Gast. Auch in Grönland hat man sie bis hinauf nach Sondre Upernivik (72® 11') ei-legt und vermutet, daß sie wenigstens im südlichen Teile des Gebietes vereinzelt brütet, wie sie dies auch in Labrador und an der AVest- küste der Davisstraße (bis 72**), sowie im übrigen Nordamerika tut. Im AVinter geht sie gelegentlich südwärts bis zur Magellan-Straße, Natal, Südasien und den Sandwich- Inseln. Für Island kennt man die Sumpfohreule nur als gelegentlichen Gast, der etliche Male außerhalb der Fortpflanzungszeit beobachtet wurde. Zumeist dürfte es sich dabei um Vögel handeln, die auf dem Zuge von Schottland über die Shetlands-Inselu nach Norwegen oder umgekehrt durch Oststürme abgelenkt wurden, wie dies augenscheinlich am 1. Mai 1898 auf Nolsö (Färöer) der Fall war, wo aus demselben Grunde zahlreiche Gäste, darunter auch mehrere Sumpfohreuleu, ans Land kamen (Knud Andersen, Videusk. Meddel. 1899). Derartige Exemplare würden auf Island besonders an der Europa zugewandten Seite erscheinen, wo man nach Gröndals Angaben den Vogel tatsächlich auch schon mehrmals gesehen hat (Ornis II, S. 355). Faber traf die Sumpfohreule nicht selbst auf Island, hörte aber in verschiedenen Gegenden wahrscheinlich von unserer Art, die er ungenauer Beschreibungen zufolge anfangs für Symium aluco (L.) ansprach (Prodromus, S. 4), später mit noch größerer Zuversicht für Glauddmm passerimim. (L.) (Okens Isis 1827, S. 73). Beide Vermutungen beruhen sicher auf IiTtum. Verhältnismäßig häufig scheint sich die Sumpfohreule am Ende der siebziger 288 Asio accipitrinus. Jabre des vorigen Jalirliunderts nach Island verflogen zu haben. Im Kopenhagener Zoologisclien Museum befinden sich 2 isländische Bälge vom 14. Dezember 1876 und 25. März 1878. P. Nielsen berichtet (Ornis III, S. 157), daß er am 5. Oktober 1877 ein lebendes Individuum der Art erhielt, das bei Hraungerdi (Ärnes-Sysla) gefangen worden war, ein anderes am 30. September 1879 aus der Nähe von Eyrarbakki. In beiden Fällen wurde die Anwesenheit der Eule durch mehrere Raben verraten, die sie heftig verfolgten. Im Februar 1892 erlegte man ein weiteres Exemplar am ]?ingvallavatn (Gröndal, Islenzkt fugiatal, bis. 34), das sich jetzt im Reykjaviker Museum befindet. Slater endlich erhielt einen Balg von der Melrakka Sletta (66 Vo °) aus dem zeitigen Frühlinge 1894 (1. c). — Das gelegentliche Brüten der Sumpfohreule in Island ist wahrscheinlich. Das Vorkommen von kleinen Nagetieren dürfte nicht Lebensbedingung für unsere Art sein. Anmerkung: Unbegründet scheint die Angabe in Naumanns Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas V, S. 18 (1899) zu sein, Nydula tenymalmi (Gm.) sei in Island vorgekommen. Der Verfasser dieser Notiz selbst konnte mir nicht mitteilen, worauf er seine Angabe gegründet habe. Auf Verwechslung von Iceland mit Ireland dürfte sie nicht beruhen, da N, t. auch von dieser Insel unbekannt ist (Howard Saunders, in litt.). Am ehesten könnte sich wohl die amerikanische N. t. richardsoni (Bp.) nach Island verirren, doch ist diese Art nur wenig zu weiteren Flügen geneigt und selbst für Grönland noch unbekannt. 97. Nyctea nyctea (L.). Schneeeule. Strix nyctea (Linn.): Faber, Prodromus, S. 4 (1822). — Nyctea nivea Tlinbg.: Preyer (tSc Zirkel), Reise nach Island, S. B88 (1862). — Surnia nyctea (Linn.): Newton, in ßaring-Goulds Iceland, p.408 (1863). — Nyctea nivea Thunb.: Gröndal, islenzkt fugiatal, bis. 34 (1895). — Nyctea scancliaca (Linn.): Slater, Birds of Iceland, p. 26 (1901). Nyctea scancliaca (L.): Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. II, p. 125 (1875). — Nyctea nivea (Thunb.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 62 (1877). ■ — Winge, Grenlands Fugle, S. 263 (^1898). — Nyctea scandiaca (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas V, S. 28 (1899). Isländisch: Ugla, Snjöugla, Snseugla (von snjör, snajr ^ Schnee), Xattugla (= Katzeneule), Nättugla (= Nachteule). Auch dän. & norw.: Sueugle. Schwed.: Suöuggla. Fär. : Kattugla, Kätula. Engl.: Snowy Owl. Holl.: Sneeuwuil. Nyctea nyctea bewohnt zirkumpolar die arktisclie Kegion; nordwärts fand man sie brütend bis hinauf zu 82^8*^ auf Grinnell-Land. In den Tundren Nordasiens ist sie vielerorts recht häufig, etwas seltener in Nordrußland, Lappland und dem mittleren und nördlichen Skandinavien. Ob sie auf Nowaja Semlja, Dolgoi und AVaigatsch regelmäßig brütet, ist noch ungewiß. Auf Franz- Joseph-Land, Spitzbergen und Jan Mayen wurde sie nur vereinzelt gesehen. Dagegen brütet sie ziemlich häufig in den nördlicheren Teilen Grönlands, stellenweise auch zahlreich im arktischen Amerika. Während des Winters wandern viele Vögel südwärts, besonders jüngere und AVeibchen, kommen dann unter anderem nach den südlichen Küstengebieten der Ost- und Nordsee, nach den Britischen Inseln und Färöcrn, südwärts gelegentlich bis zum Kaspischen Meere, der Mongolei, Texas und den Bermuda-Inseln. Für Island kennt man die Schneeeule zunächst nur als nicht seltnen Wintervogel und gelegentlichen Sommergast. Dir Brüten auf der Insel aber ist nicht mit Sicherheit nachgewiesen. Am häufigsten wurde Nyctea nyctea. 289 unsere Art wäbreud der kalteu Jahreszeit und in Nordisland l>eol)aclitet, wobei es sich um Wanderer aus Grönland handeln dürfte. Da liekanuter- maßen die Lieblingsnahrung der Schneeeule in Lemmingen besteht, diese Nager aber, und zwar Mijodes to7. Kjerülf die Mitteilung erhalten habe, eine alte Schneeeule sei im Sommer 1882 bei Hallormstadir (Sudur Müla-Sysla) geschossen und eine andere in der Nähe gesehen worden. Clarke hält diese beiden für ein in Fortpflanzung begriflenes Paar. Slater berichtet ferner, J. G. Millais habe ein Exemplar unseres Vogels am Sog, dem Ausflusse des J)iugvallavatn, beobachtet, wie es nach Art eines Seeadlers Fischen nachspürte und eine wirklich gemachte Beute davontrug, vielleicht zum Neste. Da aber die Schneeeule, deren Junge in Grönland 19 Hantzsch, Vogelwelt Islands. 290 Ceryle alcyon. selten vor Anfang September flügge werden, kaum im ersten Jahre ihres Lebens fortpflanzungsfähig sein dürfte, liegt die Vermutung nahe, es habe sich bei den erwähnten Exemplaren nicht um Brutvögel, sondern nur um Sommergäste gehandelt, da man weder Nest nocli Junge wirklich fand. Zweifellos ist dies auch bei dem einzelnen Individuum der Fall gewesen, das Pastor Jon Jönsson am 1. Juni 1848 auf Grimsey erblickte (Krüper, Naumannia 1857, S. 437). Der Mangel von Lemmingeu auf Island dürfte dagegen kaum als Grund des Nichtbrütcns unserer Art daselbst angesehen werden, da sich diese auch recht gern von Schneehühnern und anderen Vögeln nährt. 98. Ceryle alcyon (L.). Köuigsfischer. Ceryle alcyon L.: Sajmundsson. Zoolog. Meddel. fra Island, S. 12 (190.")). Ceryle alcyon (L.): Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XVII, p. 125 (1892). — Nau- mann, Vögel Mitteleuropas IV, S. 419 (1901). Isländisch: Ameriskur Isfugl. Ceryle alcyon bewohnt ganz Nordamerika von Panama und den Westindischen Inseln nordwärts bis wenigstens zum Polarkreise, gelegentlich geht er auch über diesen hinaus. Einige Male wurde er als Irrgast in Großbritannien, einmal sogar (1899) in Holland erlegt. Der Vogel wählt zu seinem Aufenthalte reißende Ströme, besucht aber auch die Meeresküste. Für Island ist ein einmaliges Vorkommen des Königsfischers bekannt. Ende September 1901 zeigte sich ein Exemplar mehrere Tage hindurch auf Heimaey (Vestmaunaeyjar). Es gelang, den seltnen Gast zu schießen und durch ])orsteinn Jönsson für die Wissenschaft zu erhalten. Der Vogel erwies sich als ein jüngeres Männchen, wurde im Kopenhagener Museum kunstvoll präpariert und bildet jetzt eine Zierde des kleinen Museums in Reykjavik. 99. Upupa epops L. Wiedehopf. Upupa epops L.: Ssemundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 10 (1905). Upupa epops Linn.: Salvin, Cat. Birds Brit. Mus. XVI, p. 4 (1892). — Naumann, Vögel Mitteleuropas IV, S. 376 (1901). Isländisch: Herfugl. Auch deutsch: Heervogel. Dan. & norw.: Herfugl, Hserfugl. Schwed. : Härfägel. Upupa epops bewohnt die gemäßigten und wärmeren Teile der paläarktischen Region einschließlich der Mittelmeergebiete, auf dem Zuge geht sie bis zum mittleren Afrika, Indien und Borneo hinab. In Europa überschreitet sie als Brutvogel nord- wärts kaum den 62. Grad, findet sich aber nicht selten im mittleren Rußland und südlichfen Schweden. Einige Jlale ist der Vogel noch auf der Kola-Halbinsel vor- gekommen. Im August 1868 ließ sich sogar ein todmattes Exemplar unter etwa 77^ auf ein von Spitzbergen nach Hammerfest segelndes Schiff nieder. Auf den Britischen Inseln ist unsere Art selten, als Brutvogel nur ausnahmsweise angetroffen worden. Doch hat man. sie als Gast auch für die Orkney- und Shetlands-Inseln, sowie die Eäröer festgestellt, für Grönland freilich noch nicht. Upupa epops. — Apus apus apiis. 291 Für Island wurde bisbor nur ein einniiiliges Vorkommen des Wiedehopfes beobachtet. Am 18. September 1901 nämlich erlegte man ein Exemplar bei dem Hofe Geiteyjarströnd am M^vatn (c. 65' '„ ^ n. Br.). Dieses wurdo durch Pastor Ärni Jönsson in dem benachbarten Sitütustadir als Balg mit unbestimmtem Geschlechte dem Reykjaviker Museum übersandt und befindet sich noch jetzt daselbst. 100. Apus apus apus (L.). Mauersegler. Micropus apus (L.): Hartert, Cat. Birds Brit. I\his. XYI. p. 442 (1892). — Apus apus (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas IV, S. 232 (1901). Isländisch: Mürsvala. Auch deutsch: Mauerschwalbe. Dan. & norw.: Mursvale. Apus apus apus bewohnt die meisten Länder Europas, wird aber in den anderen Teilen des paläarktischen und mediterranen Faunengebietes durch nahe verwandte Formen vertreten. Auf dem Zuge kommt der europäische j\lauersegler durch ganz Afrika vor. Häufig brütet er noch in Nordrußland und Skandinavien, geht hinauf bis 68, in Norwegen sogar bis 69^. Auch bei Kolguew wurde ein Exemplar beobachtet. Zahlreich findet er sich auf den Britischen Inseln. Die Färöer besucht er gelegentlich als Gast. Von Grönland kennt man ihii allerdings nicht. Nach Island kommt der Mauersegler bloß als seltner Gast, der wahrscheinlich bisher übersehen oder mit einer Schwalbeuart verwechselt worden ist. Am 28. Juni 1903 zeigte sich bei Nebel und Nordwind ein einzelnes Exemplar auf Grimsey, wo ich damals gerade weilte. Der Vogel umflog besonders die Felsen der Siidwestküste, kam wiederholt auch in unmittelbare Nähe der Häuser und hielt sich hier ziemlich tief über dem Boden. Uns Menschen gegenüber war er durchaus nicht scheu, sondern jagte oft wenige Meter an uns vorüber. Da der Eidervögel wegen auf Grimsey nicht geschossen werden soll, versuchte ich zunächst, den seltnen Gast zu fangen, jedoch ohne Erfolg. Stundenlang verschwand dieser auch, kehrte aber immer wieder zurück, weil ständiger Nebel herrschte, der die fernen Berge Islands unsichtbar machte. Am 2. Juli fing das Wetter an sich aufzuklären, und ich befürchtete nun das baldige Verschwinden des Vogels, zumal sich dieser öfters in außerordentliclie Höhe emporschwang und weit über das Meer hinausflog. Durch einen glücklichen Schuß erlegte ich ihn deshalb. Der Vogel erwies sich als ein altes Männchen der typischen europäischen Rasse. Seine Färbung ist ziemlich dunkel, der weiße Kinnfleck verhältnismäßig groß und hell. Gewicht i. Fl.: 34 g (bei sächsischen von mir untersuchten Kxemplaren 40 — 44 g). Gesamtlänge i. Fl.: 172 mm. Flugbreite: c. 380. Flügel: 172. Schwanz: 81. Flügel -f Schwanz: 27. — Kropf und Magen enthielten außer einer mittelgroßen Fliege nur wenige kleine Mücken. — Der Balg befindet sich in meiner Sammlung, da Herr Gröndal mein Angebot, ihn aufgestellt dem Reykjaviker Museum zu überweisen, als unnötig ablehnte. Der alte Tngvar Gudmundsson auf Grimsey, der mir als der beste Vogelkenner der Insel gerühmt wurde, behauptete, diese Vogelart schon früher zweimal gesehen zu haben, und HeiT Pastor Matthias Eggertsson 19* 292 Corvus corax principalis. daselbst schrieb mir, daU sich kurze Zeit nach raeiner Abreise von Grimsey, also in der zweiten Hälfte Juli, wiederum ein Mauersegler zeigte. Dieser ist höchstwahrscheinlich geraeinsam mit dem von mir beol)acliteten nach der Gegend gekommen. Einige der Bewohner Grimseys hielten jenes zweite Exemplar allen Ernstes für das Gespenst des von mir erlegten Vogels. Das Tier verschwand bald wieder. 101. Corvus corax principalis Ridgw. Kolkrabe. Corvus corax (Liiin.): Fabor, Prodroimis, S. 4 (1822). — Corvus corax L. & Corvus leucophaens Tem. : Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 389 (1862). — Corvus corax Linn. & Corvus leucophaeusY ieiü.: Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 409 and 410 (1863). — Corvus corax L.: (iröndal, Islenzkt t'uglatal, bis. 35 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 21 (1901). Corvus corax, L. : Collin, Skandinaviens Fugle, S. 156 (1877). • — Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. III, p. 14 (1877). — Winge, Granlands Fugle, S. 269 (1898). — Nau- mann, Vögel Mitteleuropas IV, S. 85 (1901). Isländisch: Hrafn (nach der Stimme), Krummi (== der Diebische?). In der Skaldendichtung sind nach Gröndal für den Vogel gegen 170 Bezeichnungen gebraucht. Auch dän., noi-w. «& schwed.: Ravn. IIolL: Raaf. Engl.: Raven. Fär. : Ravn, Ravnur. Corvus corax bewohnt mit Ausnahme von Südamerika, Neuseeland und den meisten Südsee-Inseln die ganze Erde, variiert aber recht bedeutend und vielfach auch geographisch feststehend. Wahrscheinlich wird man den isländischen Raben gleichfalls als selbständige Lokalrasse aufstellen können, doch stand mir hierzu nicht genügend Vergleichsmaterial zur Verfügung. Ich ziehe unsere Form vorläufig zu C c. principalis Ridgw., mit dem sie am meisten verwandt sein dürfte. Diese Subspezies bewohnt vielleicht das ganze arktische Amerika von Grönland bis Alaska, südlich bis Hritisch- Columbia, Canada und Neu-Braunschweig (Hartert & Kieinschmidt, Novitates Zoolo- gicae, Vol. VIII, p. 43. 1901). Von dem färöischen C. c. varius Brunn. (1. c. p. 44 und Hartert, paläarktische Vögel, S. 4. 190-3) scheint der isländische Rabe in der Feder- strahlung etwas mehr abzuweichen, ferner schwächere Füße und stärkeren Glanz des Gefieders zu besitzen, wenngleich albinistische Exemplare mitunter auch auf unserer Insel vorkommen. Island bewohnt der Rabe im allgemeinen als ziemlich häufiger Brut- vogel, der auch im Winter die Insel selten verläßt. Man trifft ihn in allen Teilen der Küstengebiete und des Innern, am häufigsten bei Fischerplätzen, die in felsiger Umgebung liegen. Wenn er auch nirgends ganz fehlt, ist er doch stellenweise selten und besucht abwechslungslose Ebenen nur gelegentlich. In der Größe variieren isländische Raben ebenso wie solche aus andern Gebieten. 4 von mir untersuchte Exemplare zeigten als größte Länge der Flügel 450 mm, des Schwanzes 267, der Tarsen 73, des Schnabels 80 mm. Davon ein $ ad. meiner Sammlung, Akureyri, Sept. 1903. Flügel: 423. Schwanz: 254. Sehnabellänge: 72. Schnabelhöhe (am Grunde): 29. Tarsen: 72. Mittelzehe inkl. der 20 mm langen Kralle: c. 57 mm. — Das Vorkommen albinistischer Vögel ist auch in neuerer Zeit wiederholt nachgewiesen, z.B. Preyer, S. 390; Newton, p. 410; Slater, p. 23. Der Rabe ist ein Standvogel für Island, der bis zur Paarungszeit gesellig lebt. Oft kommen aber die Tiere schon im März nach ihren Brut- plätzen, wenngleich man auch den ganzen Sommer hindurch kleine Trupps Corvus corax principalis. 293 von jüngeren, nicht zur Fortpflanzung schreitenden Individuen an futterreichen Örtlichkeiten trifft. Bis Anfang Mai sind die Vögel besonders lebhaft. Mit mannigfachem Geschrei, dessen Hauptbestandteil das starke Korr bildet, fliegen sie umher, treiben sich oft auch recht heftig, wobei sie mitunter ein lautes, klappendes Flügelschlagen hervorbringen. Am 27. April beob- achtete ich in der Nähe von Reyjavik 8 Raben, von denen 2 einen regel- rechten Kampf ausfochten. Durch meine Anwesenheit (ohne Gewehr) ließen sie sich nicht im geringsten stören. Die 6 unbeteiligten Vögel sdiautcn den beiden, meist dicht über dem Boden dahinjagenden Streitern mit großem Interesse zu, saßen selbst ruhig auf Frdhügeln und stießen nur gelegentlich ein aufmunterndes Kr aus. Zuletzt erhoben sich alle 8 gemeinsam, flogen bunt durcheinander und entfernten sich endlich mit lebhaftem Krächzen. Im allgemeinen sind die isländischen Raben durchaus nicht scheu, erkennen freilich meist mit bewunderungswürdigem Scharfsinne das Schießgewehr. Sehr dreist benehmen sie sich in den Ortschaften. Selbst in Reykjavik fliegen sie dicht über den Häusern hin und lassen sich auf Dächern und Straßen nieder, um alles nur einigermaßen Geuießbare zu untersuchen und wenn möglich zu verzehren. Sehr häufig sieht man sie auch am Strande, w^o sie vom Meere ausgeworfene Seetiere aufnehmen. Besonders schädlich werden die Raben zur Brutzeit der nützlichen Vögel durch Wegfressen von Eiern und Jungen derselben; gelegentlich sollen sie freilich auch alte Vögel fangen und sogar neugeborene Schafe töten und verzehren. In Spalten und Nischen steiler Felswände errichtet das Paar seinen Horst. Wohl sieht man die Vögel nun an sonnigen Morgen hoch oben in der Luft fliegen und oft schwebend prächtige Bogen beschreiben, hört auch das zärtliche, nicht unangenehme Klong, mit dem sich die Gatten locken, findet aber den Nistplatz selbst nicht so leicht, da sich die klugen Vögel in dessen unmittelbarer Nähe still verhalten und sich bei Annäherung eines Menschen meist rechtzeitig entfernen. Der Horstplatz ist nicht immer be- sonders hoch gelegen. Ich entdeckte einen solchen in dem Lavagewirr von Hafuarfjördr bei Reykjavik kaum 4 m über dem Boden der Schlucht, aber ti'otzdem für bloßes Klettern unzugänglich. Beide Vögel tragen das Bau- material oft weit herzu, das Weibchen scheint jedoch in der Hauptsache die Herstellung des Horstes allein zu übernehmen. Dieser besteht aus einer ziemlich dicken Schicht von Zweigen und Heidekrautstengeln und wird mit Halmen und Moosen ausgefüttert. Die Ablage der Hier erfolgt im April, nur in besonders günstigen Lagen auch schon Ende März. Ihre Zahl betrügt gewöhnlich 4, mitunter auch 5 Stück, 3 nicht selten in Nachgelegen. Ein isländisches Gelege meiner Sammlung zeigt folgende Maße: 51,9x34,9 mm (1,95 g), 51,3x35 (1,97), 50,2x34,8 (1,92), 49,9x36 (2). Für gewöhnlich brütet das Weibchen, mitunter, besonders bei kalter Früh Jahrswitterung, wird es aber auch vom Männchen abgelöst, wie ich selbst einmal beobachtete. Oft steht das Männchen mit auf dem Horste und graut die Gattin am Kopfe. Die Brutdauer beträgt nach Faber 24 Tage. Gegen Ende dieser Zeit sitzt das Weibchen sehr fest, das Männchen aber schleppt 294 Corvus cornix corriix. bereits Nuhruiig herbei. Sind Anfang Mai die Jungen ausgeschlüpft, wird der Horst leichter als vorher gefunden. Eifrig tragen beide Eltern allö möglichen Futterstoffe lierbei und krächzen lebhaft, wenn sich ein Mensch nähert, wobei sie auf Felsen in unmittelbarer Nähe des Horstes umherspringen oder aufgeregt umhei-fliegen. Raubvögel werden zu dieser Zeit besonders heftig verfolgt. Sind die Jungen größer, so zetern sie anhaltend, wenn sie Hunger haben, verstummen aber, sobald die Alten warnen. Krüper sah im Nordlande vom 20. Mai an ziemlich befiederte Junge (Naumannia 1857, H, S. 27), ich selbst am 7. Juni fast flügge Vögel bei Akureyri, die erste umher- fliegende Familie am 22. Juni in derselben Gegend. Riemschneider beob- achtete eine solche am 29. d. M. (Ornithol. Monatsschrift 189(3, S. 307), Preyer ebenfalls Ende Juni (1. c, S. 160). Kommt man zu Pferde des Wegs, kann man sich den Vögeln oft bis auf wenige Meter nähern, führt man jedoch ein Gewehr, verhalten sich die Jungen fast ebenso vorsichtig wie die Alten. Anfänglich bleiben die Familien in der Umgebung des Horstes, die Jungen schlafen noch auf diesem, die Alten auf ihrem Lieblings- felsen in der Nähe. Ist die Nachkommenschaft aber ganz selbständig geworden, wird sie von dem alten Paare gewöhnlich w^eggeti-ieben. Die Tiere kommen nun nach den Küstenorten oder anderen günstigen Lokalitäten, wo sie sich oft zu gTößeren Schwärmen vereinigen. Von einem Fortziehen ist nichts bekannt. Ebensowenig bewiesen dürfte die Annahme sein, daß grönländische Raben nach Island kämen. Häufig aber streichen unsere Vögel auf der Insel selbst weit umher, bis sie ein zusagendes Winterquartier gefunden halben. Sie wählen hierfür gern die Nähe von Gehöften oder Ortschaften und werden später durch die Not des Winters oft recht aufdringlich. Gut- mütige Isländer schütten ihnen aber Abfälle vor die Türen. Freilich wissen die immer regsamen, klugen Raben auch bei ungünstigen Verhältnissen Nahcuucj zu finden, indem sie besonders die Meeresküsten absuchen. 102. Corvus cornix cornix L. Nebelkrähe. Corvus cornix (Linn.): Faber, Prodromus, S. 5 (1822). — Corvus cornix, h.: Preyer (& Zirkel), üeise nach Island, S. 427 (1862). — Newton, in Baring-Goulds Iceland, p.410 (1863). — Gröndal, Islenzkt fuglatal. bis. 35 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 24 (1901). — Sffimundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 11 (1905). Corvus cornix, L.: Collin, Skandinaviens Fugle, 8. 161 (1877). — Corone cornix, L.: Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. III, p. 31 (1877) — Corvus cornix L. typicus: Winge, Grönlands Fugle, S. 268 (1898). — Corvus cornix L.: Naumann, Vögel Mitteleuropas IV, 8. 100 (1901). Isländisch: Xräka (partim). Auch dän.: Krage. Norw. : Kraake. Schwed.: Kräka. Fär. : Kräaka, Kräka. Corvus cornix cornix bewohnt viele Länder Europas, besonders ganz Rußland bis etwa zu 69" nordwärts, die Balkan-Halbinsel. Österreich-Ungara, Italien, das öst- liche Deutschland bis zur Elbe, Dänemark, Skandinavien bis zum 70. Grade, Irland, Schottland, die Hebriden und selb.st die Färöer; auf Gnlnland wurde die Art nur einmal Corvus coro ne coroiie. 295 an der Ostküste erlegt. Im Winter kommen die Vögel nach dem westlichen Europa bis an die atlantischen Küsten. — In den angrenzenden Gebieten finden sich ver- wandte Formen. Island besucht dio Nebolkrälie nur als gelegentlicher Gast, besonders im Winter. Es dürfte sich dabei um skandinavische oder von noch weiter ostwärts stammende Wanderer handeln, da unsere Art auf Schottland, den Hebriden und Färöern weit mehr Standvogel ist. Obwohl kleine Scharen der Nebelkrähen nicht allzu selten nach Island zu kommen scheinen und selbst auf Grimsey gesehen wurden (Yngvar Gudmundsson), liegen zunächst doch nur sehr dürftige Angaben über ihr Auftreten vor. Faber beobachtete im Nordlande einige Exemplare im Juli und August, die freilich bald wieder verschwanden. Steincke sammelte 1823 bei Akureyri einen Balg, der sich jetzt im Kopenhagener Museum befindet. Gröndal sagt sogar, daß unsere Art ziemlich häufig in Island gesehen würde (Oruis XI. p. 452), gibt aber keine genaueren Daten. ]). Jönsson kennt den Vogel von den Vestraannaey- jaru (in litt.). 2 Präparate besitzt die Sammlung in Reykjavik, eins davon vom Jahre 1894 aus dem Seydisfjördr. Von einem Brüten der Nebelkrähe auf Island ist bis jetzt nichts bekannt. Corvus corone corone L. Rabenkrähe. Corvus corone (Linn.): Faber, Prodromus, S. 5 (1822). — Corvtcs corone, L. : Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, p. 427 (1862). — Newton, in Baring-Goulds Iceland, p.410 (1863). — Gröndal, Islenzkt fiiglatai, bis. 35 (1895). — Siater. Birds of Iceland, p. 23 (1901). — Ssemundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. U (1905). Corvus corone, L.: Colliu, Skandinaviens Fugle, S. 164(1877). — Corone corone, L. : Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. III, p. 36 (1877). — Corvus corone L. : Naumann, Vögel Mitteleuropas IV, S. 93 (1901). Isländisch: Kräka, fälschlich Ffereyja-Hrafn (= Färöischer Habe). Corvus corone corone bewohnt den Westen Europas, vor allem die Alpenläiider, Frankreich, Spanien besonders im Winter, England, Westdeutschland bis etwa zur Elbe, Böhmen und Mähren. Weiter östlich tritt unsere Art nur vereinzelt auf, ist in Dänemark selten, in Skandinavien fast gar nicht anzutreffen. Ihr gelegentliches Vorkommen auf den Färöern ist sehr zweifelhaft, im ganzen arktischen Gebiete unbekannt. Sie wandert in viel geringerem Grade, als die vor- und nachstehende Art. — In Asien wird sie durch den größeren C. c. Orientalis Eversm. vertreten. Das Vorkommen der Rabenkrähe auf Island ist fraglich, (Ui kein Balg vorliegt. Alle Angaben beruhen wahrscheinlich auf Verwechslung mit jüngeren Individuen von Corvus frxgilegns. Faber vermutet das gelegentliche Erscheinen unsrer Art nur auf Grund von Mitteilungen der Bewohner. Spätere Schi-iftsteller schreiben ihm nach, Gröndal behauptet allerdings, es wäre am 16. Januar 1881 eine Rabenkrähe geschossen und 1893 eine ganze Schar der Vögel beobachtet worden (1. c), weiß aber nichts über ein Beleg- exemplar (in litt.). Schon Newton bezweifelt das Vorkommen unsrer Art auf Island, Siater hält die Gröndalsche Angabe für unsicher. Siemuudssou führt sie auf Verwechslung mit Corvus frngilegus zurück. 296 Corviis frugilegns frugilegus. 103. Corvus frugilegus frugilegus L. Corvus frugilegus, Linu.: Newton, in Earing-Goulds ]celaiid, ]>. 410 (1863). Gröndal, Islenzkt iuglatal, bis. 35 (1898). — Slater, Birds of Iceland. p. 24 (1901). — Stefänsson. Nordurland (4. Okt. 1902). — Sa^mundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 10 (1905). Corvus frugilegus, L.: Collin, Skandinaviens Fuglc. S. 165(1877). — Trypanocorax frugilegus L. : Sharps, Cat. Birds Brit. Mus. III, p. 9 (1877). — Corvus frugilegus L.: Naumann, Vögel Mitteleuropas IV, S. 109 (1901). Isländisch: Kräka (partim), Bläkräka (= Blaukrähe), Blährafn, Fsereyjahrafn (= färöischer Rabe). Diese letzteren Namen dürfen auf keine andere Krähenart bezogen werden. Auch deutsch: Blaukrähe. Dan.: Blaaraage. Norw.: Blaakrakc. Für.: Hjalt- landskräka. Corvus frugilegus frugilegus bewohnt im allgemeinen ganz Europa; Spanien und das südlichere Italien freilich fast nur im Winter, dann auch gelegentlich Xordafrika und Palästina. Nordwärts brütet unsere Art in Nordrußland bis etwa 65, in Finnland bis 62'/2, in Schweden bis 60**, Schottland bewohnt sie im Sommer ziemlich selten, besucht es aber regelmäßig im Winter, wobei sie gelegentlich auch nach den Hebriden, Orkneys, Shetlands-Inseln und Färöern kommt. In Grönland wurde sie einmal an der südlichen Ostküste erlegt. — Im südwestlichen Asien wird unsere Form durch C. f. tschusii Hart., in Ostasien durch C. f. pastinator Gould vertreten. Nach Island koramt die Saatkrähe als gelegentlicher Wintergast. Besonders jüngere Exemplare scheinen auf ihrer Wanderung soweit westwärts vorzudringen, was doppelt leicht zu Verwechslungen mit Coi-vus corone Ver- anlassung gab, welche Art, wie bemerkt, zunächst' weder für die Färöer, noch für Island mit Sicherheit festgestellt ist. Alle dahinlautenden Mit- teilungen dürften sich auf (7. />m/7i'%».s beziehen. Die Färöer besuchen unsere Vögel fast alljährlich, -was durch Collin, Slater, Andersen u. a. hervorgehoben wird. Von dort aus streifen sie mitunter nach Island, weshalb ihr Name Fsereyjahrafn ganz passend gewählt ist. Einige Belege für das Vorkommen der Saatkrähe auf Island mögen folgen. Im Kopenhagener Museum befindet sich ein junges Exemplar aus dem Jahre 1839. ,T. Hallgrimsson hebt aus- drücklich hervor (Naumannia 1857, II, S. 28), daß manchmal schwarze Krähen mit kahlem Schnabclgrunde nach Island kämen, die er freilich zu- folge Fabers Vermutungen fälschlich als Corvus corone bezeichnet. P. Nielsen hat die Art wiederholt bei Eyrarbakki beobachtet und geschossen; namentlich Ende November 1880 zeigten sich größere Scharen (Ornis III, S. 157). In demselben Spätherbste erschienen zahlreiche Saatkrähen auf den Vestmanna- eyjarn, während geringere Mengen auch gelegentlich vor- und nachher auf diesen Inseln gesehen wurden ()>. Jönssou, in litt.). Sa3mundsson beobachtete in früheren Jahren unsere Krähen fast alljährlich bei Grindavik (SW.). ein- mal 20 — 30 Stück beisammen. Die Vögel kamen besonders im November und Dezember und blieben oft längere Zeit in der Gegend. Bei starker und anhaltender Kälte fand man nicht selten umgekommene Exemplare. Auch aus anderen Orten des Südlandes hörte Sa?mundsson von dem Auf- ti-eten unserer Art (1. c). Y. Gudmundsson beobachtete diese wiederholt auf Grimsey. J. V. Havsteen bezeichnete sie mir als geleoentlichen Wintcro-ast Coloeus monedula spcrmolo<^us. QQ7 im Eyjafjördr. 2 in dem benachbarten Ölafsfjördi- Anfang März 1900 ge- schossene Exemplare befinden sich, neben einem anderen vom Jahre 1897 aus Kollafjardarnes (NW.), im Museum von Reykjavik. Shiter sah eine ganze Anzahl Bälge von Corcus fragilegns in Akureyri, und Stefänsson schreibt, daß die Vögel im Winter 1900 zu 1901 im ganzen Nord- und Ostlande in beträchtlichen Scharen auftraten, wovon einzelne Exemplare erlegt wurden. Gröudal berichtet endlich, daß man Corvus friujikgua auch im Innern Islands, nämlich beim M^vatn, erbeutet habe (Ornis XI, p. 452). 104. Coloeus monedula spermologus (Vieill.). Dohle. Corv'us monedula L.: Gröndal, Jsleuzkt fuglatal, bis. 35 (1895). — Slater, Birds of Iceland, p. 21 (1901). — Spemundssoii, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 12 (1905). Coloeus monedula Linn.: Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. III, p. 26 (1877). — Lycus monedula (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas IV, S. 80 (1901). Isländisch: (Trährafn (= Graurabe). Wenn man mit Hartert (Pal. Vög. I, S. 15, 16) die westeuropäische Dohle (C. m. spermologus) von der skandinavischen (C. m. monedula) unterscheidet, so ist anzunehmen, daß die in Island erlegten Exemplare der ersteren Form angehören. Diese bewohnt Großbritannien und Irland, das übrige West-, sowie ganz Mitteleuropa und geht süd- wärts bis Italien und Österreich-Ungarn hinab. Gelegentlich hat sie sich auf den Färöern, jedoch noch nicht in Grönland gezeigt. Daß die skandinavischen Dohlen westwärts nach den Britischen Inseln wandern, scheint llartert nicht anzunehmen. Der Vogel im Museum in Reykjavik ist ziemlich dunkel gefärbt und nicht von einem deutschen zu unterscheiden. Die Dohle besucht Island nur als seltener Gast. Ein Exemplar wurde 1896 von P. Nielsen bei Eyrarbakki geschossen (Gröndal. Ornis XI, p. 452), ein anderes im April 1901 bei dem Hofe Störatunga im Bdrdartale (N.) lebendig geümgeu, zu Konsul J. V. Havsteen in Oddeyri gebracht und von diesem später an die Sammlung nach Reykjavik geschenkt. Wahi-scheinlich sind weitere Exemplare mit den Kräheuarteu verwechselt worden. Nucifraga caryocatactes macrorhynchos Brelim. Taunenhäher. Nucifraga caryocatactes, Linn.: Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. HI. j). 513 (1877). — Nucifraga caryocatactes (L.): Naumann, Vögel Jlitteleuropas IV, S. 55 (IflOl). Isländisch: Hnotkräka (= Nußkrähe). Auch deutsch: Nußkrähe. Dan.: Noddekrige. Norw.: Xöddekraake. Schwed. : Nötkräka. Engl.: Nuteracker. Nucifraga caryocatactes bewohnt die paläarktische Region; N. c. maa-orhynchos brütet in den Waldungen Sibiriens, ostwärts bis Xorea, wandert aber im Herbste und Winter westwärts bis Skandinavien und Frankreich. Auch in England sind über BO Fälle des Vorkommens dieser Form bekannt (Hartert, Paliiarkt. Vög. I, S. 27). Dagegen ist die als Brutvogel in Skandinavien nicht seltene N. c. caryocatactes (L.) Stand- oder höchstens Strichvogel, der kaum jemals nach Island gelangen möchte. Auf unsrer Insel soll der Tannenhäher einmal vorgekommen sein. Der norweffische Konsul. Herr J. V. Havsteen in Oddeyri, versicherte mir 298 Nucifraga caryocatactes macrorhynchos. unter Vorle.^iing oinor Abbildung, in den 80 er Jahren ein Exemplar aus der Gegend des Eyjafjördrs erhalten zu haben, das sich aber nicht zur Präparation eignete. Möglicherweise sind bei den groLk'n Häherwanderungen im Herbste 1883 oder 1885 einzelne Individuen bis Island vorgedrungen. Oriolus oriolus (L). Pirol. Oriolus yalbula, L.: CoUiii, Skandinaviens Kugle, S. 148 (1877). — Gröndal, islenzkt fuglatal, bis. 25 (1895). — Slater, Eirds of Icelaiid, p. 14 (1901). (Molns galbnla, L.: Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. 111, p. 191 (1877).— Oriolus oriolus (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas IV, S. 29 (1901). Isländisch: Gullfröstur (= Grolddrossel). Auch deutsch: Golddrossel. Dan.: Gulddrossel. Norvv.: Guidtrost. Schwad.: Gultrast. Oriolus oriolus bewohnt einen großen Teil der paläarktischen Region mit Aus- nahme des Ostens. Im Winter zieht er bis Südafrika hinab. In Rußland brütet er bis etwa zu 60, in Schweden sogar bis 63" nordwärts, fehlt aber auf den Britischen Inseln fast ganz. Ausnahmsweise wurde er auf den Färöern (Mai 1893) erbeutet. Das Vorkommen des Pirols in Island ist höchst zweifelhaft. CoUin berichtet nur (1. c), daß der isländische Kaufmann Gudmann Mitte Dezember 1843 an der Küste der Skagafjardar-Sysla (N.) ein erfrorenes schönes — d. h. gewiß gelbes — Jlännchen unsrer Art gefunden habe, doch sah Collin keinen Balg des Vogels, der Beweis für dessen richtige Bestimmung gewesen wäre. Dazu ist die Jahreszeit für den angeblichen Fund eine sehr späte, weshalb man der Vermutung Gröndals (1. c), es habe sich wohl nur um einen ähnlich gezeichneten, entflogenen Kanarienvogel gehandelt, zustimmen möchte. Schade, daß eine derartig ungenügend begründete mündliche Mitteilung in die Literatur aufgenommen wurde und nun weitergeführt werden möchte. 105. Bombycilla garrula (L.). Seidenschwanz. Anipelis garrula L. : Saemundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 8 (1905). Ampelis garrulus (L.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 180 (1877). — Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. X, p. 212 (1885). — Naumann, Vögel Mitteleuropas IV, S. 181 (1901). Isländisch: Silkistel, Silkistjelungur (= Seidenschwanz). Auch dän. & norw.: Silkihale, Sidensvands. Schwed.: Sidensvans. Bombycilla garrula brütet fast zirkumpolar an den Grenzen der arktischen Region, soweit Wald vorhanden ist, besonders in Skandinavien, Lappland, Finnland, Nordrußland, Sibirien, Alaska und dem übrigen nordwestlichen Amerika. Außerhalb der Fortpflanzungszeit streifen die Vögel weit umher und gehen südwärts gelegentlich bis nach Südeuropa und selbst Algier, dem mittleren Teile der Vereinigten Staaten von Nordamerika (bis etwa 40 <> hinab), nach Nordchina, der Mongolei und Turkestan. Die Britischen Inseln besuchen sie gleichfalls nur auf dem Zuge, von den Färöern kennt man sie als seltene Gäste, von Grönland dagegen und den übrigen rein arktischen Gebieten gar nicht. Von Island wird auch nur ein ausnah ms weis es Vorkommen des Seidenschwanzes mitgeteilt. Im Oktober 1903 nämlich, zu welcher Zeit in ganz Europa zahlreiche Schwärme unserer Vögel erschienen, zeigte sich eine Schar derselben auf Heymaey (Vestmannaeyjar). Ein Exemplar davon wurde am 18. Oktober von einer Katze gefangen, dieser jedoch weggenommen, von j^orsteiim Jönssou nach Reykjavik gesandt und für das dortige Museum Bombycilla garrula. - Stunius vulgaris vulgaris. 299 präpariert. Die übrigen Vögel ließ mau unbelästigt, und sie verschwanden uacli etlichen Tagen wieder von der Insel. In Reykjavik und wahrscheinlich auch anderwärts zeigten sich ebenfalls Seidenschwänze. Doch wurde kein weiteres l^^xemplar erbeutet. Swmundsson l)erichtet, daß er am 14. Oktober 1903 einen einzelnen Vogel in der Stadt beobachtete. Dieser hielt sich bereits seit mehreren Tagen daselbst auf und hatte eifrig die wenigen vorhandenen Vogelbeerbäumchen eines Gartens nach Früchten al)gesucht. Obwohl er nicht scheu war, glückte es doch nicht, ilm zu fangen. Einige Tage später ver- schwand er. Weitere Mitteilungen über die seltenen Gäste liegen nicht vor. 106. Sturnus vulgaris vulgaris L. Star. Stunms yuttatus Megllvr.: l'reyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 428 (1862). — Sturnus vulgaris, Linn.: Newton, in Earing-dioulds Tceland. p. 421 (1863). — Gröndal, islenzkt fuglatal, bis. 3ö (1895). — Slater, Eirds of Iceland, j). 20 (1901). ~- Sicuiundsson, Zoolog. Meddel. fra Island, S. 10 (1905). Sturnus vulgaris, L.: Collin, Skandinaviens Fngle, S. 146 (1877). — Sharpe, Cat. Birds ßrit. Mus. XIII, j). 27 (1890). — Winge, Grönlands Fugle, S. 274 (1898). — Naumann. Vögel Mitteleuropas IV, S. 7 (1901). Isländisch: Stari. Starri. Auch dän. & uorw. : Star, Stger. Schwad.: Stare, fär. : Stari, Steari. Sturnus vulgaris vulgaris bewohnt Europa mit Ausnahme des südöstlichen Teiles, wo er, wie auch in Asien, von andern Formen vertreten wird. Auf dem Zuge kommt er nach Süd- und Westeuropa. Nordafrika, den Kanaren und Madeira. In Rußland geht er stellenweise bis zu 64", in Norwegen sogar bis 71" hinauf. Häufig ist er Sommer und Winter auf den Britischen Inseln. Die Färöer dagegen besucht er nur gelegentlich auf dem Zuge, wird aber hier von dem gut gekennzeichneten St. v. faroensis Feild. vertreten, der völlig Standvogel auf der Insel ist und trotz der Nachbarschaft kaum jemals in Island vorgekommen zu sein scheint. 3 von mir untersuchte isländische Bälge (in den Museen von Kopenhagen und Reykjavik, sowie bei Konsul Havsteen in Oddeyri), ebenso 2 im Besitze von Nielsen, kennzeichneten sich als solche von St. v. vulgaris. Dasselbe gilt von den vereinzelt im Süden und Südosten Grönlands gesammelten Staren des Kopenhagener Museums. Nach Island kommt der Star als gelegentlicher Gast, wobei es sich in der Hauptsache um skandinavische Zugvögel handeln dürfte. Oft erreichen die von Sturm und Nebel verschlagenen Wanderer unsere Insel so ermattet, daß sie sich nur langsam wieder erholen und mehrfacli mit Händen ergritfen werden konnten. Über das Vorkommen des Stares auf Island liegen eine ganze Anzahl Notizen vor. Gröndal erhielt im Dezember 1878 (Ornis II, S. 356) und im November 1896 (Ornis XI, S. 451) je ein Exemplar aus dem Südlande. Auch in Nordisland wurden 2 weitere Vögel während der neunziger Jahre im Gebiete des Eyjafjördrs erlegt (Stefänsson, Nordurland, 4. Oktober 1902), eins davon durch J.V. Havsteen. Nach ]). Jönsson zeigen sich Stare nicht allzu selten bei den Vestraannaeyjarn, und T. Nielsen beobachtete solche etliche Male bei Eyrarbakki, so zwei Flüge zu je 4 Stück, vielleicht dieselben Vögel, im September imd Oktober 1903, wovon er 2 Stück erlegte (in litt.). Saemundsson berichtet, daß man 1896 ein Exemplar bei Hafnarfjördr fing, ein weiteres der Sammlung in Reykjavik 1898 von 300 Acanthis linaria islandica. Laxamj^ri (N.) oingoliofort wurde; im Dezember 1903 schoß man endlich einen Star in Reykjavik selbst (1. c). Nur eine einzige Mitteilung berichtet über das Vorkommen unseres Vogels abseits vom Küstengebiete. Slater erfuhr nämlich, daß ein Exemplar am 3. Dezember 1899 bei Grimstadir am M^vatn erbeutet wurde (1. c). Wahrscheinlich hatte sich dieser Vogel die Laxtl aufwärts begeben. 107. Acanthis linaria islandica Hantzsch. Isländischer Leinfiuk. Fringilla linaria (Liun.): Faber, Prodromus, S. 16 (1822). — Fringilla linaria L.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 394 (1862). — Linota linaria (Linn.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 409 (1863). — Acanthis linaria L.: Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 37 (1895). --Linola linaria (Linn.): Slater, Birds of Iceland, p. 16 (1901). Acanthis linaria (L): Sliarpe, Cat. Birds Brit. Mus. Xll, p. 245 (1888). — Cannahina linaria (L.) vor. rostrata Coues: Winge, Grönlands Fiigle, S. 289 (1898). — Acanthis linaria (Linn.): Naumann, Vögel Mitteleuropas III, S. 301 (1900). Isländisch: Audnutitlingur (entweder von audnu = AVüste, Einsamkeit der AViiste, oder von audna = Glück; titlingur ist Kollektivum für kleine Singvögel, wahr- scheinlich abgeleitet von tista, norw. tita = zwitschei-n). Acanthis linaria ist in verschiedenen geographischen Rassen zirkumpolar in den nördlichen Ländern der Erde verbreitet, soweit etwas höheres Buschwerk sich findet. Im Winter streichen die Vögel bis zum mittleren Amerika und Asien, sowie zum südlichen Europa, scheinen aber in gewissen Gebieten auch Standvögel im weiteren Sinne zu sein. In der Auffassung der einzelnen Formen gehen die Ansichten sehr auseinander, da vorläufig niemand genügende Serien von Brutvögeln aller Gebiete zur vergleichenden Untersuchung besitzt. Island beherbergt scheinbar nur eine brütende AcanthisSitezxes. Diese stellt meines Erachtens eine gut gekennzeichnete, selbständige Rasse dar, die ich in den Ornithologischen Monatsberichten 1904, S. 32-33 beschrieben habe. Reichenow, Klein- schmidt u. a. halten die Abtrennung gleichfalls für nötig. Acanthis linaria islandica hat, wie schon Slater betont (1. c ) durchaus nichts mit A. hornemannii zu tun, steht vielmehr nicht nur geographisch, sondern auch in Größe und Färbung zwischen der grönländischen A. l. rostrata (Coues) und der skandinavischen A. l. linaria (L.) = A. fiammea flammea (L.), ohne etwa mit A. l. holhocllii (Brehm) identisch zu sein. Sommervögel kennzeichnen sich besonders durch die dunkle, fast grauschwärzliche Oberseite und das selbst bei männlichen Brutvögeln blasse Rosa der Brust. Die Norraalraaße von 12 untersuchten Exemplaren stellen sich wie folgt. Gewicht i. Fl.: 12,5— 17 g. Gesaratlänge i. Fl : 130— 135 mm. Flugbreite: 210— 230. Flügel: 76 -82. Schwanz: 55—65. Schwanz + Flügel: 24— 32. Tarsen: 14— 16. Schnabelläuge: 8,2— 9,5. Schnabelhöhe: 6,3—7. Gelegentlich kommen auch kleinere Maße vor. Die größten Exemplare sind Männchen. Doch fand ich gepaarte Vögel, bei denen das Weibchen größer als das Männchen war. — Schnabel (Juni, Juli): schwärzlich, an den Seiten gelblich, bei den dunkelsten Exemplaren letzteres fast ganz verschwindend. Schnabel- winkel und Inneres: gelb. Füße : braunschwarz, Zehen und Sohlen fast schwarz. Iris: dunkelbraun. Der Leinfink oder Birkeuzeisig bewohnt die Buschwälder Islands als nicht häufiger Brutvogel. Während er auch nach den neueren Mit- teilungen Gröndals und Nielsens im Südlande nur ausnahmsweise beobachtet werden soll, kann man ihn im Nordlande keineswegs selten nennen. Ich traf ihn hier in allen ausgedehnteren Buschgebieten; im Fnjöskätale bis fast zur Mündung des Flusses, wie auch in der Gegend des M^vatn, sogar Acaiithis linaria islandioj 301 ziemlieh liäufig. In der weiteren Umgebung des jn'ngvallavatn begegnete ich den Vögeln zwar gleichfalls, doch könnte es sicii tlahei schon um streichende Scharen gehandelt ha))en, da ich nach diesen IJuscliwäldern erst Mitte August gelangte. Freilich entzieht sich der l.einfink abseits vom Neste recht oft den Blicken, verhält sich still und versteckt, sodali mau allein, möglichst geräuschlos und natürlich zu Fuße, dazu an die Heo))achtung kleiner Vögel gewöhnt, die Gebüsche durchsuchen muß, um seiner ansichtig zu werden. Älitunter vernahm ich minutenlang die charakteristischen, wenn auch feinen l^ockrufe, ehe es mir glückte, den Urheber selbst in dem Gewirr der Birkeusträucher umherhüpfen zu sehen. Scheinbar ist aber unsere Art mit der Zunahme des isländisclien Buschwaldes in neuerer Zeit häutiger geworden. Die Leintinken sind in der Hauptsache Standvögel auf Island, die sich für gewöhnlich nicht allzu weit von strauchbewachsenen Gegenden ent- fernen. Sobald die Frühlingssonne im Mai etwas wärmer zu scheinen beginnt, paaren sich die Vögel und bleiben von nun an im Brutgebiete. Anfänglich durchsti-eifen sie ein ziemlich großes Revier des Buschwaldes, mehi'ere Paare vereinigen sich auch vorübergehend wieder, sind aber, besonders bei schönem Wetter, ziemlich streitsüchtig und treiben und jagen sich oft hitzig durchs Gebüsch. Mit dem Baue des Nestes beginnen sie nicht eher, als die Knospen der Sträucher zum Aufbrechen bereit sind, was in den einzelnen Gebieten, selbst in benachbarten Örtlichkeiten, je nach Lage und Frülilings- witterung zu recht verschiedener Zeit eintritt. Im Nordlande beginnen die Birken sich kaum vor Anfang Juni mit dem ersten Grün zu färben, und es wäre ganz aufßillig, wenn eine Vogelart, die ihr Nest in das lichte Gezweig baut, nicht solange damit warten würde, bis Schutz und Deckung vorhanden- ist. Wenn auch nach den jeweiligen Naturverhältnissen die Fortpflanzungszeit unserer Leintinken beträchtlich schwanken mag, kann man doch als Regal annehmen, daß wenigstens im Nordlande das Nest selten vor Ende Mai fertig gestellt ist. Krüper berichtet zwar (Naumannia 1857, S. 63), am 12. Juni neben einem Neste mit 2 frischen Eiern ein solches mit fast flüggen Jungen, ja sogar ein weiteres, aus dem diese schon ausgeflogen waren, am Myvatn gefunden zu haben, doch dürfte dies auf die günstigen klimatischen Verhältnisse der Gegend im allgemeinen, wie auf die milde Witterung des Sommers 1856 im besonderen zurückzuführen sein, die es ermöglichte, daß Krüper von verschiedenen Vogelarten ganz ausnahmsweise zeitige Bruttermine beobachten konnte. In derartig günstigen Fällen mag es bisweilen vorkommen, daß einzelne Paare unserer Vögel zu einer zweiten Brut schreiten, dies als Regel zu betrachten ist aber falsch. Beide Gatten bauen an dem Neste, doch ti-ägt das Männchen mehr das Material herbei. Verhält man sich still, kann man sehr gut der Tätigkeit der zutraulichen, niedlichen Vögel zuschauen. Emsig klettern sie im Gebüsche umher, wobei sie sich häufig verkehrt an die Zweige hängen, kommen freilich in dieser Zeit selten auf den Boden. Sie halten das Gefieder gern locker und aufgebläht, sodaß die helle Unterseite sie schon auf weite 302 Acanthis linaria islandica. Entfernung hin kenntlich macht. Nun schlüpft das Weibchen lautlos zum halb- fertigen Neste, während das Männchen von einem benachbarten Strauche aus sein kauarienvogelartigcs, weiches Diii hören läßt. Das Nest befindet sich meist in einem einzelstehenden Strauche oder am Rande eines Gebüsches, etwa V2~~2 ^ "^^^ '^^^ Boden. Es ist anfänglich, wenn die Birken noch unbclaubt sind, reclit leicht zu entdecken. Gewöhnlich sitzt es nur lose in einer stärkeren Astgabel, nicht selten etwas schief. Seine Beschaffenheit ist sehr cliarakteristisch für die Yogelart und mitunter ziemlich kunstvoll. Es besteht aus mehr oder woniger zahlreichen dünnen Ruten, Heidekrautstengeln, geknickten Halmen und Grasrispon, die gewöhnlich, besonders im Innern, reichlich mit Schaf-, seltener PfianzenwoUe und einigen Federn vermengt werden. Damit deckt auch der Vogel die Eier zu, wenn er diese längere Zeit verläßt. Die lichte Breite der Nestmulde beträgt etwa 5, die Tiefe 2 cm. Die Ablage der Eier erfolgt gewöhnlich in der ersten Hälfte des Juni. Am 2. d. M. fand ich im Fnjöskätale ein Nest, an dem die Vögel noch bauten, sowie 2 andere mit je 2 frischen Eiern, am 9. Juni nochmals ein solches mit 2, ein anderes mit 4 Eiern, am 13. Juni 2 Fünfergelege, die ziemlich stark bebrütet waren. Größere Junge hatte zu dieser Zeit sicher noch keius der zahlreichen von mir beobachteten l^aare. Slater fand Eier am 27. Juni, Krüper, wie bemerkt, 2 frische am 12. Juni, Thienemann Ende Juni (Reise, S. 403). Das Normalgelege besteht aus 5 — 6 Stück. Einige Exemplare meiner Sammlung zeigen folgende Maße: 18.4x13 mm (0,065 g). 18,3x12,8(0,068). 18.3x12,4(0,068). 18,1x13(0,068). 17,7x12,5 (0,065). 17,6 X 12 (0,065). 17,1 x 12,6 (0,065). 17,1 x 12,4 (0,06). 17 x 12.6 (0,06). Sie wiegen voll 1,5 — 1,6 g. Das Dotter ist ziemlich dunkel. Das Weibchen brütet 12—13 Tage, wird aber täglich vom Männchen darin abgelöst. Zu dieser Zeit lassen sich die Vögel am besten beobachten, da sich auch der nichtbrütende Teil ständig in der Umgebung aufhält. Kommt man leise und langsam in die Nähe, so bleibt der eine Vogel ruhig auf dem Neste, wälirend der andere sich auch bald zeigt und lockt. Scheinbar wenig besorgt aber sitzt er auf einem höheren Zweige und benimmt sich so zutraulich und liebenswürdig, als wäre ihm der Anblick des Menschen etwas Alltägliches. Schießt man einen der Vögel, so verläßt der andere die Gegend nicht, sondern sucht lockend nach dem felilendcn Gatten. Trotzdem ist die Erlegung nicht immer so leicht, da sich die Vögel manchmal gar nicht auf richtige Schußweite zeigen wollen oder in dem dichten Gesträuche nur für Augenblicke sichtbar werden. Plötzlich hüpfen sie 2 — 3 m vor dem Menschen umher, wenn man sich aber rasch auf größere Entfernung zurückzieht, verschwinden sie. Die Stimmlaute des Leiufinken sind recht verschieden. Als auffälligste Rufe hört man ein angenehmes, bittendes Düi oder noch weicher dilüi, bilui, in der Erregung ein etwas rauhes Titititüüü oder auch Düdüdüdü. Nähert man sich dem Neste, ruft das Männchen kurz und ängstlich tütü, tütüt, während das Weibchen ein höheres, durchaus finkenartiges Dili, Dili ausstößt. Manchmal hängen beide Geschlechter an diese Rufe einen schnurrenden, Acanthis linaria islandica. 303 harten Triller: dlll .... Ziemlich selten nur singt das Männchen. Dabei sitzt es gern auf einem freien Zweige und verbindet die angedeuteten Kufe zu einem einfachen Gezwitscher, das zwar nicht laut, aber recht fröhlich klingt. Mitunter wird dieses Geplauder minutenlang fortgesetzt. Ausnahms- weise fliegt der Vogel dabei auch zitternd ein Stück in die Höhe, um sidi aber sofort wieder ins Gebüsch zu werfen. Die Jungen werden von beiden Eltern fleißig gefüttert, soweit die von mir untersuchten Magen- und Kropfinhalte erkennen ließen, besonders mit kleinen Insekten, am häuflgsteu mit den grünen Spannerraupen, die in Menge an den Birken sitzen, sowie mit grünen Blattläusen. Von dem eifrigen Umhersuchen in den dichten Gebüschen, deren Zweige und Blätter harzigen Saft absondern, wird das lockere, weiche Gefieder der alten Vögel, vor allem au Kopf und Unterseite, oft sehr beschmutzt und zusammen- geklebt, wodurch sie sich nach der Brutzeit erheblich von den sauberen Jungen, denen freilich auch das Rot an der Brust vollständig fehlt, an der Stirn nur als trübes Orange augedeutet ist, unterscheiden. Nach 1 V2 Ws 2 Wochen verlassen die jungen Vögel das Nest, halten sich zunächst ziemlich versteckt, machen sich aber durch ihr eifriges Locken, ein scharfes Ti Titi oder Tu Tütü, bemerkbar. Die Familien bleiben anfänglich beisammen, verlassen jedoch häufig den engeren Nistbezirk und streifen in der Nach- barschaft umher. Am 16. Juli beobachtete ich in der Nähe von Hals nur alte Paare, die erste Familie am 18. Juli beim M^vatn. Von dieser Zeit an sah und hörte ich kleine Scharen junger und alter Vögel fast täglich. Sie setzten sich oft viertelstundenlang auf die abgeschnittenen Birken, die man in Reykjalid unmittelbar vor meinen Fenstern aufgestellt hatte, besuchten auch häufig, besonders in den Mittagsstunden, den von Unkraut überwucherten Kartoffel- und Gemüsegarten am Hause. Hier huschten die jetzt recht lebhaften Tierchen hurtig am Boden umher und lasen die herausgefallenen kleinen Samen von Stellaria media, Rumex und Polygonum auf, mit denen sie Kropf und Magen vollstopften. Bei der Ankunft und vor dem Weg- fliegen riefen sie jedesmal sehr eifrig, gewölmlich das kurze Tütü, seltener siwibttb siwibüb sibibibübübübü. Um diese Zeit sah ich einzelne Vögel wiederholt auch auf den Lavamauern in der Nähe der Häuser sitzen, ja traf sie selbst auf völlig kahlen Lavafelseu. Der engere Zusammenhang der Familie hört aber etwas auf; besonders alte Männchen fand ich einige Male ganz allein in abgeschlossenen Bezirken. Die jüngeren Vögel streichen weit im Lande umher, werden freilich nicht immer richtig erkannt und liäufig wohl für Wiesenpieper gehalten. Am 4. August beobachtete ich eine Schar Leinfinken auf dem Kirchhofe von Einarstadir, obwohl sich in dieser Gegend kein Buschwald findet. Die Vögel benahmen sich außerordentlich unruhig, hüpften und liefen fortwährend umher, zeigten sich einen Augenblick, verschwanden aber sofort wieder zwischen den Pflanzen, flogen blitzschnell ein wenig in die Höhe, warfen sich von neuem zur P]rde, trieben sich in geschickten Wendungen durch die Luft, wobei sie hastig gigigigig riefen, blieben aber stundenlang an demselben Orte. 304 Acanthis linaria islandica. Später im Herbste versammeln sieh die Leinfinkeu in den Buschgebieten, vereinigen sich durch eifriges Locken und bilden, wie mir z. B. der junge Bauer in Skard (Fnjöskätal) versicherte, der die Vögel sehr gut kannte und sie im Winter aucli aus Interesse schon geschossen hatte, oft Schwärme von mehr als hundert Stück. Sie scheinen in der Regel auf Island zu über- wintern, streichen freilich von Wald zu W^ald. Durch lebhaftes Flattern schütteln sie den Schnee von den Büschen, die ihnen immer noch als liebste Ruheplätze dienen, suchen aber ihre Nahrung, kleine Sämereien, vielfach auf wenig beschneiten Flächen, besonders in der Nähe offener Gewässer. Ab und zu kommen sie auch zu Gehöften und Ortschaften. Daß es sich bei diesen Wintervögeln um isländische Leinfinken liandelt, wird dadurch bestätigt, daß unsere Art im Südlande nur ausnahmsweise, auf den Vestmannaej^arn noch garnicht beobachtet wurde, wohin die Vögel sicher regelmäßig kämen, wenn sie die Insel im Herbste verließen. Genauere Untersuchungen nach dieser Richtung hin sind sehr wünschenswert. Acanthis linaria rostrata (Coues). Gröuliindischer Leinfink. Camiahina linaria (L.) var. rostrata Coues: Winge, Grönlands Fugle, S. 289 (1898). — Acanthis linaria gr'önlandica Bp.: Kleinschuiidt, in Naumanns Vögeln Mitteleuropas III, S. 311 (1900). — Acanthis flammea rostratus (Coues): Hartert, die Vögel der paläarktischen ßegion, S. 80 (1903). — Acanthis flammea rostrata (Coues): Schalow, die Vögel der Arktis, ö. 250 (1904). Isländisch: Audnutitliugur (partim). Acanthis linaria rostrata brütet wahrscheinlich nur in Grönland und zwar im südlichen und mittleren Teile beider Küsten. Sie ist, wie schon bemerkt, größer und besonders im Schnabelbau wesentlich stärker als A. l. islandica. Wie ich mich an Exemplaren im Kopenhagener Museum überzeugte und auch Hartert und Schalow hervorheben, scheint das Rot an der Brust selbst bei männlichen Sommervögeln ge- wöhnlich recht blaß zu sein. Ivleinschmidt, der nur wenige Exemplare dieser Kasse untersuchte, gibt freilich gerade als Kennzeichen an: ,.Brust und Bürzel des Männchens im Sommer intensiv karminrot." A. l. rostrata, die nach Helms in den Island gegenüberliegenden Küstengebieten Ostgrönlands häufig brütet (Ornithol. Monatsberichte 1904, S. 70), ist nun regelmäßiger Zugvogel, weshalb ich vermute, daß sie auch Island gelegentlich oder alljährlich als Winter gast besucht und sich hier wahrscheinlich schon durch etwas andere Lebens- weise und Stimme von A. l. ialundica unterscheiden läßt. Acanthis hornemannii hornemannii (Holb.). Großer Leinfink. Linota hornemanni, Holböll: Slater, Birds of Iceland, p. 17 (1901). Acanthis hornemanni (Holboell): Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XII, p.256 (1888). — Cannabina linaria (L.) var. canescens auctorum: Winge, Grönlands Fugle, S. 289 (1898). — Acanthis linaria Hornemanni (Holb.): Kleinschmidt, in Naumanns Vögeln Mitteleuropas III, S. 310 (1900). — Acanthis hornemannii hornemannii (Holb.): Hartert, die Vögel der paläarktischen Eegion, S. 81 (1903). — Schalow, die Vögel der Arktis, S. 246 (1904). Isländisch: Audnutitlingur (partim), groenlenzkur Audnutitlingur. Diese von Acanthis linaria rostrata sich deutlich unterscheidende Art trenne ich trotz aller Ähnlichkeit spezifisch von jener, weil beide stellenweise scheinbar die- Fringilla coelebs coelebs. qqk selben Lokalitäten bewohnen. A. h. hornemannii brütet im nördlicheren Grünland, an der Westküste kaum südlicher als 69o. Andere Brutgebiete sind unbekannt. Wie Schalow sehr richtig nachweist, handelte es sich bei den von Fischer auf Jan Mayen beobachteten Vögeln, die als unsere Rasse bestimmt wurden, wahrscheinlich nur um Gäste. Ebensowenig konnte das Brüten einer Acanthis-Art, geschweige denn unserer Form, auf Spitzbergen oder gar auf Frauz-Joseph-Land nachgewiesen werden. Wohl aber besucht A. h. hornemannii im Winter gelegentlich den Osten des arktischen Amerikas. Ihr vereinzeltes Vorkommen in England und Frankreich dagegen dürfte, falls nicht irrtümliche Bestimmung vorliegt, zu den seltenen Ausnahmen gehören. Winge, der über die Verbreitung uusrer Art in Grönland ausführlich berichtet, hebt besonders hervor, daß A. h. hornemannii, im Gegensatze zu A. l. rostrata, wesentlich Standvogel ist, der in der Regel in Nordgrönland überwintert und sich nur selten in Südgrönlaud zeigt. Kolthoff, Helms u. a. stimmen dem bei. Gerade deshalb dürfte A. h. hornemannii nur ausnahmsweise als Wintergast nach Island kommen, wenigstens viel seltener als A. l. rostrata. Ich bezweifle zunächst auch noch, wie dies Slater teilweise ebenfalls tut, die richtige Bestimmung der isländischen Bälge, die für A. hornemannii ausgegeben wurden (S. Slater, l. c; Coburn, Bull. Brit. Orn. Club XII, p. 15. 1901). Unsere Art aber für den Brutvogel Islands zu bezeichnen, wie dies von vielen Autoren geschieht, ist ganz gewiß falsch. 108. Fringilla coelebs coelebs L. Buchfink. Fringilla coelebs L.: Saemundsson, Zoolog. 31eddel. fra Island, S. 9 (1905). Fringilla coelebs, L.: Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XII, p. 171 (1888). — Fringilla coelebs L. : Naumann, Vögel Mitteleuropas lU, S. 331 (1900). Isländisch: Bökfinki. Auch dän. & norw.: Bogfinke. Schwed. : Bofink. Fringilla coelebs coelebs bewohnt den größten Teil Europas, sowie Westsibirien bis zum Irtisch, das westliche Turkestan, Fersien, Kleinasicn und Palästina. Nordwärts geht unsere Art im Ural bis etwa zum 62. Grade, weiter westwärts bis zum Polar- kreise, vereinzelt sogar bis zum Nordkap hinauf. Auf den Britischen Inseln brütet sie zahlreich; die Färöer besucht sie als Gast; von Grönland und anderen arktischen Gebieten ist sie dagegen unbekannt. Im AVinter streichen die Vögel bis Nordafrika, wo sie, besonders auf den westlichen Inseln, durch verwandte Formen vertreten sind. Der Buchfink besucht Ishmd als seltner Wintergast, scheint aber bis in neuere Zeit übersehen oder mit der Schneeammer verwecliselt worden zu sein. Nur wenige Mitteilungen liegen vor. B. Saemundsson lieobaclitete von November 1901 bis Mitte April 1902 wiederholt kleine, ihm vorläufig unbekannte Vögel bis zu 10 Stück beisammen in Gärten von Reykjavik, die er später als Buchfinken feststellte. Leider glückte es nicht, ein Exemplar davon einzufangeu, und mit Beginn milderer Witterung verschwanden alle. Am 14. Dezember 1902 sah er abermals ein einzelnes Individuum in Rey- kjavik (1. c). P. Nielsen besitzt dagegen den Balg eines männlichen Buch- finken, der am 10. Januar 1902 tot bei Eyrarbakki gefunden wurde. Einige Tage später beobachtete er selbst ein anderes Exemplar in Gemeinschaft mit Schneeammern. Dieses zeigte sich noch am 24. d. M., war aber bei — lö'^ C und viel Schnee sehr herabgekommen. Man fütterte den Vogel von nun an mit Korn, worauf er allmählich munter wurde und lustig umhersprang (in litt.). 20 Hantzsch, Vogelwelt Islands. 306 Passerina nivalis nivalis. Serinus islandicus Brehm. Loxin serinus (Scopnli): Faber, Prodromus, S. 14 (1822) und Okens Isis XVII, S. 792 (1824). — Fringilla islandica: Faber, Okens Isis XX, S. 69 (1827). — Loxia serinus: Krüper. Namnannia VII, S. 64 (1857). — Loxia serinus Bechst.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 428 (1862). — Loxin serinus Scop.: Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 409 (1863). — Gröndal, Tslcnzkt fuglatal, bis. 37 (1895). Serinus islnndicus: Chr. L. Brehm, Vögel Deutschlands, S. 255 (1831). — Dryo- spiza serinus (L.): CoUin, Skandinaviens Fugle, S. 371 (1877). — Serinus serinus (L.): Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XII, p. 368 (1888). — Naumann, Vögel Mitteleuropas lU S. 273 (1900). Isländisch: Gulur (= gelber) Audnntitlingur. [Serinus serinus (L.) ist Brutvogel von den Atlasländorn und Palästina an durch ganz Siideuropa bis Norddeutschland. In Fabers Zeiten dürfte er freilich regelmäßig nur bis Südwestdeutschland gebrütet haben. England besucht er auch heutzutage recht selten als Gast. Doch soll er ausnahmsweise auf den Färöern vorgekommen sein (CoUin, 1. c.).] Faber erlegte am 12. September 1819 bei Hüsavik (66** n. Br.) ein junges Weibchen einer Vog^art, die er zunächst für ,.Loxia serinus^^ ansprach, welche Spezies er aber zu dieser Zeit noch nie gesehen hatte. Er beobachtete außer dem erbeuteten Stücke noch mehrere gleichartige Individuen, die allen Anzeichen nach im Lande erbrütet waren und sich nun zum AVegzuge anschickten. Aus Fabers Schilderung der Vögel geht deutlich hervor, daß es sich nicht um „ein verirrtes Stück" gehandelt hat, wie Hartert z. B. angibt (Paläarkt. Vögel, S. 83). Leider ist die Sendung an das Kopen- hagener Museum, die den Balg des fraglichen Vogels enthielt, wie Faber hervorhebt, verloren gegangen. CoUin sagt dagegen nur (1. c), daß in der Sendung, die Faber im Oktober 1819 von Island an das Museum abgeschickt hätte und bei der sich nach Angabe seiner Liste unser Vogel befunden haben sollte, kein Serinus-Balg gewesen sei. Nun gibt Faber zwar in Okens Isis eine genaue Beschreibung des fraglichen Stückes, die er sofort nach Erlegung des Vogels anfertigte und die auch in gewissen Punkten auf Serinus serinus paßt, doch schreibt er weiterhin selbst, daß er nach Be- sichtigung von Exemplaren dieser Art gefunden habe, sein isländischer Vogel sei größer, wenn auch „kürzer und dicker als Loxin chloris, der Schnabel stark und in der Form wie bei Loxin cJiloris" gewesen. Nach diesen Angaben Fabers stellte Brehm seinen Seri7ms islnndicus auf, der durchaus nicht mit Serinus serinus (L.) identifiziert werden darf. Ob Faber seinerzeit ein junges Exemplar der ihm ebenfalls ungenügend bekannten Äcnnthis linaria islnndicn erlegt hat, was noch das wahrscheinlichste ist, da die Beschreibung des Benehmens der betreffenden Vögel vortrefflich auf diese Art paßt, oder einen verirrten Gast irgend einer anderen Spezies, dürfte zu entscheiden kaum mehr möglich sein. Auf alle Fälle steht lest, daß das Vorkommen von Serinus serinus in Island durch nichts bewiesen, ja von Faber, dem einzigen Urheber dieser Mitteilung, später selbst für zweifelhaft hingestellt worden ist. 109. Passerina nivalis nivalis (L.)- Schneeammer. Emberizn nivalis (Linn.): Faber,' Prodromus, S. 15 (1822). — Plectrophanes nivalis Mey.: Preyer (& Zirkel), Reise nach Island, S. 393 (1862). — Emberiza nivalis Linn.: Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 409 (1863). — Plectrophanes nivalis L.: Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 37 (1895). — Plectrophenax nivalis (Linn.): Slater, Birds of Iceland, p. 18 (1901). Plectrophanes nivalis (L.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 346 (1877). — Plectro- phenax nivalis (L.): Sharpe, Cat. l^irds Brit. Mus. XII, p. 572 (1888). — Emberiza nivalis L.: Winge, Grönlands Fugle, S. 301 (1898). — Plectrophenax nivalis (Linn.): Naumann, Vögel Mitteleuropas III, S. 157 (1900). Passerina Divalis nivalis. 307 Isländisch: Snjötitlingur (von snjm- = Schnoe), SOlskrikja (von sül = Sonno und skrikja = schreien). Auch deutsch: Schneesperling. Dan.: Snespurv, Sncvcrling. Xorw.: Snetitling. Schwed.: Snösparf. Fär.: Snjöfuglur, Snjötitlingur. Passerina nivalis nivalis bewohnt zirkumpolar die arktischen und subarktischen Gebirgsländer der Erde, südwärts bis in die nördlichen Küstengebiete der Kontinente vereinzelt bis zu den Shetland-Inscln und Schottland. Nordwärts fand Foilden sie unter 82*^33' auf Grinnell-Land brütend; Sverdrup beobachtete sie noch unter 84" 4;")' nordöstlich von Franz-Joseph-Land. Sie bewohnt alle Inselgebiete im Norden von Asien, anch Nowaja Semlja, Franz-Joseph-Land, Spitzbergen, die Eären-Insel, das nördlichste ßußland, Lappland und Norwegen, Jan Mayen, die Färöcr, alle Küsten Grönlands, wo sie noch unter 83*^ 14' beobachtet wurde, sowie das ganze arktische Amerika. Im Winter streichen einzelne Scharen gelegentlich südwärts bis Nordafrika, den Kanaren, Japan und Nordchina, sowie über einen großen Teil der Vereinigten Staaten. — Auf der Hall- und St. Matthews-Insel im nördlichen Berings-31ecre wird unsere Form durch die weißere P, n. hyperboreiis (Ridgw.), auf den Aleuten und bonachbartcn Inseln bis zur sibirischen Küste durch die größere P. n. townsendi (Ridgw.) vertreten. Iii Island gehört die Schneeammer zu den häufigen Brut vögeln. Sie meidet in der Regel nur die tiefliegenden, ebenen Gras- und Sumpf- landschafteu, brütet aber bis zu den Meeresküsten hinab, wenn diese nur etwas felsiges Terrain aufweisen. In den Gebirgen geht sie bis an die Schnee- grenze hinauf. Isländische Brutvögel meiner Sammlung zeigen folgende Maße. Gewicht i. Fl.: 32— 38 g. Gesamtlänge i. Fl.: 155 -165 mm. Flugbreite: 290 310. Flügel: 103— 109. Schwanz: 66—75. Schwanz + Flügel: 18—19. Schnabel: 10-12. Tarsen: 20,5-22. Die kleineren Maße beziehen sich im allgemeinen auf Weibchen. — Iris: schwarzbraun. Augenlid: schwarz. Schnabel: schwarz (bei ausgefärbten Sommervögeln). Seitliche Wülste am Schnabelgrunde: ockergelb. Inneres des Schnabels, besonders nach den Winkeln zu: lebhaft gelb, bei Weibchen blasser. Füße: schwarz. Sohlen: bleigrau. Nägel : kurz, kräftig, gekrümmt, schwarz mit hellerer Untei-seite. Die Schneeammer ist gi-ößtenteils Standvogel auf Island. Sie wählt zum Aufenthalte alle möglichen felsigen Gebiete, wilde Lavafelder und ein- same Gebirgspartien, die mit Geröllbroeken überstreut sind und oft nur eine dürftige Pflanzenwelt besitzen. Ortlichkeiten, wo harter Sommerschnee an Hängen und in Tälern lagert, sind ihr besonders angenehm. Auch liebt sie die Nähe rauschender Gebii-gsbäche, sowie jene versteckten Täler, die in ihrem Grunde einen kalten, klaren See bergen. Doch ist sie nicht aus- schließlich Gebij-gsbcwohnerin. Ich traf sie brütend auch im Lavagel>iete beim M^vatn und ])ingvallavatn, wiederholt an felsigen Äleeresgestaden, nü-gends freilich so zahlreich, wie auf Grimsey. Hier erinnern die Schneo- ammern sehi- an unsere Haussperlinge, sind aber noch zutraulicher und schmucker im Gefieder. Oft lassen sie den Menschen bis auf 2—3 m henin- kommen, bevor sie entweichen. Freilich werden sie auch kaum verfolcft, zumal Katzen und Hunde auf der Insel fehlen und Raubvögel sich nur als seltne Besucher einstellen. Gern sitzen die Schneeammern auf den gras- bewachsenen Dächern der Häuser, auf Steinmauern oder Mooshfigeln und lassen die Sonnenstrahlen in das aufgeblähte Gefieder scheinen. Behaglich ducken sie sich dabei nieder und schließen fast die Augen, sodaß ich l)ei 20* 3()3 Passeriiia nivalis nivalis. meiner Ankunft auf Grimsey einen solchen Vogel für ein totes Exemplar hielt und ergreifen wollte. Doch flatterte dieser noch rechtzeitig davon. Auch anderwärts sind die Schneeammern in der Regel zuti-aulicli, beim Neste mitunter fast dummdreist. Ab und zu, besonders außerhalb der Brutzeit, trifft man freilich auch Vögel, die jeder Annäherung auf Schußweite ängst- lich ausweichen und sich geschickt zu verstecken wissen. Wahrscheinlich liandelt es sich dabei um ziehende Exemplare oder um eingeschüchterte In- dividuen, die vielleicht dem Steinfalken, ihrem argen Verfolger, noch glücklich entrojmen sind. Dieser erspäht sie leicht genug, weil sie gern auf freien Fclszacken sitzen und sich von da aus langsam flatternd fortbegeben. In mehi-eren Fällen konnte ich an den Überresten der Mahlzeit dieses Räubers unsere Vogelart als seine Beute erkennen. Größere Sti-ecken sieht man die Schneeammer selten durchfliegen. Be- sonders im Brutgebiete könnte mau sie für recht scliwerfällig lialten. Treiben sich aber zwei Vögel, so staunt man über die blitzschnelle Vorwärtsbewegung und die leichten Schwenkungen der sonst etwas ti'ägen Tiere. Die Männchen haben auch einen Balzflug, den ich auf Grirasoy während der ganzen Zeit meines Aufenthaltes täglich beobachtete. Flatternd und gewöhnlich dabei singend erhebt sich der Vogel einige Meter hoch, manchmal fast senkrecht, in die Luft, worauf er lebhaft rüttelnd an derselben Stelle verharrt und endlich ohne Plügelbewegung schräg abwärts schwebt. Besser als in der Luft ist die Schueeammer jedoch am Boden zu Hause, wo sie den größten Teil ihres Lebens zubringt. Sie versteht es meisterhaft, sich zwischen den Felsblöckeu zu verbergen, obwohl sie im Gefühle der Sicherheit gern auf erhöhten Plätzen ruht. Recht schnell kann sie laufen und auch mit gleichen Füßen rasch umherhüpfen, was besonders die jungen Vögel gern tun. Bei der Nahrungssuche klettert die Schneeammer in Erd- und Steinlöchern um- her, schläft auch, besonders bei ungünstiger Witterung, an solchen Plätzen. Wenn sie Junge hat, begibt sie sich sogar in feuchte Höhlen, wo sie weiche Insekten, Würmer und andere kleine Tiere findet, mit denen sie ihi-e Nach- kommenschaft vorzugsweise füttert, wie ich wiederholt aus nächster Nähe beobachtete. Sonst fand ich in den von mir untersuchten Magen nur kleine Sämereien. Einmal sah ich auch ein altes Männchen eifrig in dürftigen Gräsern zupfen und kräftig mit den Füßen scharren. Die starken, gebogenen Nägel sind für eine solche Tätigkeit wohl geeignet. Die Fortpflanzungszeit der Sclmeeammer ist bedeutenden Schwan- kungen unterworfen. Mitunter mögen alte Vögel schon sehr zeitig im Jalu-e mit dem Nestbaue l>eginnen. Ich fand ti-otz ungünstiger Witterung bereits am 9. Mai ein fast fertiges Nest bei Reykjavik. Nach Fabers (1. c.) und Thiene- manns Angaben (Fortpfl. d. ges. Vögel, S. 374) beginnt die Legezeit ge- wöhnlich Anfang Juni, was für die Gebirgsvögel als Regel gelten mag. Faber fand jedoch im Südlande auch schon am 18. Juni Mgge Junge. Krüper erhielt in Nordisland am 25. Mai ein stark bebrütetes Gelege und fimd ein ebensolches am 28. Mai auf Drangey, am 4. und 12. Juni fi-eilicli wieder ziemlich frische (Naumanuia 1857, S. 65). Andere Reisende erwähnen rasseriiia nivalis nivalis 309 gleichfalls die verschiodono Legezeit, ohne eine Erklärung liierliir zu gehen. So berichtet Pearson, daB er frische Eier vom 18. bis 29. Juni gefunden habe, jedoch am 16. desselben Monats schon ein Nest mit Jungen (Ibis 1895, p. 242). Auch Slater bemerkt (1. c, p. 19), daß manchmfd bereits Ende Juni befiederte Vögel angetroffen würden, obwohl es zu dieser Zeit noch frische Eier gäbe. Riemschneider beobachtete am 24. Juni flügge und halbflügge Tiere im Gebiete des M^vatn (Ornithol. Monatsschrift 1890, S. 280). Ich selbst war erstaunt, während der ganzen Zeit meines Aufenthaltes in Grimsey halbfertige Nester, frische Gelege, eben ausgeschlüpfte und völlig befiederte Junge anzutreffen. Dies wäre nicht auffällig, wenn es sich um , klimatisch verschiedene Lokalitäten handelte oder um Gegenden, in denen die Vögel unter Verfolgungen leiden müßten; hier auf Grimsey aber ist die Schneeammer deutlich erkennbaren widernatürlichen Beeinflussungen nicht ausgesetzt. Vielmehr scheint unsere Art bei ihrer Verbreitung in arktischen Gebieten, in denen sie von alters her lokal und temporär erheblichen klima- tischen Schwankungen ausgesetzt war, die Eigenschaft entwickelt zu halben, keinen bestimmten Termin für das Fortpflanzungsgeschäft innezuhalten; denn durch Nahrungsmangel, Kälte und Schnee würden die zarten Jungen leicht getötet werden. Ältere Paare, die als Standvögel unbeschädigt über den Winter gekommen sind, die Nahrungsquellen der Gegend genau kennen und vom Vorjahre bereits eine wohlgeschtttzte Niststätte besitzen, beginnen zuerst mit dem Brutgeschäfte. Jüngere, ungepaarte Tiere dagegen und solche, denen der andere Teil während des Winters durch Wegzug oder Tod ver- loren ging, oder die selbst davongezogen waren, verspäten sich mit der Fort- pflanzung aus leicht ersichtlichen Gründen. Auf Grimsey scliienen einzelne Männchen überhaupt ledig zu bleiben, vielleicht aus Mangel an weiblichen Tieren. Solche Verhältnisse würden aber die Paarung der übrigen Vögel gleichfalls aufhalten. Unterdessen haben die zuerst zur Brut geschrittenen Paare bei günstiger Witterung schon Junge gezeitigt und beginnen mit einem zweiten Gelege. Icli erhielt auf Grimsey noch am 8. Juli ein Nest mit 2 frischen Eiern, was ich weder als verspätete erste Brut, noch als Nach- gelege einer zerstörten halten mochte. Außerdem wurde mir in den ersten Tagen des Juli ein Nest gezeigt, au dem die Vögel noch bauten. Um diese Tätigkeit zu beobachten, setzte ich mich in geschützte Nähe. Das aus- gefärbte, alte Männchen des Paares war sehr unruhig und flog l)eständig ab und zu. Auf einmal bemerkte ich in dem benachbarten Wiesengrunde eine junge Schneeammer. Zu dieser flog nun der alte Vogel mehrere ^lale hin nud fütterte das ihm entgegenlaufende Tier mit Fliegen, die er vorher nach Bach Stelzenart fing. Ferner sah icli Anfang Juli an verschiedenen Orten Grimseys junge Schneeammern, die ohne die Alten umherliüpften, wälu-end mir zu gleicher Zeit fi-ische Gelege gebracht wurden. Freilich dürfte immerhin nur ein geringer Prozentsatz der Vögel und auch l)loß unter günstigen Verhältnissen zweimal im Jalu-e Junge großziehen, diese zweite Brut aber im folgenden Frülilinge doppelt spät ovröstur == Drossel). Deutsch: Rotdröstle. Waldtrostl. Norw.: Bögtrast. Rödvingtrost. Schwed.: Rödvingetrast. Engl.: Redwingthrush. Turdus iliacus bewohnt Nordeuropa und Nordwestsibirien bis etwa zum Jenissei ostwärts, wurde einmal auch auf Spitzbergen gefangen. T. i. coburni dürfte indes die Island eigentümliche Form sein, die von hier aus mitunter das südliche Grönland besucht und wahrscheinlich auch der regelmäßige Durchzugsvogel der Färöer ist, der gelegentlich sogar in einzelnen zurückbleibenden Paaren daselbst brütet. Wie weit unsere Form im AVinter südwärts streicht, ist zunächst nicht festgestellt; die Spezies Turdus iliacus wandert bis zu den Kanarischen Inseln, Nordafrika und Nordpersien hinab. Turdiis iliiu'iis i-dbiirni. ;{.>3 Die Rotdrossel gehört in Island zu den nicht seltenen Hrufvögoln der Biischwülder, ;iu die sie während ihres Sonimeniufentlialtcs gelmnden ist. Ich vermißte sie iu keinem derartigen Gehiete. wo nnr etwas dichteres, wenigstens mannshohes Gebüsch zu finden war. Die Mitteilungen anderer Beobachter lassen erkennen, daß sie auch in den nicht von mir besuchten Teilen der Insel brütet. Unsere von Shaipe 1901 als Turdus coburni beschriebene isländische Koldrossel (Bull. Brit. Oin. (Jlub XII, p. 28) ist eine genügend charakterisierte Subsiiezies von Turdus iliacus. Freilich paßt die nach 8 von Cobiirn gesammelten Bälgen aufgestellte Diagnose Sharpes nicht für alle isländischen Pjxeniplare. Ich habe zwar auch nur 6 Brutvögel präpariert und einige Exemplare in den Museen von Kopenhagen und Reykjavik untersucht, eine weit größere Anzahl aber von frischverniauserteii und ab- geblaßten Vögeln auf wenige Meter Entfernung hin genau beobachtet und alle Individuen in den wesentlichen l'unkten übereinstimmend gefunden. Als auffälligster Färbimgs- unterschied der isländischen Kotdrossel gegenüber andern Nordeuropäern ist — in Übereinstimmung mit Acanthis linaria und Anthus pratensis — das Vorherrschen grauer statt gelblichbrauner Töne anzusehen. Oberseite im frischvennauserten Gefieder, besonders au Kopf und Oberkörper, mitunter fast schwärzlich braungrau, zur Brutzeit blasser olivengrau: Arnischwingeu mit grauem Anfinge, große Flügeldecken grauweiß umsäumt; die Fleckung der Unterseite im frischen Federkleide scharf begrenzt graubraun, mitutiter fast schwarz, besonders in der Kropfgegend und am Halse, im abgeblaßten Hrutgefieder dagegen undeutlich und verwaschen grau; das Weiß der Unterseite ist, vor allem beim Männchen, reiner als bei T. i. iliacus, der gelbliche Anflug auch im frischen Herbst- kleide weniger ausgeprägt, insbesondere zeigt der Streifen über den Augen, sowie das Kinn, fast immer scharf abgegrenztes, am lebenden Vogel leuchtend hervortretendes Weiß. Im Rotbraun der AVeichen und Unterffügeldeckfedern finde ich keinen wesent- lichen Unterschied zwischen beiden Formen, vielleicht, daß auch diese Färbung bei T. i. coburni etwas düsterer ist und weniger ins Kotgelbe zieht. — Die Maße von T. i. coburni scheinen im allgemeinen größer, Schnabel und Füße stärker als bei T. i. , iliacus zu sein. c5 und ? unterscheiden sich nicht auffällig. Isländische Brutvögel meiner Sammlung zeigen folgende Maße. Gewicht i. Fl.: eü— 70 g. Gesamtlänge i. Fl.: 220 -265 mm. Flugbreite: c. 355. Flügel: 117—122,5. Schwanz: 88— 9(). Schwanz -f Flügel: 35—45. Schnabel: 17,5—18. Tarsen: 30—30.5. Mittelzehe inkl. der 7- 8 mm langen Kralle: 28— 30 mm. — Iris: sehr dunkelbraun, fast schwarz. Schnabel (Juni, Juli): schwarz, am Grunde des Unterschnabels und besonders im Innern: gelb. Füße: schmutzig fleischfarben, Sohlen weißlichgelb, Gelenke, besonders der Zehen, mit bräunlichschwarzem Anfluge. — Die Mauser beginnt bei alten Vögeln bereits im Juni und nimmt am Halse ihren Anfang. — Die Vögel haben eine merkwürdige, feine, langhaarige Flaumfeder-Unterbcdeckung. -Mageninhalte: Überreste harter, rundlicher Käfer (3.5 x 2.5 mm), Kaupenhäute und andere Insektenteile, Kegcnwürmer, zahlreiche Kerne und Häute verschiedener, z. T. überwiuterter Beeren. Das Fleisch bekomTut besonders durch den Genuß der Wachholderbeeren den bittern Geruch und Geschmack. Die Kotdrossel ist ein Zugvogel für Island und erscheint iu kleinen Scharen Ende März oder Anfang April. S;emundsson stellte in den letzten 10 Jahren ihr frühestes Eintreffen in Reykjavik vom 20. März bis 10. April fest (1. c); Jönssou bezeichnet als Hauptdurchzugstermin für die Vestmannaevjar den 1. bis 15. April (in litt.); Gröndal sah unseren Vogel im Nordlande auch bereits am 6. April (Ornis II, S. 357). Ich selbst beobachtete vom 22. bis 29. dM. täglich einzelne üaare und kleine Gesellschaften bis etwa 20 St.ick in den Gärten von Reykjavik, hauptsächlich auf dem mit einigen Büschen bepflanzten Kirchhofe. Die Vögel waren flüchtig und unruhig, aber nicht eigentlich scheu; besonders zu Pferde konnte man auf wenige Schritt an sie heran- 324 'J'unlus iliiUMis cnhurni. kuninuMi. t'bcr freie Fläclien fliegen sie dicht zusaniinen und zienilieh hoch, wobei sie einen feinen, starartigen Lockruf hören hissen, der einsilbig und gezogen kling-t. Am Boden huschen sie eilig uraher und verstecken sich oft. Solange sie in Scliaren leben, singen die Männchen vom zeitigen Morgen an bis in die dunkelnde Nacht hinein sehr fleißig, niclit selten sogar nach Art von Tanlns pilaris im Fluge. Gewöhnlich aber setzen sie sich dazu an irgend ehien erhöhten Ort, auf einen Zweig, einen Zaunpfahl, ein Kreuz oder auch auf den First eines Daches. Der Gesang besteht aus einer flötenden Strophe und einem verscliiedeuartigen Gezwitscher. Die erstere variiert wenig, erinnert am meisten an die Stimme der Amsel, wird aber schneller vorgetragen, ist leiser, nicht ganz so weich und etwa fünfsilbig: didididüu, dididüdiu. Man hört diese angenehmen Töne jedoch nur selten. Der gewölmliche Gesang beginnt mit einigen lauten, deutlichen Silben, die wie ein hastiges Didiledidile oder wie ein rasch gezogenes Titititi. mitunter auch wie ein schwacher Huclitinkensclilag klingen. Nach diesen Tönen folgt sofort ein plauderndes Gezwitscher, das manchmal minutenlang ununterbrochen aus- gehalten wird. Die einzelnen Männchen suchen sich darin zu überbieten, doch däuchte es mir ein liebliches Frühlingskouzert, 4 — 6 der Vögel auf dem verlassenen Kirchhofe zu Reykjavik gleichzeitig singen zu hören. Dieses flüsternde Gezwitscher ähnelt der Stimme von 'J 'im Ins pilaris^ ist aber meist lauter und deutlicher. In der Ferne erinnert es oft an den Gesang der Feldlerche, in der Nähe mehr an ^ylria si/lcia oder an einen geringen Acrocepludu^ palustris. Es ist ein Gemisch von einem tieferen und einem höhereu, oft sehr hoch quietschenden Tone, der die Stimme besonders charakteristisch macht. Auch starartig gepreßte Laute fügen sich ein. Der Gesang erschien mir besser, als der hierzulande im Frühjahre durch- ziehender Kotdrosseln. Endlich schweigt ein Vogel nach dem andern, und alle huschen wieder nahrungsuchend am Boden umher, wo sie ja den größten Teil ihres Lebens zubringen. Beginnt jedoch ein Männchen von neuem mit Singen, so stimmen die andern gewöhnlich sehr bald ein. Die Lockrufe ähneln denen verwandter Drosseln. Man vernimmt ein feines, manchmal etwas gezogenes S, von umherhüpfenden oder fliegenden Vögeln ein starartiges Bü. Büt, mitunter auch ein sperlingsartiges Schelten; wenn man sich nähert, ein warnendes, schnalzendes T, an das sich häuflg das gezogene S ansclilieüt. Ende April, Anfang Mai begeben sich die Rotdrosseln nach den Busch- wäldern, und jedes l*aar wählt ein ziemlich großes Brutrevier, in dem es sich nun ständig aufhält. Hier entfaltet das Männchen seine Stimmmittel in angenehmer Weise, indem es anstelle des hastig zwitschernden Gesanges häufiger die wohllautende Flötenstrophe treten läßt. Li dämmernden milden Mai- und Juninächten singt es selbst um Mitternacht, wenn alle andern Stimmen schweigen. Dann klingen die Töne zwar leise und halb verschlafen, aber doch lauscht ihnen der einsame Wanderer mit freudiger Andacht. Untereinander werden nun die sonst so geselligen Vögel oft zänkisch und streitsüchtig. Blitzsi-hnell jagen sich die Männchen benachbarter Brutreviere durcli die Gebüsche und stellen sich sogar am Boden kampflustig gegenüber. Hat der eine Votrel den andern vertrieben, so schwingt er sich auf einen Tu niiis uiaciis 325 freien Ast und singt ein hastiges Siegeslied. Anliing Mai beginnt der Hau des Nestes. Dieses wird von den Vögeln am lielisten in die unteren Stamni- gabelungen starker, dichter Wirken eingebaut und ist groU und dickwandig. Selten steht es höher über dem Hoden, häutig aber unmittelbar auf demselben. Pearson fand es auch zwischen großen Steinen, die von (Jesträuch verdeckt waren (Ibis 1895, p. 242), Thienemann im Hirkengestrüpp zwischen hohen, vorjährigen Grasbüschen (Reise, S. 270). Nur das dichte, widerstrebende Astwerk macht es oft schwierig, zum Neste zu gelangen; hat man sich aber durchgearbeitet, so erblickt man es ziemlich leicht. Kin gutgebautes Kxemplar meiner Sammlung wiegt über 150 g. Im unteren und äußeren Teile besteht es im wesentlichen aus Grasiialmen, die mit einigen Hirken- und Heidekraut- reisern, sowie etwas lehmiger Krde gemischt sind. Außen ist noch ein wenig Moos eingeflochten. Inwendig zeigt es nur feine, weiche Halme, jede sonstige Ausfütterung fehlt. Die etwas lockere, aber ordentliche Nestmuldc besitzt einen lichten Durchmesser von 8 — 9 und eine Tiefe von etwa H cm, das ganze Bauwerk eine Höhe von 12 cm. Thienemann fand auch ein so Haches Nest, daß darin die Eier dem Rande gleich lagen. Als Haumaterial bezeichnet dieser Beobachter noch Blätter, Flechten, ganze Gras.stöcke, AVoJle, Kuh- und Schneefuchshaare (1. c, S. 271). Die Ablage der Eier erfolgt unter günstigen Bedingungen schon Mitte Mai. Fowler fand eben ausgekommene Junge bereits am 2<;. d. M. (Newton, 1. c, p. 409), ich selbst fast zum Ausfallen bebrütete Eier am 2. Juni, kleine Junge vom 9. Juni an. Derartig zeitige Brüten dürften von alten Vögeln lierrühren, die ihren Nistbezirk schon jahrelang besitzen. Ka ist aber höchstwahrscheinlich, daß solche l'aare nach Flugbarwerden der Jungen zu einer zweiten Brut schreiten, da man sehr spät im Sommer noch frische Eier gefunden hat. Junigelege sind häufig, müssen jedoch, besonders zu Anfang des Monats, als durchaus normal bezeichnet werden. Krüper sah aber auch am 22. Juli ein Nest mit nicht ganz flüggen Jungen (Naumannia 1857, S. 62), Bearson am 19. Juli frisciie Eier (Ibis 1H95, p. 242), ich sell)st kaum flugbare Junge am 5. August, Proctor ebensolche am 7. (Newton. I.e.), Slater sogar noch am 27, d. M. Bei diesen Funden dürfte es sich um zweite Brüten gehandelt haben. Die Zahl der Eier beträgt in der Regel 5 oder 6 Stück, Thienemann sagt, daß auch 7 vorkämen (1. c), Slater fand Nester mit nur 4, ja sogar 3 Eiern, was wohl bloß bei jungen Weibchen oder in zweiten und Nachgelegen vorkommen mag. Ein isländisches Gelege meiner Sammlung zeigt lolgende 3Ialic: 27,1 x 19,2 mm (0,24 g), 26,6x19,4 (0.25), 26,1x19,2 (0.24). 26x19.)? (0.24). 2-1.2x19,1 (0.21^ Das Vollgewicht betrug 4,75- S.öO g. Das Weibchen brütet 14—15 Tage, wird aber. bes(»nders zu Anfang der Brutzeit, einige Stunden am Mittage vom .Männchen darin abgelöst Später sitzt das Weibchen so fest auf den Eiern, daß ich mich ihm trotz der Warnrufe von selten des männlichen Vogels bis auf wenige Meter nähern konnte. Zu dieser Zeit trägt aber das Männchen dem Weibchen l'^itter zu. Im übrjoen hält es sich auch in der Nähe des Nestes auf und singt, liaupt- 32G 'liirdiis iliaciis coburni. sädilieh am Abende, sehr fleißig und angenehm. Doch leben die Vögel jetzt viel versteckter als früher, sind äußerst wachsam und zeigen sicli dem Mensclien gewöhnlich nur auf Augenblicke. Verfolgt man sie, so bleiben sie ruhig im dichten Gebüsche und huschen erst dann in raschem Fluge ein Stück davon, wenn mau auf geringe p]ntfernung herangekommen ist. Nähert man sich dem Neste, fangt das Männclien zu singen an, doch hört man aus den hastigen, kurzen Strophen sofort seine Absicht heraus, den Verfolger wegzulocken. Auch wenn man so weiß, wo sich der Vogel befindet, ist es doch, ähnlicli wie bei Turdus viscivorns, recht schwierig, ihn auf Schußweite zu Gesicht zu bekommen. Er befindet sich auf der entgegengesetzten Seite eines dichten Gebüsches, fliegt dann ungesehen ein Stück weiter, singt aber- mals und wird bei längerer Verfolgung immer scheuer. Das Weibchen zeigt sich noch eher in der Nähe des Nestes. Sind die Jungen ausgeschlüpft, so vergessen die Vögel mitunter die eigne Sicherheit. Dann passierte es mir, daß das Weibchen dicht au mir vorbei durchs Gesträuch flatterte und selbst das hastig singende Männchen zwischen den Wüschen sichtltar wurde. Einmal setzten sicli sogar beide Vögel eines Paares dicht beim Neste auf den Boden und liüpften und liefen stoßweise ganz ungedeckt vor mir her. Will man sie erlegen, so muß mau einen sofort tötenden Schuß anbringen, da sie sonst in den dichten Birkeugebüschen äußerst scliwer zu finden sind. Ehe sich die Alten zum Neste l)egeben, um die Jungen mit Raupen, Regen- würmern, kleineu Schmetterlingen, Käferu u. dgl. zu füttern, setzen sie sich kurze Zeit auf einen höheren Busch, halten Umschau und lauschen, fliegen aber selten über größere freie Strecken, sondern wenn möglich durchs Gebüsch, so daß sie auch dem Steinfalken, der immerhin ihren ärgsten Verfolger dar- stellt, nicht so leicht in die Fänge geraten. Oft durchlaufen sie auch größere Strecken; geflügelte Exemplare gehen dadurch gewöhnlich verloren. Die Jungen verlassen das Nest nach 1 \o bis 2 Wochen, bevor sie noch voll- ständig befiedert sind. Sie zeigen sich nicht ganz so scheu wie die Alten, verbergen sich aber gleichftills im dichten Gesträuch, laufen sehr rasch und jede Deckung geschickt lienutzend am Boden hin, flattern jedoch nur in höchster Gefalir davon. Ein von mir am 18. .Juli erlegtes Üngbares, aber auch nicht vöUiof ausgemausertes cjjuv. zeigt folgende Maße. Gewicht i. Fl.: 61 g. Cresanitlänge : 190 mm. Flugbreite: c. 830. Flügel: 107. Schwanz: 75,5. Schwanz -|- Flügel: 25. Schnabel: 15,5. Tar.sen:30. — (jesamtlarbung ähnlich wie bei den Alten. Fleckung der Unterseite undeutlich schwarzgrau, liückenfedern mit schmalem gelblichen 3littelHecke, Schulterl'edern mit gelblichem Spitzenfiecke. Schwanz düster olivengrünlichgrau, nicht bräunlich, l'nter- ffügeldeckfedern in der Nähe des Flügelbuges ockergelb, in der Achselgegend, sowie ein schwacher Anflug der Weichen matt zimtfarben. — Iris: dunkelbraun. Schnabel: grauschwärzlich, im Innern und Schnabelwinkel lebhaft gelb. Füße: gelblichgrau, an den Gelenken, besonders an den Zehen, dunkler. — 3Iageninhalt: Kerne von Beeren (Wacidiolderbccren) und wenige Fnsektenüberreste. Im Unterleibe zahlreiche Bandwürmer. Die FaniiJicn bleil»eu anfangs im Brutreviere beisammen, halten sich meist am ßoden auf, laufen zwischen Beerensträuchern und Zwergbirken hin, kommen aucli gern zum Wasser, um sich im Bade tüclitig zu durchnässen, begeben sich aber ])ei Gefalir. wenn möglicli. in li()]ieres. schwer durchdring- Tiirdus iliaciis cobiiriii. :?27 bares Gebüsch und entziehen sicli gescliickt den Blicken eines Verfolj,'ers. Durcli den Aufenthalt inmitten des harzigen liirkengesti-äuchs wird das Hrust- gefieder der Vögel mitunter recht bescli mutzt und an den feinen Spitzen zusammengeklebt: Schwanz und Stjliwungfedern stoßen sich stark ab. Von Mitte Juli an hört mau den Gesang des Männchens nur noch selten und abgebrochen, wohl al)er locken die Alten eifrig, wenn nnm sich den flüggen Jungen nähert. Krregt lassen sie ein schnarrendes Tschirptschrp hören, das meist zweisilbig ausgestoßen, mitunter aber auch zu einem schnalzenden Schackern verbunden wird. Treibt man die Vögel aus dem Gebüsclie, so rufen sie beim Abfliegen ein einmaliges ängstliches Kätsch. 8ind die .Fungen völlig herangewachsen, so beginnen sie in kleinen Gesellschaften umlier- zustrcifen. Sie kommen dabei auch nacli Gegenden, wo sich keinerlei höheres Gesträuch findet, selbst nach Grimsey und andern kahlen Inseln. Man gewahrt sie nun leichter, da ihnen oft die Deckung fehlt. Auch sind sie weniger scheu, als zur Brutzeit, freilich immer noch lebhaft und unruhig. Gern besuchen sie einsame Gehöfte und die Gärten der Küstenortschaften, ja beim Laugärvatn. wo ich die Rotdrossel in beträchtlicher Zahl antraf, kamen sie durch die offene Tür in die Ställe liiuein. um hier nach Insekten zu suchen. Überhaupt zeigten unsere Vögel in dieser Gegend recht geringe Sclieu, blieben wenige Meter ungedeckt vor pair sitzen und liefen ein großes Stück auf dem Wege vor mir her. als ich langsam dahinritt. Um diese Zeit fliegen die Drosseln häufiger als sonst über freie Flächen, wobei sie sich durch ihr kurzes Püt zusammenlockeu. Allmählich bilden sie größere Scharen, streifen immer unruhiger im Lande umher und verschwinden endlich Anfang Oktober ganz aus Island. Jönsson bezeichnet als Hauptdurchzugstermin für die Vest- mannaeyjar die Zeit vom 15. bis 25. Oktober (in litt.). Gelegentlich werden auch noch später Rotdrosseln beobachtet. Schon Faber berichtet, daß er am 9, November ein Exemplar im Sttdlande geschossen habe, und S;emundsson sah einzelne Vögel noch am 7. und 12. Dezember. Wahrsclieinlich über- wintert sogar eine geringe Anzahl derselben auf Island, besonders im Gebiete der Mj'-vatn, ]Mngvallavatu und bei andern warmen Seen, die in unmittelbarer Nähe höhere Gebüsche aufweisen. Beim Laugärvatn. der mehrere heiße Quellen besitzt und von ausgedeimten Birkenbuschwäldern umgeben ist, wurde mir versichert, daß sich einzelne Individuen gelegentlich ;iu( li im Winter zeigten. 117. Turdus pilaris L. Krammetsvogel. Turdus pilaris: Faber, Okens Isis, S. 793 (1824). — Tnrdiis pihms h.: I'reyer <& Zirkel). Keise nach Island, S. 427 (1862). — Newton, in Baring-Uoulds leeland. p.421 (1863). — Gröndal, Isienzkt fuglatal, bis. 36 (1895). — Slater. Birds of lot-land, p.3 (1901). — Sfemundsson. Zoolog. Meddel. fra Island, S. 6 (1905). Turdus pilaris, L.: Collin. Skandinaviens Fugle, S. 216 (1877». — Seebobni, Cat. Birds Brit. Mus. V, p. 205 (1881). — Naumann. Vögel .Mitteleuropas I, 8.209 (1905). Isländisch: Gräpröstur (= Crraudrossel). Auch norwegisch: Graatrost. 328 Turdus pilaris. Turdus pilaris bewohnt das nördliclie und mittlere Europa und das benachbarte Asien bis wenigstens zum .Jenissei hin ostwärts. Im Winter zielit er bis zu den Kanarischen Inseln, bis Nordafrika, Turkestan, Kaschmir und Nordwestiiulien hinab. In Nordrußland und Skandinavien brütet der Krammetsvogel in bedeutenden Kolonien. Großbritannien besucht er dagegen nur in der kälteren .Jahreszeit. Alsdann zeigt er sich gelegentlich auch auf den Färöern. Auf Jan Mayen wurden einige verirrte Exemplare von Fischer erbeutet; aus andern arktischen Gebieten ist die Art unbekannt. lu Island erscheint der Krammetsvogol nur als gelegentlicher Gast, wenn er durch östliche Winde von seiner Zugrichtung Norwegen-Schotthmd oder umgekehrt abgelenkt wird. Die wenigen beobachteten Exeraiihire traf man ermattet und halb verhungert in der Nähe der Küste. Im Frühjahre 1823 wurde ein Krammetsvogel von dem Stiftsamtmanne Graf Moltke im Südlande geschossen und abgezeichnet (Faber, 1. c). Gröndal sah ein anderes, fast flugunfähiges Exemplar, das am 6. Dezember 1885 bei einem zugefrorenen Teiche in der Nähe von Reykjavik gefangen wurde, während der Vogel Gras- spitzen abzupfte (Ornis II, S. 357). Em weiteres Belegstück erhielt derselbe Berichterstatter am 15, Dezember 1894 gleichfalls aus der Gegend von Reykjavik. Endlich ist unsere Art auch im Eyjafjördr beobachtet und ein Exemplar aus dem Spätjahre 1900 durch J. V. Havsteen au das Museum in. Reykjavik geschenkt worden. 118. Merula merula merula (L.). Amsel. Turdus merula: Faber, Okeus Isis, S. 793 (1824). — Turdus merula L. : Preyer (& Zirkel), Heise nach Island, S. 427 (1862). — Newton, in Haring-Goulds Iceland, p. 408 (1863). — Gröndal. Islenzkt fnglatal, bis. 36 (1895). — Siater, Eirds of Iceland, p. 3 (1901). — Stefänsson, Nordurland II (4. Okt. 1902). — Sfemundsson. Zoolog. Meddel. fra Island. S. 6 (1905). Turdus merula. L.: CoUin, Skandinaviens Fugle, S. 227 (1877). — Merula merula, Linn.: Seebohui, Cat. Birds Brit. Mus. V, p. 235 (1881). — Turdus merula L. : Naumann,. Vögel Mitteleuropas I, S. 153 (1905). Isländisch: Svartpröstur. Auch deutsch: Schwarzdrossel. Dan.: Sortdrossel. Norw. : Sorttro^it. Schwed.: Svarttrast. Engl : Black Thrush. Merula merula merula bewohnt Europa mit Ausnahme der nördlichsten wald- losen Gebiete; weiter ost- und südwärts wird sie durch zahlreiche nahe verwandte Formen vertreten. Die unsrige brütet unter anderem in Skandinavien und auf den Britischen Inseln. Bei ihren Herbstwanderungen zwischen diesen Ländern besucht sie fast alljährlich die Shetlands- und Orkney-Inseln, sowie die Färöer. Selbst auf .lau Mayen ist ein Exemplar Ende Dezember erlegt worden: von andern arktischen Gebieten kennt man die Art dagegen nicht. Nach Island kommt die Amsel als gelegentlicher Gast. Besonders auf dem Herbst-, seltner auf dem Frühjahrszuge stellen sich einzelne Exemplare ein, die bisweilen sogar ein Stück ins Innere des Landes fliegen. Aus dem Süd- und Nordlande liegen Mitteilungen über das Auftreten unsrer Art vor. Schon Faber berichtet, daß der Stiftsamtmann Graf Moltke im Frühjahre 1823 ein Exemplar von Merula merula — neben einem solchen von Turdus jiilaris — im Südlande erlegte und abzeichnete. ( 'ollin teilt mit, daß er ein altes Merula meriila niorula. 329' Weibchen suis dem Spätjalire 1853 von unsier Insel erhielt und daß auch 1860 ein Engländer eine Amsel in Island erlegte (1. c, S. 228). Letztere ist wahrscheinlich dieselbe, aus dem ^lärz 1860 stammend, die Newton erwähnt (Cit. n. Fr. Metcalfe, The Oxouian in Iceland. p. 191. London 1861). Gröndal sagt, daß er öfters Schwarzamseln erhalten habe, so z. li. aus der Rängclrvalla-Sysla (SW.) gegen Weihnachten des Jahres 1877 (1. c. oder 1876 nach Ornis IL 8. 357). Im Juli 1893 will er ein völlig weißes Individuum bekommen haben, über dessen Verbleib er leider nichts mitteilt. Vielleicht liegt eine Verweclislung mit Tunhis iliacm vor. Am 22. Dezember 1877 wurde auch P. Nielsen eine Amsel gebracht. Gleichzeitig hörte dieser von ihrem Auftreten in der Landschaft Fljötshlid (SW.), ein Stück im Innern der Insel (Ornis III, S. 157). Weiterhin besitzt die Sammlung in Reykjavik einen männlichen Vogel, der am 15. Dezember 1894 in der Stadt selbst geschossen wurde. B. Ssemundsson erhielt am 25. November 1899 ein Exemplar von dem Hofe Hraun auf Reykjanes (SW.). St. Stefäusson schrieb 1903 an Sa?raundsson, daß er in den letzten Jahren jeden Herbst von dem Vor- kommen unsrer Art im Gebiete des Eyjafjördrs gehört habe (Sjemundsson, 1. c). J. V. Havsteen und Fr. jiorgrimsson in Akureyri kannten den Vogel daselbst auch sclion von früher her. Ein Belegexemplar erhielt Stef. Jönsson. daß sich wieder- holt Schwarzamseln auf den Vestmannaeyjarn gezeigt hätten. 119. Saxicola oenanthe leucorrhoa (Gm.). Grauer Steinschmätzer. Saxicola oenanthe (Bechst.): Faber, Prodromus, S. 18 (1822). — Saxicola oenanthe L.: Preyer (& Zirkel), Eeise nach Island, S. B91 (1862).- Saxicola oenanthe (Linn.): Newton, in Baring-Goulds Iceland, p. 409 (18H3). — Saxicola oenanthe L. : Gröndal, Islenzkt fuglatal, bis. 3« (1895). — Saxicola oencmthe (lAim.): Slater. Birds of Iceland, p. 4 (1901). Saxicola oenanthe (L.): Collin, Skandinaviens Fugle, S. 255 (1877). — Seebohiu, Cat. Birds Brit. Mus. V, i). 391 (1881). — Winge, (Grönlands Fugle, S. 284 (1898). — Saxicola oenanthe leucorrhoa (Gm.): Schalow, Vögel der Arktis, S. 271 (1904). — Saxicola oenanthe (L.): Naumann, Vögel .Mitteleuropas F, S. 84 (1905). Isländisch: Steindepill (depill = Tüplel, etwas Kleines), Steinklappa (klappa = klappen, klopfen), Griutitlingnr (G6u von Göa = die Zeit von Mitte Februar bis Mitte März), Grädiladur (von grär = grau und dili = Fleck). Auch dän.: Stendalp, Stendylp. Norw.: Stendalp. Stendidp. Schw.-d.: Stenjulpa, Stenkvätta. Fär.: Stajnstölpa. Saxicola oenanthe bewohnt fast zirkumpolar die nördlicheren Gebiete der Erde. Sie brütet in ganz Europa, Nordasien und wahrscheinlich im größten Teile des arktischen Amerikas. Im Winter zieht sie südwärts bis zu den Bermuda-Inseln, dem ä([uatorialen Afrika und Indien, ^'on Nowaja Semlja, Franz-.loseph-Land und Spitzbergen ist sie dagegen unbekannt. S. oe. leucorrhoa stellt das westliche Extrem unsrer Art dar; sie brütet im nordöstlichen Amerika, insbesondere in (Grönland, wo sie an der Westküste bis 730, an der Ostküste bis 75» hinauf zahlreich vorkommt, einmal auch an der Nord- küste gesehen wurde. Wahrscheinlich gehören die auf Jan Mayen beobachteten Stein- schmätzer gleichfalls zu unserer Form. Im Herbste wandert S. oe. leucorrhoa südwärts über die Färöer, wo sie vielleicht noch brütet, Shetland, (^mUhritannien. Frankreich und Portugal-Spanien bis Westafrika. 330 Saxicola oenanthe leiicorrhoa. Die Steinschmätzer Islands ffehören sclieinbar nicht nur als Durchzügler, sondern auch als ßriitvögel der größeren Form leiicorrhoa an. Freilieh ist eine sichere 'l'rennung dieser Rasse von der äußerst ähnlichen S. oe. oenanthe (L.) im einzelnen Falle schwierig, eine Diagnose beider Formen nur nach der Flügellänge unhaltbar. Wie mir Herr Pastor 0. Kleinschniidt nach genauestem Vergleiche eines großen Materials mitteilt, gibt es typische oenanthe, die über 100 mm Flügellänge besitzen, umgekehrt recht häufig Exemplare typischer leucorrhoa von unter 100 mm Flügellänge. Als feststehend darf aber trotzdem gelten, daß gleichaltrige Vögel von gleichem Geschlechte bei leucorrhod größer, Schnabel und Füße ein wenig stärker sind, als bei oenanthe. Weiter hält Kleinschniidt für ein wesentliches Kennzeichen von leiicorrhoa, daß der Unterhals dieser Form eine besonders lebhaft rostbräunliche Färbung besitzt, was mir selbst auch bei grönländischen Exemplaren im Kopenhagener Museum auffiel, obgleich hierzulande ebenfalls sehr dunkle Individuen vorkommen. Kleinschmidt, der weit mehr Material als ich in den Händen hatte, bestimmte meine isländischen Brutvögel, die unter 100 mm Flügellänge zeigen, als gut charakterisierte S. oe. leucorrhoa (in litt.), sodaß ich nur diese Form für Island aufzähle, da ich das Vorhandensein zweier Subspezies als ßrut- vögel derselben (jrtlichkeiten nicht annehme. Drei Brutvögel meiner Sammlung zeigen folgende Maße. Gewicht i. FL: 28—30 g. Gesamtlänge i. Fl.: 143— 104 mm. Plugbreite: 280-290. Flügel: 95,5—98. Schwanz: ■57—62. Schnabel: 12— IB. Tarsen: 28-29. Mittelzehe inkl. der 5—6 mm langen Kralle: 19 — 20,8 mm. — Iris: dunkelbraun. Augenlidrand, Schnabel und Füße: schwarz. Sohlen: grau. — Bei andern von mir in Kopenhagen und Reykjavik untersuchten Exemplaren aus Island ist unbestimmt, ob es sich um Brutvögel oder Durchzügler handelt. — Mageninhalte: t^berreste von Käfern, Fliegen und Spinnen. Der Steinschmätzer gehört in Island zu den stellenweise liäufigen Brut vögeln. Er findet sich in allen Teilen der Insel, am regelmäßigsten in abwechslungsvollen Berglandschaften, in denen steile Felsen und Geröll- felder von rauschenden Bächen und Grasstreifen unterbrochen werden. Doch trifft man unsern Vogel auch an den ödesten Gebirgsgipfeln in der Nähe der Schneegrenze, wie dicht am Meere und sogar im fruclitbaren. ebenen Tieflande. Die isländischen Steinschmätzer sind ausgeprägte Zugvögel. Auch scheint die Mehrzahl der grönländischen Artgenossen im Herbste nicht nach dem amerikanischen Kontinente, sondern nach Westeuropa zu wandern, w^obei sie als Durchzügler Island berühren dürften. Im Frühjahre kehren die Vögel wiederum über den Atlantischen Ozean nach Grönland und dem nordöstlichen Amerika zurück (S. z. B. Winge, Gr0nlands Fugle, S. 288) und besuchen dabei Island nochmals als willkommene Raststätte. Sie reisen dann zumeist einzeln, im Herbste dagegen häufiger in Familien oder in losen, vielfach nach den Geschlechtern gesonderten Scharen, in welchem Falle die alten Männchen den Weibchen voranziehen. Ihre Ankunft auf Island erfolgt in der Regel Ende April oder Anfang Mai, auf den Vestmannaeyjarn zwischen dem 15. und 30. April (Jönsson, in litt.). Gunnlangsson sah die ersten Exemplare auf Reykjanes (SW.) am 23. d. M. (Ornis VIII, S. 344). Faber bezeichnet als Ankunftstermin den 30. April bis 4, Mai. Ich sah in dem rauhen Frühjahre 1903 den ersten Steinschmätzer bei Reykjavik am 5. Mai. Im Nordlaude erscheinen die Vögel nicht wesentlich später. Slaters .\iigabe. sie kämen erst Mitte Mai, dürfte nur für besonders ungünstige Gebiete richtig sein. Die Tiere machen sich sofort durch ihr lebhaftes Wesen Saxicola oeiiantho leucorrhoa. 331 bemerkbar, besuchen auch geru die Ortschaften und Gehöfte, setzen sich häufig sogar auf die Häuser, sind über immer vorsichtig. Schwanzwippend und knicksend schauen sie aufmerksam umher und rufen eifrig ihr Slp. Siip. Bei hellem Sonnenscheine zwitschern die Männchen auch schon ihren ein- fachen Gesang, der aber anfänglich noch leise und abgerissen klingt. Mitte, spätestens Ende Älai begeben sich die Paare nach ihrem Brut- gebiete. Sie bewohnen ein ziemlich kleines Revier, und nur ihre große Behendigkeit macht es möglich, selbst in öden Geröllfeldern genügend Nahrung zu tindeu. Blitzschnell huschen sie zwischen den Felstrümmrrn hin, lesen mit hastigem Picken jedes kleine Insekt auf, das sie finden, und verstehen auch recht gut, solche im Fluge zu fangen. Als Nistplatz wählen sie natürliche Steinritzen und kleine Felshölilen. am liebsten aber die Zwischenräume in künstlichen Wällen und AVegpyramiden. wie man sie in allen bewohnten Gegenden Islands errichtet. Die Nähe menschlicher Gehöfte ist den Vögeln keineswegs unangenehm, weil sie hier nicht nur die erwähnten Bauwerke in Menge antreffen, sondern auch Viehherden, in deren Nachbarschaft es niemals an Insekten mangelt. Mehrmals fand ich die Brutstätte auch in der Wand von Viehställen, die in Island etwas abseits vom Bauernhause selbst liegen, sowie in verfallenen Gehöften. Die Umgebung von fruchtbaren, ja sogar sumpfigen Wiesenflächen wird von den Stein- schmätzern durchaus nicht gemieden. Das Nest der Vögel befindet sich meist tief in wohlgescliützten Zwischenräumen, ist wenig kunstvoll, aber häufig dick aufgeschichtet, besteht äußerlich aus Wurzeln und starken Gräsern, innerlich aus weichen Halmen und wird manchmal mit Haaren, Wolle und einzelneu Federn ausgelegt. Selten ist das Nest von außen zu erblicken, doch verraten es die Vögel durch häufiges Piin- und Ausschlüpfen. Die Ablage der Eier erfolgt nur ausnahmsweise schon Ende Mai, gewöhnlich erst gegen Mitte Juni, ja in unwirtlichen Gebirgen oft noch später. So berichtet Gröndal, daß man in der Müla-Sysla (0.) am 11. Juli Eier fand (Ornis IX, S. 95), die durchaus nicht als Nachgelege angesehen zu werden brauchen. Die Durchschnittszahl eines Geleges ])esteht aus 5 Eiern, nicht selten auch aus 4 oder H Stück. Ob das Achtergelege im Kopenhagener Museum, vom 18. Juni 189H aus dem Eyjafjördr-Gebiete. wirklich ein zusammengehöriges ist, erscheint mir zweifelhaft oder als Ausnahmefall. Eiü isländisches Gelege meiner Sammlung vom 2. Juni 1904 aus der Gegend von Blönduös (N.) zeigt folgende Maße: 21,2x16.1 mm (0,14 g), 21.2x16 (0,14), 21,1x15,9 (0,13), 21,1x15,9 (0,13), 21,1x15,8 (0,12). Die Eier werden 13—14 Tage in der Hauptsache vom AN'cibchen bebrütet. Das Männchen löst dieses wohl gelegentlich einige Stunden dabei ab, ist aber im übrigen darauf bedaclit, die Umgebung zu Itewachen. Besonders in unbewohnten Gebieten fliegt es oft dem nahenden ^lenschen ein Stück entgegen. Dann zeigt es sich plötzlich in angemessener lOntfernung auf einem erhöhten Standorte und gibt seine Besorgnis durch anhaltendes Locken zu erkennen, wobei es jedesmal niederknickst und mit dem Schwänze wippt. Der Ruf ist gewöhnlich ein scharfes, schmatzendes T, mitunter auch 332 JSaxicola oeüantlie leiicorrhoa. ein hohes Tip oder Sip. Seltener vernahm ich das warnende kurze Schnarren^ ein nicht lautes TriT. Verfolgt man die Vögel, so fliegen sie schnell eine gi-oße Strecke davon und beobachten aus der Ferne, was geschieht. Dieses Abfliegen bei Gefahr wird ihnen dem Steinfiilken gegenüber oft verderblich. Sie verraten sich diesem auch leicht durch ihre große Beweglichkeit und durch die Vorliebe, auf erhöhten Steinen, Felszacken oder der Spitze der Wegpyramideu zu sitzen. Sie haben einige Lieblingsi)lätze, die man an den zahlreiclien weißen Flecken ihres Unrates als solche erkennt. Hier ruht das IVIännchen bei schönem Wetter, bläht behaglich das Gefieder auf und duckt sich nieder. Mitunter beginnt es auch mit seinem einfachen Gesänge, der im wesentlichen aus rauhen und gepreßten Tönen besteht. Diese werden in mannigfacher Zusammenstellung und meist in eiliger Aufeinanderfolge verbunden und gelegentlich minutenlang ausgehalten. Dann und wann aber, besonders am Schlüsse, bringen die Vögel auch volle und weiche Töne hervor. Ja ausnahmsweise traf ich Sänger, die nur solche anstimmten, und zwar in so langen Strophen, wie ich es bei deutschen Steinschmätzern nie gehört habe. Bis weit in den August hinein vernahm ich beide Teile des Gesanges. Sind die Jungen ausgeschlüpft, zeigen sich die Alten eher in unmittel- barer Nähe des Nestes, lassen den Menschen dichter an sich herankommen und umfliegen ihn sogar mit ängstlichem Tacken. Beide Vögel des Paares füttern, gehen aber nicht so leicht in die Nesthöhle, wenn man sie beob- achtet. Minutenlang sitzen sie schmatzend auf einem benachbarten Steine, bis sie endlich für einen Augenblick bei den Jungen verschwinden. Je nach der Witterung verlassen diese das Nest nach l'/o bis 2 Wochen, oft ehe sie völlig befiedert sind. Ich sah die ersten flüggen Vögel am 12. Juli im Gebiete des Ölafsfjördrs. vom 16. d. M. an zahlreiche Familien. Doch gibt es in günstigen Jahren auch schon Ende Juni flugbare Junge. Diese werden von der Mutter geführt. Das Männchen aber trennt sicli zunächst vorüber- gehend und bald dauernd von der Familie. Es beginnt nun, allein oder mit andern seines Geschlechtes, umherzustreifeu, ist äußerst vorsichtig und deshalb schwierig zu schießen. Das Weibchen dagegen läßt aus Sorge für seine Jungen den Menschen oft in große Nähe kommen ; diese selbst sind noch weniger scheu. Sie zeigen aber schon vollständig das Benehmen der Alten. Auch ihre schmatzende Stimme, mit der sie sich unablässig zusammen- locken, ist ganz dieselbe ; vielleicht, daß man von ihnen etwas liäufiger das hohe Tip vernimmt. Nachdem sich die Familien bis zum völligen Selb- ständigwerden der Jungen im Brutgebiete aufgehalten haben, fangen sie ebenfalls an, umherzustreifeu. Aus dem Innern verschwinden sie spätestens Mitte August, kommen nach der Küste des Meeres und ziehen im September ganz von Island fort, die Männchen im allgemeinen eher als AVeibchen und Junge. Nach Fabers Beobachtungen verschwinden die Vögel in der 2. Sep- temberwoche. Jönsson aber bezeichnet mir als Hauptdurchzugstermin für die Vestmannaeyjar die Zeit vom 20. September bis 10. Oktober (in litt.), wobei es sich vielleicht nur noch um rastende Gäste aus Grönland handelt. Von einem Überwintern der Art auf Island ist niclits bekannt. Krithai'us tifys. 333 120. Erithacus titys (I..). Hausrotschwan/. Riiticilla tithys L.: Preyer {& Zirkel), Reise nat-h Islai\d. S. 429 (18H2). -- Buticilla tithys (Sco|).): Newton, in Baring-Goulds IceJand. p. 409 (186;i). - Riiticilla tithys L.: Gröndal, Islenzkt luoflatal, bis. 87 (189r.). -- Ruticilla titys (Scopoli): Slater, Binls Ol' Iceland, p. 5 (1901). Ruticilla tithys (Scop.): Sceboiim. Cat. Uirds lirit. Mus. \'. p. 339 (iHHl). — Riiticilla titys (L.): Naumann, Vögel Mitteleuropas 1, S. 50 (I90r>j. Isländisch: Svartur Raudstjelungur (= schwarzer Kotschwanz). Auch dän.: Sort Redstjert. Norw.: Sort Rödstjärt. Schwed.: Svart R(idsfjärt. Hol!.: Zwaarte Roodstaart. Engl.: Black Redstart. Erithacus titys bewohnt Mittel- und Südeuropa, im Winter auch die bunachbarten Oebiete Kleinasiens und NordatVikas. In den andern Ländern der Alten Welt wird er durch verwandte Arten vertreten, doch variiert Erithacus titys selbst ganz erheblich, sodaß man verschiedene Formen unterscheiden möchte. Das südliche Skandinavien besucht unser Vogel nur als Gast; ebensowenig brütet er auf den Britischen Inseln, wo er jedoch alljährlich, besonders im Herbste und Winter, erscheint. Auch auf den Färöern ist er gesehen worden, in arktischen Gebieten aber niemals. Von Island wird nur ein einziges Vorkommen des Hausrotscliwanzes gemeldet. Preyer versichert nämlich, unsern Vogel am 17, Juni 1860 auf der Insel Videy bei Reykjavik beobachtet zu haben. „Er schien in einem Mauerloche der kleinen Kapelle daselbst zu nisten. Da mir aber weder gestattet wurde, das Nest aufzutinden, was ohne teilweise Zerstörung des Mauerwerkes unmöglich war. noch auch irgend jemand der Kidergänse wegen Videy mit einem Gewehre betreten darf, so konnte ich weder feststellen, ob er wirklich da brütete, noch den Vogel selbst erhalten; nichtsdestoweniger steht fest, daß ich diese Art auf Videy gesehen habe" (1. c). Einer der- artig bestimmten Angabe des glaubwürdigen Beobachters möchte ich nicht widersprechen, zumal eine Verwechslung mit der bekannten Saxirola oenoidhe kaum anzunehmen ist. Übrigens redet Preyer nur von einem Individuum, und selbst wenn er von seiner Absicht erzählt, das Nest zu suchen, läßt dies immerhin bloß seine Vermutung erkennen, ein Paar der Vögel anzutreffen. Es dürfte sich in unserm Falle um ein einzelnes, auf dem Frühjahrszuge verirrtes fJxemplar gehandelt haben, das mögliclierweise einen Teil des Weges auf Schiffen zurücklegte. Newton vermutet (1. c), der von Oiafsson im September 17H3 gesehene und S. 586, § 679b beschriebene Vogel könnte ein Hausrotschwanz gewesen sein. Ich vermag in der mir zur Verfügung stehenden deutschen Ausgabe kein entsprechendes Citat aufzufinden, nur eine benachbarte Notiz (Olafsens und Povelsens Reise durch Island I, S. 312, § 678. 1774), in der Oiafsson berichtet, er habe in dem harten Winter 1753—54 auf der Insel Videy einen Vogel gesehen, der hellgrau und etwas bläulich gefärbt gewesen und unter den Schneeammern nach einem Heuhaufen gezogen sei. Bei diesem letzteren fraglichen \'ogel dürfte es sich keinesfalls um Erithacui^ titys gehandelt haben. Anhang. Die wichtigsten Buchstaben, die im Isländischen anders als im Deutschen zu lesen sind. ä = au. I au == äu. e = ä. I ei, ey = ei. i = kurzes i, in Endsilben fast wie f = w vor g, j und zwischen Vokalen kurzes iL = b vor 1, m, n (und d). i = langes i. h = k vor V. ö = langes o. rl, 11 meist = dl. u == langes, tiefes ö, in Endsilben fast rn, nn meist = dn. wie kurzes e. p = f vor s und t. ü = langes u. V = w. y := kurzes i. d (ed) = weiches englisches th. y = langes i. p, ]7 (J'orn) = scharfes englisches th. jp, iE = ai. Übersichts-Karte von Island. Register. Die Ziffern bedeuten die SeitenzaliliM Acanthis flaniraoa flanimea 300. Acanthis flainniea rostrata 304. Acanthis hornemaimii liornemannii 304. Acanthis linaria grünhindica 304. Acanthis linaria holboellii 300. Acanthis linaria horneniaiinii 304. Acanthis linaria islandica 300, 304. Acanthis linaria rostrata 300, 304. Aegialitis curoiiica 267. Aegialitis dubia 267. Aegialitis hiaticula 264. Aethj'a ferina 183. Aethya fuligula 186. Aethya marila affinis 183. Aethya marila marila 183. Aethya marila mariloides 183. Aethya marila nearctiea 183. Aethya nyroca 186. Aethya rufiiia 182. Alca impennis 75, 121. Alca torda 74. 88. 119. Alle alle 81, 88, 122. Ampelis garriilus 298. Anas acuta 180. Anas americana 177. Anas bimaculata 179. Anas boscas 171. Anas boschas 171. Anas boschas t'era 171. Anas boschas spilogaster 171. Anas clangula 187, 188. Anas clypeata 174. Anas crecca 177. Anas formo.sa 179. Anas glacialis 191. Anas histrionica 194. Anas leucophtalmos 186, Anas marila 183. Anas moUissima 198. Anas nigra 203. Anas penelope 174. Anas querqucdula 180. Anas rutila 206. llaiitzsnli, Voselwelt Islamis. Anas spcctabilis 196. Anas strepera 172. Anas tadorna 206. Ancylocheilus ferrugineus 241. Ancylochilus subarqiiatus 241. Anorthura troglodytes 19, 320. Anorthura troglodytes borealis 320. Anser albifrons albifrons 207. Anser albifrons gambeli 207. Anser anser 211. Anser bernicla 213. Anser brachyrhynchus Nl, 20!,», 210. Anser brevirostris 209, 211. Anser cinereus 211. Anser erythropus 207. Anser iabalis 209. Anser fabalis arvcnsis 209, 210. Anser fabalis middendorffi 209. Anser ferus lerus 211. Anser ferus nibrirostris 212. Anser hyperboreus 207. Anser hyperboreus typicus 207. Anser intermedius 207. Anser leucopsis 214. Anser segetum 209. Anser segetum var. brachyrhynchus 210. Anser torquatus 213. Anser torquatus tj-picus 213. Anthus obscurus 319. Anthus pratensis 316. Apus apus apus 80, 291. Arctica alle 123. Ardea cinerea 80, 220. Ardea minuta 80, 221. Ardetta minuta ujinuta 80. 221. Ardetta minuta pusilla 222. Arenaria interpres 83, 268. Arquatella maritima couesi 238. Arquatella maritinui maritima 83, 237. Arquatella maritima ptilocnerais 238. Asio accipitrinus 287- Asio otus 286. 338 Register. Beriiicla brenta 213. Beniii'ln leucopsis 214. ' ßürabycilla garnila 298. Branta bernicla beriiicla 213. Branta bernicla glaucogaster 213. Branta bernicla nigricans 213. Rraiita Icucopsis 81, 214. Calcarius lapponicus alascensis 312. Calcarius lapponicus coloratus 312. Calcarius lapponicus lapponicus 311. Calidris arenaria 81, 246. Cannabina linaria var. canescens 304. Cannaliina linaria var. rostrata 300. 304. Carbo corraoranus 163. Carbo graculus 165. Casarca casarca 206. Casarca rutila 206. Cecropsis rustica 312. Cepplius columba 109. Cepphus grylle grylle 90, 109. Cepphus grylle maudtii 109. Cerchneis tinnuncula 80, 286. Ceryle alcyon 80, 290. Charadrius apricarius 82, 261. Charadrius curonicus 267. Charadrius dorainicus 261. Charadrius dubius 267. Charadrius hiaticula 264. Charadrius minor 267. Charadrius pluvialis 261. Charadrius pluvialis typicus 261. Charadrius squatarola 260. Chaulelasmus streperus 172. Chelidon urbica 313. Chelidonaria urbica lagopoda 314. Chelidonaria urbica urbica 313. Chen hyperborea hyperborea 207. Chen hyperborea nivalis 207. Chen hyperborea rossii 207. Ciconia ciconia 222. Clangula glaucion 187. Clangula hyemalis 191. Clangula islandica 188. Coloeus uionedula spenuologus 297. Columba palumbus 276. Colymbus arcticus 102. Colymbus auritus 96. Colymbus glacialis 99. Colymbus glacialis typicus 99. Colymbus griseigena griseigena 95. Colymbus griseigena holboellii 96. Colymbus immer 99. Colymbus lumme 102. Colymbus rufogularis 102. Colymbus septentrionalis 103. Corone cornix 294. Corone corone 295. Corvus corax principalis 292. Corvus corax varius 73, 292. Corvus cornix cornix 80, 294. Corvus cornix typicus 294. Corvus corone corone 295. Corvus corone orientalis 295. Corvus i'rugilegus fiugilegus 80, 83, 296. Corvus frugilegus pastinator 296. Corvus frugilegus tschusii 296. Corvus leucophaeus 292. Corvus monedula 297. Cosmonetta histrionica 194. Crymophilus fulicariu.s 226. Cygnus bewicki 219. Cygnus cygnus 216. Cygnus ferus 216. Cygnus islandicus 217. 220. Cygnus minor 219. Cygnus musicus 216» Cymochorea leucorrhoa 157. Dafila acuta 180. Diomedea clilororbynchos 150. Diomedea culniinata 1.50. Diomedea melanophrys 150. Dryospiza serin us 306. Emberiza calcarata 311. Emberiza lapponica 311. Emberiza nivalis 306. Erithacns titys 333. Falcü aesabm 283. Falco aesalon tvpicus 283. Falco albicilla 276. Falco arcticus 279. Falco csesius 283. Falco candicans 279. Falco gyrialco 278, 279. Falco gyrfalco typicus 278. Falco islandicus 279. Falco lanarius 278. 279. Falco merillus 74. 283. Falco peregrinus 279. Falco regulus 283. Falco sacer 279. Falco tinnunculus 286. Fratercula arctica 74. 90. 105. Fratercula arctica glacialis 105. \ Fratercula glacialis 105. Fringilla coelebs coelebs 305. Fringilla islandica 306. Fringilla linaria 300. Fulica araericana 225. Register. ssg- Fiilica atia 80, 225. Fuligula Marrovi 188. Fuligula claiigiila 187. Fuligula fi-istata 186. Fuligula fenua 183. Fuligula fuligula 186. Fuligula islandica 188. Fuligula inarila 183. Fuligula niarila typioa 183. Fuligula uyroca 186. Fuligula rufiua 182. Fulniarus glaeialis glacialis 9U. 151. Fnlmarus glacialis mdgersii 151. Gallinago cffilestis 232. Gallinagu gallinago delieata 232. Gallinago gallinago gallinago 4, 232. Gallinago media 232. Gallinago scolopacina typica 232. Gallinula cbloropus 80, 224. Gavia ai-ctica 102. Gavia luiiime 103. Gavia torquata 99. Glaucidium pas.seriuinu 287. Glaucion clangula 187. Glaucion histrionicuni 194. Glaucion islandicuni 188. (rlaucionetta clangula araericana 187. Glaucionetta clangula clangula 187. Glaucionetta islandica 188. Graculus carbo 163. Graeulus cri.statu.s 166. Haematopus ostralegus 270. Haliaetus albicilla 73, 85, 276. Haliaetus leucocephalus 27H. Halieus carbo 163. Halieus graculus 165. Harelda glacialis 191. Harelda hiemalis 191. Harelda histrionica 194. Harelda hyenialis 191. Helodroraus ochropus 253. Hierofalco candicans 279. Hierofalco gyrfalco gyriaico 278. Hierofalco gyrfalcu islandus 11, 14, T6. 81, 85, 279.' Hierofalco rusticolus gyrfalco 278. Hirundo rustica erythrogastra 312. Hirundo rustica gutturalis 312. Hirundo rustica rustica 80. 312. Hirundo rustica tYi)ica 312. Hirundo urbica 313. Histrionicus histrionicus 194. Histrionicus torquatus 194. Ibis falcinelius 222. Lagopus alpinus 272. Lagopus islandoruni 272. Lagopus mutus var. rupestrisl272. Lagopus rupestris 272. Lagopus rupestris islan(l()rum[84. 89, 9 1 , 272. Lagopus rupestris reinhardti 272. Larus argentatus affinis 142. Larus argentatus argentatus 142. Larus argentatus sniithsonianus 1-12. Larus canus l)racliyrliyncluis 145. Larus canus canus 145. Larus cauus nivcus 145. Larus eburneus 135. Larus glaucus 142. Larus leucoptcrus 81. 143. Larus raarinus 139. Larus rissa 136. Larus sabini 145. Larus schistisagus 139. ' Larus tridactylus 136. '■ Lestris Buffoni 134. Lestris catarrhactes 126. Lestris longicauda 134. 1 Lestris parasitica 130. Lestris ponuiriua 129. I Lestris pomatorhina 130. Lestris thuliaca 130, 131. Limosa aegocepliala 247. Limosa belgica 247. Limosa haemastica 248. Limosa limosa 247. ' Limosa melanura 247. Linota hornemannii 304. Linota linaria 300. Loxia serinus 306. Lycus monedula 297. Maclietes pugnax 249. Mareca americana 80, 177. Mareca penelope 174. Megalestris catarrhactes 126. Megalestris skua 126. Merganser castor 166. Mergaiiäer serrator 168. Mergulus alle 122. Mei-gus castor 166. ]\lergus merganser 8(5, 166. Mergus serrator 86, 168. Merula merula merula 80. 328. Micropus apus 291. Montifringilla nivalis 311. lilormon fratercula 105. Motacilla alba alba 314. Motacilla alba lugubris 314. Motacilla alba tvpica 314. 22* 340 Register. Netta nifina 182. Nettion c-recca caroliiiensis 177. Nettion crecoa crecca 177. Nettion formosuni 179. Nucifraga caryocatactes caryoeatactes 297. Nucifragacaryocataetesmacrorhynchos297. Numenius arcuatus 258. V« Numeuius arquatiis arquatus 258. Numenius arquatus liueatus 258. Xumenius borealis 253. Numenius hudsonicus 253. Numenius minor 254. Numenius phaeopus phaeopus 82, 254. Numenius phaeopus variegatus 254. Numenius tenuirostris 254. Nyctala tengmalmi 288. Nyctala tengmalmi riehardsoni 288. Nyctea nivea 288. Nyctea nyctea 81. 288. Nyctea scandiat-a 288. Nyroca africana 186. Nyroca ferina 183. Oceanodroma leucorrhoa 157. CEdemia nigra 203. Oidemia nigra americana 204. Oidemia nigra nigra 203. Oriolus galbuhi 298. Oriolus oriolus 298. Otus brachyotus 287. Otus vulgaris 286. Pagonetta glacialis 191. Pagophila eburneu 81, 135. Palidna alpina 82. 241. Palidna alpina pacifica 241. Palidna alpina scliinzii 241. Parus atricapillus septentrionalis 320. Parus borealis 320. Parus frigoris 320. Parus salicarius borealis 320. Passerina nivalis byperboreus 307. Passerina nivalis nivalis 91, 306. Passerina nivalis townsendi 307. Pavoncella pugnax 249. Pelidna alpina 241. Pelidna schinzi 241. Phalacrocorax carbo 86, 163. Phalacrocorax graculus desmarestii 166. Phalaci-ocorax graculus graculus 86, 165. Phalaropus cinereus 228. Phalaropus fulicarius 226. Phalaropus hyperboreus 229. Phalaropus lobatus 228. l'halaropus platyrhynchus 226. Philomachus pugnax 249. Plautus imptsnuis 121. Plectrophanes calcarata 311. Plectrophanes lapponica 311. Plectrophanes nivalis 306. Plectrophcnax nivalis 306. Plegadis autunuialis 222. Plegadis falciu.'llus 222. Pluvialis apricarius 261. Podiceps auritns 96. Podiceps cornutus 96. Podiceps grisegena 95. Podiceps rubricoUis 95. Podicipes auritus 96. Podicipes griseigena 95. Procellaria glacnaüs 151. Procellaria Leachii 157. Procellaria leucorrhoa 157. Procellaria pelagica 159. Puffinus angloruin 154. Puffinus arcticus 154. Puffinus gravis 80, 156. Puffinus griseus 157. Puffinus major 156. Puffinus puffinus 90, 154. Querquedula Querquedula :ia 180. x-a 177. Ballus aquaticus 13, 83, 223. Kissa rissa brevirostris 136. Rissa rissa poUicaris 136. Rissa rissa rissa 88, 90. 136. Rissa tridactyla 136. Ruticilla tithys 333. Saxicola oenanthe 82, 329. Saxicola oenanthe leucorrhoa 329. Scolopax gallinago 232. Scolopax rusticola 234. Serinus islandicus 306. Serinus serinus 306. Squatarola helvetica 260. Somateria mollissima borealis 199. Somateria mollissima dresseri 199. Somateria mollissima mollissima 2 88, 198. Somateria mollissima thulensis 199. Somateria mollissima typica 198. Somateria mollissima v- nigra 199. Somateria spectabilis 196. Spatvila clypeata 174. Stercorarius buft'oni 134. Stercorarius catarrliactrs 126. Stercorarius cepphus 80. 134. Stercorarius crepidatus 131. Stercorarius longicaudus 134. ßegister. 341 Stercorariiis parasitieus 130, 134. Steivorarius poinarinus 80, 129. Stercorarius pomatoihimis 129. Stercorarius skiia 126. Sterc'Oiariiis tephras l:U. Sterna arctica 146. Steriia dougalli 150. Sterna tluviatilis 150. Sterna hirundo 14Pr-^^ §g